Mit der DDR endete 1990 auch die sogenannte "Aktivistenbewegung". Jetzt hat eine neue Generation das von den Nazi auf ideologische Gefechtsfeld geführte Wort wiederentdeckt. |
Auf einmal sind sie wieder überall. Aktivisten besetzen Tagebaue, Aktivistensitzen in Baumhäusern, in Tunneln und in Abbruchhäusern, sie verteidigen Grubenkanten, bewerfen Polizeibeamte mit Dreck und Molotow-Cocktails. Der "Aktivist", in Eigenbezeichnung häufig auch "Aktivisti", feiert ein furioses Comeback als Held der Neuzeit: Er wirft sich für die Zukunft in Erdlöcher, stellt sich dem Kapitalismus in den Weg, schießt mit Feuerwerkskörpern auf die Büttel des Systems und gibt in den Leitmedien wegweisende Interviews, in denen er klarstellt, dass alle beim Aussteigen mitmachen müssen, wenn die Welt angehalten werden soll.
Rückkehr in die Ehrenhallen
Es ist eine Wiederkehr in die Ehrenhallen des modernen Heldentums, die unerwartet kommt. Zu oft war der Begriff Aktivist schon missbraucht, missdeutet und für menschenverachtende Propaganda ausgebeutet worden, als dass Experten wie Rainald Schawidow, immerhin Chef der Bundesworthülsenfabrik (BWHF) in Berlin, dem Wort ein Rehabilitierung zugetraut hätten. "Wir sprechen hier immerhin von einer Erfindung der Nationalsozialisten", gibt Schawidow zu bedenken, "es war Joseph Goebbels selbst, der dieses Wort als positive Eigenbezeichnung verwendete." Für gewöhnlich genügt eine solche Genese, um einen Begriff deutschlandweit dauerhaft zu sperren. "Viele Ältere erinnern sich noch an die Diskussion um die Autobahn, damals wurde das beispielhaft vorgeführt."
Deutschland aber ging mit der Bezeichnung "Aktivisten" gelassen um. Obwohl die Kontrollratsdirektive Nr. 38 folgerichtig "Aktivist" als Namen für die Gruppe der sogenannten "Belasteten" aus der Nazi-Zeit verwendete, die durch Stellung oder Tätigkeit die nationalsozialistische Gewaltherrschaft wesentlich gefördert hatten, blieb ein dauernden Bann aus. Im Westen wurden die Aktivisten eilig vergessen. Im Osten dagegen griff das neue Regime begeistert nach dem Wort, um es für seine Zwecke einzuspannen. Hennecke, erster deutscher Aktivisti.
Hennecke, der Bergmann
Der erste Aktivist hier war, die Geschichte zeigt einmal mehr ihren feinen Sinn für Humor, der Bergmann Adolf Hennecke. Im Oktober 1948 schlug er in einer Schicht fast viermal so viel Kohle aus Karl-Liebknecht-Schacht des Lugau-Oelsnitzer Steinkohlenreviers als die Norm vorgab. Henneckes Aktivismus, inszeniert nach dem Vorbild der sowjetischen Stachanow-Bewegung, war damit einer, der die Erde noch schneller ausbeuten half, die natürlichen Ressourcen noch gieriger verschlang und mehr CO2 ausstoßen half.
Auf dieser Basis entstand die zweite Aktivistenbewegung auf deutschem Boden. Als "Aktivist der sozialistischen Arbeit" wurde nun ausgezeichnet, wer das unterdrückerische DDR-System besonders eifrig unterstütze, Normen brach und Arbeitszeit- und Arbeitsschutzvorschriften. Der sogenannte sozialistische Wettbewerb sollte die schnell als behäbig und unfähig zu jeder Dynamik erkannte Planwirtschaft in die Lage versetzen, jenseits starrer Vorhaben zu produzieren, was an Waren und Dienstleistungen an allen Ecken fehlte.
Tage der Aktivisten
Jeweils am 13. Oktober beging das Regime den Tag der Aktivisten, um an Henneckes Sonderschicht zu erinnern. Es wurden Aktivisten geehrt, mit Medaillen aus Blech und Blumen. Der Umstand, dass die Aktivisten mit ihren außerplanmäßigen Aktionen keinerlei Nutzeffekt erreichen konnten, weil jede überplanmäßige Mehrproduktion in einer durchgeplanten Wirtschaft überflüssig ist wie ein fünftes Rad für den Wagen, änderte daran nichts. Es ging längst nicht mehr um direkte Produktionserfolge, sondern um die propagandistische Mobilisierung der Bevölkerung.
