Der talentierte junge Künstler Kümram hat ein Abschiedsbild für Patrick Graichen gemalt - mit Rügener LNG-Kreide auf Bambusbüttenpapier. |
Das Aufatmen in Berlin war bis nach Bremen zu hören. Endlich. Fast auf den Tag genau ein Jahr nachdem Klimawirtschaftsstaatssekretär Patrick Graichen die deutschen Energieversorger angewiesen hat, sich auf einen baldigen Rückbau der 511.000 Kilometer Gasleitungen im Land vorzubereiten, versetzt Ministern Robert Habeck den 51-Jährigen in den einstweiligen Ruhestand.
Abriss der Versorgungsleistungen
Nicht wegen des Versuches, den Energieausstieg durch den Abriss der Energieversorgungsleitungen voranzubringen. Nicht wegen der verkorksten Doppelwende beim Gaszuschlag. Nicht einmal wegen der weitverzweigten Familienbande, die den Preis für Deutschlands schlingernde Energiewende zwischen Braunkohleboom, LNG-Offensive und Kernkraftausstieg in schwindelerregende Höhen treibt. Sondern weil sich bei "internen Prüfungen neue Erkenntnisse" zur geplanten Förderung eines "Projekts" des BUND-Landesverbandes Berlin ergeben hätten, in dessen Vorstand Graichens Schwester Verena sitzt.
Die halbe Wahrheit, deren andere Hälfte ein düsteres Geheimnis bleiben wird, wenn es nach den Medien geht, die Robert Habeck in den drei Wochen seit den ersten Clan-Vorwürfen nach Kräften verteidigt haben. Denn in Wirklichkeit hat das grüne Desaster bei der Wahl in Bremen mindestens ebenso viel mit dem Graichen-Abgang zu tun wie die "Liste mit Projektskizzen", mit der der Vater des "Integrierten Energie- und Klimaprogramms" der ersten Merkel-Regierung sich lieber nie hätte befassen dürfen, weil seine Schwester bereits damit befasst gewesen war.
Endlich doch ein Grund
Habeck nennt es den "einen Fehler zu viel", das politische Berlin aber weiß: Der durch das Heizungsverbot schwer in Bedrängnis geratene einstige Star der Grünen ist mehr als glücklich darüber, nun doch noch einen Grund gefunden zu haben, der ihm erlaubt, Graichen loszuwerden, ohne als rückgratloser Opportunist dazustehen, der eben noch Treue schwört, eine klitzekleine Kommunalwahl später aber bereit ist, die Front mit einem Federstrich zu begradigen.
Darum aber geht es bei dem Manöver ohnegraleichen, bei auf einmal auch bei der "Tagesschau" ganz offiziell von "Vetternwirtschaft", "Ungereimtheiten" und "wiederholten Interessenkonflikten zwischen Berufs- und Privatleben" die Rede ist. Die Grünen, im ersten Regierungsjahr die Partei des Sturm und Drangs, beflügelt vom festen Glauben, die Welt müsse und könne nur jetzt und hier und sofort für alle kommenden Generationen gerettet werden, haben im eher linken Bremen eine Klatsche gefangen. Alle großen Pläne vom endgültigen Aufstieg zur Volkspartei und einem Einzug ins Kanzleramt nach der nächsten Bundestagswahl wirken seitdem wie Fieberfantasien einer Partei, die nicht mal mehr in eigener Sache zwischen Realität und Hybris unterscheiden kann.
Sprung in den Abgrund
Die alte politische Weisheit, dass Machterhalt immer wichtiger ist als das Erreichen politischer Ziele, weil nur der Erhalt der Macht die Möglichkeit erhält, die Ziele zu erreichen, sie ist schließlich doch noch auch in der Grünen-Zentrale zur Kenntnis genommen worden. Dass Graichen die Empfehlungen der Agora Energiewende zum Gasnetzrückbau wörtlich propagierte, geht in Ordnung. Doch ein Trauzeuge? Als Chef einer der vielen im Rahmen der Bundesbehördenansiedlunginitiative neu gegründeten Verwaltungseinheiten für "Zuversicht und Entschlossenheit" (Dena)? Gegen das Volk zu regieren und dabei zu hoffen, dass man mit stahlharter Entschlossenheit beim Sprung in den Abgrund schneller vorankommt als einem die Anhänger von der Fahne gehen, gelingt nur, wenn einem andere Parteien in Todessehnsucht hinterherhüpfen würden, wie es die Taz der SPD als neue Unetrstützungskampagne für den wankenden grünen Scheinriesen vorgeschlagen hat. Doch wo keiner springt, ist der Tod ein einsamer.
Den Robert Habeck nun wirklich nicht sterben will. Der 53-Jährige hat immer noch Ambitionen, er ist im ersten Jahr im Ministeramt zwar richtig grau geworden, doch die Lust auf noch mehr Zeit am Steuerrad des Staatsschiffes ist ihm nicht vergangen. Also opfert er seinen Staatssekretär auf dem Altar der aufgeregten Volksseele, in der Hoffnung, sich damit wieder in den sympathischen, vertrauenswürdigen Antreiber einer Wärmewende zu verwandeln, die ihn derzeit droht, mit sich in einen Stimmungsstrudel zu reißen, den die Grünen seit dem Veggie-Day fürchten.
Furcht vor dem Veggie-Day
Compliance-Verstoß hin, "interne Ethik-Regeln" und "personelle Verflechtungen" (Tagesschau) her. Die Trauzeugen als Behördenchefs, die "Graubereiche" und die anderen familiären Katastrophen, sie erzählen nicht nur von Voreingenommenheit, Parteilichkeit und Hinterzimmerabsprachen, die über das Schicksal von Millionen Menschen entscheiden. Nein, das eigentliche Unglück ist, dass sie leider auch noch den "Anschein erwecken" (Habeck), genau das zu tun. Eine Überdosis Wahrheit, die das "Haus als Institution" bedroht und die "politische Handlungsfähigkeit" infragestellt. Die Wärmewende aber, dieses abgefahrene Billionen-Projekt, das so leicht beschlossen war und so schwer durchzudrücken sein wird, sie braucht einen Minister, der bis zum Vollzug keine Rücksichten nehmen muss.
Jetzt graichst aber.
AntwortenLöschenHabeck hatte verkündet, dass er in diesem Krieg nicht sterben wird ( und nein, damit war letztendlich nicht der Krieg gegen Russland gemeint). Aber darüber hat er nicht zu befinden. Er ist von verantwortlicher Seite als im Zweifelsfall großes potentielles Opfer vorgesehen. Ein Intellektueller würde das erkennen.
AntwortenLöschen...großes potentielles Opfer vorgesehen ...
AntwortenLöschenEinverstanden, aber, falls dieser Fall wirklich eintreten sollte, wird er relativ weich fallen. Leider nicht so wie Kaiser Vitellius.
Ist der grüne Filz in Roberts Bude nun besiegt?
AntwortenLöschenNaja, war nur ne Spaßfrage.
Darauf einen Bismarkhering (Emilia Fester)
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