Vom Menschen missbraucht und zur Strecke gebracht: Die Ratte muss immer wieder als Vergleichstier herhalten. |
Es war wirklich einmal ein richtig treffender Kommentar aus dem ARD-Studio Los Angeles. Die Forderung eines Tagesschau-Kommentäters, "rassistische oder
verschwörerisches Ratten", die in den Stunden nach der Machtübernahme von Elon Musk bei Twitter "aus ihren Löchern" zu kriechen drohten, mit der ganzen Entschlossenheit noch festzulegender "Regeln" in ihre "Löcher zurückzugeprügeln", triggerte "genau die scheinheiligen Verteidiger der Meinungsfreiheit, die selbige nur für ihre eigene
Meinung gelten lassen".
Getroffene Hunde bellten überall. Endlich zeigte sich einmal deutlich, wer überempfindlich auf Nazisprüche reagiert, nur weil es ihm in seine geheime Agenda der von langer Hand geplanten verfassungsschutzrelevanten Delegitimierung des Staates und seiner Rundfunkorgane passt.
Sie machten alle mit. Der Mann von der Bild, der tote Russen als "Dünger" beklatscht. Der Schwefelparteipolitiker, der nach Konsequenzen verlangt. Der Leitende Redakteur des teilstaatlichen Newsportals T-Online, der anmerkt, dass das eine geht, wenn das andere nicht beklagt wird. Die "Welt"-Schreiberin, die mit der umstrittenen Ausrichtung ihres Blattes kein Problem hat, mit einem kleinen sprachlichen Ausrutscher der Tagesschau-Konkurrenz aber schon.
Und mehr war es doch in Wirklichkeit nicht, dieses kunstvolle Sprachbild der "Ratten auf dem
Marktplatz", die mit ihren Nagezähnen, den Pestbazillen im Pelz und den in ihren Köpfen versteckten ungeheuerlichen Gedanken alles bedrohen, was die Ampelparteien und die Union gemeinsam mit der Linkspartei in den zurückliegenden zehn, 20 Jahren mit so viel Mühe und gegen viele Widerstände aufgebaut haben. Die Energiewände, die offenen Grenzen, der Fachkräftemangel, die Zurücknahme der Gasumlage und des Atomausstieges, dazu die Waffenlieferungen in viele Kriegs- und Krisengebiete - schon vor der letzten Zeitenwende ist kaum ein Stein auf dem anderen geblieben, aus denen das Fundament der Bundesrepublik einst gebaut worden war.
Fanatische Feinde der FDGO
Nun auch noch die höheren Renten, die vielfältigen und lukrativen Entlastungszahlungen, die kalte Progression und das Angebot, ab jetzt lange und ausführlich über eine grundlegende Reform von ARD und ZDF zu reden! Alle Zeichen stehen auf Dialog, nur aber eben nicht mit denen, die gar nicht reden wollen, mit niemandem und über nichts. Nur schreien können sie, fanatische Feinde der FDGO, die ihre Basis vor allem in den vielen kleinen Städten finden, die kaum jemals von Kameraleuchten des öffentlich-rechtlichen Fernsehens gründlich ausgeleuchtet werden.
Es ist in der Tat verlogen, hier einen Rattenvergleich zu benutzen. Schaut man in die Gesichter
"Visagen" (Konkret) dieser Hutbürger, zeigt sich schnell, wie nötig eine auch sprachlich klare Kante ist, Und wie verfehlt der Versuch, vielgestaltige, schlauen, lernfreudige und anschmiegsame Tiere aus der Gruppe der Altweltmäuse in Haftung zu nehmen für die Verderbtheit und Verdorbenheit eines Teils der deutschen Wohnbevölkerung, dem es nur darum geht, Gräben aufzureißen, Spaltungen zu vertiefen und dem Land nach Kräften zu schaden.
