Länger als ein Jahrzehnt ist es her, dass Angela Merkels Spezialbeirat "Globale Umweltveränderungen" die Weichen für den deutschen Sonderweg zum Energieausstieg stellte. |
Niemand nahm das richtig ernst. Keiner glaubte, dass sie diesmal Nägel mit Köpfen machen und wirklich tun würden, was sie sagen. Als die damalige Bundesregierung, geführt von der Christdemokratin Angela Merkel, im Jahr 2010 ein Expertengremium einberief, das beauftragt wurde, die Zukunft zu planen, wirkte das auf die Öffentlichkeit wie eines der üblichen Manöver deutscher Politik. Zeitspiel, Vertagung, Prozess statt Entscheidung. Selbst als die Experten schließlich aus ihrem Elfenbeinturm zurückkamen und einen radikalen Umstieg in ein Zeitalter ohne Energieverbrauch forderten, ernteten sie vor allem Achselzucken. Immer fordert irgendwer irgendwas. Und das Leben geht weiter.
Ausstieg bis 2020 vollenden
Dabei waren die Forderungen grundstürzend. Ein Ausstieg aus der Nutzung von Energie könne "bis 2020 vollendet werden", hieß es. Ein Bremsmanöver, verglichen mit den Vorstellungen von Greenpeace aus derselben Zeit, nach denen ein Ausstieg schon bis 2015 möglich gewesen wäre. "ohne dass dadurch negative Folgen für die Sicherheit der Versorgung, den Klimaschutz oder die Kosten entstehen".
Der "faule Kompromiss", wie es der Greenpeace-Energie-Experte Andree Böhling nannte, verzögerte die Stilllegung der deutschen Kernkraftwerke: Eigentlich hätte schon 2015 das letzte AKW abgeschaltet werden können, "weil die deutsche Bevölkerung schrumpft und es immer noch Reserven bei der Energieeinsparung gibt". Verglichen mit dieser Vision schienen die Forderungen der Mitglieder des Wissenschaftlichen Beirats der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen sehr zahm: Auch sie wollten den radikalen Umstieg. Auch sie plädierten für eine Energieversorgung ohne Atomkraft, Kohle und Erdöl. Auch sie zeigten sich überzeugt, dass das alles schon irgendwie funktionieren werde.
Nötig sei nur ein Plan, dann gibt es einen Vollzugskorridor und bei der Durchsetzung wende man die Klimaschutzinstrumente an. Das könnten etwa höhere Preise für den CO2-Ausstoß sein. Eine andere Option wäre, Ausstoß-Grenzwerte für Kraftwerke festzulegen, so wird das in den USA oder in England gemacht. Die USA haben ja beim Kyoto-Protokoll nicht mitgemacht, die waren damals an allem schuld. Das darf uns nicht passieren. Eine unserer Studien zeigt, dass man darüber einen Ausstieg aus der Kohle gestalten kann. Es war jetzt an der Bundesregierung, einen Weg zu wählen.
Immer in der Zukunft
Immer, wenn es um die Zukunft geht, sprudeln die Beschlüsse nur so aus den politischen Parteien. Energieausstieg sofort, zwei Grad bis 2100, schon 2030 keine Verbrennungsmotoren mehr, raus aus der Braunkohle und keine Regierung und kein Parlament der Zukunft, das noch Schulden machen darf, wie es selber will. Vor allem was alles betrifft, was sie selbst nicht mehr betreffen wird, reguliert die derzeit amtierende Generation von Politikern ganz vortrefflich.
Dabei bleibt keine Zeit für Tabus, keine Zeit für kleinliches Nachrechnen, wie viel genau nun welche Maßnahme bringt und wie sehr sie Putin in die Knie zwingt. "Wir sollten uns alle Mittel, die auf dem Tisch liegen, ohne Denkverbote anschauen", hat Grünen-Chefin Ricarda Lang empfohlen und als "Maßnahme, die einfach und schnell wirkt" wie immer ein "temporäres Tempolimit" ins Gespräch gebracht. Da würde nicht ganz so große Versorgungslöcher stopfen wie der Weiterbetrieb der letzten deutschen Kernkraftwerke, es würde zudem an der falschen Stelle sparen, da sich mit dem nicht verbrannten Sprit keine einzige Gasheizung betreiben ließe.
Das Wesen des Regierens besteht im Bemühen, denen, die noch nicht einmal geboren sind, und im Falle der oben genannten Familien auch keine Chance mehr haben, jemals geboren zu werden, den Eindruck zu vermitteln, dass an sie gedacht worden ist. Während Eltern, die selbst Kinder haben, irgendwann unweigerlich begreifen, dass der Nachwuchs seine eigenen Wege geht und seine eigenen Fehler macht, ganz egal, wie umfangreich und detailliert die hinterlassenen Testamente sie auf Verhaltensregeln verpflichten, beschwören die Kinderlosen eine Nachhaltigkeit, die sich jeder Kontrolle entzieht.
Flott abschalten
Es geht darum, Kraftwerke flott abzuschalten, bis der Strom direkt nur noch aus der Steckdose kommt.
