Der echte Pittiplatsch (r.) war von den Verhältnissen verhärtet worden, ein zynischer Possenreißer. Die westdeutsche Nachgeburt besteht aus Plüsch und Willfährigkeit. |
Hässlich, frech, schwarz und aus dem Osten, ungeachtet dessen aber laut und widerspenstig. Ein Migrant, dem das Land abhanden gekommen ist, kinderlos, aber selbst auch im hohen Alter noch ein Kind. Ein Punk, ein brauner Bomber, ein Glatzkopf mit der Stimme einer Krähe, bewundert, verachtet, geliebt und missbraucht. Das alles ist Pittiplatsch, eine Symbolfigur für das Überleben unter ungünstigsten Umweltbedingungen.
Zum Gedenken an eine an den Klassenfeind verlorene Straße im imperialistischen Teil Berlins flimmerte Pitti am 17. Juni vor 60 Jahren zum ersten Mal über die Bildschirme. Ein kleines, dunkelbraunes Wesen mit weißen Härchen auf dem Kopf", wie die amtliche halbstaatliche deutsche Nachrichtenagentur DPA heute in Erinnerungen schwelgt. Ein Geburtstagsständchen von der führenden deutschen Meinungsbildungsanstalt. Mehr kann kein Mensch schaffen, der es nicht darauf angelegt hat, sondern seine Existenz allein dem Umstand verdankt, dass sich der Westen schon damals weigerte, Gebiete im Osten in Nato und EU aufzunehmen. Millionen Menschen blieben so der Willkür des Russen und seiner Statthalter überantwortet. Die hilflos versuchten, mit vermeintlich unterhaltsamen Stars wie Pittiplatsch für gute Laune im großen Völkergefängnis zu sorgen.
Proteste besorgter Pädagogen
Dabei war die Karriere des Pittiplatsch, dem seine Schöpfer wie in kolonialen Zeiten durchweg üblich die Vergabe eines Nachnamens verwehrt hatten, schon zu Ende, als sie gerade erst begonnen hatte. Kurz nach dem Mauerbau ins Fernsehstudio geschoben, um die Stimmung im Volk mit systemerhaltenden Streiche, Rock-Roller-Sprüche wie "Ach, du meine Nase" und das später durch PPQ weltweit bekanntgewordene "Platsch-Quatsch!" zu heben, flog Pitti, wie ihn seine Pupp*innenkolleg*innen in einer typisch ostdeutschen Verniedlichungsform nannten, nach Protesten besorgter Pädagogen wenig später schon wieder raus.
Ein frühes Opfer der damals noch jungen Cancel Culture, die in jenen Jahren der sozialistischen Zensur erst so grob entwickelt war, dass ihre Kinderschuhe es nicht vermochten, die Laufbahn des Bildschirmrebellen dauerhaft zu stoppen. Schon Heiligabend 1962 durfte der runde schwarze Fex wieder Possen reißen und Schnatterinchen ärgern - ein Stellvertretender aller Machos, Zyniker, Herrenwitzanhänger, den seine sagenhafte Herkunft aus einem Geschlecht von Kobolden, die seit alters her in einem sagenhaften Koboldland leben, vor jeder Kritik schützte. Pittiplatsch durfte das, denn er war Pittiplatsch. Pittiplatsch wurde das verziehen wie Henryk M. Broder lange vieles verziehen wurde.Ein Mann aus der Auffälligen-Datei
In der Auffälligen-Datei der Behörden aber stand er zweifellos, ein Fabelwesen als Verdachtsfall, den der Puppenspieler Heinz Schröder ein Leben lang führte, durch alle Krisen und Verfolgungsversuche hinweg. Der kleine Kobold wurde hart dabei. Als die Stasi seinen Freund Bummi entführte, alterte er über Nacht um Jahre. Doch sein Job war es, das üble Spiel mitzuspielen, einer muss es ja machen, sagte er, der nie so recht warm wurde mit dem russischen Mischka-Bären, der als Aufpasser aus Moskau geschickt worden war und später sogar noch Verstärkung durch den zwielichtigen Hund Moppi erhielt, eine Kreatur, die er immer verdächtigte, ihm nachzuschnüffeln.
