Als Video- und Fototechnik noch nicht so gut entwickelt waren, gab es mehr Bilder. |
Er geht schon länger als ein Jahr, der Weltkrieg auf Sparflamme. Nicht ganz so mörderisch wie das Schlachten in Äthiopien. Nicht ganz so ausdauernd wie das Morden in Afghanistan oder der verwirrende Konflikt in Syrien. Und auch nicht so entscheidungsreif wie die Auseinandersetzungen im Jemen, die sich entlang der früheren innerjemenitischen Teilung abspielen und im besten Falle eines Tages enden werden wie das eingefrorene und im Tiefkühlfach des Völkerrechts vergessene Nordzypern-Problem. Wie es ist, wird es nicht gut sein und für keinen der Beteiligten erträglich. Aber jede Veränderung würde es nur noch schlimmer machen. Also besser nicht hinschauen.
Besser nicht hinschauen
Der Krieg in der Ukraine brauchte nicht lange, um sich dieser Phase zu nähern. Beinahe vom ersten Tag an unterschied sich der von Russland offiziell immer noch als "militärischer Sondereinsatz" bezeichnete Überfall auf das Nachbarland deutlich sogar vom organisierten Schlachten und Morden in abgelegenen Regionen Afrikas, Asiens und Südamerikas. Einerseits wird über den Ukraine-Krieg mehr gesprochen als über jede andere bewaffnetet ausgetragene Auseinandersetzung zwischen Staaten seit dem Zweiten Weltkrieg. Andererseits gibt es aus dem Kampfgebiet, einer Fläche, die mehr als doppelt so groß ist wie Ostdeutschland, weder Bilder noch Filme noch Berichte, die über die Befragung von Einwohnern bombardierter Städte hinausgehen.
Gelegentlich sind feuernde schwere Waffen zu sehen, immer handelt es sich dann um neu an der Front eingetroffene deutsche Panzer mit Tiernamen. Manchmal schleichen Soldaten an einem Waldrand entlang, manchmal sind sie kurz zu sehen, während sie in einer Pause rauchen. Bilder aber, wie sie im Zweiten Weltkrieg die Wochenschauen füllten, während des Vietnam-Krieges für Entsetzen an der Heimatfront sorgten oder den Briten in den Tagen des Falkland-Krieges Blut und Sterben in die Wohnzimmer lieferten, fehlen nahezu vollständig.
Keine Fotografen, keine Bilder
Kein Peter Scholl-Latour, der durch Schützengräben kriecht und die wirklich fürchterlichen Seiten des Konfliktes zeigt. Keine Fotografen, die dort sind, wo die gegnerischen Truppen aufeinander schießen. Keine Leichen in der "Tagesschau", ausgenommen es handelt sich um unschuldige Opfer von völkerrechtswidrigen Bomben- oder Raketenangriffen. Es kommt nicht wenig von der 500 Kilometer langen Front. Es kommt gar nichts, abgesehen von zusammengebrochenen Fassaden, todesmutig posierenden Soldaten "nahe der Front", die sehr gut ausgeleuchtet sind. Und dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj in seinem Combat-T-Shirt, der mahnt, warnt, die Welt alarmiert und ankündigt, nicht weichen zu wollen und zu werden.
Manchmal steigen auch Männer aus Zügen, manchmal besichtigt eine Reisegruppe das Hinterland der Front vom Balkon aus. Szenen, die als ganz nah dran gelten, in vollkommener Übereinstimmung mit dem Umstand, dass angenommene russische Verluste penibel gezählt werden, die Verluste der ukrainischen Verteidigen hingegen grundsätzlich nicht einmal als möglich theoretische Größe erwähnt werden. Ein Muster von einer so unübersehbaren Augenscheinlichkeit, dass unter normalen Umständen keine Woche vergehen würde, ohne dass neugierige Medien Fragen zu stellen begännen.
Informationen aus London
Was den Ukraine-Krieg anbelangt, tun sie das nicht. Das Kämpfen findet täglich statt, in allen Nachrichtensendungen, Zeitungsspalten und auf den Kommentarseiten. Doch mit einer militärischen Auseinandersetzung, über die auch nach militärischen Gesichtspunkten berichtet wird, hat der größte Krieg auf europäischem Boden seit mehr als sieben Jahrzehnten den übermittelten Bildern zufolge so viel zu tun wie der deutsche Bundesnachrichtendienst mit der Aufgabe, Analysen zum Kriegsverlauf und Erklärungen zu Hintergründen zu liefern. Für das deutsche Publikum übernimmt diese Aufgabe seit dem ersten Tag "der britische Geheimdienst" (Spiegel), eine Adresse ohne Namen, die allerdings immer auf Ballhöhe ist und ihre "Geheimdienstinformationen" über das britische Verteidigungsministerium tagtäglich öffentlich macht.
Für den deutschen BND und die Militärgeheimdienst MAD kein Grund, nur wegen eines Krieges, der eine "Zäsur für alle Geheimdienst" (DW) bedeutet hat, von seiner traditionellen Verschwiegenheit abzurücken. Ganz zu Beginn herrschte noch eine gewisse Nervosität in der funkelnagelneuen Zentrale in Berlin, deren "imposante Architektur, Kunst am Bau und das Besucherzentrum nur die sichtbaren Besonderheiten" eines Hauses sind, in dem das "starke Team" (BND) im Einsatz ist, damit "Analystinnen und Analysten wegen einer Krisensitzung ins Auswärtige Amt gerufen werden" können. Damals bekamen die Experten heraus, dass auch Kiew leider eingenommen werden werde.
