Mittwoch, 15. März 2023

Goldenste Zeiten: Bruttosozialglück statt Wohlstand

Große Onlinefirmen hat Deutschland nicht, die großen Offline-Kaufhäuser gehen pleite. Nun soll der Wohlstandsbegriff deshalb grundlegend neu definiert werden.

Es kommen goldene Zeiten mit der Zeitenwende, dem Energiekrieg, der Orientierung der Politik auf ihre ureigensten Angelegenheiten, auf soziale Gerechtigkeit um jeden Preis, Digitalisierung des ganzen Landes von der Pike an und einem umfassenden Schutz aller vor allem, schele Blicke inbegriffen. Klimakampf und Solarisierung, der Umbau der Gesellschaft zu einem Gemeinwesen, das seinen Lebensrhythmus an dem der Windmühlen orientiert, die noch die trostloseste ostdeutsche Ecke zu einem Hoffnungsfanal für die Möglichkeit einer für Hase und Igel schadlosen Existenz des Menschen machen. Nicht abwarten. Nicht auf Technik hoffen. Jetzt und gleich muss die durchgedämmte Lastenradwelt entstehen. Koste es auch, was niemand wolle.

Ratenzahlung möglich

Die Rechnung, die Sonne und Wind nicht schreiben, sie kommt später. Ratenzahlung ist möglich. Aber wovon. Das älteste Eisenwerk Sachsens in Erla meldet Insolvenz an. Eine Fabrik, so heißt es auf Twitter, deren Hammer von Erl seit immerhin 1380 Teile für die Automobilindustrie hergestellt habe. Am selben Tag meldet Galeria Karstadt Kaufhof Neues zur fortgesetzten Selbstabwicklung: Weitere 52 Filialen des "letzten deutschen Kaufhauskonzerns" (Tagesschau) eines österreichischen Besitzers, in dessen Portfolio sich die Hälfte aller mächtigen Kaufhauskonzerne der fetten Jahre der alten Bonner Bundesrepublik versammelt haben, schließen die Pforten. Nur Augenblicke nach der Ankündigung des 1901 gegründeten Familienunternehmens Peek & Cloppenburg, dass der Textil-Einzelhandel mittlerweile so übel läuft, dass um ein Insolvenzverfahren kein Weg herumführt. Selbst die kommende Umweltindustrie trifft es, die boomende Pflege, Bäcker, die natürlich nicht pleitegehen, sondern künftig nur nicht mehr backen

5.000 Stellen hier, die wegfallen. ein paar tausend dort und ein paar hundert hier und da. In früheren Zeiten führe ein Kanzler, führe sein Wirtschaftsminister längst aufgeregt durch die Lande, um das Schlimmste abzuwenden. Chefsache wäre der Erhalt jedes Jobs, der Hubschrauber das Verkehrsmittel der Wahl, um eiligst von Brennpunkt zu Brennpunkt zu eilen und Versprechungen zu machen. Die Gewerkschaften allein hätten gerade einem Mann von der SPD an der Regierungsspitze dermaßen Feuer unterm bräsigen Hintern gemacht, dass dessen Aufmerksamkeit schon aus Gründen des Selbsterhaltungstriebes nicht mehr den nimmermüden Blockadeanstrengungen der "Ortsgruppen" (FfF) der zum Aussterben entschlossenen Teile des großstädtischen Bionade-Nachwuchses gelten könnte. 

Alle auf die Straße

Arbeiter und Angestellte, sie wären in jenen vergessenen Zeiten einer anderen Republik auf der Straße. Ihre Kinder würden fragen, wovon sie künftig leben sollen. Mit Streiks hätten sich Mitarbeiter des Nahverkehrs und mit symbolischen Arbeitsniederlegungen sogar Teile der öffentlichen Verwaltungen solidarisiert. Selbstverständlich tobte in den Medien ein Sturm. Heerscharen von Kommentatoren drängten die Regierenden zu raschem Handeln. der Wohlstand sei in Gefahr, Verelendung ganze Landstriche drohe, die Verödung von Innenstädten und Gewerbegebieten, die Abwanderung der Klügsten, Geschicktesten und Hübschesten in die Großstädte, damit steigende Wohnungsnot dort und steigende Mieten und das bei steigenden Zinsen. Ein tödlicher Cocktail am Ende auch für den Staatshaushalt.

Es muss fürchterlich gewesen sein, in jenen Tagen zu regieren. Von links und rechts das Zetern und Zerren. Die eigene Ohnmacht, die nie bekannt werden darf. Die Angst, sich mit Zusagen im rechtlichen Niemandsland zu verirren. Die Furcht, beim nächsten Wahlgang auf Versprechen festgenagelt zu werden, die man gegeben, aber nicht gehalten hat.

Bombardement schlechter Nachrichten

Wie still dagegen liegt das Land heute unter dem Bombardement schlechter Nachrichten. Der Wirtschaftsminister ist nicht bei den Verkäuferinnen von Galeria, sondern im Regenwald, um Wasserstoff für die Klimazukunft zu organisieren. Der Kanzler empfängt den Regierungschef von Bhutan, einem asiatischen Elendsstaat, der so bettelarm ist, dass das Prokopf-Einkommen seiner Bürger noch hinter dem von Lesotho, Burundi und Dschibuti liegt. Und Olaf Scholz zeigt sich, wie schon des Magazin "Der Spiegel" fasziniert von der geistig-moralischen Wende, die dort am Arsch von Asien gelungen ist: Statt mit einem Bruttoinlandsprodukt rechnen die knapp 800.000 Bhutaner mit einem imaginären selbstausgedachten "Bruttonationalglück" (Tagesschau).

