So schön hätte es werden können, wäre die EU bereit gewesen, sich für internationale Fachleute zu öffnen. |
Als Bekenntnis zur gesamten westlichen Partnerschaft geplant, als Meilenstein für den Transatlantismus gesetzt und nun nach Angriffen von Spaltern und Kritik von Anti-Amerikanern abgeblasen: Die namhafte US-Wirtschaftsexpertin Fiona Scott Morton hat angesichts außer Rand und Band geratener Attacken aus mehreren EU-Mitgliedsstaaten darauf verzichtet, den Posten als Chefökonomin der Wertegemeinschaft anzunehmen, den ihr EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager über eine ausgeklügelte Kette von Tricks und Tarnmanövern hatte zuschlagen wollen.
Offenbarungseid aus Neid
Die EU, seit der inzwischen still beerdigten Korruptionsaffäre um die frühere Vize-Präsidentin Eva Kaili und zahlreiche weitere hohe Repräsentanten bemüht, sich den Anstrich eines nach Regeln funktionierenden Systems zu geben, steht blamiert da. Europa aber nimmt den noch größeren Schaden: Aus dem offenen Bekenntnis, dass es auf dem alten Kontinent nicht nur nicht möglich ist, eigene Raketen ins All zu schießen, eigene Künstliche Intelligenzen zu bauen, eigene Suchmaschinen, Abschreckungsarmeen und Hightech-Hersteller zu betreiben, wurde ein Offenbarungseid aus Neid.
Pure Ausländerfeindlichkeit und womöglich auch eine Portion Fremdenhass führte denen die Zunge, die wie Frankreichs Präsident Emmanuel Macron "Beunruhigung" darüber heuchelte, dass es offenbar keinen großen europäischen Wissenschaftler oder keine große europäische Wissenschaftlerin gebe, der oder die für den Job geeignet sei.
Gezielt wiegelte der als Erznationalist bekannte Spezialist für den Machiavellismus eine ganze Reihe von ebenso rückwärtsgewandten EU-Kommissaren gegen die von Verstager und der deutschen Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen wie gewohnt im Hinterzimmer getroffenen Entscheidung auf. Eine Front aus Freundesfeinden - der Franzose Thierry Breton folgte seinem Präsidenten natürlich beim Versuch, die EU-Führung zu blamieren und bloßzustellen, dazu stießen Paolo Gentiloni aus dem faschistisch regierten Italien, der Spanier Josep Borrell, der Luxemburger Nicolas Schmitt und die Portugiesin Elisa Ferreira.
Eine Front aus Freundesfeinden
Eine wilde Truppe aus Frauen und Männern, denen der globale Blick der Ursula von der Leyen ebenso abgeht wie die Gelassenheit der Bundesregierung, für die Vergabe des Spitzenpostens ohne Ausschreibung zur gelebten europäischen Normalität gehört. Bereits vor einem Jahr hatte Außenministerin Annalena Baerbock die Blaupause für eine solche Personalentscheidung geliefert, als sie die US-Amerikanerin Jennifer Morgan zur "Sonderbeauftragten für internationale Klimapolitik" machte und anschließend blitzeinbürgerte, um sie verbeamten zu können.
Das ging damals durch, denn ganz Deutschland sah ein, dass das Land auch mehr als 70 Jahre nach dem Ende des Hitlerregimes Halt, Führung und Hilfe braucht und keineswegs bereits in der Lage ist, sich selbst zu verwalten und eigenständig am Leben zu erhalten. Ohne den Atomschutzschirm der USA, ohne in den USA designte Chips, US-Geheimdiensterkenntnisse über Putins Pläne und die deutscher Terrorgruppen und ohne die geistige Orientierung an wertschätzenden neuen Empowermentbewegungen wie #metoo, #wokism und #blacklifematters wäre die Lage trübe, auch angesichts der Herausforderungen, dass wenigstens Deutschland seine Pariser Klimaziele erreicht.
Scheitern des Morgan-Modells
Der Versuch, das Morgan-Modell einer direkten Verwaltung europäischer Institutionen nun auf Brüssel zu übertragen, trug der EU-Kommission nun allerdings sogar eine Art leiser und verschämter Kritik des seinerzeit als "Spitzenkandidat" zur EU-Abstimmung und eben erst als Anführer eines Aufstandes gegen die Renaturierung der EU gescheiterten CDU-Mannes Manfred Weber ein. Er verstehe nicht, ließ der "Bayer für Europa" (Weber über Weber) wissen, wie nach "intensiver Prüfung unserer Institutionen im Hinblick auf ausländische Einmischung Nicht-EU-Kandidaten für eine so hochrangige und strategische Position in Betracht gezogen werden" könnten.