Einwanderer wie wir
Wie anders sind Ratten gepolt. Sie wittern Gefahren für ihr Gemeinwesen, fliehen aber auch um das Risiko, selbst Schaden zu nehmen, nicht einfach so schnell es geht, sondern erst, nachdem sie die Ihren unüberhörbar gewarnt haben. Die Hausratte ist zudem ein Einwanderer wie wir, mit Wurzeln in Asien, sie hat sich hier längst integriert, unauffällig, ohne Ansprüche zu stellen, fleißig und beharrlich, genügsam und neuerdings selbst bedroht: Ihr weitläufiger Verwandter, die Wanderratte Rattus norvegicus, reiste aus Russland ein, gilt als durchsetzungsstärker und besitzergreifender und verdrängt damit die alteingesessene und genetisch müde deutsche Hausratte eher schnell als langsam.
Doch auch diese Rattenart verdient es nicht, als Muster für einen diffamierend gemeinten Tiervergleich herhalten zu müssen, nur weil Hitler, Goebbels und Heydrich sie im Zuge ihrer Öffentlichkeitsarbeit mit Hilfe von Krankheits- und Ungeziefermetaphern erfolgreich einsetzten. 80 Jahre nach Joseph Goebbels, der nicht nur Ratten, sondern auch "Schmeißfliegen" nutzte, um Ekel und Abscheu vor Menschen bestimmter Gruppen zu schüren, müsste die altehrwürdige Tradition im öffentlichen Diskurs, den politischen Gegner mit Ungeziefer aller Art zu vergleichen, eigentlich ein Stück weiter sein.
Zwischen Heuschrecke und Ziegenficker
Aber Fehlanzeige. Seit der damalige SPD-Chef Franz Müntefering internationale Finanzinvestoren als "Heuschrecken" vertierte und der ehemalige Bundeskanzler Helmut Kohl Medienarbeiter als "Hunde" bezeichnete, die "bellen", nahm der Tiervergleich, der eigentlich eine Tier-Gleichsetzung ist, einen unaufhaltsamen Aufschwung. Vom "Ziegenficker" des Jan Böhmermann bis zum "Rattenfänger" des Bundespräsidenten wurde zwar immer wieder versucht, die Rollenzuschreibung dem Betrachter zu überlassen, um sich selbst zu entlasten. Eine Ächtung aber, wie sie die Tierschutzorganisation Peta fordert, erfolgte nie, nicht einmal ein Rattenverbot für soziale Netzwerke brachte die - durch einschlägige Vorfälle gewarnte! - Politik zustande, nicht als gemeinsames Zeichen mit der gesamten EU. Aber auch nicht als nationaler Alleingang.
Die Folge sind unübersehbar. Die erfolgreich entlastende Ampel muss sich als "Schnecke" verächtlich machen lassen. Polizeibeamte, die nach allen "Regeln" (Nils Dampz) des Rechtsstaates für die Wahrung der Rechtsordnung einstehen, müssen es sich gefallen lassen, als "Bullen" oder sogar "Schweine" bezeichnet zu werden. Der "Hund" ist überaus gebräuchlich. Der "Affe" ebenso. Die blöde Sau. Die dämliche Kuh. Und die "miese Ratte".
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Dabei ist die Anthropozentrik des Menschen ist eine ganz andere als die der Ratte, der Kuh oder des Schweins, der Schnecke sowieso und der Schlange auch. ein klares Zeichen dafür, dass der Tiervergleich auf den Schutthaufen der Geschichte gehört. Er ist in aller Regel unangebracht, unzulässig und für die betroffenen Mitgeschöpfe unangenehm.
Es ist interessant, was dieser Tage im besten Deutschland aller Zeit passiert: Die einen entdecken die Sprache des Dritten Reichs wider, die anderen glauben endlich die Gelegenheit zu haben, für Opa und Vaterland den zweiten Weltkrieg nachträglich gewinnen zu können (zumindest im Osten).
AntwortenLöschenDarf man eigentlich noch sagen, dass Frau Prantl zwei tolle Hupen hat oder verletzt das vielleicht Mitarbeiter*innen*x in der Autozulieferindustrie?
AntwortenLöschenIch frage für einen Freund.
jodel, das kannst du gar nicht wissen. sie bedeckt sich doch züchtig (hausregel!)
AntwortenLöschenMan kann es aber ahnen. Das ist fast besser als wissen.
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