Donnerstag, 8. Dezember 2022

Der alte Mann und das imaginäre Heer: Märchenprinz aus Waidmannsheil

Ein Prinz als Putschist: Heinrich XIII. Prinz Reuß steht unter Verdacht, die verfassungsmäßige Ordnung abgeschafft haben zu wollen.

Ein Greis von altem Adel, eine gescheiterte Bundestagsabgeordnete der Schwefelpartei, ein Bundeswehr-Unteroffizier und eine Polizei-Stenotypistin - die neueste Gruppe organisierter Putschisten, offiziell angekündigt als Netzwerk aus "Prinzen, Richtern, Politikern, Soldaten, Anwälten und Polizisten mit viel Geld" lässt den Größenwahn von Vorgängern wie der "Weiße Wölfe Terrorcrew", der "Gruppe Freital", "Revolution Chemnitz", dem Terror-Druiden "Burgos von Buchonia" und dem zuletzt enttarnten sächsischen Lauterbach-Entführer um die Rollator-Rentnerin Elisabeth R. geradezu bescheiden aussehen. 3.000 Polizisten waren eingesetzt, um an mehr als 100 Standorten gegen mehr als 50 Frauen und Männer vorzugehen, deren Pläne für einen Staatsstreich so weit gediehen waren, dass Bundesinnenministerin Nancy Faeser gezwungen war, von einem "Abgrund an terroristischer Bedrohung" zu sprechen.

Rädelsführer als Reichskanzler

Da hätte schnell etwas kippen können. Die frühere AfD-Bundestagsabgeordnete, im kommenden Kabinett der Putschisten als Justizministerin gesetzt, verfügt über Ortskenntnis im Bundestag und hätte die Aufrührer hineinführen können ins Herz der deutschen Demokratie. Dort hätte der Unteroffizier die mehr als 700 Parlamentarier festgesetzt. Ehe der mutmaßliche Rädelsführer Heinrich XIII. Prinz Reuß zum neuen Reichskanzler ausgerufen worden wäre. 

Personell vielleicht eine enge Geschichte, denn allein um die Bundestagswache niederzuwerfen und die Ein- und Ausgänge des Hohen Hauses zu besetzen, wären die 52 bekannten Verschwörer*innen gut beschäftigt gewesen. Der Rest des von "Rat" genannten Führungsgremium geplanten "gewaltsamen Umsturzes" (n-tv) hätte dann allerdings wohl wie immer bei rechten Aufständen automatisch erfolgen sollen. Heinrich Prinz Reuß der Dreizehnte, ein Name, indem Unglückseligkeit schon mitschwingt, hätte von der Glaskuppel aus das Reich ausgerufen. Die Bundesrepublik wäre damit Geschichte gewesen.

Massive Gefahrenquelle

Spätestens heute muss allen klar sein, dass unserer Gesellschaft von rechts massive Gefahr droht", heißt es nun in tiefgründigen Analysen der Lage der Nation nach dem "bisher größten Schlag gegen die Szene der sogenannten Reichsbürger", die sich seit Monaten im Visier der Sicherheitsbehörden befanden.  Der alte Mann und sein Heer, sie gespenstern so machtvoll durch die Gazetten, als habe Putin den geplanten "gewaltsamen Umsturz des politischen Systems der Bundesrepublik" persönlich angeordnet. 

Das Häuflein Verwirrter, auf den Flügeln der Fantasie unterwegs in eine selbstgemachte Ordnung, der die übrigen 84 Millionen Bürgerinnen und Bürger hätten nur noch folgen können, verwandelt sich auf den Schwingen der Beschreibung der Enthüller des "Abgrunds aus terroristischer Bedrohung" in eine Truppe mit "militärischem Arm" und "Heimatschutzkompanien", die "den Einsatz militärischer Mittel und Gewalt gegen staatliche Repräsentanten" und die "Begehung von Tötungsdelikten erwogen" habe. Ziel sei es gewesen, "durch Anschläge auf die Stromversorgung bürgerkriegsähnliche Zustände herbeizuführen, sowie die Bundesregierung abzusetzen, um dann die Macht zu übernehmen" (Tagesschau).

Rettung in letzter Sekunde

25 Mann, angetrieben von "einem Konglomerat aus Verschwörungsmythen und Erzählungen der Reichsbürger sowie der QAnon-Ideologie", stellen die Machtfrage, versteckt in Reihenhaus und Schloss, ausgerüstet mit Wissen aus Inspektionen in Bundeswehrkasernen, in denen nach dem Umsturz die imaginären "eigenen Truppen" untergebracht werden sollten. Einen Namen hatten sie ihrer Verschwörerrunde und dem "Rat" noch nicht gegeben. Womöglich aber hätte sich Deutschland am Tag nach dem Putsch als "Fürstentum Reuß" (Welt) auf der globalen Bühne wiedergefunden, aus dem Jagdschloss Waidmannsheil in Thüringen regiert und über die "russische Staatsbürgerin Vitalia B." (Welt) plötzlich mit dem Kreml verbündet.

Ein böses Erwachen wäre das geworden. Gut also, dass verlässliche Pressevertreter schon seit zwei Wochen auf den kommenden großen Schlag gegen die Verschwörer vorbereitet wurden, so dass denen am Ereignistag keine Chance blieb, unbeobachtet festgenommen zu werden. Prinz Heinrich XIII. Reuß trat mit FFP2-Maske aus seinem Haus im noblen Frankfurter Westend, ein Mann, "der mit der Demokratie offenbar nichts anzufangen weiß", aber nach dem Umsturz der hätte sein wollen, zu dem die Menschen gegangen wären, "lief etwas nicht rund". Auch den "Friedensvertrag" mit den alliierten Siegermächten des Zweiten Weltkrieges hätte der "verwirrte alter Mann" ausgehandelt, als den ihn Fürst Heinrich XIV sieht, der Sprecher des "Hauses Reuß", von dem sich der Terror-Opa schon vor 14 Jahren glaubhaft losgesagt hatte. 

