Sonntag, 26. März 2023

Einsparung bei Himmelsrichtungen: Aller guten Dinge sind drei

Vier Himmelsrichtungen galten bisher als Voraussetzung zur Orientierung im Raum. Nun aber wird neu nachgedacht.
 
Noch geht es ihm gut wie selten, er ist einig wie beinahe nie, wirtschaftlich potent und politisch so mächtig, dass die übrige Welt mit Bangen, aber auch mit großer Hoffnung zuschaut, wenn er seine Entscheidungen über die Zukunft aller trifft und Kurs setzt auf neue Horizonte. Der Westen, einst eine Himmelsrichtung wie die anderen auch, später aber ein Weltbild, eine Einstellung, ein Vorbild und Fanal für alle Völker, ihm nachzueifern. 
 

Wiederauferstehung und Ende

 
Der Krieg an der "Ostfront" (Die Presse) schien die Wertegemeinschaft anfangs schwer zu verstören. Anderswo einzumarschieren, das war ein Recht, dass denen vorbehalten sein sollte, die gute Gründe haben. Doch die Vitalität, die sich die Führer der freien Welt eben noch selbst abgesprochen hatten, sie kehrt im Blutbad schnell zurück. Die "hirntote" Nato (Emmanuel Macron), gerade noch "obsolet" (Donald Trump), erstand vom Totenbett auf. Die zerstrittenen Partner rechts und links des Atlantiks zogen so kräftig an einem Strang, dass es deutschen Mediennutzer erscheinen manchmal wollte wie der Auftritt eines globalen Teams. Wo man nicht übereinkam, da machte man nicht viele Worte. Wo man einander nicht mehr zu trauen wagte, machte man gar keine.

Der Phoenix flog über die Asche des Endes des Endes der Geschichte. Nur noch schnell Deutschland dämmen und die Elektrifizierung des ganzen Landes durchziehen. Niemand irgendwo auf dem "Planeten" (Georg Diez) würde sich dem neuen Denken dann noch verschließen können: Frohsinn entsteht aus Verzicht. Freiheit aus der Einsicht in die Notwendigkeit. Und das wahre Glück ist, nicht mehr zu vermissen, was einem fehlt. 

Vieles wird nicht mehr gebraucht

 
Wer braucht noch Kaufhäuser, private Fahrzeuge, Heizungen oder das Recht der freien Rede bis zur Grenze, die früher die Strafbarkeit zog. Wenn niemand mehr Geld hat, muss keiner mehr etwas kaufen. Dank 49-Euro-Ticket wird Mobilität zum Kollektiverlebnis. Und wie Klaus Seibold, eine Art menschliche Zitatenfabrik, bereits vor Jahren festgestellt hat: Die Meinungsfreiheit erlaubt es eben auch zu schweigen.

Dieser neue, vitale und von Vergewisserungskonferenz zu Vergewisserungskonferenz tourende Westen steht nun allerdings plötzlich zu Disposition. Gerade noch retten sie das Klima, treffen sich als G7 und G20 und in Ägypten und in Washington, kommen in Brüssel zusammen und suchen als diese oder jene Runde der immergleichen Verantwortungstitanen nach Lösungen für dieses oder jenes Weltproblem. Aber ist etwa. Immer legt sich jemand quer. Nie besteht Einigkeit. Und kein starker Mann tritt auf und haut mal auf den Tisch, dass die Tassen im Schrank tanzen.  

Immer dieses Gerede

 
Dabei ist doch die Sehnsucht von Medien und Menschen so groß. Nach einem Habeck, der nicht nur weiß, was "wir müssen", sondern der es auch durchsetzen kann. Nach einer Annelena Baerbock, der ein Schwert gegeben ist, um die gordischen Knoten der Weltinnenpolitik zu zerschlagen. Nach einem Boris Pistorius, der nicht nur auftritt wie ein General, sondern die Truppen auch mal in Marsch setzen kann, weil sie fiebern und nach vorn drängen, modernst ausgestattet und behängt mit Abertonnen treffsicherster Munition.  

