Freitag, 8. Juli 2022

Desinformation: EU setzt auf Künstliche Intelligenz

Der Kampf währt schon Jahre, er wird mit den schärfsten Waffen geführt und mit großer Gnadenlosigkeit. Dennoch verzeichnen Bund, Länder und Europäische Kommission kaum Fortschritte bei der Ausmerzung von fake news, Falschmeldungen und  widerrechtlichen Meinungsäußerungen. Die tägliche Flut von irreführenden Nachrichten, halben Wahrheiten und geschickt designten Lüge lässt nicht nach nach, selbst der Einsatz von Faktencheckern, Meinungsfreiheitsschützern beim Bundesblogampelamt und die Wirkbetriebsaufnahme der neuen Zentralen Meldestelle für strafbare Inhalte im Internet (ZMI) ließ die Verbreitung von Desinformation über das Internet kaum abschwellen.

Langer Atem gegen Trolle

Das hat anhaltende, unerwünschte gesellschaftspolitische Konsequenzen, weil manipulative Informationskampagnen das Potenzial besitzen, die demokratische Grundordnung trotz ihrer unabhängigen Presse zu beeinträchtigen. Im journalistischen Umfeld fehlt oft der lange Atem,  entsprechend aufwendige Gegenfaktenchecks jahrelang aufrechtzuerhalten, wenn die staatliche Finanzierung fehlt. Spätestens dann obsiegt die von Trump-Spammern aus Mazedonien und St. Petersburger Putin-Trollen lancierte Informationsflut über den gesunden Menschenverstand. Selbst gemeinsam kommen Meinungsfreiheitsschutzbrigaden und die unzähligen Start Ups aus der Faktencheck-Industrie kaum gegen die Übermacht an.

Effizientere Wege zur Enttarnung von Falschnachrichten sind gefragt, gerade im Land der Dichter und Denker und Ingenieure, dass die Facharbeiter und Fachkräfte kaum erübrigen kann, die zum umfassenden Schutz der kritischen Infrastruktur vor Falschangriffen benötigt würden.  Forschungsfortschritte in der Künstlichen Intelligenz nähren nun aber die Hoffnung auf Möglichkeiten, mit automatisierter Erkennung und Verdrängung von Desinformation kleinteilige Such- und Entdeckungsarbeit sparen zu können. 

Deutschland, dessen Beitrag zum Internetzeitalter bislang in den Großprojekten D-Mail, StudiVZ und SchülerVZ bestand, macht sich mit dem Projekt "KI-unterstütztes Assistenzsystem für die Crowdsourcing-basierte Erkennung von über digitale Plattformen verbreiteter Desinformation" (Projektbeschreibung)  auf den Weg, ein globalwirksames Assistenzsystem automatisierten Desinformationserkennung aufzubauen.

Quantensprung für die globalisierte Welt

Es wäre ein Quantensprung für demokratisierte Welt und ein Triumph deutschen Forschergeistes, der weltweit Beachtung finden würde. Erstmals soll das mit einer Anschubfinanzierung von vorerst 1,3 Millionen Euro ausgestattete Assistenzsystem die Sichtung großer Datenmengen nicht nur ähnlich wie in den Serverfarmenvon Google, Amazon, Apple oder Snowflake automatisieren, sondern dabei verdächtiges Text- und Bildmaterial vorsortieren, mit ähnlichem Material in Verbindung bringen und typische Verbreitungswege des untersuchten Materials analysieren. Rückwirkend könnte die lernfähige Künstliche Intelligenz - kurz "noFake" genannt - dann in einigen Jahren aus Nullen und Einsen strafbare und illegale Inhalte rekonstruieren und vorbeugend rückwirkend löschen.

Das Wissenschaftsteam von der sogenannten Ruhr-Uni Bochum ist jedenfalls optimistisch, Desinformation eines Tages zuverlässig erkennen lassen zu können. Gelingt das, könne das Assistenzsystem gepaart mit einer "journalistischen Expertise" der Meinungsfreiheitsschutzbeamten und freiwilligen Helfer der Meinungspolizei eine recht sichere Einschätzung des vorliegenden Desinformationsmaterials treffen, wenn zuvor noch entsprechende Schulungsunterlagen und Lerncurricula für die Endanwender in den Erkennungslaboren entwickelt werden. 