Diese schweren Jahre, sie haben Pittiplatsch später geholfen. Nach der Abwicklung der institutionellen und industriellen Strukturen im Osten stand der Abenteurer aus dem Koboldland nur kurz vor dem Nichts, dann entdeckten ihn die neuen Herren des Äthers als identitätsstiftende Witzfigur, die sich nun zum Zweck der Vermittlung einer Kontinuitätsillusion instrumentalisieren ließ. Für die Jüngsten und Wehrlosesten spielte Pitti im sogenannten "Abendgruß" weiterhin den alterslosen kleinen Kobold mit den magischen Fähigkeiten, ein Identifikationsangebot, das über die Systemgrenzen reicht.
Angekommen als ein Anderer
Zu seinem 60. ist Pittiplatsch angekommen im neuen Deutschland, das in so vielen kleinen Dingen an das Land erinnert, aus dem er kommt. Auch dort wurde Kaisergeburtstag für Kunstfiguren gefeiert, die man sich eigens zu diesem Zweck sorgsam ausgedacht hatte. Auch dort durfte mitfeiern, wer seine Gängigkeit unter Beweis gestellt hatte, die Freundschaft zum großen Bruder war wichtig, der gemeinsame Kampf gegen Abweichler und daher gerade dieser Pittiplatsch, der das nonkorforme Element darstellte, den Markus Wolf, den Manfred Krug, den Jürgen Fuchs und Wolf Biermann im Puppenkörper, kantige Geschmeidigkeit, die richtige Grundüberzeugung, aber wandelbar wie die eines SPD-oder CDU-Politikers in der Russlandfrage.
Sein Denkmal hat der prototypische Deutsche, der Pittiplatsch längst geworden ist, bereits bekommen, kurz bevor die große Seuche ausbrach. Aus dem echten, abgelebten Frontschwein so vieler verbaler Schlachten mit Schnatterinchen, dem Tschekisten Mischka oder dem womöglich russischen Hund Moppi wurde ein weicher, wolliger Plüsch-Pitti, eine West-Figur mit feinem Pelz und falschen Zähnen, mit einer gelifteten Stimme und gekämmtem Haar. Diese Nachgeburt ist es, die nun überall gefeiert wird, als sei sie nicht längst gebrochen, ein vom System gezähmter Widerspenstiger, der nur noch seine Hofnarr-Rolle spielt, ohne sie wirklich zu fühlen.
Pittiplatsch ist heimlicher AfD Mitarbeiter aus dem Bauernhaus des Verlegers Kugelchad
AntwortenLöschenPiefke - Bernd
C.G.Jung (Jodmangel?) spielt in der Zychoanalyse etwa die Rolle wie Bruce Lee in der Faust des schönen Frühlings*: Beide haben die reine Lehre vermanscht, sind ihrem Meister schnöde begegnet, und sogar mit einem gewissen Erfolg, und sowohl der ehrwürdige Sigmund Freud als auch der ehrwürdige Yip Man haben geraucht wie die Bären, bis ein Zungengrundkarzinom letztes Gericht hielt.
AntwortenLöschen*Wing Tsun Kuen
Als Brummi verschwunden ist haben wir sofort gewusst, dass er nach Sibirien gekommen ist. Quasi als Warnung für alle anderen Mitarbeiter der Sendung, insbesondere Pitti. Dafür kam dann der KGBär Mischa. Um alle zu beruhigen musste Brummi dann noch einmal so tun, als ob er Grüße aus Moskau sendet. Wir haben geweint, denn in Sibierien ist es selbst für einen Brummi bitter kalt.
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