Nur 3,7 Prozent der bei noch verbliebenen Umfrageteilnehmer sehen seit der Übernahme durch Musk mehr Hass. |
Auf dem Höhepunkt der titanischen Schlacht griff die Europäische Kommission zum allerhärtesten Mittel. So fürchterlich waren die Zustände beim weltweit größten Kurznachrichtenportal Twitter, wie sie europaweit von zahllosen Medienaktivisten beschrieben wurden, dass Digitalkommissar Thierry Breton mit einer Abschaltung des Dienstes drohte. EU-Parlamentspräsident Roberta Metsola, die in Deutschland eher weniger oft erwähnte maltesische Nachfolgerin des seinerzeit beinahe täglich medial tätigen Sozialdemokraten Martin Schulz, lud den neuen Twitterbesitzer Elon Musk ultimativ vor: Der Amerikaner müsse sich vor dem größten zumindest teilweise demokratisch gewählten Parlament der Welt für seine Übernahme des Unternehmens und seine Ankündigung rechtfertigen, die Meinungsfreiheit wiederherstellen zu wollen.
Twitter-Kriege für die Geschichtsbücher
Ja, diese Tage im November, die als die Twitter-Kriege in die Geschichtsbücher eingegangen sind, sie werden allen Beteiligten unvergesslich bleiben. Musk war gekommen, hatte ein Waschbecken in die Twitterzentrale getragen und anschließend schickte er Kündigungen an zwei Drittel der Beschäftigten, darunter zum Leidwesen der EU, aber auch der am meisten demokratischen Parteien und Medienarbeiter in Deutschland, nicht nur Techniker und Programmierer, sondern auch Spezialisten aus den Meinungsfreiheitsschutzbrigaden, die Twitter in den zurückliegenden Jahren zu einer scharfen Waffe für alle gemacht hatten, die als Aktivisti, Klimaschützer*in, Antifaschisti, Propagandatröten, Trump- oder Wohlstandshasser, Faktenfinderi und Volksbelehrer ein Auskommen haben.
Ein Exodus setzte ein. Die Mutigsten der Mutigen, die seit dem Auffliegen des NSU schon immer gegen den Begriff "Dönermorde" gekämpft haben, die die Notwendigkeit von Klimaneutralität durch Reportagen von und Protestauftritte an den exotischsten Schauplätzen vielfach nachgewiesen haben und die sich nicht scheuen, jede Woche wieder in Talkshows zu sitzen, um zu beklagen, dass niemand auf sie hört, sie flohen in Scharen. Zu Mastodon gingen sie ab, um dort "Instanzen" zu nutzen, um sich miteinander neu zu vernetzen. Zurückbleiben im Reich von Musk würden nur die Hetzer, die Hasser, die, für die Pöbeln und Satire zum Lebenselixier geworden sind.
Der Sieg war nur eine Frage der Zeit
Wie Putins Russland, dessen "Bankrott nur eine Frage der Zeit" (Ursula von der Leyen) ist, die sich in Kürze zum ersten Mal jährt, würde Twitter trocken fallen. Ohne Nutzer, ohne Nutzen. Deutschlands Beste kehrten dem kurzzeitig als eine Art Staatsfeind Nummer 1 geführten US-Milliardär schon den Rücken zu, da hatte Elon Musk sich in der Twitterzentrale noch nicht einmal hingesetzt. Sie spürten, wie schlimm es werden würde und dadurch auch schon war. Kübel aus Hass. Nur noch Krawall. Krachend schlugen sie die Tür zu, die Kolumnisten, die traurigen Feldprediger der grünen Republik, die schreibenden Aktivisten ohne Mindestlohn und die Politiker, die fürchteten, in Zukunft womöglich Widerspruch erdulden zu müssen.
Die Leitmedien waren selbstverständlich wie stets an ihrer Seite. Wie alle Menschen reinen Herzens vermochten sie es, die Zunahme von Hetze und Hass schon zu spüren, da war Musk noch keine sieben tage Besitzer des Unternehmens. Sorgenvoll schaute die Medienrepublik auf die Entwicklungen. Jede Neuanmeldung bei Mastodon wurde gefeiert wie ein Kindergeburtstag. Bald schon würde die deutsche Sozialdemokratie Musk nicht einmal mehr enteignen müssen, weil Twitter gar keine Nutzer mehr haben würde. Die Werbekunden, wurde überall frohlockt, flöhen ja bereits in großer Zahl.
Von Hass zerfressene Neider
Es kam dann aber doch wieder anders. So schnell der Furor der von Hass auf den immer wieder erfolgreichen Tesla-Chef zerfressenen Neider erlosch, so schnell verschwand das ominöse "Mastodon" aus den Medien. Musk ignorierte die Vorladung ins EU-Parlament, Roberta Metsola, die auch mal hatte Schlagzeilen machen wollen, verzichtete angesichts zu großer Schlagzeilen über das EU-Parlament darauf, nachzuhaken. Von einem Twitterverbot für Europa war nicht mehr die Rede, EU-Kommissar Thierry Breton war vielmehr, im Unterschied zu den Eskens, Deckers, Spahns und Weils, schlau genug gewesen, seine eigenen Hassfantasien nicht zu ernst zu nehmen - er twittert unverdrossen weiter.
Auch bei den großen Medienhäusern, dem SPD-nahen RND und den Gemeinsinnmedien verflog der kollektive Rausch der ersten paar Tage der epischen Schlacht deutscher Aktivisti gegen den amerikanischen Self-made-Milliardär binnen weniger Tage. Erst kam Weihnachten, dann der Jahreswechsel, irgendwo zwischendrin ging das Interesse an den neuen Hassfluten verloren. Wenigstens straften die besten Häuser Musk ab, indem sie seinen Versuch, die früher bei Twitter herrschenden Verhältnisse voller Zensur, Nachrichtenunterdrückung und intransparenter Meinungsgewichtung mit den "Twitter-Files" offenzulegen, nach Kräften ignorierten.
Flaute im Wasserglas
Vier Wochen nach dem Sturm steht das Wasser wieder ganz ruhig im Glas. Die, die Twitter weitergenutzt haben, trotz, wegen oder unabhängig vom neuen Eigentümer, sehen mehrheitlich nichts von dem "mehr Hass", der versprochen worden war. Die Abschiede von einstigen berufsmäßigen Twittern aus Parteien, parteinahen Schreibstuben und Regierungsinstitutionen haben nicht verhindern können, dass die Nutzerzahlen höher liegen als jemals zuvor. Die linke Alternative Mastodon hingegen, selbst auf dem Höhepunkt des Hypes ein Spielzeug für Gesinnungskrieger, kein ernsthaftes Medium zur Verbreitung von Nachrichten, krankt an Sperrschlachten, Technikproblemen und sinkender Attraktivität.
Unter der leidet auch Elon Musk, der Mann, der für ein paar Wochen in die Rolle des früheren US-Präsidenten Donald Trump als fürchterlichster Feind der Menschheit geschlüpft war. Um 75 Prozent brach das Interesse am gebürtigen Afrikaner zuletzt ein. Auch Hass, Hetze und Zweifel haben sich wieder auf ihr jahrelanges Normalmaß eingependelt.
Jede Verschwörungstheorie ist wahr geworden
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