Sonntag, 14. August 2022

Nationale Depression: Staatsschiff auf Untergangskurs

Erst die Finanzkrise, dann die Überforderung durch den "Zustrom" (Angela Merkel), dann aber die schönen Jahre der Rettungszeit, als es schien, dass die Ära eines immerwährenden Paradieses angebrochen war. Kleinkriege nur störten die Idylle, weniger echter Ärger als Gezänk, alles nur zur Unterhaltung gemacht und kein Grund zur Beunruhigung. Mit der Corona-Pandemie erst schimmerte eine Bedrohung auf, die zeigte, wie nah am Abgrund die moderne globale Gesellschaft gebaut ist. Der Schock des russischen Einmarsches in der Ukraine, vorgenommen mit unzureichenden Kräften und deshalb kein kurzer Schlag, sondern der Beginn eines langen Leidens, führte dann direkt an die Kante.  

Furcht vor dem Zusammenbruch

Aus der Seuchenangst wurde die Kriegsangst, die aber verwandelte sich in Windeseile in eine akute Furcht vor dem Zusammenbruch der Wirtschaft, vor gesellschaftlichen Brüchen und vor einem vollständigen Wohlstandsverlust, als deutlich wurde, wie sehr ein Industrie- und Exportland wie Deutschland auf Importe von Rohstoffen und Energieträgern angewiesen ist.  Der Plan, einfach mit Wollen zu heizen, wenn das Gas ausgeht, war eben keiner. Und das sorgt nun dafür, dass jede Nachrichten- und Ratgebersendung, jede Boulevardbeitrag und jede Nummer eines Druckerzeugnisses mit Spartipps hausieren geht. 

Die aus dem sächsischen Bitterfeld stammende Gebärdendolmetscherin Frauke Hahnwech beobachtet die gesellschaftlichen Erosionsprozesse bereits seit Jahren, sie führt Protokoll darüber, wie die Zuversicht schwindet und ganze Familienverbände die Hoffnung aufgeben, ihre Kinder und Enkel könnten es einmal besser haben. Hahnwech, die in Lyon und Klagenfurt Körpersprache studiert hat, sieht die deutsche Gesellschaft mittlerweile in einem psychischen Ausnahmezustand, befeuert durch sich selbst verstärkende Echo-Effekte aus den Medien. "Angst ist für Medien wie Blut für Raubtiere", sagt die Pathopsychologin, "sie riechen es und können dann an nichts anderes mehr denken."

Trommelfeuer aus Hiobsbotschaften

Nach dem zweijährigen Trommelfeuer aus Inzidenzzahlen und Infektionsraten, Todesopferberichten und Impfanweisungen, Abstandsanweisungen und Querdenkerverurteilung folgte nach den Aufzeichnungen von Hahnwech, die seit vielen Jahren politische Grundsatzreden aus dem Propagandistischen ins Deutsche übersetzt, eine absolute Fixierung auf militärische Themen. Taktisch und strategisch, waffentechnisch und logistisch rüsteten die bis dahin pazifistischen deutschen Zeitungshäuser und Senderverbünde auf, ehemalige Bundeswehr-Berichterstatter seien "aus ihren Kellern geholt" und greise Generale aus dem Ruhestand gerufen worden. "Viele Menschen fanden das auch noch spannend, ein Film, der weit weg lief", folgert Hahnwech.

Durch die Sanktionen, die Putin in die Knie zwingen sollten, stattdessen aber in der eigenen Wirtschaft wie ein Flächenbobardement eingeschlagen hätten, sei nun die schlagartig die Erkenntnis gereift, wie dünn das Eis schon immer wahr, auf dem Deutschland seinen Wohlstand genoss. "Den Deutschen kommen mit zunehmender Zahl und Dauer der Krisen Zuversicht und Gelassenheit abhanden", warnen nun selbst die Hohepriester des Gottvertrauens in die Rettungskraft der Regierenden. Frauke Hahnwech formuliert noch drastischer: "Das deutsche Modell der letzten 15 Jahre, Herausforderungen mit immer größeren Geldsummen zu begegnen, kommt schlagartig an sein Ende - und die Menschen spüren das." 

Leere Versprechungen gebrochen

Zu lange habe die Politik viel zu viele beruhigende Signale ausgesandt, Versprechungen gemacht und nichts davon gehalten. "Zuletzt hatte es ja geheißen, dass die CO2-Abgabe als "Klimageld"an alle Bürgerinnen und Bürger zurückgezahlt wird", schildert Hahnwech ein Beispiel, "davon ist nun nicht einmal mehr die Rede." Stattdessen werde jede Gelegenheit genutzt, neue Belastungen zu verkünden, die Folge sei das Gefühl großer Teile der Gesellschaft vor allem im Bereich der Generation der bisher noch leistungsbereiten Menschen, nach und nach um alles gebracht zu werden, was man sich mit schweiß und Fleiß und mühe erarbeitet habe. 