Glück für den alten Adel, dem nun im Zuge der weitergehenden Ermittlungen zur Vernetzung des Reusser Rates mit zweifellos zahllosen Unterstützern überall in Gesellschaft, Wirtschaft und Untergrund keine Gefahr droht. Den Ratsmitgliedern hingegen drohen zu Recht lange Haftstrafen. Vorsicht aber davor, die tölpelhafte Truppe aus Gescheiterten öffentlich zu belächeln: Die "Tagesschau" erkennt allein darin schon ein Charaktermerkmal, das seinen Besitzer zum Mittäter macht.

9 Kommentare:

  1. >Ziel sei es gewesen, "durch Anschläge auf die Stromversorgung...


    ...Kraftwerke stillzulegen? Oh nein, was für eine finstere Vorstellung.

    Wer nach dieser Posse nicht merkt, wie er von den Politmedialen verarscht wird, der merkt es nie.

    AntwortenLöschen
  2. Heutzutage würde wohl auch Rio Reiser für sein "König von Deutschland" verhaftet werden.
    Mehr Delegitimierung des Staates geht ja gar nicht. Andererseits wird von links her immer ein klitzekleines bisschen mehr akzeptiert als von rechts. Da kann ich mir aber natürlich auch irren, ist nur so ein Gefühl.

    Außerdem wäre es wohl langsam sinnvoll, lieber ppq, auch sicherheitshalber einen Koffer zu packen. Wenn ich mir ihre Artikel so in der Gesamtheit ansehe und die Kommentare noch dazu nehme, kommt hier doch auch eine deutliche Verächtlichmachung unserer bunten Republik zum Vorschein. Großzügig ausgelegt, und da ist unser Staat derzeit sehr großzügig, könnte man das bei der aktuell herrschenden Stimmung auch als Aufruf zum Sturz der derzeitigen Verhältnisse behandeln. Und wer die Verhältnisse ändern will, steht praktisch kurz vor dem Sturm auf das weltweit schönste Kanzleramt.

    Je mehr die Wirklichkeit in unser Wolkenkuckucksheim hereinblitzt, desto mehr Sündenböcke und ablenkende Verhaftungen werden gebraucht werden. Halten Sie sich daher bitte zur weiteren medialen Verwendung bereit. Zur Stabilisierung unseres Staates müssen wir alle unser Scherflein beitragen.

    AntwortenLöschen
  3. das wäre eine dramatische fehlwahrnehmung. die verhältnisse werden hier ausschließlich beschrieben, allerdings in ihrem zwiespalt zwischen eigen- und fremdbild.

    AntwortenLöschen
  4. Es ist doch unübersehbar, daß Putin bei dem versuchten Putsch die Fäden in der Hand hatte; darauf deutet schon der Name des Kopfs der Verschwörer hin. Das Fürstenhaus Reuß ist russischen Ursprungs, denn Reuß ist nur eine Abkürzung von Reußen=Russen. Daraus wird sogleich die Perfidie des Reuß sichtbar, seine Abkunft und seine enge Verbindung zum Kreml zu verschleiern. Frau Faeser ist somit nicht nur ein Schlag gegen die Reichbürger gelungen, sie hat auch Putin eine Backpfeife versetzt, die ihn einsehen lassen wird, künftig keine Spezialoperationen mehr in Deutschland zu starten. Faeser und nicht Selensky hat Putin besiegt.

    AntwortenLöschen
  5. PPQ, sie unterscheiden zwischen Eigen- und Fremdbild und beachten nicht, daß es nur ein richtiges Bild gibt, das Sie jederzeit von Haldenwang abholen können. Sobald so getan wird, als gäbe es außer dem einzig zulässigen Bild noch andere, weckt das bei Haldenwang den Verdacht, die staatlich genehmigte Sichtweise werde deligitimiert und schwups landet der Anbeter von Bildvarianten in Haldenwangs Datenbank der unsicheren Kantonisten. Daß PPQ schon in dieser Datenbank ein festes Plätzchen hat, steht außer Zweifel, wie auch die hier Kommentierenden schon erfaßt sind. Sollte es irgendwann einmal um 6 Uhr morgens klopf, klopf machen, dann wissen Sie, was die Stunde geschlagen hat.

    AntwortenLöschen
  6. Ich habe der Presse entnommen es wurden große Mengen Prepperware entdeckt. Ich lagere in meiner Wohnung 2 Dosen Kohlrouladen und 4 Packungen Nudeln. Ich werde schon mal einen Notfallkoffer packen.

    AntwortenLöschen
  7. Fürst Reußen also ein zaristischer Langzeitperspektivagent der jetzt vom Zaren aktiviert wurde .

    AntwortenLöschen
  8. https://de.wikipedia.org/wiki/Sinan_Selen

    haldenwang hat den türkischen Dienst bereits beim vs eingebaut - soviel zum Thema Landesverrat

    AntwortenLöschen
  9. "Morgenmagazin" : "der Herr bundesprésident kommt nach Freiberg , auch weil hier jeder 4. Unterthan AfD gewählt hat "

    aha .

    wenn wir also alle fleißig AfD wählen kommt Mösjö le Président

    AntwortenLöschen

Richtlinien für Lesermeinungen: Werte Nutzer, bitte beachten Sie bei ihren Einträgen stets die Maasregeln und die hier geltende Anettekette. Alle anderen Einträge werden nach den Vorgaben der aktuellen Meinungsfreiheitsschutzgesetze entschädigungslos gelöscht. Danke.