Rechtssicher und letztinstanzlich

Die gelten in der Bundesregierung als nötig, um die Crowd­worker, die in der Regel nicht über eine journalistische Ausbildung verfügen noch die Befähigung zur Ausübung eines Richteramtes besitzen, dazu in die Lage zu versetzen, Richtig, Falsch, Meinung, Tatsachenbehauptung, Kritik und Beschimpfung rechtssicher letztinstanzlich unterscheiden zu können.

Drei Jahre und eine hundertprozentige Förderung hat das Bundesforschungsministerium vor den Praxiseinsatz gesetzt. In dieser Zeit sollen auch noch gewisse rechtliche Fragen in Bezug auf Meinungs- und Pressefreiheit endgültig geklärt werden, die etwa darum kreisen, ob ein mit staatlichen Mitteln an einer staatlichen Universität entwickelte künstliche Intelligenz als Organ der Vorzensur gilt, wenn sie die gesamtgesellschaftliche Debatte vor fragwürdigen Meinungen, abweichenden Ansichten und sogenannten Quergedanken durch Ausschluss schützt.

Ende der Vertrauenserosion

Gelänge das, wäre die KI in der Lage, die bisher unkontrollierte Verbreitung von Desinformation zu stoppen  - und damit auch die Erosion des Vertrauens in den Staat und die demokratische Gesellschaft. Das Internet würde nicht nur sauber, sondern rein, die automatisierte technische Reinigung 24/7 ersetzte die derzeit oft so schwierig durchsetzbaren rechtlichen Interventionen. 

Da Desinformation eine globale Herausforderung darstellt, werden weitere Organisationen, national wie international, an den Ergebnissen des Projekts interessiert sein", hoffen die Mütter und Väter des Projektes, das im Rahmen des Forschungsrahmenprogramms der Bundesregierung zur IT-Sicherheit „Digital. Sicher. Souverän.“ gefördert wird. Steht die automatisierte Abwehrwand Mitte 2024, könnte Deutschland weltweit auftrumpfen: Mit einem Exportschlager, der die massenhafte Verbreitung von Desinformationen schlagartig und weltweit beendet.

4 Kommentare:

  1. Künstliche Intelligenz am praktischen Beispiel.
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    Der russische Außenminister hat das Treffen unmittelbar nach seiner Rede verlassen und sich damit der Kritik von Annalena Baerbock entzogen.

    © Axel Springer SE. Alle Rechte vorbehalten.
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    Kein scheiß. Die künstliche Intelligenz von Axel Springer hat das wirklich so erfunden, wie es da steht.

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  2. OT
    DFens 8. Juli 2022 at 09:00
    *OT*
    Zum Anschlag auf den japanischen Premier Shinzo-Abe: Ich erfahre gerade aus einer Quelle, dass er vor 7 Minuten für Tod erklärt wurde. Bestätigung durch eine zweite Quelle steht noch aus.
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    Ob diese Quelle wohl deutschsprachig war? - Es ist alles so traurig.
    Und unsere besten U-Boote bei PIPI haben allda entnervt aufgegeben.

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  3. https://netzpolitik.org/2022/kampf-gegen-desinformation-mit-ki-und-crowdsourcing-gegen-fake-news/

    Zwischenüberschrift:
    Engagierte Bürger*innen werden zu Crowdworkern

    Man kann sich leicht ausmalen, welche Sorte von engagierten Bürger innen Zeit für sowas übrig haben, und kann einschätzen, dass man diese engagierten Bürger innen sogar dann für AIs halten würde, wenn man sich live mit ihnen unterhielte.

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  4. "die Fakten müssen durch fachkundige Fachjournalisten überprüft werden und dürfen nicht unmoderiert ins Netz gestellt werden " so oder so ähnlich umschreibt es die Deutschlandfunkerin .

    überhaupt sollte alles was in der brd verbreitet wird durch fachkundige Stasimitarbeiter in Köln überprüft werden

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