Donnerstag, 13. April 2023

Spitzer Schuldenberg: So steil geht es aufwärts

In vielen Geschäften wird dem Euro mittlerweile seine Werthaltigkeit abgesprochen. Hier müsste die Bundespolitik dringend mit einer Stabilitätszusage eingreifen.

Es sind verteufelt harte Zeiten für den Finanzminister. Noch vor zehn Jahren konnte sein Vorgänger Begehrlichkeiten nach immer mehr Mehrausgaben mit dem Hinweis beantworten, dass er nur 500 Milliarden Euro Steuern im Jahr einnimmt und angesichts einer Verschuldung, die schon über den Vorgaben der rechtlich bindenden Maastricht-Regeln liegt, auch keine Kredite mehr aufgenommen werden können. Mittlerweile aber hat sich die Klage verschärft.  

 Der Schuldenberg wird spitzer

Gerade erst musste Christian Lindner, der Kassenwart der Ampel-Koalition, einräumen, dass die Steuereinnahmen im kommenden Jahr zum ersten Mal die Billionenmarke überschreiten werden. Binnen von nur einem einzigen Jahrzehnt hat der Bund seine Einnahmen verdoppelt. Eine Bilanz, die sich sehen lassen kann, zumal es im gleichen Zeitraum gelang, den Schuldenberg spitzer zu formen als jemals zuvor in der Geschichte. Der Gesamtschuldenstand stieg in nur zehn Jahren um mehr als 300 Milliarden Euro - um so viel anschreiben zu lassen, hatte die junge Bundesrepublik einst von 1950 bis 1984 gebraucht. Die verschiedenen schwarzen Kassen, die als "Sondervermögen" außerhalb der Haushalte angehäuft wurden, sind dabei nicht mitgerechnet.

Zahlen, die Mut machen. Zahlen, die versprechen, dass das Beste wohl noch kommt. Im Land, das sich längst unübersehbar und ungestört weit jenseits der Maastricht-Regeln eingerichtet hat, ein Vorgang, der vor Jahren noch ganze Schlagzeilen-Lawinen über Blaue Briefe und drohende EU-Sanktionen auslöste, ersetzt die Behauptung vom Staat, der so gut gewirtschaftet habe, dass niemand etwas dazubezahlen müsse, so oft auch die rettende Geldspritze angesetzt werden muss, die finanzielle Realität. Der Beweis, dass ein Staatsapparat mit immer mehr Beamten, immer mehr Angestellten, immer mehr Behörden und immer mehr Planzielen problemlos in der Lage ist, Milliarden auszugeben, wo er früher vielleicht mit 100 Millionen und noch früher sogar mit zehn oder 20 Millionen hätte auskommen müssen, ist erbracht.

Ein Staat für alles und alle

Notwendig dazu ist nur ein konsequentes Festhalten an der Vorstellung, dass der Staat für alles und für alle zuständig ist, dass er nicht Bedingungen organisiert, unter denen die Menschen ihr Leben selbständig führen, sondern berufen wurde, als Vorkauer, Vorkoster und Vorschriftenerlasser. Der Zehnte, den die gnädige Kirche ihren Leibeigenen einst wegnahm, wirkt angesichts der Summen, die der Staat eintreibt, um die Massen ruhig zu halten, wie ein Almosen. Aber das Geld wird gebraucht: Kam die allgegenwärtige Behördenmaschine noch von 15 Jahren mit 3,9 Millionen Mitarbeitern aus, um all die guten Gaben unters zahlende Volk zubringen, ist sie seitdem um ein Fünftel gewachsen. 

Heute kümmern sich bereits mehr als fünf Millionen Beamte und Angestellte der öffentlichen Dienstes um die Bürgerinnen und Bürger, obwohl die große Behördenansiedlungsoffensive zur Befriedung der Gerechtigkeitssehnsüchte im Osten ebene erst gestartet ist. Hier werden gigantische Bauprojekte Milliarden im märkischen Sand und in anhaltischer Erde versenken. Steuergeld verschwindet grundlos, aber eben nicht spurlos unter der Erde. Die Politik schafft gezielt Anlässe zur großen Freude und für große Einweihungsfeiern, mal hier, mal da und dort zum Ausgleich auch.

Ein Sack voller Schulden

Niemals zuvor hatte das beste Land aller Zeiten so einen Sack voller Schulden zu schleppen. Niemals zuvor war es so fest entschlossen, die Schuldenbremse schon bei nächster oder übernächster Gelegenheit wieder einzuhalten. Abzüglich all der Sondervermögen und an die EU ausgelagerten Bürgschaften, schwarzen Kassen hier und Schattenhaushalte dort. Aber schon irgendwie so ernsthaft, dass wenigstens die Medien der Regierung abnimmt, dass sie die sogenannte Konsolidierung im Sinne kommender Generationen von Nachschuldnern mit derselben Ernsthaftigkeit betreibt wie die Klimatisierung der Gegenwart im Sinne kommender Generationen, denen individuelle Mobilität, Kohlekraft und Gasheizung ohnehin schon Kindheit und Jugend geraubt haben.

Aufgaben, die immer intensiver verwaltet werden müssen. Seit 2010 haben sich die Kosten für die Verwaltungsausgaben bei der Bundesregierung verdoppelt, sie liegen heute bei 22 Milliarden Euro - eine Summe, für die allein schon die Gesamtsteuerzahlungen von 2,2 Millionen Durchschnittsverdienern benötigt werden. 

Immer mehr profitieren

Davon profitieren aber auch immer mehr Menschen: Um die ansteigenden Hilfssummen auszureichen, haben sich allein die Bundesministerien 30.000 Stellen neue Stellen genehmigen müssen. Um die vielen neuen Mitarbeitenden anzuleiten und zu führen, brauchte eine entsprechend hohe Zahl an neuen Top-Beamtenposten. Nach einem Bericht der "Welt" wurden 168 hoch dotierte neue Posten im unmittelbaren Umfeld der Minister geschaffen, die mit jährlichen Zusatzkosten von 50 Millionen Euro verglichen an der Gesamtverwaltungssumme von 22 Milliarden sogar sehr, sehr günstig kommen. Zumal die 51 hochmotivierten neuer Führungskader des Bauministeriums ebenso wie die 30 neuen Top-Leute des Klimawirtschaftsministerium aufgrund ihrer hohen und sehr hohen Gehälter natürlich auch wieder kräftig ins Steuersäckel einzahlen, was ihre Tätigkeit gleich doppelt segensbringend erscheinen lässt.

Das System nährt sich selbst, es wächst und wuchert unbeeindruckt von den Krisen und Kriegen, die rundherum toben. Egal was passiert, der Staat wird stets auf dieselbe Art darauf reagieren: Er verschafft sich Möglichkeiten, mehr Geld einzunehmen. Er macht mehr Schulden, um noch mehr Geld ausgeben zu könne, als er eingenommen hat. Er wird das Geld freilich nur zum kleinsten Teil an irgendwen verteilen, dafür aber zum größten Teil an die, die besonders treu zu ihm stehen. Er wird überall verkünden lassen, dass wieder gut gewirtschaftet habe. Dass all das Geld niemandem weggenommen worden sei. Dass er selbst es erwirtschaftet habe. Und er wird ankündigen, dass er diesen guten Kurs konsequent beibehalten werde, weil es nun darauf ankomme, so weiterzumachen, weil sich an der Spitze nur halten kann, wer die Höhe verträgt.

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