Montag, 19. Dezember 2022

Klimakleber in KZ-Uniform: Karnevalisierung der Konzentrationslager

Vor Freude über ihre Freilassung kleideten sich die Gesinnungsgenoss*innen in die auch bei Corona-Schwurblern beliebte "KZ-Uniform".

Bei "Querdenker"- und "Anti-Corona"-Demonstrationen gehörten sie zum festen Repertoire; für Provokateure aus Rock, Pop und Politik gelten sie längst als eine Art Uniform. So wie kaum eine Twitter-, Facebook- oder Youtube-Debatte ohne fragwürdige historische Vergleiche und Bezugnahmen auf Hitler auskommt, muss auf dem Höhepunkt jeder Demonstrationsbewegung gegen Wasauchimmer ein Teil der Teilnehmerinnen und Teilnehmer statt gewöhnlicher Kleidung "KZ-Uniform" (Der Standard) anziehen. Für die einen ist das ein cooler Ausflug ins Protestmilieu, für andere ein geschmackloser Scherz, für Dritte aber ein Grund zu Empörung. Häftlingskleidung, die als KZ-Häftlingskleidung lesen lässt, kommt jedenfalls medial immer gut an.  

Schau mir auf die Häftlingskleidung

Falsche Häftlingskleidung beim Schwurbler-Protest gegen die Corona-Politik, das war ein bedeutender Tabubruch, der unübersehbar eine Grenze überschritt. Wie der gelbe Stern, den sich Impfverweigerer selbst anhefteten, um sich mit verfolgten Juden gleichzusetzen, waren auch die Querstreifen als Uniform der Querdenker eine Verharmlosung und Relativierung der Gräueltaten des Nazi-Regimes. Wer heute im warmen Wohnzimmer isoliert sei, habe kein Recht, für sich dasselbe Schicksal in Anspruch zu nehmen  wie die Verfolgten des Nazi-Regimes. Nachdem große Medienhäuser sich der Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener angenommen hatten, ermittelten Staatsanwälte. 

Mit unklaren oder zumindest unbekanntem Ergebnis. Das hat nun Nachahmer der Masche mit den KZ-Kitteln inspiriert: Auf der Freudenfeier der Klimaklebebewegung "Last Generation" zur Begrüßung von Gesinnungsgenoss*innen, die aus staatlichem Gewahrsam freigekommen waren, trugen zwei der Aktivistinnen lächelnd die gestreifte Kleidung, die nicht nur einem "Zweiteiler des Luxuslabels Loewe" (RND), sondern eben auch der Uniform der KZ-Insassen ähnelt. Die "antisemitistisch" (MDR) und rassistisch geprägte Protestmaskerade verfehlte allerdings diesmal sichtlich ihren Zweck: Die auch "Streifing"genannte Methode der Aufmerksamkeitsakkumulation, bei der sich nachgeborene Demonstranten verkleiden, als handele es sich bei ihnen um KZ-Häftlinge, war zwar wie stets unangemessen, ekelhaft und rassistisch. Das erwartete Medienecho aber blieb vollkommen aus.

Darf Deutschland wieder KZ-Kleidung

Muss der angemessene Umgang mit der Geschichte zurückstehen, wenn es um höherwertige Güter wie das Klima in 50 Jahren geht? Kann Deutschland dann wieder KZ-Klamotten? Und ist linker Antisemitismus damit nun endlich endgültig hoffähig geworden?  Im Unterschied zur Sternsinger-Diskussion und der Kampagne für saubere Kinderbücher, in denen eine antirassistische Minderheit hinterfragt hatte, ob es das rassistische Stilmittel schwarzer Schminke im weißen Gesicht brauche, um aus einem Kind den heiligen König Kaspar zu machen, scheint das sogenannte "Streifing" jedenfalls nicht mehr kritikwürdig.

Langte ein "KZ-Anzug" (Der neue Wiesenbote) eben noch, um die abgrundtiefe Verkommenheit von Demonstrationen und Demonstranten zu demaskieren, hat sich die Praxis, sich in der Freizeit als KZ-Häftling verkleidet für die sozialen Netzwerke zu inszenieren, in einen gesellschaftlich akzeptierten Trend verwandelt. Das Motto dabei: "Holocaust ist, was dich ärgert" (Gideon Böss). Während die einen noch verbissen an der Singularität dieses Verbrechens festhalten, schaffen junge, engagierte Mädchen und Jungen neue Fakten geschaffen. Alles, was nicht gefällt, ist Auschwitz. Deswegen gibt es auch keine Juden mehr, sondern nur noch Menschen, die sich schlecht behandelt fühlen und daraus das Recht ableiten, sich als verfolgte Juden zu fühlen. 