Bhutans Verantwortliche Notverwalter nennen es zwar eigentlich "Bruttosozialglück", doch Deutschland Wertevermittler sind angetan. Wozu noch produzieren, arbeiten, früh aufstehen, sich nach der decke strecken ein Leben lang. Um  am Ende doch nur festzustellen, dass die Rente sicher ist, aber nicht reicht, der Führerschein aberkannt wurde, Fliegen inzwischen ebenso verboten wurde wie Kreuzfahrten und Safaris in japanischen Toyota-Jeeps aus den 90ern? Wenn erst alle das Bürgergeld bekommen, fällt vielleicht viel Konsum weg, doch es gibt einen üppigen Freizeitausgleich: Mit dem 49-Euro-Ticket, das mit Bruttosozialglückgutschein für Arme und Vonarmutbedrohte womöglich noch günstiger wird, lässt es sich prima durch die Lande fahren, den letzten Klimavögeln zuschauen und darüber sinnieren, wie klug es doch war, dass nun "neben der Wirtschaftskraft auch andere Faktoren des Wohlbefindens" in die Berechnung des "Glücksgefühl der Bürgerinnen und Bürger" (Tagesschau) einbezogen werden. 

Das beste Deutschland

Das beste Deutschland aller Zeiten eben schon. Nun auch noch das höchste Glück, basierend nicht auf Kontostand, dem Gefühl, ein sicheres Ein- und damit Auskommen zu haben, sich den Traum vom kleinen Häuschen und vom großen Abenteuerurlaub erfüllen zu können, sondern zu fühlen, wie gut regiert wird, wie nachhaltig Vater Staat die soziale und wirtschaftliche Entwicklung gestaltet,  wie er Kultur fördert und sich für Umweltschutz einsetzt. Olaf Scholz findet das "sehr sinnvoll", wohl auch in Anbetracht der wirtschaftlichen Turbulenzen, die immer mehr industrielle Großkonzerne ins Ausland treiben und die, die an die eigene Scholle gefesselt sind, in die Insolvenz. 

Das frühere Industrieland Deutschland, das schon mit der Entstehung der auf dem Internet basierenden Wirtschaft den Anschluss an seine eigene Zukunft verpasst hat, steht vor einer erneuten geistig-moralischen Wende wie zu Zeiten des letzten CDU-Kanzlers Helmut Kohl: Er erwäge, hat Olaf Scholz angekündigt, "unseren Wohlstand nicht nur anhand von ökonomischen Größen zu messen, sondern auch nicht-materielle Faktoren einzubeziehen." Hat nicht der, der nicht mehr früh raus muss, um sich mit Kunden und Kollegenden herumzuärgern, allen Grund, glücklicher zu sein als der, der ein Sklave seines  Gehaltszettels war? Kann nicht jeder, dem ein Weg gezeigt wird aus der doppelten Lohnabhängigkeit, in der der Kapitalismus die Menschen seit mehr als einem Jahrhundert hält, lächelnd zu neuen Horizonten aufbrechen? Poeme schreiben, Bücher, Lieder singen und Bilder malen?



7 Kommentare:

  1. ...eines österreichischen Besitzers ...

    Es wird gemunkelt, kein Österreicher sensu strictu, er hätte auch noch eine (mindestens) andere Staatsbürgerschaft.

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  2. Ein Staatsoberhaupt als Philosoph ist nicht das verkehrteste, nur Scholz ist kein Philosoph, weil blutlos und korrupt, ohne Ehrfurcht, ausser vor seinen Erpressern. Schamlose Frechheit das Ganze.

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  3. Oder wie der oberste Geschäftsführer einer unverschuldet pleiten Feuerwerksbude, zweihundert Arbeitsplätze futschikato, Ende 21 gebarmt hat, die Politiker wüssten offenbar nicht, was sie tun. (Wenn das der Genosse Stalin wüsste) - Oh heilige Einfalt.

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  4. Wenn man Armut am verfügbaren Cash misst, schneidet Bhutan wohl wirklich schlecht ab. Wenn man weitgehend autark lebt, braucht man aber kein Cash, oder eben wenig. Das kriegen die subsaharischen Bevölkerungsboomer eben nicht hin. Schuld daran ist direkt oder über fünf Ecken der weiße Mann. Zu Fragen, warum es in Bhutan klappt, ist schlimm rassistisch.

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  5. die Leute in Bhutan haben genügend Bhutangas .

    anderes Thema

    die Leute in Bhutan sind keine schwachsinnig-islamistisch-verschwuchtelte Arschgeigen .

    manchmal ist die Lösung ganz einfach

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  6. In den 90-zigern, war die Dienstleistungsgesellschaft modern. Alle sollten sich gegenseitig Pizzas
    liefern. Industrie ist nicht mehr notwendig. Mit der Internetwirtschaft kommt es mir ähnlich vor.
    Ich stelle mir gern vor, bei Danisch ist das Klo verstopft und er schreibt dann schnell ein Programm zur Verstopfungsbeseitigung.

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  7. Heilige Einfalt ziert auch Julius Rabenstein - einfach mal so aus der EU austreten ... Hasen fängt man ganz einfach - man muss ihnen nur Pfeffer auf den Schwanz streuen.
    Als ob das in unserer Gewalt stünde. Lächerhaft.

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