Gernot Ölschläger (l.) von der Allerletzten Generation klebte sich in Berlin an zwei Klimakindern fest, die eine Straße blockierten. |
Er konnte es einfach nicht mehr ertragen, wie mit den engagierten jungen Leuten von der "Letzten Generation" umgegangen wurde. "Da war so viel Hetze, so viel Hass, gerade nach dem bedauerlichen Unfall in Berlin, der gar nichts mit dem Klimawandel zu tun hatte", erklärt Gernot Ölschläger die Motivation, die ihn zu einer Aktion veranlasst hatte, die es so noch nie gab. Ölschläger, Familienvater, Dieselfahrer, Berufspendler, nutzte ein der sogenannten Klebeaktionen der radikalen Umweltschützer, um sich selbst an gleich zwei der Aktivisten der Letzten Generation anzukleben.
Dieselfahrer will ein Zeichen setzen
Ich wollte damit ein Zeichen setzen, das nicht übersehen werden kann", sagt der 44-jährige gebürtige Nordsachse, der "mehrere Wochen" über einen Weg nachgedacht hatte, "wie ich diesen verängstigten jungen Menschen mein Mitgefühl am besten ausdrücken kann". Die Lösung sei ihm beim Laubblasen vor dem Einfamilienhaus am Rande seiner Heimatstadt gekommen, berichtet der gelernte Monteur für Kühlanlagen, der zur Zeit viel auf Montage in Niedersachsen ist. Nachdem er zuvor überlegt hatte, ob er vielleicht "Kartoffelbrei auf einen überdüngten Acker schmeißen" oder besser "Tomatensuppe in ein Tiergehege im Zoo schütten" solle, habe ihn bei der Suche nach einem Verlängerungskabel in der Garage relativ spontan die Idee überfallen, "einfach mitzumachen und der wichtigen Bewegung so den Rücken zu stärken".
Extra für seine Aktion nahm sich Gernot Ölschläger zwei Tage frei, "ich wusste ja nicht, wie lange man nach einer Festnahme im Polizeigewahrsam sitzt", und fuhr nach Berlin, Zentrum nicht nur das globalen Klimawandels, sondern zum Glück auch des beherzten Kampfes gegen die Folgen des viel zu zahl betriebenen Kampfes gegen den deutschen Kohlendioxidausstoß. In einem Netto-Supermarkt habe er sich vorher vier Tübchen Sekundenkleber gekauft, nach Angaben, die er im Internet gefunden hatte, ausreichend für zwei festgeklebte Handflächen. Über einen Twitteraccount der Letzten Generation habe er den Ort erfahren, an dem die nächste Straßenblockade stattfinden sollte. "Und da bin ich einfach hin."
Unangekündigt in die Blockade geklebt
Mit verwunderten Gesichtern bei den Aktivisten, wenn sich ein erwachsener Mann wie er unangekündigt in ihre Blockade einreihe, habe er durchaus gerechnet. "Ich dachte mir schon, dass die sich alle kennen und mich nicht." Dass es aber lautstarke Proteste gab, als er sich zwischen zwei bereits festgeleimte Klimakämpfer mitten in den Klimaschutzlinie setzte, seine Handflächen flink mit Pattex auf Cyanacrylat-Basis bestrich und seine Nebenmenschen rechts und links fest am Handgelenk ergriff, verwunderte Ölschläger denn doch. "Ich fühle mich in dem Augenblick sehr abgelehnt, ausgegrenzt und kein bisschen mitgenommen."
Die Erfahrungen eines arbeitsreichen Arbeitslebens und vieler Jahre, die Gernot Ölschläger nebenberuflich nicht nur dem Bau seines Hauses, sondern auch der Erziehung seiner drei Kinder widmete, halfen in dieser von ihm als "kalt" und "auch etwas unfreundlich" beschriebenen Situation. "Mir war ja klar, dass wir nun zusammengehören und es kein Entkommen gibt." Fragen, was das solle, seien dann natürlich gekommen. "Dann habe ich mich auch schnell geoutet als Gründer der Dieselfahrerökogruppe Die Allerletzte Generation (DAG), der nicht verstehen kann, wie die Medien trotz eines entlastenden internen Papiers der Feuerwehr so darauf herumhacken können, dass die Klimablockade der Letzten Generation Einfluss auf den Unfalltod dieser armen Radfahrerin gehabt haben soll."
Der Letzte seiner Art
Ihm als Vielfahrer sei schnell klar gewesen, das dass das Spezialfahrzeug, das im durch die Proteste verursachten Stau steckte, gar nicht gebraucht worden hätte müssen. "Den Verdacht in den Raum zu stellen, dass das eine etwas mit dem anderen zu tun haben könnte, ist empörend." sehr oft habe er schon erlebt, dass bei Unfällen Staus entstanden seien, auch ohne wichtige und richtige Klimablockaden. "Auf der Straße ist das Alltag", sagt Ölschläger, der im Jahr in der Regel mehr als 30.000 pendelt, um spezielle Kühlanlagen zu monitoren und zu reparieren. "Nie ruft da jemand nach härteren Strafen."
