Freitag, 9. Dezember 2022

Reusscher Rat: Wer lacht, putscht mit

Auf diese miese Art verharmlosen Feinde der FDGO den Putschversuch der Reuss-Gruppe.
 

Was jetzt offenbar offiziell "das deutsche Staatssystem" (n-tv) heißt, es war nach Angaben von Holger Münch, dem Chef des Bundeskriminalamts (BKA), zu keinem Zeitpunkt gefährdet. Auch der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Thomas Haldenwang, sah keine "akute Umsturzgefahr" in den Bestrebungen des namenlosen Putschisten-Kreises um den 71-jährigen Heinrich XIII Prinz Reuß, die in der Lage gewesen seien, "das Staatssystem in Deutschland" (Münch) ernsthaft infragezustellen.

Schutzmechanismen griffen perfekt

Die Schutzmechanismen des demokratischen Gemeinwesens, sie hatten in der Stunde der allergrößten Not auf den Punkt gegriffen. Noch waren innerhalb der Umsturz-Gruppe nicht alle künftigen Posten vergriffen, noch sollte der Hochlauf der Gewinnung von Heimatschutztruppen erst starten und auch die russische Botschaft hatte noch nicht auf das Ansinnen regiert, mit dem geplanten Neustart Deutschlands als "Fürstentum Reuß" mit dem neuen Staatsoberhaupt in Verhandlungen um einen Friedensvertrag zu treten.

Doch "harmlos ist das nicht", sagte Münch. Der Reusssche Rat, derzeit 25 inhaftierte Mitglieder*innen groß, mobilisierte erst seit einem Jahr unter Gleichgesinnten. Erst seit zwei Wochen war Medienmitarbeitern bekannt, dass die Staatsmacht sich auf einen Enthauptungsschlag gegen die "Reichsbürger:innen" (Taz) vorbereitete. Der Auftritt des ertappten neuen Führers der Nation ließ dann Erinnerungen an einen bekannten Politiker aufkommen: Tweed-Jackett, offensiv gemusterter Binder, Manchesterhose und - im Freien - FFP2-Maske. Verkleidet als Ruheständler versuchte der mutmaßliche Putsch-Prinz, ein Bild gutbürger*innenlicher Harmlosigkeit abzugeben.

Die gefährlichen Gedankenspiele einer kruden Greisenrunde 

Das verfing naturgemäß auf der Rechten, die in ein paar Klebekindern auf einer Flughafenlandebahn immer sofort eine Gefahr für die Demokratie sehen will, die gefährlichen Gedankenspiele einer kruden Greisenrunde aber am liebsten leichthin weglächeln möchte. Kaum hatten die im Zuge der Festnahme- und Durchsuchungsaktion embeddeten Medienarbeiter begonnen, die Einzelheiten über die geplanten Geiselnahmen im Bundestag, die Vernetzungstreffen in Thüringen, den penibel ausgearbeiteten Fahrplan zur Ausrufung des Fürstentums und den Fund einer Waffe beim "militärischen Arm" der Staatsfeinde bekanntzumachen, kamen die üblichen Gesundbeter aus der Deckung.

Ein schlechtes Drehbuch sei das, unglaubwürdig und offenbar ohne jede innere Begeisterung zusammengeschustert, klagte es bei Twitter. Nicht nur bei Netflix, sondern sogar beim "Tatort" hätte dieses Szenario keine Chance auf Verfilmung gehabt, höhnte es. Bei Facebook machten sich Hunderte lustig über ein Strategiepapier des Rates, das minutiös beschreibt, wie der Putsch hatte ablaufen sollte, dabei aber einige - bei der politischen Orientierung der Urheber kaum verwunderliche - Rechtsschreibfehler enthielt. Nicht nur Mysolegery zeigte sich da, ein unverschnittener Hass auf Legastheniker, der selbstbewusst spazierengeführt wird.

