Noch war der Weltfußballverband Fifa so korrupt, war das Gastgeberland einer WM so fürchterlich, grausam und unmenschlich, stellten sich die Organisatoren des Turnier als entmenschte Massenmörder heraus, hätten junge, engagierte Spieler mit ihrem Protest so viel bewirken können. Das alles sind aktuelle Grundannahmen der Medienbegleitung der Fußballweltmeisterschaft, die sich leider mit Zahlen nicht belegen lassen. Zuletzt tobte der Streit um den Slogan "One Love". Zu Unrecht, wie der Medienforscher Hans Achtelbuscher sagt.
Achtelbuscher beschäftigt sich seit Jahren intensiv mit der Struktur öffentlicher Debatten, dem Themensterben in deutschen Medien oder der Aufmerksamkeitsspanne des Publikums. Er sagt: Fußball hat nichts mit Aktivismus für Werte zu tun, die aus einem längst vergangenen Jahrhundert stammen.
PPQ hat den renommierten Forscher vom An-Institut für angewandte
Entropie gefragt, weshalb er Solidarität mit den Scheichs fordert, Gianno Infantino für den richtigen Mann am richtigen Platz hält und nicht glaubt, dass der Bundestag auch diesmal wieder in aller eile Gesetze durchpeitschen wird, wenn Bürgerinnen und Bürger aller Geschlechter daheim vorm Fernseher sitzen das Endspiel schauen.
PPQ.li: Herr Prof. Achtelbuscher, medial ist die WM jetzt bereits ein durchschlagender Erfolg. Sie hat den Krieg schon mit dem ersten Spiel als größtes Medienthema abgelöst. Alle großen Blätter, alle Leitmedien und alle Fernsehsender berichten dankbar, vor allem über den schweren Kampf der deutschen Truppe gegen lokale Befindlichkeiten am Golf. Woher kommt diese erstaunliche Einigkeit?
Achtelbuscher: Das ist nicht schwer zu erkennen. Wer die Rohdaten anschaut, sieht deutlich, dass unsere Medien damit gegen eine bereits dreifache Ermüdung anschreiben. Die Mneschen draußen im Land, dass ist uns aus Befragungen bekannt, können einerseits das Wort Corona nicht mehr hören, andererseits hat man sich nach neun Monaten aber auch mit dem eingerichtet. Man ist schreckensresistent geworden, man will weder vom Leid der Menschen noch von Angriffserfolgen der Ukrainer lesen und hören. Diese gesamte Waffenlieferungsdiskussion, die Frage, ob wir uns selbst sofort Öl und Gas abdrehen und sogar die Devbatte um Putins Atompläne, sie waren durch.
PPQ.li: Immerhin fand sich in der sogenannten Entlastungsdebatte ein ausreichender Ersatz...
Achtelbuscher: Für eine gewisse Zeit. Die Bundesregierung hat es in der Tat geschickt verstanden, über die gesamte Zeit seit Kriegsausbruch zu kommen, indem sie mit Versprechen hausieren ging. Bald nun ist Weihnachtszeit, nennen wir dieses Konzept in der Erwartungsforschung auch scherzhaft. Es lehnt sich an an die Methoden der globalen Klimakämpfer, die zwischen 1990 und heute nicht eine Tonne CO2 eingespart haben, aber davon leben, dass sie verkünden, dass sie künftig noch mehr und später noch mehr einsparen wollen würden. Die WM jedenfalls, ein uriges Spektakel, das sich ja an die Gladiatorenkämpfe im alten Rom anlehnt, kommt jetzt gerade richtig, um den womöglich langsam aus Ungeduld und Angst vor unbezahlbaren Kosten wachsenden Druck umzulenken.
PPQ.li: Scheich und Emire statt Putin, der Fifa-Präsident statt Scholz, Lindner und Habeck??
Achtelbuscher: Ja, unbedingt. Weil die Kommunikation der Regierenden eine eigentümliche Dissonanz erkennen ließ zwischen Ankündigen und Liefern, ich erinnere nur an den Wumms und den Doppel-Wumms, bekommen auch die treuesten Verkünder der staatlich anerkannten Wahrheit Probleme, zu erklären, dass es handgezählt mittlerweile vier oder fünf ganz, ganz große Entlastungspakete gibt. Aber keine Entlastung. sehr gut, wenn man in einem solchen Augenblick über eine Armbinde als nationales Problem sprechen kann.
