In Berlin ziehen sie traditionell heiße Luft auf Flaschen. |
In Berlin, der deutschen Hauptstadt, von der aus nicht nur die Geschicke von 84 Millionen Hierlebenden, sondern auch die von 440 Millionen EU-Europäern, 44 Millionen Ukrainern und den übrigen acht Milliarden Erdenbürgern gelenkt werden, die auf ein deutsches Voranschreiten bei Klimaschutz und CO2-Einsparung hoffen, möchte man es nicht soweit kommen lassen. Die Hauptstadt möchte sich das Schicksal von Miami, Machu Pichu und Madrid ersparen, Städten also, die bedingt durch ihre Lage weit südlich heute schon die Temperaturen zu ertragen haben, die Berlin erst für die Mitte des Jahrhunderts gewärtigen muss. Das glühende Pflaster des Ocean Drive in Miami, der kochende Asphalt des Paseo del Prado in Madrid - kein Berliner will das wollen.
Auf kochendem Asphalt
Seit auch die Ziele des Pariser Abkommens obsolet geworden sind, weil niemand sie erreicht hat, so dass alle Anstrengungen zur Begrenzung der Erderhitzung auf 1,5°C im Vergleich zu vorindustriellen Zeiten nicht ausreichen werden, kommt es noch mehr auf jede einzelne menschliche Siedlung an. Weil zuletzt Millionen Kiloattstunden gesunder Windstrom mangels Bedarf weggeworfen werden mussten, braucht es einerseits mehr und größere Windkraftanlagen, um noch mehr davon zu erzeugen.
Andererseits aber sehnen sich zahlreiche Verbraucher im In- und Ausland vor allem nach einem Klimavorbild, das zeigt, wie sich schneller Energieausstieg, beschleunigter Wohnungsbau, Ersatz aller Heizungen, Ausstieg aus dem Individualverkehr und Verlagerung der Industrieproduktion nach Übersee bei raschem Ausbau der Zuwanderung auch aus rückständigen Siedlungsgebieten wie Sachsen und Thüringen miteinander vereinbaren lassen.
Immer ein Leuchtturm
Berlin, in seiner Geschichte immer wieder ein Leuchtturm des Fortschrittes, schreitet unnachgiebig voran, um wie vor knapp 800 Jahren wieder klimaneutral zu werden. Vor Jahren schon verordnete sich die urbane Stadtgesellschaft mit dem Berliner Klimaschutz- und Energiewendegesetz (EWG Bln) einen gesetzliche Handlungsrahmen, um die nötige Reduktion von Treibhausgasemissionen auf dem Pfad zum 1,5-Grad-Ziel klar festzuschreiben.
Keine Wegmarke konnte bisher erreicht werden. Selbst in den gelähmten Corona-Jahren gelang es den Hauptstädtern, ihren "CO2-Verbrauch" (Annalena Baerbock) noch weiter vom vorindustriellen Niveau zu entfernen. Das bisher von allen Berlinern und ihren Gästen angestrebte Zieljahr 2045 für ein treibhausgasneutrales Leben rückt damit ein weiter Ferne - sieben Jahre sind schon vergangen, seit das EWG Bln verabschiedet wurde. Nichts ist erreicht. Zeit für schärfere Maßnahmen.
Kein Fußabdruck mehr
Ganze 15 Jahre schneller soll es nun gehen, bereits ab 2030 sollen 3,7 Millionen Berlinerinnen und Berliner keinen ökologischen Fußabdruck mehr hinterlassen. Wie ein Hochspringer, der stets an der Latte scheitert, die auf 1,20 Meter liegt, und sich deshalb vornimmt, als nächstes dann eben gleich 3,80 Meter zu überspringen, fordert ein Volksbegehren einen Klimaneustart für Berlin.
Wie immer sollen die - verfehlten - Reduktionsziele nicht nur angepasst, sondern "verschärft" (DPA) werden. Wie immer wird an der Jahreszahl der Zielankunft geschraubt. Wie immer gibt es keinerlei Hinweis, wie auch nur eine Tonne CO2 eingespart werden kann. Aber die Vision, eine "rechtsverbindliche Verpflichtung" werde die ersehnte "Klimaneutralität" schon irgendwie herbeizaubern: Weiß der Hochspringer erst, dass es für ihn unumgänglich ist, 3,80 Meter zu überwinden, muss er das ja tun, ob er kann oder nicht.
Kipppunkte in Preußen
Es liegt nun an den Berlinerinnen und Berliner, zu entscheiden, ob die Menschheit weitere "Kipppunkte im Erd-Klimasystem" (Volksentscheid) überschreiten wird. Oder ob sie zur Vernunft kommt und nicht nur die "Bedeutsamkeit von adäquatem Klimaschutz für die Verhinderung weiterer Pandemien" einsieht, sondern auch die Notwendigkeit begreift, "der Zunahme sozialer Ungerechtigkeiten entgegenzuwirken". Stimmen die Berliner zu, wird es bald statt willkürlich definierter Minderungsziele ein faires Budget verbleibender möglicher Emissionen geben, das die globale Erderhitzung deutlich unter 2°C hält.