Wie aber soll das alles werden ohne deutliche Ansagen und Durchregieren? Wenn über alles verhandelt werden muss, Verbrenneraus gegen Kernkraft, Panzerlieferungen gegen Frackinggas, Stillschweigen gegen Frieden. Der Literaturwissenschaftler Albrecht Koschorke sieht angesichts einer Situation, in der Leute wie Putin, Xi oder Kim Jong Un ohne Widerspruch flott dahinregieren, ihre Gegenspieler Olaf Scholz, Emmanuel Macron und Joe Biden aber immer erst reden und palavern müssen, ehe sie mit Deutschland-Geschwindigkeit fahrt aufnehmen können. 

Der Ausgang des Rennens

 
Koschorke kennt den Ausgang des Rennens bereits. Die Tage des Westens seien gezählt, hat er der Wochenschrift "Die Zeit" anvertraut: Erstmals deutet damit ein Wissenschaftler an, dass die Menschheit sich von einer der vier Himmelsrichtungen trennen könnte. Nord, Süd, West und Ost, das galt bisher als das unveränderbare Koordinatensystem der Erdkugel, zweidimensional, aber zur Richtungsbeschreibung brauchbar. Die herausragende Rolle im Quartett spielte dabei ausgerechnet der Westen: Er war stets die einzige Himmelsrichtung, die sich nicht nur als Wegweisehilfe, sondern auch als Kontinent, Glaube, Wertesystem, Botschaft und Gemeinschaft verstand.

Der "Westen", der im Unterschied zum Osten und erst recht zu Norden und zum Süden über Jahrhunderte ein Gefühl seiner selbst entwickelt hatte, scheidet also nun aus der Geschichte aus. Kein Platz ist mehr für ihn in der "neuen Weltordnung", die Koschorke aufdämmern sieht, dreibeinig nur noch, weil sich der globale Einfluss des Westens aufgrund ihrer kolonialistischen Vergangenheit und ihrer Doppelmoral in Sachen Menschenrechten in einem dramatischen Niedergang befindet. 
 

In Zukunft ein Dreibein

 
Übrig bleibt in der Zukunft nur ein Dreibein, das in der Statik als kleinste stabile geometrische Figur im euklidischen Raum gilt, weil nur drei von einem gedachten gemeinsamen Punkt ausgehende Vektoren alle Plätze auf der Kugeloberfläche des "Planeten" (Georg Diez) umfassend bezeichnen. Nord, Süd und Ost benötigen keinen Westen mehr, sie können auf eigenen Beinen stehen, ohne den mentalen Kolonialismus des alten Europa, ohne die Weltpolizeimethoden der ehemaligen Neuen Welt und ohne die herausragendste Charaktereigenschaft des Kontinents, der das Schicksal der Menschheit seit 2.000 Jahren geprägt hat: Die Doppelmoral.

6 Kommentare:

  1. Der Kommentar wurde von einem Blog-Administrator entfernt.

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  2. Minerva, der Göttin der Vernunft, sei Dank: Quorum verfehlt. Von "ehrgeizigen Klimazielen" blödelt (((DIE ZEIT))).
    Aber, nach dem Sieg schnalle den Helm fester!







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  3. OT Fefes Kommentare zur Berliner Klimawahl kamen leider nicht durch die Qualitätskontrolle. Also selber lesen.

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  4. Irene Mihalic, sagte im ARD-„Morgenmagazin“: „Wir haben eine Menge Aufgaben vor uns, die wir akut bewältigen müssen, insbesondere im Bereich der Klimakrise.“

    https://www.welt.de/politik/deutschland/article244506180/Ampel-Spitzen-verhandeln-seit-zwoelf-Stunden-im-Kanzleramt.html

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  5. Det Klima is den Balinahn scheißejal wa.

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  6. Wir sind halt klimafreundliche Mitbürger.

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