Freitag, 16. Dezember 2022

DFB-Reform: Fußball-Ausstieg auf die Tagesordnung!

Solche prächtigen Paläste baut der DFB, um noch mehr junge Menschen für das klimaschädliche Fußballspiel zu gewinnen. Dabei: Die Herstellung von Beton verursache acht Prozent des weltweiten CO2-Ausstoßes!

Zwei Wochen nach der Schmach von Katar ist der Deutsche Fußball Bund bei der Aufarbeitung des Desasters von Doha keinen Schritt weitergekommen. Einzige personelle Konsequenz ist bislang der Abgang des Direktor Nationalmannschaften und Akademie Oliver Bierhoff, dazu gab es einen Treueschwur für "Mannschafts"-Trainer Hansi Flick und wenig später die Verkündung der Gründung mehrerer Arbeitskreise, die die Spitze des weltgrößten Sportverbandes "in sportlichen und strukturellen Fragen" beraten sollen. Bei einem handelt es sich um eine "Task Force", die sich um die sportliche Zukunft des DFB von der Männer-Nationalmannschaft bis hin zur Talentförderung kümmern soll. Der andere Beraterkreis soll die bestehenden DFB-Strukturen überprüfen und die ehemaligen Aufgaben von Bierhoff neu aufteilen.

PPQ-Kolumnistin Svenja Prantl rechnet mit den falschen Weichenstellungen beim DFB ab.

Nationalauswahl weißer Männer

Die Nationalauswahl alter weißer Männer, die das lecke Schiff des viermaligen Weltmeisters bis zur Europameisterschaft in zwei Jahren wieder auf Titelkurs bringen soll, zeigt schon, wo die Reise hingeht. Neben DFB-Vizepräsident Hans-Joachim Watzke, dem neuen starken Mann im deutschen Fußball ist  Ex-Bayern-Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge dabei, Bayer Leverkusens langjähriger Geschäftsführer Rudi Völler, Ex-Titan und Bayern-Boss Oliver Kahn, dazu Dortmunds Berater Matthias Sammer und der frühere RB-Leipzig-Chef Oliver Mintzlaff. Die Frauenfußballerin Almuth Schult, ehemals Nationaltorwärterin, entdeckte den entscheidenden Mangel auf den ersten Blick: Keine Diversität, keine Frau, nichts Schwules oder wenigstens ein Transwesen.

Aber dafür eingeschworenes Personal aus renditeorientierten kommerziellen Großklubs, von dem größere Veränderungswünsche nicht zu befürchten sind - auch nicht angesichts der heraufziehenden Klimakatastrophe, auf das Spektakel am Persischen Golf einmal mehr ein grelles Schlaglicht geworfen hat. Mitten im Winter wird dort ein Turnier in glühender Hitze gespielt, in aufwendig heruntergekühlten Stadien, vor den Augen zehntausender Menschen, die aus aller Herren Ländern eingeflogen worden sind. Ressourcen gehen da durch den Kamin, die angesichts der Erderhitzung und erster Meldungen über Notstandsgebiete mitten in Deutschland dringend eingespart werden müssten. 

Jahrzehnte geraubter Zukunft

Kommenden Generationen hat der Bau der Infrastruktur aus Stadien, Hotel, ÖPNV-Linien und Straßen nach Berechnungen der Fan-Initiative Initiative "Fußball für alle" (FFA) bis hierher schon ganze Jahrzehnte ihrer Zukunft geraubt. Und noch ist es nicht vorbei: Immer noch halten sich zahllose Anhänger aus dem 14.000 Kilometer entfernten Argentinien in Katar auf, dazu kommen Gäste aus Kroatien, Frankreich und Marokko, Staaten, die 3.000, 4.000 und 5.500 Kilometer weit weg liegen.

Sie alle müssen ernährt und untergebracht, geduscht und transportiert werden. Dazu kommen Stadionbeleuchtung und Klimatisierung, Merchandising, die Heere der Berichterstatter aus den neutralen Staaten, Rechenzentren, Fifa-Offizielle, Arbeitssklaven und Fanbetreuer. Ja, Fußball ist ein großartiger Sport, die spannenden Spiele eignen sich besser als jedes andere Unterhaltungsangebot dazu, auch einmal an etwas anderes zu denken als an Energiekrise, Inflation, rechte Umtriebe und Korruption auf höchste EU-Ebene. Doch obwohl Fußball so nützlich ist, zeigt er sich in Katar doch aus Sicht des Klimaschutzes als höchst problematisch sein. Trotz green washing, das die Organisatoren nahezu perfekt betrieben, wird das Weltturnier das globale Klima mit erheblichen CO2-Einträgen belasten.

Es fehlt an Symbolen

Umso wichtiger wäre es, dass der deutsche Fußball, der als langjähriges Traditionsland der schönsten Nebensache der Welt und viermaliger Titelträger eine besondere Verantwortung trägt, ein Zeichen setzt, das über die vorzeitige Abreise aus Katar hinausgeht und einen echten Beitrag zum Klimaschutz leistet. Um den geht es dem DFB im Moment nämlich überhaupt nicht mehr. Unverdrossen baut der Verband sich eine "Fußballakademie" aus Stahl und Beton, die in der Zukunft noch mehr junge Menschen für einem vermeintlichen "Sport" gewinnen soll, der heute längst Teil einer ressourcenverschlingenden, klimaschädlichen globalen Unterhaltungsindustrie geworden ist. 

