Karl Lauterbach, der Volksheiler, gesehen Kümram, Öl, mit der Kanüle schraffiert, kaltkaramellisiert |
Es war die 24. Stunde nach dem Beginn des russischen Überfalls auf die Ukraine, als das Totenglöckchen schlug. Die "Tagesschau" sendete zum ersten Mal seit dem denkwürfigen März 2020 volle 15 Minuten ohne das Wort, das zuvor zwei Jahre lang in keiner einzigen Hauptausgabe um 20.15 Uhr hatte fehlen dürfen. Die Pandemie, sie kam nicht vor. Kein Inzidenzwert, keine Impfpflicht, kein R-Wert, keine Querdenker.
Die Pandemie, sie kam auch nicht wieder: Wie es der zweite Hauptsatz der Mediendynamik verlangt, blieb nach Putins neuer Themensetzung keine Zeit und kein Platz für das, was bis dahin alle Aufmerksamkeit weggesaugt hatte wie ein trockener Naturschwamm. Die Seuche, sie war vorüber. Der medialen Kapitulation im Stillen folgte noch ein "Freedom Day" im Kleinen, der nicht einmal so heißen sollte. Dann ging es schon in den alten Stiefeln zu neuen Kämpfen.
Auf der Strecke geblieben
Einer aber war auf der Strecke geblieben, einer, der in den Talkshowstudios gewohnt hatte, der tagsüber regierte, abends warnte und nachts Studien las, die neues Ungemach vorhersagte. Der Untergang. Die nächste Welle. Die noch gefährlichere Mutante. Der Kampf gegen die Ungeimpften. Karl Lauterbach schaute mit großer Beunruhigung auf die Dinge, die da kamen und die nur er sehen konnte. Wenn nicht die Impfquote. Wenn nicht der vierte Booster. Wenn nicht die Quarantäne nur noch freiwillig. Das nahm er dann aber zurück.
Im Bundestag fiel die Impfpflicht für alle durch. Selbst die Alten sollten nun nicht mehr freiwillig müssen. Der Krieg fiel wie ein Schatten auf das Schaffen des Gesundheitsministers, der den Fehler seines Vorgängers, nicht genug Impfstoff bestellt haben zu dürfen, weil die Kanzlerin das Europa hatte überlassen wollen, dadurch gutzumachen versucht hatte, dass er genug bestellte, um jeden siebenmal zu piksen. Wenn das mit den Lockerungen so weitergehe, so Lauterbach, erwarte das Land unbedingt eine "Sommerwelle". Und danach, da sei er "ziemlich sicher", eine "Herbstwelle". Und auch "danach wird uns Corona noch lange beschäftigen - ein Jahrzehnt oder mehr."
Gescheiterter Leiter
Der Leiter des Teams Sicherheit aber kämpfte vergeblich. So sehr Karl Lauterbach auch bei seiner Linie blieb, den Teufel an die Wand zu malen, so wenig interessierte das noch angesichts eines Teufels, der nun in Moskau saß, in Kiew mordete und mit dem Atomknopf spielte. Die Fernseheinladungen blieben aus, die schärften Ordnungsrufe aus dem Gesundheitsministerium wurden nur mehr achselzuckend zur Kenntnis genommen. je drängender die Warnungen und je apokalyptischer die Vision, desto dünner wurde das öffentliche Echo. Der Mann, der das letzte Jahr als ungekrönter Talkshow-König beendet hatte, musste frischgebackenen Wehrexperten, olivgrünen Botanikern mit dem Marschallstab im Tornister und emeritierten Bundeswehrgeneralen Platz auf der Besetzungscouch der gesellschaftlichen Aufregung machen.
Er hat sich angesichts der erschütternden Lage an der Virenfront umorientiert. Einen Monat nach der Aufhebung aller Maßnahmen hat sich die neuer Fälle in Deutschland halbiert, obwohl immer noch kein "an Omikron angepasster" Impfstoff fertig geworden ist, der eigentlich im "Februar oder März" hatte ausgeliefert werden sollen. Von einem "Impfziel" der Bundesregierung, dessen Erreichen von Ende Januar zuletzt auf Ende April verschoben worden war, ist auch nicht mehr die Rede. Selbst Carsten Breuer, in den guten alten Zeiten der "größten Herausforderung seit dem Zweiten Weltkrieg" (Angela Merkel) Olaf Scholzens tatkräftiger Corona-General, taucht nie mehr und nirgendwo auf.
Neue Themen mit Tiefgang
Lauterbach jedenfalls macht jetzt in elektronische Gesundheitsakte, mal verkürzt er die Inkubationszeiten, dann verlängert er sie wieder oder nimmt alles zurück. Es sind immer "Lösungen mit Augenmaß" und Gremien mit Sachverstand, die einberuft, und Themen mit Tiefgang, die er auslotet. Zwischendurch wäre er beinahe mal entführt worden, aber es gelang, die Täter zustellen.
Das Problem mit den Millionen Impfdosen, die zu verfallen drohen, wird aber gelöst werden. Das Paul-Ehrlich-Institut wird die Haltbarkeit vermutlich einfach noch einmal verlängern, das wendet finanziellen Schaden ab und sorgt, falls die Sommerwelle doch nicht kommt, schon für die Herbstwelle vor. Ist dann auch die Ukraine befreit, der Russe besiegt und der Atomkrieg ausgeblieben, steht einem Lauterbach-Comeback nichts mehr im Wege. Dann auch wieder mit Impfziel, Impfpflichtdiskussion und Talkshowmarathon.
Wenn sich auch für Lauterquatsch keiner mehr interessiert, sei an der Stelle mal der Künstler gewürdigt, der unseren höchsten Beamten ein herzliches Lächeln ins Antlitz zu zaubern vermag, zu dem sie physiologisch überhaupt nicht mehr in der Lage wären, egal wie sie sich anstrengten.
AntwortenLöschen"Hauptausgabe um 20.15 Uhr"
AntwortenLöschenMmh?
20:15 Uhr
AntwortenLöschenStimmt schon, es wäre ja bis 20:15:30 Zeit gewesen.
"... Themen mit Tiefgang, die er auslotet. Zwischendurch wäre er beinahe mal entführt worden
AntwortenLöschenDas übliche Programm. Zurzeit kriegt er die Zeit rum mit bedroht worden sein.