Montag, 20. Februar 2023

Ein Jahr Krieg: Wir feiern rein

Das bisschen Krieg im Osten kann deutschen Narren die Laune nicht verderben.

Selten war die Stimmung so gut, das Fernsehprogramm so bunt, waren die Bildausschnitte der Karnevalszüge aus den Hochburgen so aufmunternd geschnitten. Nach Jahren der Pandemie endlich wieder Karneval, endlich wieder Fassenach und Allaf, Prunksitzung, Kamelle und lustige Wagen. Daneben marschieren die Narren in Uniform, auf augenzwinkernd stilisiert. Kurz vorm ersten Jahrestag des Kriegsausbruchs im Osten sind die ersten deutschen Panzer unterwegs zur Front, in der Heimat aber gehen die Regierungsvertreter voran beim Fröhlichsein und Singen. Ein Narr, wer sich von Putin Morden, von Butscha und Bachmut die Laune verderben lässt.

Auszeit vom kriegerischen Ernst

Deutschland als das Land weltweit, das am ernsthaftesten um einen Weg zum Frieden ringt, mit den Panzern, aber auch mit Petitionen an sich selbst, nimmt eine Auszeit von der Ernsthaftigkeit der größten Krise seit dem Zweiten Weltkrieg. Anders als damals kurz nach dem Ende des Kalten Krieges, als die frischvermählte Nation überempfindlich auf das bisschen Balkankrieg reagierte und die Narren Trauer trugen, fallen die Karnevalsumzüge nicht aus. Ein bisschen Spaß muss sein! Ein Jahr Krieg, wir feiern rein.

So sitzen sie breit in ihren Festpräsidien, sie heben die Becher und brüllen vor Lachen. Nicht einmal eine Diskussion um eine Faschingsabsage wie 1991 hat es gegeben. Wegen Corona sei schon genug abgesagt worden,  bloß wegen hundert- oder zweihunderttausend Toten kann das gute alte Brauchtum nicht schon wieder warten. Die organisierte Ausgelassenheit, der gesellige Frohsinn, sie sind Wirtschaftsfaktoren in den Karnevalshochburgen, sie füllen das Programm der Gemeinsinnsender, die bieten launige Ablenkung in finsteren Tagen. Erstmals haben auch hunderttausende ukrainischer Flüchtlinge Gelegenheit , diesen Teil der deutschen Wesensart kennenzulernen.  

Fröhlichsein und Singen

Wolle mer se rinlasse? Narrhallamasch! Humpappa, humpappa! Kölle wie es singt und lacht gibt es im WDR, der Rosenmontagsfeldzug aus Mainz läuft live im SWR. Auch im ZDF sind die Narren los, der Zoch kütt und die Kommentatoren sprechen Kölsch wie Wolfgang Niedecken, als der noch ein Gegner der Bundeslustbarkeit war und voller Überzeugung  "Nit für Kooche" knödelte.

Ein Lied, über das die Zeit hinwegspülte wie die Berichterstattung des Nachrichtenmagazins "Der Spiegel" über den Panoramaplan der deutschen Außenministerin für Putin und die FR über die blutige Nase, die sich die selbsternannten chinesischen Friedensvermittler auf der Münchner Sicherheitskonferenz bei den westlichen Verbündeten holten. Karneval schließt terminlich direkt an den Krieg um den Frieden auf der Münchner Stiko an, beißt sich aber glücklicher auch nicht mit dem Gedenken an die neun der zehn Opfer des Anschlages von Hanau, die unvergessen blieben. Nachdem im Vorfeld langfristig sichergestellt wurde, dass sich keine falschen Zwischentöne ins Gelächter mischen und die Humorerlaubnisbehörden nun endlich ein sicheres Faschingserlebnis für die ganze Familie garantieren können, steht dem Spaß nichts mehr im Wege.

10 Kommentare:

  1. Finde ich gut, dem Ukrainer und dem Russen unsere Prioritäten zu zeigen. Die Geschmacklosigkeiten des organisierten Amüsements (siehe Bild) stehen über ihrem Geballer im Osten.

