Donnerstag, 16. Februar 2023

"Spiegel"-Astrologen wagen Blick in die Sterne: Endlich wieder Untergang

Sind die Sterne schuld am Unglück der Menschheit? Der "Spiegel" recherchiert hart.


Es waren bewegte Tage, wie immer mit viel Krieg, viel Streit, viel Klima, mit Protesten, Heimerfolgen deutscher Schützen und Auswärtssiegen deutscher Fußballmannschaften. Coronawa rwar vorbei und weitgehend vergessen, die Energiepreise fielen endlich wieder, den Kältekrieg hatte Putin schon wieder verloren. Nur ein paar Wochen noch, dann würde Ursula von der Leyens Prophezeiung wahr werden und Russlands Pleite nur noch eine Frage der Zeit sein. Ob die deutschen Panzer, nach monatelangem Aufenthalt im Geburtskanal wirklich noch in die Endschlacht eingreifen könnten, stand infrage. Aber besser so als andersherum.

Zunehmend entspannte Lage

Die Lage jedenfalls, sie zeigte sich zunehmend entspannt. Querschüsse wie die des früheren Starenthüllers Syemor Hersh wurden erst gekonnt ignoriert und dann routiniert abgebügelt. Die Erkenntnis des neuen Bundesverteidigungsministers, dem nach knapp zwölf Monaten Krieg als erstem aufging, dass es sich ohne Munition schlecht kämpfen lässt, wurde gefeiert als sei der Mann mit den Gesetzestafeln vom Berg Sinai zurückgekehrt. Munition! Genau!

Das frühere Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" fand nun endlich Zeit, aus dem hektischen Tagesgeschäft auszubrechen und sich auf seine eigentliche Aufgabe zurückzubesinnen: Berichte über den Weltuntergang, brühwarm aus der Furche gegraben. Diesmal geht es nicht gegen Minderheiten, nicht gegen arglose Nachbarvölker und nicht einmal gegen die üblichen Verdächtigen: Dieselfahrer, Kleinstädter, den alten Adel. Stattdessen fand sich eine israelische Firma, die "weltweit Wahlen manipuliert", offenbar selbst außerhalb Berlins. Und andererseits eine "Astro-Coach", die der langsam schwächelnden Angst vor dem Ende der Welt nun glaubhaft neuen Atem einhaucht: "Das Erdzeitalter geht zu Ende", verkündet die seit 15 Jahren als "Astroguide im SAT1 Frühstücksfernsehen" (Eigenwerbung) beschäftigte Kirsten Hanser.

Nachrichten aus der Überwelt

Wann genau, bleibt vorerst geheim, denn schon kleine Schnipsel dieser Information würden Teile der Bevölkerung beunruhigen. Aber können die Sterne die aktuellen Notlagen wenigstens erklären? "Und was verheißen sie für 2023?", fragt der Spiegel im Namen seiner Lesenden, deren Interesse an "seltenen Himmelskonstellationen" weit über Hamburg hinaus bekannt ist. Wenn es schon keinen Plan für nichts mehr gibt und jede Nachrichtensendung wie ein "unseriöser Angstporno" (Spiegel) wirkt, dann kann vielleicht der Glaube an überirdische Mächte bewirken, was immer wieder nie klappt. Die Wohnungsbauoffensive. Das mit den Klimazielen. Der vegane Bionahrungsaufschwung. All die anderen magischen Wünsche.

Das Tageshoroskop jetzt dort, wo früher Nachrichten gemacht wurden. Die Zeiten, in denen der "Spiegel" von unten nach oben berichtete, ein Sachwalter der Interessen der Bürgerinnen und Bürger gegen die jeweils Regierenden, gegen die Mächtigen und gegen die von Machtstrukturen Profitierenden, sie ist zwar längst vorbei. Erst kam der Schulterschluss mit den Behörden, später dann erschien den "Spiegel"-Redakteuren Angela Merkel im Traum und sie verlangte, die Wahrheit zur Magd im Dienst der guten Sache zu machen. 