Je früher man beginnt, diesen Ausstieg gemeinsam zu erarbeiten, desto
mehr Perspektiven gibt es auch für die Stromwirtschaft. Wichtig ist,
dass man den Strukturwandel hin zu erneuerbaren Energien entsprechend
umsetzt. Da müssen weiter Fördermittel fließen, das ist klar. Und die Stromverbraucher müssen weiter bereit sein, sich zu solidarisieren.
Als die Vordenker des Energieausstieges ihr Hauptgutachten "Welt im Wandel: Gesellschaftsvertrag für eine Große Transformation" an den später in Ungnade gefallenen Umweltminister Norbert Röttgen und die wegen einer gefälschten Doktorarbeit abgesetzte Forschungsministerin Annette Schavan überreichten, atmete die Öffentlichkeit auf. Das war ein "Gesellschaftsvertrag für eine Große Transformation", aber doch nur dem Namen nach. Niemand unterschrieb. Es gab keine Abstimmung, keine Zustimmt, die meisten Menschen nahmen weder den allfälligen Medientermin zur Kenntnis noch den Umstand, dass die beiden CDU-Politiker die Studie als Unterstützung für einen bald bevorstehenden Energieausstieg werteten.
Umfassender Gesellschaftsvertrag
Um den beschließen und zum Ziel der "Erreichung einer nachhaltigen und demokratischen Industriegesellschaft" aufbrechen zu können, das hatten die Berater ja ausdrücklich erwähnt, würde es erst den ominösen "umfassenden Gesellschaftsvertrag" brauchen. Bis dahin würde alles wie immer unendlich lange dauern und das normale Leben nicht weiter behindern. Bald wäre auch wieder diese oder jene Wahl, da könnte man ja dann ankreuzen, was man nicht wollte. Das Gutachten wurde abgeheftet. Man ging zur Tagesordnung über.
Dabei war alles das, was heute so vielen so viele schlaflose Nächte bereitet, damals bereits eingeschrieben in die Fünf- und Zehn-Jahrpläne. "Das fossil-nukleare System muss durch ein effizient-erneuerbares System ersetzt werden. Und dafür müssen die Weichen in den nächsten Jahrzehnten gestellt werden" hatte der mittlerweile verrentete Beiratsvorsitzende Hans-Joachim Schellnhuber bei der Vorstellung des Berichtes unumwunden angekündigt. Der damalige Direktor des von Klimaforschungsgeldern lebenden PIK in Potsdam war sogar überzeugt, dass ein Ausstieg aus der Energienutzung bis 2020 vollendet sein werde. Wörtlich kündigte Schellnhuber an, das bei einem Umstieg auf Energiesparen und effiziente Eigenenergienutzung auch "nicht alle Lichter ausgehen" würden.
In der Lobby brennt noch Licht
Lässig dahingesprochen. Nicht alle. In der Lobby brennt noch Licht und der Bundestag versorgt sich traditionell mit Dieselgeneratoren. Ein wenig Trost als Beilage: Das Wohlstandsniveau werde dadurch nicht gefährdet. Strategisch viel wichtiger: Es war der eben jener Wissenschaftliche Beirat der Bundesregierung "Globale Umweltveränderungen", der die sogenannte Verankerung von Klimaschutzzielen im Grundgesetz vorschlug, um bei Bedarf nicht mehr auf demokratische Mehrheiten Rücksicht nehmen zu müssen, wenn einschneidende Maßnahmen nötig werden.
Auch die heute von Klimaklebern und Bundestagspräsidentinnen vorangetriebene Etablierung von "Bürgerräten", die Entscheidungen bald anstelle der demokratisch gewählten Abgeordneten und Parlamente fällen sollen, datiert aus jenen Tagen. Damals noch als "Zukunftskammer" betitelt, plante schon der Beirat ein handverlesenes Gremium, das "die die Bundesregierung in Fragen der Nachhaltigkeit beraten soll".
Rat für Nachhaltige Entwicklung
Aus dem globalen "Rat für Nachhaltige Entwicklung bei den Vereinten Nationen", der im Falle von Verstößen gegen die Interessen künftiger Generationen von Energiesparern auf nationaler Ebene das Recht erhalten sollte, Strafen gegen die Verursacher zu verhängen, ist nichts geworden. Die deutsche Idee starb einen stillen Tod, obwohl das dieses "höchste globale Klimagremium" Gutachten) eigentlich schon auf dem Nachhaltigkeitsgipfel der Vereinten Nationen 2012 in
Rio de Janeiro eingerichtet werden sollte. Doch global ist die Welt selbst heute noch weit weg von einem solchen Ziel. Als Ersatz hat d´sich Deutschland einen solchen Rat gebaut. Die bundeseigene "Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH hat das dankenswerterweise übernommen.
