Samstag, 22. Oktober 2022

Spitzenreiter der Infektionshitparade: Corona-Weltmeister Deutschland

Deutschland gilt im dritten Corona-Jahr als Reservat , in dem sich das Virus noch halten kann.

Ganz allein steht das Land da oben, ganz vorn und alle anderen weit abgeschlagen. Mit nur 84 Millionen Einwohnern liefert Deutschland im dritten Corona-Herbst beinahe so viele Infektionen wie die USA und Frankreich zusammen, die es gemeinsam auf fast 400 Millionen Bürger bringen. Es hat mehr Ansteckungen zu melden als Japan und Italien, obwohl in diesen beiden Ländern 100 Millionen Menschen mehr leben. Es hat bei fünfmal so vielen insgesamt seit 2020 Infizierten mehr als zehnmal so viele Todesopfer zu beklagen wie Taiwan. Und schafft es im Augenblick, mit nur einem einzigen Prozent der Weltbevölkerung fast sieben Prozent der Toten an und mit Corona zu liefern.

Deutschland ist Weltmeister

Corona-Weltmeister! Unangefochten und nun schon seit Monaten stabil Spitzenreiter der globalen Infektionshitparade. Was aber macht das Land der Dichter, Denker und Energiesparenden richtig? Wie segensreich ist der Einfluss, den der alte und wie wichtig die Arbeit des neuen Bundesgesundheitsministers? Es fehlt weitgehend an Analyse, es fehlt an tiefgründigen Betrachtungen, Essays, Talkshowrunden zum Thema. Medial ist Corona irgendwann kurz nach dem russischen Angriff auf die Ukraine sanft entschlafen, verstorben an oder mit Krieg. Eine Obduktion steht aus. Karl Lauterbach regiert seitdem nur noch sein eigenes Reich aus Untergangsfantasien und Impfkampagnen. Nicht einmal die Frage, wie viele ungeimpfte Pflegefachkräfte nun wegen ihrer Verweigerung der Bundesimpfpflicht mit Applaus aus dem Amt verabschiedet wurde, wird mehr behandelt.

Irgendwas ist immer und Pandemie ist es nicht. Das letzte Aufflackern gab es am "Lagerfeuer der Vernünftigen", als eine "hochkarätige Delegation" deutscher Moralisten im August maskenfrei, aber regelgerecht zumindest nach den selbstausgedachten Vorschriften in einem Flieger nach Amerika saß, um dort klimaschädliches Fracking-Gas aus brennenden Wasserhähnen für die deutsche Energiekrise zu erflehen. 

Der Kanzler nutzte wenig später seine Richtlinienkompetenz, um den verdeckten Streit zwischen Klimaminister und feministischer Außenamtsleiterin mit einem Machtwort zu entscheiden: Wie in Flugzeugen, in denen Annalena Baerbock sitzt, gelten seitdem auch in denen,  in denen Robert Habeck zu den Despoten, Alleinherrschern und Diktatoren fliegt, die Maskenpflicht. Nur in Zügen nicht, in denen der Bundespräsident auf "Verständnis" (SZ) hofft.

Turbine statt Virus

Joe Biden hat die Pandemie für beendet erklärt, Deutschland die Diskussion, was nun mit der Turbine für Nord Stream I werden soll, die die Bundeswehr wegen der Sanktionen eigentlich aus Mühlheim am Rhein über Finnland nach Russland schmuggeln sollte. Dann aber kam es zu jenem verhängnisvollen Foto, das behauptet und weit verbreitet wurde. Der geheime Plan platzte. Die Strategie, "für den Winter vorzubauen" (SZ), sie scheiterten wie alle "Vorbereitungen auf den drohenden Gasmangel", mit denen Olaf Scholz eigener Aussage zufolge "früh - nämlich schon vor dem Überfall auf die Ukraine" begonnen hatte.

Der Gasmangel, die Energiearmut, der Wertverfall des Euro, sie absorbieren alle Angstgefühle, die die Deutschen kurz vor dem dritten Geburtstag der "schlimmsten Krise seit dem Zweiten Weltkrieg" (Angela Merkel) noch mobilisieren können. Karl Lauterbach, vor einem Jahr noch ein Medienstar, dessen Wort "als Arzt" (Lauterbach) Wissenschaftler zum Verstummen brachte, findet kaum noch statt. Er sitzt in keiner Talkshow mehr. Was er plappert, wird nicht ernstgenommen. Und wo er auftaucht, umgeben von handverlesenen Kranken, schlägt ihm nicht Hass, sondern Mitleid entgegen.

Das neue Normal

Es soll Menschen gegeben haben, Sachsen selbstverständlich, wenn auch Zugezogene, die den früheren CDU-Mann hatten entführen wollen. Selten ist in der Weltgeschichte eine sinnlosere, eine zweckfreiere Tat geplant worden. Auch mit Lauterbach ist aus der Krise das "neue Normal" geworden, das Scholz im April 2020 versprochen hatte. Corona kein Thema mehr, Deutschland aber Rückzugsgebiet für das Virus, dessen aktuelle besorgniserregende Variante erstaunlicherweise immer noch "Omikron" heißt wie seit elf Monaten schon. 

Da tut sich wenig, da mutiert nichts, obwohl doch Karl Lauterbach nie müde geworden war, vor neuen,  immer teuflischer wirkenden Weiterentwicklungen des Erregers zu warnen. Es beobachtet auch niemand mehr, trotz sogenannter Inzidenzzahlen, die zehnmal höher sind als die, die im März 2020 noch dafür gesorgt hatten, dass das öffentliche Leben weitgehend eingefroren wurde. Das neue Normal ist damit auch eine deutsche Spezialität: Das Dunkle droht wie nirgendwo sonst, es wird zugleich rigoros ignoriert und - etwa in Gestalt der neuen "Impfkampagne" - pflichtgemäß exerziert. 

Mit dem Ego-Motto auf Angstfang

Dabei versucht der offenbar verzweifelte und vom Virus enttäuschte Gesundheitsminister mit seinen Werbern an die niedrigsten Gefühle der Bürgerinnen und Bürgern zu appellieren: Das Ego-Motto "Ich schütze mich" verrät den Geist des "You'll never walk alone" des Kanzlers, es stößt die europäischen Partner*innen vor den gemeinsamen Kopf und bedient längst obsolet gewordene neoliberale Reflexe. Hilf Dir selbst, dann hilft Dir Gott, ein Westerwelle-Spruch, der wieder hoffähig gemacht wird. Sollen die anderen doch sterben für Deutschlands Ruf als am schlimmsten betroffenes Gebiet.

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