Auf dem Tiefpunkt der Temperaturkrise vor Weihnachten leerten sich die deutschen Gasspeicher (Foto) schneller als geplant. |
Die Wissenschaft hatte diesmal nicht gewarnt, denn was dann geschah war unabsehbar. Mitte Dezember, Deutschland, 22 Jahr nach nach Mojib Latifs kaum interpretierbarer Warnung, dass es Winter wie früher, mit Eis und Schnee, "künftig" nicht mehr geben werde: Temperaturen im zweistelligen Minusbereich. Glatteis. Schneewehen. Und das Allerschlimmste: Wie von Zauberhand brach das Wetter den Willen der Mehrheit, für den Frieden an der Ostfront zu frieren.
Die Bundesnetzagentur schaute unruhig auf die Zahlen. Der "starke Mehrverbrauch" leerte die über Spätsommer und Herbst ohne einen einzige Blick auf die Kosten gefüllten Speicher. Nicht nur, dass Latifs Vorhersage zumindest auch in diesem Jahr wieder nicht eingetroffen war. Nein, auch die tröstenden Worte der staatlichen Wetterfrösche, dass längst unaufhaltsame Klimaerhitzung für einen milden Winter sorgen werde, warn obsolet noch ehe er überhaupt angefangen hatte.
Unerwartete Temperaturen
Niemand hatte damit rechnen können. Über fast zwei Wochen lang schienen sogar die inständigen Klimagebete in den verschiedenen Ampel-Ministerien wirkungslos zu bleiben. Als wolle der Wettergott die Fürbitten nach mehr Erderwärmung verspotten und verhöhnen, blieb es nicht nur kalt, sondern auch dunkel und windstill. Tagtäglich verbrannten Haushalte und stromerzeugende Wirtschaft ein ganzes Prozent Erdgasvorrat. Rein rechnerisch drohte ein Abfall auf Null bis Mitte März und damit nicht nur ein womöglich allzu frühes Ende der Heizperiode, sondern auch ein Verstoß gegen die Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der "Verordnungen (EU) 2017/1938 und (EG) Nr. 715/2009 im Hinblick auf die Gasspeicherung", nach der die unterirdischen Gasspeicheranlagen im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten vor Beginn aller nun noch folgenden Winter zu 90 Prozent gefüllt sein müssen. Nicht nur, dass der März bereits vor einem kommenden Winter liegt, nein, auch bis November wäre es von Null auf 90 ein zu weiter Weg.
Mitten in der Dunkelflaute
Auf dem Höhepunkt der Krise, mitten in der Dunkelflaute, sank der Füllstand des Speichers Rehden auf 92,27 Prozent. Die Bundesnetzagentur, ehemals zur "Förderung des Wettbewerbs in sogenannten Netzmärkten" gegründet und heute höchste Aufsichtsbehörde über die nationale Wärmereserve, stufte die Temperaturprognose für die kommenden Tage als "kritisch" ein.
Das Wetter spielte nicht mit, die Menschen ebenso wenig. In Fernsehstudios wurden die Heizungen hochgedreht, aus dem Bundestag kamen inmitten der Temperaturkrise verstörende Bilder: Keine dicken Mäntel bei den Sitzungsteilnehmern, keine warmen Decken, keine Mützen, Ohrenschützer oder Schals. Angesichts des erneuten Verfehlens aller Klimaziele und der beunruhigenden Prognosen, dass es auch in den nächsten Tagen in Deutschland "kälter wird als in den für die aktuellen Prognosen zugrunde gelegten Vergleichsjahren" (Bundesnetzagentur) ein Laissez-fair-Verhalten, das mit einem "deutlichen Mehrverbrauch" rechnen ließ.
Kritisch statt angespannt
Die Temperaturprognose sank von "angespannt" auf "kritisch". Der prognostizierte Mehrbedarf stieg auf zwei TWh. Auf dem Tiefpunkt der Temperaturentwicklung, als die Windstromerzeugung auf 12 Prozent fiel und die Photovoltaik noch 1,1 Prozent des Bedarfs deckte, wurde ein Mehrgasverbrauch von ungefähr 44 TWh über den gesamten Winter veranschlagt, rund 18 Prozent der maximalen Speicherkapazität, die im kommenden Jahr fehlen, wenn es darum gehen wird, die Speicherziele erneut zu erreichen. Eine weitere Verschlechterung der Situation könne man nicht ausschließen, auch wenn die Temperaturprognosen des Deutschen Wetterdienstes (DWD) stets nur vorläufig seien und sogar "rückwirkend" geändert werden können.
Positiv auf die Lage wirkte sich dann aber nicht nur die plötzliche Rückkehr auf den Zwei-Grad-Pfad der Pariser Klimaverträge aus, sondern auch dem Umstand, dass es der Wissenschaft gelang, einen Zusammenhang zwischen Gasverbrauch und Außentemperaturen nachzuweisen. Sinkende Pegel sind offenbar kein Naturgesetz, sondern direkte Auswirkung des gefühlten Bedarfes selbst dort, wo mit aller Kraft und fast unmenschlicher Entsagung gespart wurde, als es noch warm war. Je kälter, desto wärmer haben die Menschen gern. Je länger ein Klimaloch mit Eis und Schnee und starkem Frost andauert, desto eher wird das Sparen auf später verschoben, auch wenn das direkt gegen Abmachungen mit den EU-Partnerländern und Beschlüsse der EU verstößt.
Anstieg unterbunden
Ein Gasverbrauch wie in der 50. Kalenderwoche, der gleich um zwölf Prozent über dem durchschnittlichen Verbrauch der letzten vier Jahre liegt und nicht wie geplant 20 Prozent darunter, führt automatisch in eine "nationale Gasmangellage" (Bundesnetzagentur), wenn nicht das Wetter selbst helfend herbeieilt und seine Anstrengungen zur Klimaerwärmung mindestens verdoppelt. Inzwischen ist das geschehen: In seiner letzten Sitzung vor der bis 16. Januar dauernden Winterpause hat der Bundestag ein Gute-Temperaturen-Gesetz (GTG) beschlossen, das das Sparziel von mindestens 20 Prozent sicherstellen helfen soll. Erste Erfolge waren bereits unmittelbar nach Verabschiedung zu spüren: Die Temperaturen kletterten von minus zehn auf teilweise plus zehn Grad, für den rest des jahres werden weitere Steigerungen erwartet.
'Alles zum Wohle des Volkes' hat man in der DDR 2.0 abgeändert in 'alles zum Wohle von jemand anderem'. Ein Unterschied zwischen DDR 1.0 und DDR 2.0 wäre also der Brennstoffmangel. Früher gab's eine halbe W-fuffzig-Ladung (fuffzig Zentner) Braunkohlenbriketts für 100 Ostmark. Hat ein Jahr gereicht für Höllenfeuer jeweils in Stube und Küche.
AntwortenLöschenDie in Deutschland gelegenen Gasspeicher können so voll oder so leer sein wie sie wollen. Das Problem an der Sache, die Hälfte der in Deutschland gelegenen Gasspeicher dient nicht der Versorgung des deutschen Energiemarktes.
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