Mediales Desinteresse
Seitdem gilt eher wieder: Was man nicht weiß, macht keinen heiß. Das mediale Desinteresse an einer Kriegsberichterstattung, die erzählt, was ist, und nicht, was sein soll, erleichtert den Umgang mit dem Ungeheuerlichen: Gehörte es im Irak-Krieg noch zur Strategie des Westens, mit eingebetteten Reportern für die gerechte Sache zu werben, findet der neuerliche Out-of-area-Einsatz von Nato-Waffen unter Stillschweigen und in umfassender Bilderlosigkeit statt.
Ein unsichtbarer Krieg, der inzwischen mehr Berichte über Sanktionen und Friedensappelle zählt als über Kampfhandlungen. "Darüber spricht der Westen" überschreibt die "Tagesschau" eher zufällig einen Bericht, der die Stippvisite von "Wirtschaftsminiser" (Tagesschau) Robert Habeck in Kiew auf dessen Wunsch in als ein Zeichen betrachtet, "dass wir daran glauben, dass sie siegreich sein wird, dass sie wieder aufgebaut wird, dass es ein Interesse von Europa gibt, nicht nur in der Not zu unterstützen, sondern dass die Ukraine auch ein wirtschaftlich starker Partner in der Zukunft sein wird".
Dieser Krieg ist keiner der Bilder, nein, er ist der erste ohne. In einer Zeit, in der die Möglichkeiten der Abbildung des Schreckens so groß sind wie noch nie zuvor, befindet sich dort, wo zu früheren Zeiten Filme und Fotos das Grauen dokumentierten, eine Wandzeitung voller Panzer- und Politikerbilder, abgepolstert mit Satellitenfotos. Den Krieg nicht sehen zu müssen, sondern stattdessen erzählt zu bekommen, hilft den Menschen bei der emotionalen Gewöhnung. Und der Politik bei der Verwaltung des Ausnahmezustandes.
Ein glücklicher Zufall.
Habeck war nur da, um die Ukrainer*Innen zu mahnen beim Neuaufbau die Wärmepumpe zu wählen, Dämmung und Dreifachverglasung nicht zu vergessen.
AntwortenLöschenDie ältere werden sich erinnern, dass es zu Beginn des Syrienkrieges Kanäle auf Youtube gab, die etwa 'GoPros on Tanks' hießen. Die syrischen Landser hatten naja, eben GoPros an ihre Panzer gezwickt und das Zeug nach Gutdünken hochgeladen. Da konnte man Fahrten durch surreale Trümmerwüsten sehen und Klassiker wie den Panzerturm, der bei einem PRG-Treffer vom Panzer flog. GoPros gibt es immer noch, billigere und bessere Alternativen sind ubiquitär. vorbei, sie haben ab spätestens 2015 die sozialen Medien unter ihre Kontrolle gebracht. Natürlich zum Besten für die Kinder, für die Demokratie, für Transrechte oder was heute eben auf dem Lügenprogramm steht.
AntwortenLöschen@hase: und wenn was kaputtgeht, hat er garantie versprochen
AntwortenLöschen@anonym: das ist wohl zutreffend. hatte ich auch schon wieder vergessen. syrien.
Auf Telegramm gibt es Bilmaterial in Hülle und Fülle. Das ist in deutschen Medien leider nur dann erwünscht, wenn der britische Geheimdienst russische Attacken in erfolgreiche ukrainische Angriffe umdeklariert hat.
AntwortenLöschenDie Leichenberge ukrainischer Jugendlicher in Bakhmut interessiere keinen. Lassen sich nicht erfolgreich umrubeln.
besonders widerlich : der Kotau des Kinderbuchautorenden vor Herrn Zyllinski. "biiiitebiiiite biiite nich böse sein wegen Verspätung von Banza"
AntwortenLöschendafür kann er dann seine Bunzelbürger nach Strich und Faden schikanieren und vorführen.
Habek ist ein Feind des Deutschen Volkes und eine Charakternutte
Die Leichenberge ukrainischer Jugendlicher ...
AntwortenLöschenMit Horst Köbbert: Wenn dat man s-timmt.
Frei nach Denis Diderot: Berichte über Leichenberge sind nicht Leichenberge.
Die Kampfhandlungen sind doch eigentlich nur ein Nebenkriegsschauplatz. Wichtig sind die Führer und Generalitäten (Biden, Putin, Selenskyi, Stoltenberg, Scholz, vdL etc. pp.), die täglich ihre Kampfbotschaften und Durchhalteparolen auf allen analogen und digitalen Kanälen verbreiten. Wer will schon Blut und Gemetzel, wenn er Selenskyi, die Klitschkos, den polnischen Ministerpräsidenten und wie sie noch so alle heißen,
AntwortenLöschenDie Bilder vom Kampfgeschehen gibt es dann in 10 Jahren auf Netflix ("Im Osten nichts Neues"). Am Ende ist der Krieg immer auch zum großen Teil Unterhaltungsprogramm (zumindest in der Neuzeit). Natürlich nur dann, wenn wie beim Fußball die Ansetzung stimmt.