Immer noch beeindruckt berichtet Ölschläger vom ungewöhnlichen Gefühl, über die dünne, anfangs etwas warme und schon wenig später entfeste Pattex-Schicht "wie als siamesischer Zwilling" mit seinen Nebenmenschen verbunden gewesen zu sein. "Ich empfand es fast ein wenig als berauschend", schildert er und führt das nur zu einem geringen Teil auf die Ausgasung des Cyanacrylats während der Trockungsphase des Klebers zurück. "Der Großteil des Effekts entsteht aber wohl im Kopf, wenn einem die enge Bindung klar wird, die man mit Menschen eingegangen ist, die das Gleiche fühlen wie man selbst." Als Dieselfahrer wisse er zum Beispiel schon länger sehr genau, wie sich die Dinosaurier vor Millionen Jahren gefühlt haben müssen. "Das eigene Ende vor Augen und unfähig, es abwenden zu können."
Murrende Nebenleute
Während sich die Autos vor ihm und seinen Mitstreitern langsam gestaut hätten, habe er sich als Teil eines großen Ganzen empfunden. Auf das Murren seiner Nebenleute, die seine Motivation "leider nicht nachvollziehen" hätten wollen, habe er nach einem relativ kurzen Erklärungsversuch nicht mehr gehört. "Ich habe die Vorwürfe der ,Letzten Generation' scharf zurückgewiesen, dass ich nur Aufmerksamkeit erregen wolle." Keine Sekunde sei das sein Beweggrund gewesen, auch nicht, als später einige Berliner Lokalreporter mitbekommen hätten, dass er kein integraler Bestandteil der Klimaschutzblockade sei. Gernot Ölschläger glaubte da noch, das seine Position auf Verständnis rechnen dürfe. "Aber dass sich dann ein ganzes Mediensystem gegen mich wenden würde, damit habe ich nicht gerechnet", sagt er und kritisiert die Medien scharf.
Nur weil er Diesel fahre, bewusst, denn "wer weit fährt, verbrennt mit einem Diesel weniger Öl", Familie habe, Kinder und eine Haus, das er immer noch abbezahle, heiße das doch nicht, "dass ich ein schlechter Mensch bin". Er handele aus Liebe zum Leben, also aus Liebe zum Klima. "Wie kann jemand glauben, dass in einer Zukunft, in der wir Schwierigkeiten haben werden, Nahrung für alle zu finden, zu verurteilen ist, wer sich an Klimaklebern festklebt?"
Dies "Welle der Vorwürfe, Unwahrheiten und Hetze" gegen ihn, die ihm glatt die Berechtigung abspreche, sich an anderen festzukleben, um sich deutlich zu solidarisieren, könne er nur damit kontern, "dass damit demokratischer Protest in einer Krisensituation delegitimiert“ werden solle. Seiner Frau habe er vor seiner Aktion absichtlich nicht gesagt, was er plane, "die hätte mir ja die Hölle heiß gemacht". Bei Lichte besehen aber fühle er sich nun vor allem missverstanden. "Man unterstellt mir unlautere Motive, man nennt uns von der Allerletzten Generation Klimasünder und unterstellt uns, keinen Sinn für die Bedrohlichkeit der Lage zu haben."
Für eine Welt ohne Pendler
Gernot Ölschläger verweist auf seine Kinder, denen er "am allerliebsten eine Welt ohne Pendler" hinterlassen wolle. Deshalb sei es für ihn "an der Zeit, eine Grenze zu ziehen". Er werde sich von öffentlicher Hetze nicht davon abbringen lassen, "das einzig moralisch Richtige zu tun: In einer alles entscheidenden Krise nicht zu verharren, sondern loszukleben." Auf das Einverständnis der Klimakleber lege er nun gar keinen Wert mehr, ebenso wenig auf das der Aktivist:innen bei den Medien. "Das größte Risiko für die Menschheit ist doch, den Alltag einfach weiterzumachen. Größte Gefahr ist hinzunehmen, dass die Regierung nicht mal einfachste Sicherheitsmaßnahmen ergreift", glaubt er.
So lange Sekundenkleber nicht verboten sei oder zumindest Klebeverbotszonen ausgewiesen würden, werde er an seinem Plan festhalten, mit gutem Beispiel voranzugehen. "Ich träume ja davon, dass sich meinem Beispiel viele Dieselfahrer anschließen, auch Benziner sind eingeladen, mitzukleben." Letzte und Allerletzte Generation dürften sich nicht durch Heuchelei, Lüge und Hetze entzweien lassen. "Wir leben zusammen und wir kleben schon allein dadurch zusammen."
Bösarschbernd hat jetzt Atomkraftkleber ausm Kombinat mitgenommen - also das zeug was es auch nicht auf Rezept oder so gibt .
AntwortenLöschenmal gucken was der Klebebursche sagt wenn er tatsächlich mit der Straße verheiratet wird
Auf welt.de wurde in einem Lesekommentar der Pranger für die Klebekinder gefordert. Habe ich nicht verstanden, denn festgeklebt auf einem öffentlich zugänglichen Platz - wieviel mehr Pranger geht denn da noch? Die Frage ist eher, ob man die Dose erst öffnet, bevor man den Blagen die Tomatensuppe kredenzt.
AntwortenLöschenBernds Atomkraftkleber wird nicht reichen.
AntwortenLöschenJana weiß die Lösung.
https://www.youtube.com/watch?v=j_5LN9ZzdRE