Samstag, 24. Juni 2023

Böhmermann: Streit um die Reinheit der Lehre

Der Fernsehansager Jan Böhmermann fordert ultimativ, die Stalinsche Politik der Reinheit der linken Lehre endlich wieder ernst zu nehmen. Zeichnung: Kümram, Eigelb auf Fahnentuch, geflammt


Anfangs schritten sie Seit`an Seit`, Schulter an Schulter im "Kampf gegen rechts", fest entschlossen, dem Gegner keine Plattform zu bieten, sondern ihn stattdessen zu schlagen, wo man ihn  trifft. Jan Böhmermann und Sandra Maischberger, sie waren Zweige am selben Baum, Blüten vom gleichen Strauch wie Anne Will, Dunja Hayali, Anja Reschke und Georg Restle. Überzeugungstäter mit einer Mission und einer Agenda, die so gut und richtig war, dass es keinen Grund gab, sie wenigstens symbolisch zu verbergen.  

Kämpfe in einem Graben

Man zog an einem Strick und kämpfte in einem Graben. Erst ging es gegen die NPD, dann gegen die Lucke-Afd, dann gegen Petrys Nazitruppe, dann gegen Gaulands Badehose und immer war es schlimmer als gerade noch. Je mehr gekämpft wurde, desto weniger bewirkte der Kampf, je konsequenter die Gästeauswahl gesiebt wurde, umso mehr schien dem Wahlvolk etwas zu fehlen. Das Erfolgsrezept, die größte Oppositionspartei einfach ekelhaft zu finden und darauf zu vertrauen, dass dieser Ekel sich vorbildhaft herumsprechen wie das deutsche Energieversorgungswunder in der ganzen Welt, erfüllte sich nicht.  

Vielmehr schien jede Talkshow ohne eines der blauen Monster auf das Konto der Schwefelpartei einzuzahlen: Sie hat auch kein Konzept. Das aber fällt gar nicht auf, weil es immer nur die anderen Parteien sind, die ihre unausgegorenen Pläne und verrückten Ideen öffentlich erklären müssen und dabei ebenso regelmäßig wie unübersehbar scheitern. Der Strick, an dem zuletzt sogar der Verfassungsschutzpräsident mitzerrte, er wurde zum Strang, der der Demokratie die Luft abschnürt. Wenn Sonneberg fällt, ein Landkreis, von dessen Existenz die Öffentlichkeit erst in den letzten Stunden erfahren hat, geht der Ärger erst richtig los. Inzwischen, so hat der Ministerpräsident von Thüringen, ehemals selbst vom Verfassungsschutz beobachtet, analyseiert, sind "Coronaleugner genauso wie Schwulenhasser vereint in der Ablehnung unseres Staates und einer offenen Gesellschaft.“

Held der Bionadeviertel

Jan Böhmermann, der wegen vergleichsweise hoher Einschaltquoten in den Bionadeadelvierteln der Republik als eine postmoderne Art moralischer Instanz gilt, wird dann wissen, woran es gelegen hat: Sandra Maischberger hatte AfD-Chef Tino Chrupalla in ihre Talkshow geladen, einen  Ostdeutschen aus der Oberlausitz, der 2017 von der Sächsischen Zeitung zum "Menschen des Jahres" gewählt worden war. "Der Eroberer" (SZ) saß nun plötzlich neben Maischberger, FDP-Frantkionschef Christian Dürr, Zeit-Chef Giovanni di Lorenzo, Wolfgang Weimer und der Moderatorin Pinar Atalay wie ein normaler Mensch.

Eine Bühne" (Berliner Zeitung), die dem Sachsen zweifelsohne nicht zustand. Böhmermann, der "Extremist" (Focus), der nebenberuflich nun auch noch die Besetzungscouch der ARD-Talkshowzentrale verwaltet, missbilligte die Einladung mit deutlichen Worten. "Sandra Maischberger lädt Nazis in ihre Talkshow ein, damit Nazis nach der Machtergreifung Sandra Maischberger auch ihre Talkshow einladen", folgerte der Mann mit den legendären Geschichtskenntnissen, dessen Vorbehalte Frauen gegenüber seit vielen Jahren bekannt sind. 

Erfinder des witzfreien Humors

Selbst für den 42-Jährigen, seines Zeichens der Erfinder des witzfreien Humors, ein ernsthafter Vorwurf. Er zeigt, wie tief die Kluft zwischen Gut und Besser ist, die mittlerweile im Lager der Wohlmeinenden klafft. Dabei schafft es der von seinen Kritikern oft als "Staatsclown" oder "Gebührenritter" verhöhnte Dauerfernsehpreisträger, einen typisch doppeldeutigen Spaß zu machen, der nicht nur wie gewohnt auf Kosten anderer geht, sondern ihn selbst auch noch zum Helden stilisiert. Dass Maischberger den AfD-Politiker nur eingeladen habe, um nach der nächsten Machtergreifung der Nazis nicht aus dem Programm geworfen zu werden, ist das eine. Dass er, Jan Böhmermann, das mutig kritisiert, zeigt, dass er dagegen etwas riskiert für seine Sache, seine Überzeugung, seinen Glauben wie einst Tucholsky und Ossietzky.

8 Kommentare:

  1. >> der Ministerpräsident von Thüringen ... analyseiert

    Es ist so zutreffend. Sehr schön.

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  2. Schreibe einen Satz, der 'Nazis', 'AfD' und 'Maischberger' enthält.

    Da wäre von jeder AI am Markt etwas besseres gekommen.

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  3. das analyseiert gefiel mir auch sehr gut. weshalb wurde das erst jetzt erfunden? die darauf spezialisierten gestalten sind doch schon geraume zeit überall unterwegs.

    manchmal versteht man die welt nicht

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  4. Böhmamann sollte die Koffer packen und das Land verlassen

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  5. Gruppe Wagner findet Bömamann auch scheiße

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  6. Es gab wohl einen kleinen Bieterwettstreit um Prigoschins Truppe.

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  7. "A census taker once tried to test me. I ate his liver with some fava beans and a nice chianti."

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  8. Bernd findet Dr.Lektalösungen grundsätzlich gut .

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