Die Klimabilanz dieses Mammutbaus, das beinahe so groß werden soll wie der Trutz- und Schutzbau des Neuen Kanzleramts in Berlin,  ist verstörend: Acht Prozent des weltweiten CO2-Ausstoßes verdankt sich der Herstellung von Beton, vom DFB aber kein Wort dazu. Auch nicht zum Umstand, dass jeder in Zukunft fußballernde junge Mensch als Fachkraft für andere Bereich ausfällt, etwa in der Pflege, im Auf- und Ausbau von Solaranlagen und bei der Wartung von Wärmepumpen.

Dass die neue Arbeitsgruppe aus alten Helden den Finger in diese klaffenden Wunden legen wird, die viel tiefer sind als die Verletzung durch einen weiteren früh verpassten Titel, ist nicht zu erwarten. Stattdessen wird es ein unwürdiges Geschacher um Posten und Pöstchen geben, jeder wird seinen Favoriten nach vorn schieben wollen, um Pfründe, Einfluss und Beteiligung an den geplanten Ruhmestaten einfordern zu können. Eine EM im eigenen Land, die ebenso gut auch in den bereits fertiggestellten Stadien in Doha stattfinden könnte, gilt als Ausrede und Begründung für ein Festhalten an alten Zöpfen. 

Fußballausstieg wäre konsequent

Kein Fußballausstieg, nirgends. Der mutige Akt der Selbstbefreiung, für den der Augenblick angesichts des epochalen Versagens bei der Fußball-Weltmeisterschaft so günstig wäre wie nie, er scheint verstreichen zu sollen. Statt sich beim DFB einfach mitzufreuen mit dem Erfolg anderer Mannschaften, ein Vergnügen, das vollkommen kostenlos wäre, setzt der durch und durch männlich dominierte, aber immer noch gemeinnützige Verein auf nationale Egoismen, auf ein rabiates Ausschließen aller diversen Einflüsse und einen Kurs, der verspricht, dass Deutschland am Ende sagen wird können "Wir sind wieder wer".

Fußball kann das, dem Fußball wird das verziehen. Die Politik in Berlin, die den Wahnsinn stoppen könnte, schweigt. Die Gemeinsinnmedien, seit den Tagen des auf Gebührenzahlerkosten bis auf die DNA-Ebene durchgedopten "Team Telekom" fester Bestandteil der Vermarktungskette, schauen aus jahrelanger Gewohnheit in die andere Richtung. Selbst von der Letzten Generation, die die Mehrheit der Nicht-Fußballfans mit mutigen Klebeaktionen aufrütteln könnte und müsste, ist kein einziger kritischer Satz in Richtung des geplanten neuen deutschen Fußballwunders bekanntgeworden.



2 Kommentare:

  1. Für Genießer:
    Die ehemalige Nationalspielerin Tabea Kemme hat den Deutschen Fußball-Bund (DFB) für die Zusammenstellung des Expertenrats scharf kritisiert. "Diversity at it's best", kommentierte die 30-Jährige das nur aus Männern bestehende Gremium im Interview mit dem Nachrichtenportal "t-online" voller Ironie. Dazu bemängelte Kemme die Art und Weise der Problemlösung: "Es ist ein grobes Foul, die Lösung des Systems im System zu suchen.

    Ein Schwafelkreis, wo niemand die Weiber fragt, ob sie mitschwafeln wollen? 'Die Lösung des Systems' ist feines Fußballerdeutsch und zeigt, dass speziell Hirne wie das von Tabea Kemme bei der 'Lösung des Systems' fehlen.

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  2. Was will man denn noch den Kopf- und Fußballernden aufbürden? Jetzt haben sie sich schon die Sorgen der Andersgeilen zu Herzen genommen und dabei vergessen, den Ball zu spielen und zu beherrschen, und sollen sich nun auch um den Klimawandel kümmern und ihn sogar in ihrem Tagesgeschäft des Ballerns im Kopf behalten, nicht berücksichtigend, daß der schon mit dem Stoßen des Balls hart belastet ist. Man muß sich das vorstellen: Da kracht der Ball auf die Birne, ruft ein Erdbeben der Stärke 10 im Gehirn hervor, und unter dieser Erschütterung soll der Kopfballernde an die Klimakatastrophe denken! Womöglich auch noch überlegen, ob er den Kopfstoß nicht vermeiden sollte, denn er kostet Schweiß und Kraft, die mit Erzeugung eines CO2 –Ausstoßes aus seinem Körper einhergeht. Das sind abenteuerliche Ideen, die nur von Fußballfremden gehegt werden können. Ich bin froh, daß die Task Force, eigentlich eine militärische Einrichtung, nur aus ehemals Fußballernden besteht, die ausreichend Erfahrung im Kopfstoßen und dessen Folgeerscheinungen haben, die sie davor bewahren, wirren Forderungen Eingang in das Fußballerleben zu erlauben. Es reicht vollkommen, wenn die Fußballernden daran denken, daß der Ball rund und hart ist wie zu lange gekochte Eier, womit der Kopfstoßende wieder bei den Ansprüchen der Andersgeilen angelangt ist, die ihn beim Stoß jetzt schon irritieren und ihn gar oft mißlingen lassen.

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