National allerdings ist alles nur sehr viel langsamer gegangen, die Richtung aber stimmt wie immer, wenn der Deutsche erst mal losmarschiert: Energieeinsparung steht zwar nicht im Grundgesetz, das handstreichartige Verfassungsgerichtsurteil zum Klimaschutz aber hat vollwertigen Ersatz geliefert. Zwar hat sich auch Annette Schavans Hoffnung noch nicht erfüllt, dass "wir zum Vorbild werden für andere Länder, die vor ähnlichen Aufgaben stehen". Aber mit der Vorhersage, dass die steigenden Temperaturen Heizenergie sparen, so dass Deutschland schon Mitte des Jahrhunderts komplett von Sonne und Wind angetrieben werden könne, war die Forschungsministerin vor zehn Jahren schon auf Augenhöhe mit den Erkenntnissen von heute.
Dicker Bretter, lange Bohrer
Dicke Bretter, lange Bohrer und dann drehen. Die Antreiber der Idee von der Transformation waren wirklich hartnäckig und von keinem Widerstand zu stoppen. Dass Fukushima bald nach der Katastrophe keine Argumente mehr für den Atomausstieg lieferte, steckte die Bewegung weg. Dass Deutschland trotz des teuersten Stroms der Welt mit der Elektrifizierung nicht vorankam, irritierte niemanden. Bei jeder Umfrage im Land zeigten sich Bürgerinnen und Bürger für das große Ziel, das medial zu einer Welle wuchs, die jedes Jahr, jeden Monat und jeden Tag bei jedem Wetter bewies, real das alles ist, zu Opfern bereit.
Eine deutliche Mehrheit von 64 Prozent war dafür, angesichts der Katastrophe von Fukushima noch vor dem Jahr 2020 komplett aus der Nutzung von Atom, Strom, Braun- und Steinkohle, Erdöl und Erdgas auszusteigen. Dafür sind die Bürger bereit, Stromtrassen quer durch ihre Vorgärten und höhere Preise für importierte Lithium-Batterien in Kauf zu nehmen, so lange es sie nicht selbst betrifft. Jeder Zweite wünschte sich überdies schon damals parallel, dass sich ein schnellerer Ausstieg aus der Energienutzung nicht negativ auf den Klimaschutz auswirken solle. Mehr CO2-Ausstoß durch Ersatzstromgewinnung aus Kohlekraftwerken müsse durch die Abschaltung der Verursacherkraftwerke vermieden werden.
PPQ-Archiv: Wie ich beinahe mal ein Atomkraftwerk gebaut hätte
Den Dampf über den Kühltürmen bitte gemäß Richtlinie nachdunkeln danke ok.
AntwortenLöschenMuss man zähneknirschend mal hier, mal da, sogar bei (nicht: von) EIKE lesen: Mit Atom könnten wir doch viel besser das böse Treibhausgas einsparen! Etwa so.
AntwortenLöschenOT Wie Internet-Kommentare in Zukunft aussehen werden
AntwortenLöschenhttps://www.gatesnotes.com/The-risks-of-AI-are-real-but-manageable
Kommentar zu William Gates's offensichtlich fantastischem (tldr) Artikel über AI
von David Hidalgo Rodríguez:
9 hours ago
Thank you very much for this excellent post, it is usefull to get reliable information from a person who really knows what he is writing about.
I'm glad to read that for every danger of AI, there is also a possible solution.
usw. lol
Vielleicht kann auch PPQ eine AI deployen, die Kommentare in diesen Stil umformuliert.
ppqAI ist dran!
AntwortenLöschen>> die Kommentare in diesen Stil umformuliert.
AntwortenLöschenDas liegt doch als Huldigung zuhauf in den Spamboxen rum.
Hatte ich neulich wieder einen Schlingel, der den Blog dermaßen überragend fand, daß er da gerne Artikel platzieren würde, aber ohne Kennzeichnung und daß mitgeteilt wird, daß das ein bezahlter Fremdartikel ist.
Mit solchen Huldigungen könnte man eigentlich einen schwungvollen Handel auf dem Bahnhofsvorplatz aufziehen.
OT
AntwortenLöschenhttps://www.welt.de/politik/deutschland/article246335334/Geheimdienste-Sekretaerin-von-Bundestagsabgeordneten-Andre-Hahn-war-bei-der-Stasi.html
Eine linke Bonze, die aussieht, als wäre sie aus einer SED-Bezirksleitung ins Jahr 2023 getunnelt, hat eine Stasi-Sekretärin.
Aber natürlich hat jemand in der Stasipartei eine Stasisektretärin. Wieso ist das überhaupt eine Meldung.
>zuhauf in den Spamboxen rum
AntwortenLöschenKann gut sein, dass ein einfacher Software-Milliardär seinen Spamfilter nicht konfigurieren kann. Fachkräftemangel trifft jeden.
Nebenbei, auf Änntäfau und auf (((WELT))) kommt wieder eine Runde hitlerhitlerhitlerhitlerhitler, dass einem das Gemächt braun wird.
AntwortenLöschenAbér: Es ist wirksam! Beispiele? - Wir brauchen einmal wieder mehr die Jacke voll, damit wir zur Vernunft kommen ... liest man bei EIKE, bei PIPI, bei Röper ...
Demigod in white retired
also wir melden das nicht. das ist doch ein alter hut
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