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  2. Ich bin sicher kein übermäßiger Freund unseres organisierten Faschings. Insbesondere seit der Karneval von leiser Kritik an den Regierungen zu offenem Angriff auf alle "Staatsfeinde" übergegangen ist.
    Trotzdem haben alle Jecken, meiner bescheidenen Meinung nach, jedes Recht ihre Festivitäten abzuhalten. Wenn wir wirklich jedes unserer Feste vom Zustand der restlichen Welt abhängig machen möchten, bleibt uns nicht mehr viel übrig, was noch zu feiern wäre. Irgendwo passiert immer ein Unglück, ein Krieg oder eine sonstige Sauerei. Wenn man im Internetz ein wenig stöbert, findet man ohne Problem ein gerüttelt Maß an Bürgerkriegen und Konflikten, die teilweise schon Jahrzehnte laufen, ohne dass ein Hahn danach kräht.

    Die Welt wird nicht an unserem Wesen genesen. Ich denke, 98 % der Weltbevölkerung ist es komplett egal, was wir hier tun oder lassen. Und so ist es auch gut so. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Ukrainer mit Spannung erwartet haben, ob wir den Karneval feiern oder es bleiben lassen. Es hat doch auch kein Land seine Feiern, wegen unseren Toten beim Hochwasser im Ahrtal, abgesagt. Das hat auch niemand erwartet, soweit mir bekannt ist.

    Es ist bei uns zu einer richtigen Phobie geworden, ständig darüber zu sinnieren, was die Welt von uns denkt. Wenn diese Straße nicht umbenannt wird, wenn das und das gewählt wird, bei jeder angeblichen oder wirklichen Straftat gegen Ausländer, stehts blickt die Welt angeblich zu uns und ist betrübt über unser Treiben. Ein Großteil der Weltbevölkerung findet doch nicht einmal unser schönes, aber sehr kleines, Ländchen auf der Weltkarte. Die kümmern sich um ihre eigenen Probleme bei sich daheim und machen sich keinerlei Gedanken über uns. Warum auch?

    Es soll also jeder halten wie er es will. Wer feiern möchte, soll das tun. Wem das zu pietätlos ist, er soll es halt bleiben lassen. Es täte unserem gesamten Völkchen gut, wenn wir Dinge die vor allem jeden selbst betreffen, nach bestem Wissen und Gewissen, für uns selbst entscheiden würden. Sich immer auf die tagesaktuellen und stehts weisen Vorgaben unserer Obrigkeit zu verlassen, tut langfristig niemand gut.

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  3. Wenn wir wirklich jedes unserer Feste vom Zustand der restlichen Welt abhängig machen möchten, bleibt uns nicht mehr viel übrig, was noch zu feiern wäre.

    aber geht es nicht genau darum? ein zeichen zu setzen? und noch eins?

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  4. Zeichen werden bei uns natürlich immer und überall gesetzt. Gibt es bei uns eigentlich noch irgendeinen zeichensetzungsfreien Vorgang?

    Da der offizielle deutsche Staatskarneval inzwischen von den ewigen Kritikastern zu den Woken übergewechselt ist, darf auch ohne Gewissensbisse geschunkelt und gelacht werden. Das wird als kriegswichtiger Widerstandsgeist gewertet. Wäre es andersherum, wäre unser Zeichen natürlich das Karnevalsverbot gewesen.

    Als Zeichen für unseren Krieg gegen Russland (Copyright A. Baerbock) schleudern wir jetzt eben Putin unseren Frohsinn, trotz aller Widrigkeiten, ins schändliche Angesicht.
    Büttenrede: "Was ist der Unterschied zwischen Putin und einer Zwiebel? Wenn man Putin zerschneidet weint niemand." Tusch. Nimm das Sauron, der Kreml wackelt und das Publikum tobt.