Auch deshalb fiel der Begriff Aktivist nach 1990 in ein Loch. "Er war gleich doppelt verbrannt, einmal durch die Nazis, danach noch einmal durch die Kommunisten", beschreibt Rainald Schawidow, der als junger Worthülsendreher selbst im damaligen VEB Geschwätz der DDR an Aktivistenkampagnen teilgenommen hat. Experten hielten es für nahezu unmöglich, dass ein derart dauerhaft missbrauchter und geschundener Begriff noch einmal in die Öffentlichkeit zurückfinden könnte. "Das ist ja", sagt Schawidow, "als würden wir heute wieder anfangen, die Arbeiterfaust zum Gruß zu heben."
Thälmann ist niemals gefallen
Umso überraschter waren die Beamten der BWHF, als es dann doch passierte. Selbstbewusst und ohne jede falsche Scham vor dem Wagnis, einen von Nazi-Propagandisten zuerst ins ideologische Gefecht geführten Begriff als trotzige Eigenbezeichnung zu verwenden, griffen erst kleine Gruppen linker Extremisten zu, später dann die große Breite der radikalisierten Klimabewegung. Thälmann ist nun niemals gefallen, er hat sich vielmehr in einen Milchbart verwandelt, der im Kostüm eines Berufsrevolutionärs für deutsche Outdoor-Bekleidung wirbt.
Der "Aktivist" ist nun ein Held ohne Arbeit, im 13. Semester als reisender Mahner und Talkshowtourist unterwegs, der sich und seine Kampfgefährten gern nach den Lehren des Ipunktismus als "Aktivisti" bezeichnet: Ein Buchstabe, der die Ernsthaftigkeit des eigenen Anliegens durch die Nutzung der Verniedlichungsform unterstreicht. "Lützi", "Hambi", "Pinky", "Aktivisti", der kernige Bergmann Adolf Hennecke würde sich wohl wie im Kindergarten fühlen. Joseph Goebbels dagegen, der andere große Pate des deutschen Aktivismus, sähe das große Potential der Koseform für Schlachtfelder, Soldaten und Waffen. Spielerisch werden Jüngere so an den Kampf herangeführt, neugierig gemacht von Medien, die die an frühkindliches Gebrabbel erinnernde Aktivistensprache gern übernehmen.
Die Nazivergangenheit des Wortes passt wie der Arsch auf den Topf, weil diese Clowntruppe der Globalisten genau wie die Aktivisten unter Alfons Hitlerbacke und Honecker im kollektivistischen Mainstream treibt wie totes Holz.
AntwortenLöschena propos totes Holz
Seit Oktober 2014 studiert er an der Leibniz-Universität Hannover Politikwissenschaft.[4]
(Dzienus)
Da sollte mal ein Aktivist drübergehen, ist ja zu peinlich.
das wir gewinnt! und die wissen ja zum ihrem glück alle nicht, wohin ihre kulturrevolution führt.
AntwortenLöschenhätten wir ein Armee von Henneckes wäre jetzt die Bude warm weil immer Planübererfüllung .
AntwortenLöschenSie wurde nach dem Bergmann Alexei Grigorjewitsch Stachanow benannt, der am 31. August 1935 im Bergwerk Zentral-Irmino (russisch Центральная-Ирмино) in Irmino in der Oblast Lugansk in einer Schicht 102 Tonnen Steinkohle förderte und damit die gültige Arbeitsnorm um 1457 % übererfüllte.[1] Stachanow wurde als Held der sozialistischen Arbeit ausgezeichnet.
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Bolschwikiblödia zum Thema - ich halte mich immer wieder für ausreichend abgebrüht, und immer wieder bleibt einem vor Verblüffung das Maul offen.
In der frühen Jugendzeit - peinlich - hat man das so geschluckt. Das vierzehnfache der Norm - nun ja, nun Gott, nun ja ... beim großen alten Solschenizyn (Der Archipel Gulasch) las sich das dann jedoch etwas anders.
Kulturgut Hennecke- Besen, für alle jenseits des Antifaschistischen Schutzwalls. Der Besen war gut 3x so breit wie ein normaler Besen. Heute geht der Facilitymanager mit der Maschine gelangweilt seinen Weg. Damals hatte jede Montagehalle einen "Hallenhund" der eben mit jenen Hennecke- Besen tapfer seine Bahnen zog. Kulturgut - unvergessen.
AntwortenLöschenAktivist:innen sind vor allem eins: die ideologische Brechstange des Totalitarismus.
AntwortenLöschenGroßartige Analyse!
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