Sterne stehen in Konjunktur

Nun ist auch alles egal. Venus und Neptun stehen in Konjunktur, Aszendent Wassermann. Mediendeutschland darf so richtig träumen, die Konstellation am Himmel befeuert die kreative Ader, die auszuleben das Leben aller Menschen besser machen wird. Wohin es der "Spiegel" gebracht hat, der nach dem Zweiten Weltkrieg mit dem Anspruch angetreten war, als "Sturmgeschütz der Demokratie"  und "vierte Gewalt" jedem und überall auf die Finger zu schauen, der Macht ausübt, zeigen die Sterne ganz deutlich. 

Wer will, kann es sehen: 13 Mann stark war das Einsatzkommando, das der "Spiegel" entsandte, um die mutmaßliche Fälschung von Wahlen in Nigeria und "aller Welt" zu enthüllen und geheime Suren zu den Urhebern nach Israel zu verfolgen, wo eine Art geheime Weltregierung gegen ausreichend Cash vermutlich sogar die Geschichte lancieren könnte, dass Donald Trump von mazedonischen Teenagern ins Amt gewählt wurde. Heiße Story! Dass einstige Nachrichtenmagazin es in den fünf Monaten seit den Anschlägen auf die Nord Stream-Pipelines, immerhin der massivste Angriff auf Teile der kritischen Infrastruktur Deutschlands seit dem letzten Angriff alliierter Bomber vor 88 Jahren, nicht schaffte, auch nur einen einzigen Beitrag mit Ergebnissen irgendwelcher Recherchen zu den Urhebern des "Pipeline-Lecks" (Spiegel) zu veröffentlichen, fällt da kaum mehr auf.

6 Kommentare:

  1. Unter meiner Ausbildung zum Kriegsmann in den 70ern ging erst der Mars ins Haus des Wassermanns, dann mußte die ganze Kompanie durch die Pfützen robben.

    AntwortenLöschen
  2. Der Spiegel rubriziert das Interview mit der Astro-Coachin unter 'SPIEGEL Psychologie'.
    Vielleicht bloß, weil es die Rubriken 'Dachschaden' oder halt 'Astrologie' da noch nicht gibt. Wird vielleicht noch.

    Das mit dem Age of Aquarius hat also nicht geklappt, schade. Als Sternenleser kann ich aber bestätigen, dass neulich Sterne zu sehen waren und alles Unglück eindeutig von ihnen verursacht wurde. Da sind wir ja fein raus.

    AntwortenLöschen
  3. sie haben den brauch, immer ende des jahres sterndeuter zu wort kommnen zu lassen, ehe sie anfang des nächsten jahres texte machen mit titeln wie "darum ist astrologie jetzt wichtig", "dasm acht sternendeuter so zuverlässig" oder "die neue lust am schicksal aus dem all"

    es ist eben ein nachrichtenmagazin

    AntwortenLöschen
  4. Carl GustafFebruar 16, 2023

    Auch der Spiegel hält Schritt mit DER ZEIT: Das ehemalige Nachrichtenmagazin hat sich über die Jahre zum Unterhaltungsmagazin für den Bionase-Adel gemausert. Mit Klatsch & Tratsch für den durchschnittlichen Latte-Trinkenden und Edel-Verschwörungstheorien für den gehobenen Anspruch.

    AntwortenLöschen
  5. die Welt geht nicht unter - allerdings werden Kriege und Krankheiten den Geburtenüberschuss in den B und C Staaten dezimieren

    ("biiite biiite biiite du geben biiite ein gib für Mutumbe " BLZ Spendenkonto .

    tell them to fukk_off

    AntwortenLöschen
  6. Danisch "Migrationskrise" - Jetzt wird es hoffentlich prickelnd. Wahrscheinlich aber eher nicht.

    AntwortenLöschen

Richtlinien für Lesermeinungen: Werte Nutzer, bitte beachten Sie bei ihren Einträgen stets die Maasregeln und die hier geltende Anettekette. Alle anderen Einträge werden nach den Vorgaben der aktuellen Meinungsfreiheitsschutzgesetze entschädigungslos gelöscht. Danke.