Wütend macht mich, dass der Staat sich nicht mal mehr ein bisschen Mühe gibt, etwas Plausibles zu erzählen", schimpfte ein Twitter-Nutzer. Das sei doch "das Mindeste, was wir verlangen können". Richtiggehend in den Schmutz gezogen wurde die bislang größte Aktion gegen Reichsbürgernde durch eine Meme-Kachel, die "Putschwochen" bei "Bürger-Krieg"  ankündigte, inklusive "Reichsbürger XXL, nur echt mit Staatsstreich". Sogar Medien machten sich lustig über den "Putsch des Prinzen", seinen "Cord-Geist" und die geriatrische "Terrorgarde". Die Taz schlug gar über alle erlaubten satirischen Stränge, als sie "Steinmeier bleibt im Amt" über ihren Putschbericht schrieb.

Abgrund an Verharmlosung

Widerwärtig. Ein wahrer Abgrund an Verharmlosung, Kaputtreden und Verniedlichung. Aber diese Taktik ist nur zu gut bekannt. Schon vor Jahren hatten Rechte, Rechtsradikale, Rechtsextreme und Rechtsextremisten begonnen, die in Deutschland geltenden großzügigen Regelungen zur Meinungs- und Kunstfreiheit als Deckmäntelchen für ihre Versuche zu nutzen, den Staat und seine Organe zu delegitimieren. Ihre Opfer hießen damals Baerbock, Von der Leyen, Thunberg und Merkel, die Vorgaben der Bundessatirerichtlinie wurden mutwillig ignoriert, mühsam mussten Faktenchecker vermeintliche "Witze" dekonstruieren und große Zeitungen wie die Süddeutsche sich für eine strenge Einhaltung der Vorschriften zur Kennzeichnung von Satire stark machen.

Aber das Böse hat einen langen Atem. Statt dankbar zu sein, dass die Behörden die Bedrohungslage schneller beenden konnte als die Bundespolizei ein Bahnhofsgebäude nach dem Fund eines herrenlosen Koffers wieder freigibt, wird gelacht, als sei das alles nur ein Witz. Doch wer hier lacht, der mordet mit, wer schmunzelt, macht sich mitschuldig. Rechte Satire ist kein Spaß, sondern eine gefährliche Waffe, die großen Schaden anrichten kann. Solche üblen Scherze widersprechen nicht zuletzt dem vierten Grundgesetz des Kabarettismus, das der von einer ganzen Reihe öffentlich rechtlicher Rundfunkanstalten lange mit einem Haus- und Sendeverbot belegte Altmeister Henning Venske populär in einem Satz beschrieben hat: "Im Gegensatz zur realen Politik sind für die Satire die Reichen, die Mächtigen und die Hierarchen Ziel und Opfer." Satire, die weclhe sein will, müsse sich daher "stets von unten links gegen oben rechts" richten.

5 Kommentare:

  1. Aach, mit Chrupalla und Weidel: Erst einmal die Ermittlungen durch die hochwohlweise Obrigkeit abwarten, als welche unser volles Vertrauen genießt. Liest Freund Kreuzweis hier noch mit?
    Wenn sich die sogenannte AfD für mich nicht ohnehin schon erledigt hätte, dann spätestens jetzt.

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  2. »Wir sind informiert worden, dass wir keine Deutschen sind« so das Blatt aus der grauen Stadt .

    nun das ist ja wirklich clever : die zukünftigen Unterthanen über ihren tatsächlichen Status informieren .

    "DU bist kein Deutscher "

    bei 25 % AfD in der Gegend .

    na ja .

    aber du kannst eine Reußstaatsbürgerschaft haben - dann biste deutsch .

    hmm ..

    wenn da so war ..dann hat Reusling nicht begriffen wie sich ein Deutscher als Deutscher definiert ( fragen wir mal im Elsass nach ...oder in einigen us Bundesstaaten , oder in der Lederhosenkolonie in Südamerika .

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  3. Da hat Faeser die wahren Dimensionen des Propagandapopanz 'Reichsbürger' für alle sichtbar demonstriert. Schöner Flop, auch wenn sich die Regierungsblätter von Spiegel bis TAZ für's erste an das vorgegebene Narrativ klammern.

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  4. Schöner Flop --- Wieso Flop? Ich kenne etliche, denen man noch ganz anderen Mulm aufhucken kann.

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  5. Ich bin mal gespannt wie viele Putschisten sich als V-Leute und Informanten des Verfassungsschutzes entpuppen. Mein Tipp: 30 - 40 Prozent.

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