Sonntag, 9. Juli 2023

EU-Käfernahrung: Insektenschützer schlagen Alarm

Hexagenia limbata, auch Große Maifliege genannt, war früher in großen Schwärmen zu beobachten.

Nach der von Verbraucherschützern auch als "Madenbefehl" kritisierten Durchführungsverordnung (EU) 2023/5 zur unauffälligen Beimischung von Teilen oder ganzen Angehörige der artenreichsten Klasse der Gliederfüßer (Arthropoda) als teilweise entfettetes Pulver in die Nahrung von 440 Millionen EU-Europäer schlagen Artenschützer Alarm. Ein Forscherteam aus Thüringen warnt mit Nachdruck davor, dass Insekten bereits heute weltweit nicht ausreichend vor dem Aussterben geschützt seien. Der Aufschluss der kleinen Tiere als Nahrungsreservoir für eine beständig wachsende menschliche Population verschärfe das Problem. 

Eine Studie der jungen Wissenschaftenden, die das Fachmagazin "One Earth" veröffentlicht hat, belegt nun erstmals, wie groß die Gefahren sind, die Insekten durch die EU-Maßnahmen zur Ausweitung der Nahrungsbasis für die Bürgerinnen und Bürger droht. Vielen Arten droht ein beschleunigtes Aussterben, denn künftige Insektenzüchter würden sich ausschließlich auf den Abbau und die Verarbeitung der proteinträchtigsten Nutzwurmarten konzentrieren, die von Larvenmühlen und Kerbtierbäckereien zu niedrigsten Preisen nachgefragt würden.

Vermeintliches Überangebot

Vermeintlich sind sie überall, Vertreter wie die Große Maifliege taucht sogar regelmäßig in großen Schwärmen auf. Sie haben sechs Beine und kommen - außer auf dem offenem Meer und den Polargebieten - überall vor: Insekten, von manchen Menschen nicht gemacht, von vielen anderen für ihre feingliedriges Flügelwerk, ihr Facettenaugen und die filigranen Gliedmaßen geliebt. 80 Prozent aller Tiere auf der Erde sind Insekten Schätzungen nach Angehörige einer Insektenart, allein für Deutschland geht der Naturschutzbund von rund 33.000 verschiedenen Sechsbeinern ausgegangen. Genau weiß es niemand, denn trotz des anhaltenden Artensterbens werden immer noch gelegentlich neue Arten entdeckt.

Doch was aussieht wie ein Überangebot, stöhnt wie die gesamte Flora und Fauna weltweit unter gewaltigem Anpassungsdruck. Heute schon sind 76 Prozent der Insektenarten selbst in Nationalparks und anderen Schutzgebieten nicht ausreichend geschützt. In der Vergangenheit wurde deshalb weltweit ein drastischer Rückgang der Arten verzeichnet. Zum Teil starben Arten aus, die noch nicht einmal entdeckt waren. Die Forschenden aus dem weitgehend bis heute naturbelassenen Thüringen sehen die  vom Ständigen EU-Ausschuss für Pflanzen, Tiere, Lebensmittel und Futtermittel (SCOPAFF) veranlasste Umwidmung von Insekten als Nahrungsersatzmittel als akute Gefahr für ganze Großfamilien an Kleinstgetier.

Nachzucht in Gefahr

Die EU-Erlaubnis, Insekten als Nahrungsmittel zuzulassen, bedrohe Artenvielfalt und Nachzucht bei Fruchtfliegen, Mehlwürmern, Getreideschimmelkäfern und Grillen, warnen die Geforschthabenden. So mögen Gliederfüßler-Snacks überaus proteinreich sein und Grillen sich klimaschonend heranzüchten lassen. Doch wer diese und andere Kleinstlebewesen nur als billige Speisetiere betrachte, um sie ohne öffentlichen Widerstand zermahlen und unauffällig altbekannten Lebensmitteln beimischen zu können, handele zutiefst kerbtierfeindlich. 

Auf diese Art, warnen die Experten, könnten vielleicht nichtsahnende Bürgerinnen und Bürger zum Konsum von Insektennahrung bewegt werden. Zugleich aber drohe ein weiterer Rückgang der globalen Insektenpopulation. Heute schon sei der Schutz der kleinsten Mitlebewesen in Nordamerika, Osteuropa, Süd- und Südostasien sowie weiten Teilen Australiens unzureichend. In Mitteleuropa und vor allem in Deutschland würden die Tiere zwar etwas besser geschützt. Bestimmte Insektenarten seien aber auch hier mancherorts in Schutzbereichen überhaupt nicht zu finden. 

Große Schwärme sind selten

Für eine Artengruppe, die einen so großen Teil des Tierreichs ausmacht und vielfältige Ökosystemfunktionen erfüllt, ist das beunruhigend", heißt es etwa zum bedauernswerten Schicksal der Großen Maifliege, auch Gemeine Eintagsfliege oder Braune Maifliege (Ephemera vulgata), die früher häufig in der Lage war, in großen Schwärmen ganz Landstriche zu verheeren. 

Das sei den Tieren heute meist nicht mehr möglich. Gerade mit Blick auf Insektenfarmen und Großverarbeitungsfabriken für Insektenpulver komme es deshalb darauf an, Schutzgebiete zukünftig besser auf die Belange von Insekten auszulegen, fordert das Forscherteam. Bisher spielten dabei meist vor allem die Bedürfnisse von Wirbeltieren eine wichtige Rolle, nicht aber die völlig anders gestalteten Erwartungen von Gliederfüßlern, Kerbtieren und Würmern.

3 Kommentare:

  1. OT, obwohl es um Essen geht

    Alles nach Plan 09.07.2023 12:08

    China ist der Tot der Weltmeere

    https://www.telepolis.de/forum/Telepolis/Kommentare/Chinas-neuer-Fischerei-Flugzeugtraeger/China-ist-der-Tot-der-Weltmeere/posting-42845274/show/

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  2. @ Anmerkung: Hach, was mich doch gruselt, was mich doch gruselt. Ja, nun weiß ich, was Gruseln ist.

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  3. Nicht unpassend in dem Zshg.:

    Jedoch verwehrt sich Rudolph nicht strickt gegen die Flutung seiner Stadt, sondern forderte, die Asylbewerber in einer Tennishalle ...
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    Die reinsten Strickliesel bei Dschuhwottsch.

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