PPQ.li: Ist es denn aber nicht verständlich, dass gerade Deutschland als anerkanntes Hochmoralgebiet dort in der Wüste, wo so viel Unrecht geschieht, ein Zeichen setzen muss?.
Achtelbuscher: Wir sprechen hier von einem gigantischen publizistischen Experiment. Deutschland finanziert dieses Turnier mit wenigstens 250 Millionen Euro mit, das sind schon mal drei Prozent des Gewinns der Fifa mit diesem Turnier. Wie lässt
sich da eine substanzielle Kritik verkaufen? Wie verhindert man zugleich, dass die Debatte außer Kontrolle gerät und Radikale die Frage stellen, weshalb man überhaupt an einer Veranstaltung teilnimmt, die moralisch so verkommen erscheint, Blut und Tod mit sich gebracht hat und einen selbst ja mitschuldig macht?
PPQ.li: Und wie macht man das?
Achtelbuscher: Indem man auf einen Nebenkriegsschauplatz fokussiert. Der DFB hat das sehr klug gemacht, besser gesagt, machen wollen. Statt der Regenbogenbinde, die zuletzt noch als eine Art heiliger Gral des Bekenntnisfußballs galt und deshalb von der Fifa als politische Botschaft gebannt und verboten wurde, hat man sich einen noch bunteren Ersatzslogan einfallen lassen. Das ist jenes One Love mit dem bunten Herzen, eine Peinlichkeit schon von der Gestaltung her, wie mir Designer sage. Schlimmer aber noch ist der inhaltliche Offenbarungseid, der sich damit verbindet.
PPQ.li: Das müssen Sie erklären. was ist denn an One Love falsch? An Buntheit bis hin in Schwarze?
Achtelbuscher: Sehen Sie, One Love ist natürlich ein westliches Konzept. Eine Liebe, dieser Slogan folgt ganz und gar der abendländischen Vorstellung von der monogamen Ehe, von der einen großen Liebe über ein Leben. One Love, one life, wie es in einem bekannten Lied einer erzkatholischen Musikgruppe heißt. Das ist aber eben nicht, wie in anderen Weltgegenden geliebt wird, wie man dort lieben und leben will. One Love richtet sich direkt gegen einen zentralen Glaubenssatz im Islam, dessen heiliges Buch Koran eben in der al-Nisa-Sure 4 klar sagt: "Heiratet, was euch an Frauen gut scheint, zwei, drei oder vier". Das ist viel mehr als eine Liebe. Und nun kommt Manuel Neuer, der sicher kein übler Torwächter ist, und sagt mit dem Oberarm, dass das falsch ist. Was würden Sie da denken?
PPQ.li: Wir sehen hier einen Akt westlicher Vormundschaft?
Achtelbuscher:
Zweifellos. Schauen Sie sich die Staaten an, die ursprünglich an diesem Bindenaufstand hatten teilnehmen wollen. England, die Niederlande, Belgien, Schweiz, Wales, Frankreich, Dänemark sowie Norwegen und Schweden, die gar nicht teilnehmen dürfen. Das sind christliche Staaten mit Fußballverbänden, die von alten, weißen Männer mit männlicher Geschlechteridentität geführt werden. Wenn von solchen Absendern die Parole One Love gerufen wird, dann weiß die übrige Welt, was gemeint ist: Monogame Beziehungen zu einer möglichst jüngeren Frau, die althergebrachten Schönheitsidealen früherer Generationen entspricht. Das will sich die Welt aber eben nicht mehr vorsagen lassen.
PPQ.li: Aber dass ältere Männer jüngere Frauen haben und auch im arabischen Raum oder in Asien das Schönheitsideal sich an dem bemisst, was Hollywood vorgibt, das ist doch keine Neuigkeit?
Achtelbuscher: Nein, aber Hollywood injiziert so etwas subtil, ohne sich aufzudrängen, mit einem Zeithorizont von Jahrzehnten. Im Bemühen, an der WM teilzunehmen, sich aber von jeder Schuld freizuwaschen, an der WM teilzunehmen, wollten die Verbände ihren jeweiligen Medien im Land samt der zumeist öffentlich-rechtlichen Hauptfinanziers der Übertragungen etwas in die Hand geben, auf dem sich herumkauen lässt. Ja, wir sind dabei, ja, wir unterstützen damit Machthaber, Diktatoren, Menschenschinder. Aber: Wir haben ein Zeichen gesetzt. Das war die Strategie, die auch auch anknüpft an die Corona-Medienrevolution, die uns weggeführt hat von der reinen Sachberichterstatung, hin zu einer Widerspiegelung von Erziehungsinhalten und -idealen.