Frauke Hahnwech sieht in der Struktur der aktuellen Führung des Landes einen weiteren Grund für ein andauerndes Abwärtsmomentum bei der gesellschaftlichen Stimmung. "Menschen sage  mir, dass sie einen Gutteil des Personals auf den Ministerbänken als Witzfiguren empfinden." Verteidigungsminister, die von ihrem Fach weniger wissen als ein frischeinberufener Rekrut, Parteivorsitzende, die vom Balkon ihrer Wolkenpaläste Volksreden halten und eine Außenamtschefin, die weniger als Diplomatin um die Welt reist, sondern mehr als gestrenge Lehrerin - "zugleich sieht doch jeder, der Augen hat, wie der laden daheim auseinanderfliegt."

Vertrauen ist erodiert

Eine Studie des Opaschowski-Instituts für Zukunftsforschung bestätigt Hahnwechs Einschätzung. Im November 2019, also noch vor der Corona-Pandemie, war das Vertrauen der Deutschen in Stabilität und Sicherheit noch genau so, wie es sich eine Regierung wünschen konnte. Angela Merkel galt als mächtigste Frau der Welt, eine Mutti, die Deutschland mit sicherem Instinkt und großer Klugheit durch alle Krisen steuerte, die sich generell vom Ende her dachte. Eine Vorstellung,  die über Jahre von allen Medien geht verkündetet und immer wieder bestätigt worden war, ehe sie mit dem Ende der Amtszeit der Hamburgerin aus Ostdeutschland schlagartig zusammenbrach.

Nun gehe es in der Vorstellung vieler Menschen gerade aus dem Mittelstand nur noch ums Überleben. "Keiner vertraut mehr darauf, dass von irgendwoher Hilfe kommt", berichtet Hahnwech aus ihrer Praxis. Jeder konzentriere sich darauf, sich und die Seinen über die Runden zu bringen. Eine Kapitulationsgesellschaft, nennt Hahnwech das, in der sie auch nicht mit großartigen Protestkundgebungen der Bürgerinnen und Bürger gegen eine hilflose und kontraproduktive Regierungspolitik rechnet, die etwa den deutschen Erdgaspreis auf die achtfache Höhe des Gaspreises in den USA getrieben hat. "Die Stimmung ist gekippt, die Menschen verbarrikadieren sich in ihrer Nische wie in einer Burg, bereit, den Sturm vorüberziehen zu lassen."

Staatsschiff ohne Kurs

Nahezu alle hätten nun alle Hoffnungen fahren lassen, dass irgendjemand das Staatsschiff steuere, der auch eine Vorstellung vom Kurs über die Woche hinaus habe. "In einer Hinsicht ist das eine positive Entwicklung", freut sich Frauke Hahnwech. Seit Jahre habe man beklagen müssen, wie sehr die  deutsche Gesellschaft gespalten sei über Grundfragen wie die des Genderns, des Tempolimits, der Lieferung Schwererwaffen. der Flüchtlingsfrage oder zur Zulässigkeit einer Meinungsfreiheit, die bis an die Grenze der Strafbarkeit reiche. "Diese Spaltung ist nun weg", analysiert die Expertin, "über alle ideologischen Gräben hinweg und sogar unabhängig ob in Ost oder West herrscht beinahe einhellig die Überzeugung, dass das Kind im Brunnen liegt, aber keinerlei Hilfe von irgendwoher zu erwarten ist."

3 Kommentare:

  1. Der Sozialpsychologe Ulrich Wagner von der Uni Marburg empfiehlt gegen die Schwermut: aktiv sein, an Lösungen mitarbeiten – in der Krise auch die Chance sehen.

    Da ist sie wieder, Lisa Simpsons 'Krise als Chance', das Mittel gegen alles, aus der Trickfilmserie direkt ins Hirn des Eliteschwätzers.
    An Lösungen mitarbeiten darf man freilich nur bei politmedial genehmigten Parteien und Organisationen, sonst Nazi.

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  2. Richtig, das Kind liegt im Brunnen und da müssen wir jetzt durch. Das kommt davon, wenn man sich erst in einem "Deutschland, in dem wir gut und gerne leben" zurücklehnt und dann Parteien wählt, von denen man weiß, dass sie eine komplett ideologisches, aber ebenso idiotische Agenda durchziehen wollen, wobei ihnen Corona und der Krieg in der Ukraine helfen. Und wenn man sich nach einer Wahl eine Kommissionspräsidentin von der Leyen mit ebenso einer Agenda vorsetzen lässt, die zudem noch nach Fleißkärtchen aus den USA giert. Der eigentlich zu erwartende Aufschrei gegen die undemokratische Einsetzung dieser Frau blieb aus.

    Die Amerikaner werden durch Angst regiert und ich denke, hier versucht man, dasselbe zu tun. Leute, meldet die GEZ ab, kündigt eure Zeitungsabos und lebt fortan ohne Propaganda. Es kommt sowieso wie es kommt, ohne dass euch jemand erzählt, Putin sei an allem schuld oder ihr am Klimawandel. Wählt keine etablierten Parteien mehr, sonst bekommt ihr das politische Personal, das wir gerade haben. Kann es eigentlich noch schlimmer kommen? Werden die Dem's uns gleich mitregieren?

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  3. Wählt keine etablierten Parteien mehr, sonst ....

    Das tu ich seit einem Vierteljahrhundert nicht mehr, also was soll das jetzt werden, wenn es fertig ist?

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