Karnevalisierung des KZ

Niemand will sie in die aus ihrer Sicht passende KZ-Häftlingskleidung stecken. Also tun sie es selbst, angetrieben von Verschwörungsmythen, nach denen das Großkapital, die "Ostküste" und verbrecherische Verschmutzungskonzerne die Politik zwängen, den großen Untergang voranzutreiben, damit sie noch mehr Profite einstreichen können. Dahinter steckt ein Geschichtsrevisionismus, der nicht falsch versteht, sondern gar nichts: Ohne Kenntnisse der Vergangenheit aufgewachsen, ohne Interesse an der Geschichte in die Adoleszenz geraten und angesichts all der eigenen Unwissenheit verzweifelt über eine Welt, die viel zu schwierig zu verstehen scheint, glauben sie an die Karnevalisierung des Konzentrationslager als angemessenen Ausdruck ihrer tiefen Verzweiflung.

Klimakampf im Grenzbereich, ein bodenloses Geschmackversagen, das allerdings im Unterschied zum häufig kritisierten "Blackfacing" gesellschaftlich akzeptiert wird. Gefängniskleidung aus dem Faschingsladen, hergestellt häufig aus minderwertigen, klimaschädlichen Materialien in Qualzucht von Kindern, die weit unterhalb des deutschen Mindestlohnes im Akkord schuften müssen, ist ein fester Bestandteil deutscher Protestfolklore. Tun-als-ob-wir wissen-was-es-bedeutet-im-KZ-gesessen-zu-haben hat sich als Protest-Praxis durchgesetzt - auch, weil Medien lieber nicht hinschauen, um Vorwürfe zu vermeiden, die mit dem rechtsoffenen Argument "Das wird-man-doch-mal-sagen-dürfen" gekontert würden.

 

7 Kommentare:

  1. Vielleicht sind's die Klamotten, aber wahrscheinlicher ist, dass die drei aus Klaus Schwabs Klonfabrik kommen. Und dafür, dass die angesichts des Klimauntergangs von Milliarden Inselbewohnern so fröhlich sind, fehlt mit jedes Verständnis.

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  2. >> Ohne Kenntnisse der Vergangenheit aufgewachsen, ohne Interesse an der Geschichte in die Adoleszenz geraten und angesichts all der eigenen Unwissenheit verzweifelt über eine Welt, die viel zu schwierig zu verstehen scheint, glauben sie an die Karnevalisierung des Konzentrationslager als angemessenen Ausdruck ihrer tiefen Verzweiflung.

    Hier müßte man in aller Konsequenz auch mal das Eltern-haften-für_ihre-Kinder-Gesetz an seiner Lastgrenze in Anspruch nehmen und Eltern verhaften, damit Knecht Rutrecht seines Amtes walten kann.

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  3. OT
    Beim Hadmut:
    Eigentlich wollte ich nur so ein Schinkensandwichbrot, und weiter, und musste dann durch einen Fragenparcours aus gefühlt einem Dutzend Fragen. Sir, welches Brot möchten Sie, sie haben zur Auswahl A, B, C, D, E und F, wobei D low carb, E lactosefrei und F im Angebot ist. Sir, möchten Sie diesen, jenen oder solchen Schinken? Sir, welchen Salat? Sir, möchtn Si Käse? Wir haben … Sir, welche Soße wünschen Sie? usw.
    -------------------------------------
    Erinnert mich - ewig her - an einen Scetch mit (((Bärbel Streusand))). Die mit dem schönen großen Schnarchzapfen. Genau so.

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  4. Ohne Kenntnisse der Vergangenheit, nun ja, nun Gott, nun ja, Kurt Wabbel jedenfalls wurde NICHT von den bösen Natzis umgelegt, und Paul Rassinier ist wohl auch eher unbekannt.

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  5. Bernd kann dem PPQ Diskurs kaum noch folgen - das heutige Thema überfordert Bernd und er hätte gerne eine Art kleine Brigitte -Ausgabe - nur eben wie ppq. also : das kleine ppq in einfacher Sprache .

    Danke

    mit Bastelbogen und Gewinnspiel

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  6. bernd, das ist es doch schon!

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  7. Übrigens war die Zahl der ~ Insassen nach der Abschaffung der sogenannten wilden ~ 1935 bis zum Kriegsausbruch im höheren vierstelligen Bereich, knapp 9x10 hoch drei.

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