Berlin, die Stadt, die in 14 Jahren einen ganz kleinen Flughafen baute, ihre Wohnungsbauvorhaben traditionell verfehlt und ihr S-Bahnnetz seit 100 Jahren nicht fertigbekommt, nimmt sich da sicherlich nicht zu viel vor. Noch ohne Landesregierung, aber frohen Mutes könnten sie ein Beispiel für die Welt geben und die Klimaziele radikal anpassen: Aus der Absicht, eine Minderung des Treibhausgasausstoßes von mindestens 95 Prozent bis 2045 zu erreichen, könnte die deutliche Ansage werden, 100 Prozent bis 2030 zu erreichen. Zack. Fertig.
Gegen die Realität
An Ideen, wie das genau gehen soll, in einer Realität, die sich den Wünschen der Menschen so oft grausam und brutal entgegenstellt, wird in der Stadt der Künstlernden, der Malenden, Musizierenden, Dichtenden, der Philosop*innen, Forschenden und Politikerseienden kein Mangel herrschen. Berlin, ein Start Up von einer Stadt, könnte bald sogar mehr umweltfreundliche Energie erzeugen, als es selbst verbraucht. Mit Generatoren, die von den Finanzströmen von und nach Brüssel gespeist werden.
Mit Windrädern, in die Tag und Nacht die heiße Luft der Bundestagsreden, Ministerstatement und Talkshows weht. Mit Solarzellen, die das Schweigen der Politik zu zentralen Zukunftsfragen beleuchtet. Mit naturnahen Brennplätzen, auf denen die Polstersessel der bald überzähligen Bundestagsabgeordneten verfeuert werden. Mit Fahrraddynamos für alle Pendler*innen, deren erzeugte Energie drahtlos in die grünen Netze fließt. Die Spree könnte Wasserräder antreiben, die Berliner Luft Onshore-Anlagen mit Rotorachsen in konsequenter Linksausrichtung. Als Energiespeicher kommen Papierspeicherwerke infrage, eine Technologie, die schon lange bekannt ist, bisher aber noch nirgendwo konsequent genutzt wurde: Sämtliche Vorschriften, die die kommende Klimaneutralität rechtsverbindlich verpflichtend beschreiben, werden als persönliches Leseexemplar für jeden der 3,7 Millionen Berlinernden ausgedruckt.
Nach Zielerreichung könnte der Zelluloseberg klimaneutral den Flammen übergeben werden. Der Bebelplatz böte sich für die Zeremonie an.
In Berlin vermurksen sie aber wirklich alles. Nicht einmal einen Klima-Volksentscheid können sie richtig formulieren.
AntwortenLöschenBisher war der große Trick, wenn wieder einmal alle selbst gesteckten Klimaziele verfehlt wurden, alle nicht eingehaltenen Grenzwerte deutlich zu verschärfen und gleichzeitig den Zeitpunkt für das eintreffen des Paradieses nach HINTEN zu versetzen. Fall erledigt und alle zufrieden.
Jetzt wird nicht nur bei den Vorgaben ordentlich draufgesattelt, die Zeitschiene wird auch so weit verkürzt, dass das Finale praktisch schon vor der Haustür liegt. Ganz großer Fehler. Entweder man Scheitert grandios bei der Umsetzung und alle können das dann auch sehen, oder man zieht das durch und katapultiert Berlin ins Mittelalter. Beides keine schönen Optionen für Weltenretter die ihre eigenen Forderungen nicht ausbaden möchten.
Zum Endpunkt werden noch nicht alle Verursacher unserer Probleme ihre Schäfchen komplett im Trockenen haben und auch die zu Errettenden werden sich noch erinnern, wem sie das zu verdanken haben, wenn sie 2030 mit ihrem Eselkarren in Berlin unterwegs sein werden.
Die Weltrettung im Jahr 2050 mit atmendem Deckel wäre der richtige Weg gewesen, damit die Party für alle weitergehen kann. Wahrscheinlich hat sich ein Tippfehler eingeschlichen und keiner hat es gemerkt. Berlin eben.
Sinn der Sache ist, dass jeder, der dafür stimmt, allen anderen für den Rest seiner Tage vorwerfen kann, den 'Klimaholocaust' (T. Radtke 2020) zuzulassen. Und das fühlt sich eben gut an.
AntwortenLöschenMir scheint, als sähe Volksgenosse Jodel das Ganze noch zu optimistisch. Für den mündigen Bürger (harhar) wird - unabhängig davon, "was hinten herauskommt" - eh alles klar sein.
AntwortenLöschenSiehe - zum Beispiel - die Ahrtal-Katastrophe.
Wenigstens beim koksen ist Berlin Spitzenreiter. Herzichen Glückwunsch. Magdeburg auf Platz 4,
AntwortenLöschendas hat mich schon überrascht. Ich habe sie nicht für so vortschritlich gehalten. Halle wurde leider nicht erwähnt.
Wenigstens beim k*oksen ist Berlin Spitzenreiter. Herz*ichen Glückwunsch. Magdeburg auf Platz 4, das hat mich schon überrascht. Ich habe sie nicht für so v***ortschrit*lich gehalten.
AntwortenLöschen*Geht als Huschelichkeitsfehler durch.
***Sehr, sehr bedenklich.