Für Weber, einen stillen, unauffälligen Politiker, der seit bald 20 Jahren im EU-Parlament sitzt, sich seit seiner Niederlage gegen Ursula von der Leyen hinter einem Bart versteckt und bis heute kaum einem deutschen Wähler bekannt ist, gleich das bereits einem Kampfgeschrei. Die nationale Karte, ausgespielt sicherlich auch gegen die deutsche Schwefelpartei, die in der von den Anti-Amerikanern gezielt ausgelösten Kontroverse zweifellos einen Anlass gesehen hätte, ihr übliches Geschrei von Bevormundung, Fachkräftemangel und angeblich nicht vorhandener europäischer Souveränität anzustimmen, um in Sonneberg und anderswo Stimmen Unzufriedener einzufangen.
Nur die Grünen stehen fest
Gut, dass Fiona Scott Morton daraufhin die Notbremse zog, wohl auch, weil anderenfalls ein offener Konflikt mit dem Élysée-Palast gedroht hätte. Im EU-Parlament, dessen Mitglieder sich in diesen Tagen allesamt höchst besorgt fragen, was sie tun können, um in einem Jahr noch immer auf ihrem Platz zu sitzen, unterstützten nur die Grünen die Internationalisierung der EU-Verwaltung und die direkte Übergabe eines Teils der Verantwortung an fremde Mächte. Alles übrigen sprachen in Andeutungen von einem "Prinzip der strategischen Autonomie", das wichtig sei, und von US-Gesetzen, die es Europäern untersagten, einen ähnlich wichtigen Verwaltungsposten in den USA zu übernehmen, so dass niemand in Washington sagen könne, man wolle keine Ausländer in der EU.
Volontärin Henrike Adamsen bei WiWo
AntwortenLöschenSchwerer wiegt da der Vorwurf des Interessenkonflikts. Scott Morton hat als Beraterin für Kartellanwälte gearbeitet und Gutachten für Amazon, Apple und Microsoft geschrieben. Das ist erst mal nichts Neues: Auch manche ihre Vorgänger haben zuvor in der Privatwirtschaft gearbeitet.
Ja, nichts neues. Das nennt man 'revolving door' (Drehtür). Bedeutet, dass Leute regelmäßig zwischen Leitungsposten in der Wirtschaft und der Politik wechseln. So hat man immer einen Kumpel an der richtigen Stelle sitzen, wenn's mal was zu klären gibt.
Nannte man früher auch 'Seilschaften.
Derweil im RBB-Sendegebiet: Dank dem Klimawandel fühlen sich afrikanische Großkatzen in und um Berlin inzwischen wieder pudelwohl https://www.tagesschau.de/inland/regional/brandenburg/loewin-berlin-100.html.
AntwortenLöschenOder wie es dieser Tage eine bekannte und beim RBB allseits beliebte Politikerin formulierte: "Offensichtlich sind wir schon im Sommerloch" angekommen.
Sicher war die Nominierung von Frau Morton ein Skandälchen. Zum richtigen Skandal reicht es schon nicht mehr, da sowieso so gut wie niemand mehr erwartet, dass die Nomenklatura sich noch an ihre eigenen Regeln hält. Es bildet sich hier immer mehr ein neofeudaler Politadel heraus, dem das gemeine Volk genauso schnurz ist wie anno dazumal dem Sonnenkönig.
AntwortenLöschenHerr Macron bläst ja auch nicht die Backen auf, weil er einen fachlich kompetenteren und unabhängigeren Mann oder Männin auf den Posten heben will. Wichtig ist nur, dass er bestimmt, wer den Posten bekommt. Es gibt ja so viele eigene Freunde bei begrenzter Postenzahl zu bedenken, da braucht es doch keinen Ami-Quereinsteiger.
Im Endeffekt ist es doch auch egal, wer den Posten besetzen wird. Am Ende werden alle mögliche Kandidaten sowieso die selben Ansichten haben und die gleichen Ratschläge erteilen. Glaubt hier wirklich jemand, auf Grund der Besetzung dieses Postens würde auch nur eine Entscheidung unserer Häuptlinge anders ausfallen, als sie ausfallen wird?
Eben.
EbenD!
Löschen