Bis zu 380 Meter hoch, aus matt lackiertem lichtdichtem Verbundglas und mit schmalen Sichtschlitzen in Schießschartenform, die an die harten Zeiten des Kalten Krieges und der Deutschen Teilung erinnern sollen: Städte wie Jena, Halle, Frankfurt an der Oder, Bautzen, Neubrandenburg und Magdeburg ringen derzeit um den Zuschlag für den geplanten Bau des neuen Bundeseinheitszentrums. Hinter den Kulissen geht es heiß her, das Renommierprojekt gilt als so prestigeträchtig, dass sich die bis heute unter teilungsbedingten Spätfolgen leidende Bewerberstädte quasi eine Neugründung vom Bau versprechen. Tausende hochbezahlter Beamtenstellen sollen im umgangssprachlich auch "Einheitstower" genannten Großkomplex entstehen, dazu Jobs bei Lieferdiensten, in Hotels ringsherum und selbst ehemalige Braunkohlekumpel könnten als Hausmeister und Reinigungskräfte beschäftigt werden.
Ein symbolträchtiger Neubau
Der epochale Neubau entspringt noch Plänen der gescheiterten Vorgängerregierung, gilt jedoch als politisch so symbolkräftig, dass die Ampel-Koalition unverändert daran festhält. Im Rahmen der Bundesbehördenansiedlungsoffensive sollen bis zum Jahr 2042 nicht nur neue Bundesämter, Behörden, Bundesverwaltungseinrichtungen und Bundesnetzagenturen in ganz Ostdeutschland angesiedelt und zu einem sogenannten Bundesbehördendschungel kombiniert, sondern ergänzend auch eine Vielzahl von Bildungs- und Erziehungsanstalten neu geschaffen werden.
Der Einheitstower als Wissenschafts- und Begegnungszentrum, in dem Teilung und Mauerfall von führenden Wissenschaftlern aus Westdeutschland, der EU und der ganzen Welt erforscht werden und Ost und West einander unbefangen begegnen können, gilt als zentraler Baustein der geplanten Erinnerungskathedrale. Hier sollen die Erfahrung der Ostdeutschen mit Wandel und Umbrüchen zu einem wahren Monument aus Stein werden, das als "Zukunftszentrum Deutsche Einheit und Europäische Transformation" nach seiner Fertigstellung Jahr für Jahr Millionen Besucherinnen und Besucher aus der ganzen Welt anzulocken verspricht.
Regeln lernen
Sie werden kommen, um sich im sogenannten "Leuchtturm der Leere" vertraut zu machen mit den "Leistungen der Menschen in Ostdeutschland in den tiefgreifenden Umbrüchen nach der Wiedervereinigung", ist Carsten Schneider sicher. Der Ostbeauftragte der Ampel-Regierung ist selbst ostdeutsch, er war 14 Jahre alt, als ihm das Land seiner Geburt abhanden kam und er versuchen musste, sich in einer Welt durchzusetzen, deren Regeln er erst lernen musste.
Carsten Schneider hat seinen persönlichen Transformationsprozess geschmeidig gemeistert. Heute gilt der smarte Sozialdemokrat als Brückenbauer nicht nur zwischen alten und jungen Ländern, sondern auch nach Mittel- und Osteuropa. "Das ist mir persönlich ein wichtiges Anliegen", sagt er selbst. Künftig könnten gerade aus den früheren Ostblockstaaten viele verunsicherte und mit den neuen Verhältnissen noch hadernde Menschen in den Einheitstower pilgern, um sich von den didaktischen Angeboten und bildenden Ausstellungen ermutigen, belehren und aufmuntern zu lassen.
Aufmuntern und belehren
Dass das Zukunftszentrum von vornherein nach Ostdeutschland vergeben werden sollte, erscheint nur auf den ersten Blick wie ein Symbol der anhaltenden Spaltung. In Wirklichkeit handelt es sich um eine steingewordene Abfindung für millionenfach erlittenes Unrecht bei Rente, Vermögensbildung und frühkindlicher Demokratiebildung. Die frühere Merkel-Regierung zielte mit der Vorgabe einer Vergabe in die entleerten ostdeutschen Regionen darauf, ausgeblutete, weitgehend verlassene Oststädte wie Frankfurt an der Oder, Jena, Eisenach und Mühlhausen zu ermutigen, sich zu bewerben. Wären Westbewerber zugelassen gewesen, munkelte man seinerzeit im politischen Berlin, hätte das die Ossis wegen geringer Erfolgsaussichten nur abgeschreckt.
Die Ampelparteien SPD, Grüne und FDP nahmen den Plan nahezu unverändert in ihren Koalitionsvertrag auf, um die Jury für die Standortauswahl schnell ernennen zu können und bei der Haushaltsplanung nicht von den steigenden Planungs- und Baupreisen überholt zu werden. Das Bundesauswahlverfahren im Rahmen der Behördenansiedlungsinitiative soll noch in diesem Jahr abgeschlossen werden, der Bau könnte dann je nach Verfügbarkeit von Material, Fachkräften und Lieferketten vor allem für moderne Dämmstoffe bereits Ende 2025 beginnen.
Ein Million Besuchende
Nach der für 2028 geplanten Fertigstellung könnten dann parallel zur finalen Phase des Energieausstieges im Osten Forschungsarbeiten zu den Umbrüchen nach der Vereinigung starten und die ersten Ausstellungen beginnen, die die herausragenden Leistungen der Ostdeutschen in den - dann - zurückliegenden beinahe 50 Jahren seit dem Mauerfall als die Heldentaten würdigen, die sie stets gewesen sind. Expertinnen und Experten rechnen nach der Fertigstellung Jahr für Jahr mit einer Million Besuchenden und Besuchthabenden im Einheitstower - die Siegerstadt samt der sie umgebenden Region würde damit auf einen Schlag zu einem der größten Besuchermagneten in Deutschland.
sieht aus wie ne Stasizentrale
AntwortenLöschenAnonym schrieb…
AntwortenLöschensieht aus wie ne Stasizentrale
Genau das habe ich mir auch gedacht.
https://www.bundesregierung.de/breg-de/themen/deutsche-einheit/zukunftszentrum-einheit-2059090
AntwortenLöschenNach vorne schauen, sprechen.
Das Zentrum soll ein Ort sein, an dem nach vorn geschaut wird, an dem darüber gesprochen wird, wie wir miteinander leben wollen angesichts der Herausforderungen, vor denen wir stehen: Im Umgang mit den vor uns liegenden Transformationsprozessen gerade auch in Ostdeutschland. Bei Energiethemen, der Demografie, beim Umgang mit Digitalisierung und anderen Innovationsprozessen, können wir viel voneinander lernen.
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Damit soll das Zukunftszentrum einen wichtigen Beitrag zur Stärkung der Demokratie und des Zusammenhalts in Deutschland und in Europa leisten.
Sieger im Bullshitbingo. Man kann sich dem Propheten Hadmut dem Danisch anschließen und sagen und hoffen, dass das Geld vorher alle sein wird.