    Humba humba tätärä und trotzdem anständig geblieben und Leoparden geliefert.
    Jeder Umzug, jede Punksitzung derzeit ein Zeichen. Eigentlich dürfte am Aschermittwoch noch lange nicht Schluss sein, wo wir gerade so gut in Fahrt sind und Russland kurz vor dem Fall steht. Aber irgendwie ahne ich, dass wir auch während der Fastenzeit neue Anlässe zum Zeichensetzen finden werden.

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  5. Noch so ein Riesenzeichen, gerade erst gefunden:

    Lars Reichow bei Mainz bleib Mainz, ...: „Sie (die AfD) wird finanziert von Personen und Regierungen mit dem Ziel, unsere Gesellschaft zu spalten und unsere Staatsform zu verhöhnen. Die AfD ist eine nutzlose, rassistische und extremistische Partei, geführt von radikalen, gescheiterten und gestörten Persönlichkeiten. Und ich darf das hier ganz klar sagen: Die AfD-Fraktion im Bundestag ist ein Haufen ungehobelter Arschlöcher."

    Wunderbar, ganz großer Humor, da bleibt kein Auge trocken. Was für ein Zeichen, was für ein Mut.

    Danach im Publikum: Lacher und langer Applaus

    Vielleicht lag ich oben doch falsch und man sollte die ganze Zeremonie verbieten.

    War nur Spaß. Auch solche Hasser und Hetzer (endlich passt es mal wirklich) sollen ihren Dung auch weiterhin ohne Einschränkungen verklappen dürfen, auch wenn es vom Niveau her kaum auszuhalten ist und ich auch noch dafür bezahlen darf.

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  6. genau mein humor, trocken wie ein guter barroso

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  7. Lars Reichow bei Mainz bleib Mainz ...

    Wäre, sollte man meinen, DIE Gelegenheit für die "AfD", die Fetzen fliegen zu lassen! Aber das eben ist nicht ihre Aufgabe und Bestimmung ...
    Udo Voigts "Gas geben" war genau so wohl kalkuliert rausgehauen wie Gaulands "Fliegenschiss".

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  8. @Anonym

    Man kann die AfD mögen oder nicht. Vielleicht ist sie ein Feigenblatt, vielleicht nicht.

    Aber wo und wie sollte sie denn die Fetzen fliegen lassen, selbst wenn sie wollte? Außer auf ihren eigenen Social-Media-Kanälen kommt die Partei doch nicht mehr vor. Keine Plattform bieten und so. Geredet wird dauernd und endlos über die Partei, nie aber mit ihren Repräsentanten.

    Die deutschen Medien sind sich in diesem Fall doch komplett einig. Herr Reichow hat ein wenig in der Wortwahl überzogen und ein wenig lustiger hätte man das auch verpacken können, aber zu 98 % hat der doch recht. Was ein Skandal ist und was nicht, entscheidet bei uns eine Hand voll Edelfedern. Und sollte sich doch ein AfD-Politiker dazu in den Mainstreammedien äußern dürfen und sich über die Hetze beklagen, heißt es dann doch sofort: Die AfD ist gegen freie Rede, versteht keine Karnevalswitze und mimimi.

    Wenn du immer in der Zwickmühle sitzt, sind deine Handlungsmöglichkeiten leider begrenzt.

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  9. Vielleicht ist sie ein Feigenblatt

    Sie ist es mit Sicherheit. Und wenn es nicht möglich ist, gegen eine derartige Schote juristisch (medial sowieso nicht - einverstanden) vorzugehen, dann kann man es auch gleich lassen.

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  10. unwitziger Freimaurerfasching bei ard und zdf . Wirklich saublöde diesmal - an sich immer saublöde weil aus Köln - aber dann diese Arschkriechervisagen mit der brd Scheißhausmoral . Immer wieder diese welcome Kinder die heute was mit Medien studieren und nach der Demo auf Bali sitzen und Drogen konsumieren - warum nicht mal ganz unironisch einen Putsch gegen das Pack wagen

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