PPQ.li: Das ist schließlich aber misslungen. Warum denn?
Achtelbuscher:
Darüber lässt sich nur spekulieren. Mag es der katarische Emir Tamim bin Hamad Al Thani gewesen sein, der immerhin drei Frauen hat und sich nichts von der Beschränkung auf ,eine Liebe' erzählen lassen wollte, weil er sie alle drei liebt und seine 13 Kinder dazu. Waren es die mächtigen Blutprinzen aus Saudi-Arabien mit ihrer langen Haremstradition? Oder ist es ein Konsens der vielen Teilnehmer aus den Entwicklungsländern gewesen, die das Konzept der Einehe seit jeher skeptisch sehen, soweit sie nicht vom Katholizismus römischer Prägung bis heute mental kolonialisiert sind? Wir wissen es Stand heute einfach noch nicht. Klar aber scheint auf jeden Fall, dass "One love", diese Parole aus der Steinzeit der Liebe, mit dem Bekenntnis der DFB-Vertreter, dass man die Binde nicht tragen, aber dennoch an seinen "Werten" festhalten werde, erledigt ist. Nun setzen sich ja die ersten ab, die trotzdem Moralweltmeister bleiben wollen. So verlieren alle und das finde ich nur gerecht.
OT, schon wieder etwas Lustiges zum Lachen auf PIPI (in einem Kommentar):
AntwortenLöschenHans R. Brecher 23. November 2022 at 02:14
Ex-Daimler-Ingenieur schlägt Alarm: Zehntausende Auto-Jobs in Gefahr | Die Richtigen Fragen
Und von gestern noch etwas, zum Brüllen komisch:
AntwortenLöschenBereits über 10.000 Unterzeichner bei JF-Petition „Asylkrise stoppen“
22. November 2022
70
Die JUNGE FREIHEIT hat am Montag eine Petition „Asylkrise stoppen, illegale Migration beenden“ gestartet.
Jetzt kann es nur noch besser werden ...
Die "one-love-Armbinde" ist sozusagen eine Art bunt gewordenes FDJ-Hemd. Das FDJ-Blau signalisierte gleichsam den Anspruch auf Alleinbesitz der einzigen allgültigen Wahrheit, übersteigertes Moralaposteltum und einen gehörigen Dachschaden, bei dem, der dieses Kleidungsstück freiwillig trug.
AntwortenLöschenSollen doch die Funktionäre, die trotz aller Moralbekundungen wieder zahlreich am Ort des Geschehens anwesend sein werden, sich mit Regenbogendevotionalien aller Art schmücken. Der Deutsche an sich kennt sich mit dem Tragen von Armbinden ja bestens aus.
Die "armen" Kicker sollte man damit in Ruhe lassen. Die sollen Fußball spielen und nicht den Symbolträger markieren.
Hab noch nicht rausgekriegt, was das 'one love' eigentlich heißen soll. Nur eine Liebe? Nur zwischen Heteros oder was? Das ist voll schwulenfeindlich.
AntwortenLöschenOT von manchen Sachen hat Fefe Ahnung. Darum denkt er, er hat von allem Ahnung. Machmal aber nichtmal das.
Fefe:
Sam Bankman-Fried reportedly owns a $100 million stake in Elon Musk's Twitter
Lange war ich nicht mehr so überrascht wie jetzt!
Das heißt, SBF hat seine öffentlichen Aktien, die er mit seinem Schneeballgeld irgendwann gekauft hat, in Musks Aktienpool übergeben. Mehr nicht.
liebe ist alles, wie der rosenstolz singt. also auch hass
AntwortenLöschenNeuer und Konsorten sind Märtyrer, die für Deutschland geschlagen werden. Nun kommt es allerdings noch schlimmer. Die Heimatfront bröckelt.
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DFB
Die Märtyrerposen der Nationalspieler richten Schaden an
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Der Süddeutsche Beobachter jede Menge Eintrittsgeld für diese banale Erkenntnis abzocken.
Keine Binde, keine Punkte, DFB ...
AntwortenLöschenUnsere Haltungshelden haben für ihre albernen Mätzchen die verdiente Quittung erhalten. Es gibt also doch noch so etwas wie Gerechtigkeit.
AntwortenLöschenWer Freiheit will, muss ehrlich hassen, jetweden, dem die Knechtschaft recht. Drum müssen wir die Lehre lassen, die Hass verpönt - als schlimm und schlecht.
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