Donnerstag, 12. Mai 2022

EU-Chatkontrolle: Lasche Regel hilft dem Hass

Auf dem Auge der Hasser blind: Die EU zeigt sich im Kampf gegen Hetze im Netz inkonsequent.


Es ist Krieg, es ist Krise, es ist immer noch Pandemie, doch das normale Leben, es muss auch weitergehen. Seit Monaten schon sind aus Brüssel keine neuen Verordnungen mehr zur Hassbekämpfung gekommen - und das trotz Zahlen bei den entsprechenden Straftaten in Deutschland. Die EU-Kommission tat sich schwer, hier endlich nachzuschärfen. Und was nun als vorläufiger  Entwurf einer Verordnung zur Bekämpfung von digitalen Rechtsbrüchen im Internet vorgelegt wurde, lässt Hetzern, Hassern und Zweiflern leider weiterhin weiten Raum für ihre Tätigkeit.

Tiefe Eingriffe

Zwar plant die EU tiefe Eingriffe in die bisher verschlüsselte Kommunikation über WhatsApp, Signal, Threema oder Apples iMessage, aber auch über E-Mail-Dienste und Facebook oder Instagram. Zudem soll eine neue Überwachungsbehörde gegründet werden, die von den Kommunikationsanbietern automatisiert entdeckte fragwürdige Inhalte zentralisiert auswertet, einordnet und den Strafverfolgern zur weiteren Bearbeitung zuweist. 

Doch um die Idee des Ende des traditionellen Briefgeheimnisses zu popularisieren, will die Kommission vorerst nur Fotos und Videos von Kindesmissbrauch ins Visier nehmen. Ausschließlich um die zu finden, sollen die Anbieter ihre bislang verschlüsselten Dienst mit Hintertüren zu den privaten Postfächern ihrer Nutzer versehen, durch die Behörden in den Mitgliedsländern und die neue EU-Zentralstelle in Verdachtsfällen prüfend Einblick nehmen können.

Staatliche Inhalteaufsicht

Natürlich regte sich in einschlägigen Kreisen dennoch sofort Protest. Der entschiedene Schritt, durch eine systematisierte staatliche Inhalteaufsicht mehr Kommunikationssicherheit für Millionen Europäer:innen zu schaffen, wird absichtlich als Einfallstor für spätere weitergehende Schritte hin zu einer Vollerfassung aller Nachrichten mit automatisierter algorithmischer Auswertung missverstanden. Dabei ist vollkommen unklar, warum sich die EU-Kommission überhaupt auf den Kampf allein gegen KiIndesmissbrauch beschränkt.
 
Viel zu gut bekannt ist die gemeinschaftszerstörende Kraft von Hass und Hetze, von zweifelsschürenden Internetforen, abartigen Telegram-Kanälen und Hatespeech, den selbst die zuletzt mehrfach aufgerüsteten Meinungsfreiheitsschutzabteilungen des Bundesblogampelamtes (BBAA) im mecklenburgischen Warin und die Wahrheitsprüfer von Correctiv und Volksverhetzer bis heute nicht in den Griff bekommen haben. 

Kleinteilige Herangehensweise

Die kleinteilige Herangehensweise von  EU-Innenkommissarin Ylva Johansson, die sich in einem ersten Schritt auf Kinderpornografie konzentrieren will, ehe dann später ein feinmaschigeres Netz in EU-Internet ausgeworfen wird, sorgt denn auch für große Irritationen. Wenn WhatsApp & Co. ihre kryptografischen Verfahren schon so weit aufweichen, dass direkt auf den Endgeräten den Nutzer per Client-side Scanning nach auffälligen Abweichungen von handelsüblicher, normaler Kommunikation gesucht werden kann, warum dann nicht gleich eine wirklich umfassende und  wirksame Massenüberwachung? Die auch Hass, Hetze und staatsfeindliche Äußerungen konsequent einschließt?

Wenn gefiltert werden muss und auffällige Inhalte an die neue Mammutbehörde in Den Haag zu melden sind, sollte eine EU-Inhaltekontrolle bei den Diensten mit Ende-zu-Ende-Verschlüsselung auch wirklich umfassend und gründlich sein. Statten wie China, Russland und der Iran machen es vor - wichtig wäre nur, die infragekommenden Unternehmen mit hohen Geldstrafen (bis zu 6 Prozent ihres weltweiten Jahresumsatzes sind im Gespräch) zum mitmachen zu zwingen. Listen von passenden Selektoren liegen seit Jahrzehnten vor, sie müssten nur aufgeschaltet werden.

Traurige Regeln

Dass die Kommission es bei der neuen Chatkontrolle bei laschen Regeln belässt, enttäuscht, insbesondere die Opfer von Hatespeech, Gegenrede und ungezügelter Redefreiheit. Sie sollen von der geplanten EU-Zentralstelle nicht einmal informiert werden, wenn im Zuge der künftig systematisch durchgeführten Suche nach möglicherweise gefährlichen oder rechtswidrigen Inhalten Fälle von Hetze, Hass und Zweifel aufgedeckt werden. Damit könnten sie sich dann auch nicht an die Anbieter der betreffenden Hosting-Dienste wenden oder Hilfe über die zuständigen Ämter in Anspruch nehmen, wenn sie das Löschen oder eine welt- oder europaweite Sperre erwirken wollen.

4 Kommentare:

  1. Ich dächte auch, KiPo ist ein vernachlässigbares Problem und nur vorgeschoben. Faeser hat den Hauptfeind eindeutig identifiziert und die Gefahr von Rechts als größten Sargnagel im brüchigen Gemäuer der Demokratie ausgemacht. Das macht sie immer, aber seit dieser Wochen wieder mit vom BKA gemalten Zahlen.

    Im Grunde müßten alle Telefone Europas, äh, der EU, wegen ohne Ukraine, nach rechten Inhalten durchsucht und sofort gesperrt werden. Was für eine Ruhe im Äther einträte, ist unvorstellbar.

    Die Lösung kann also nur mehr Chatprotokolle durchsuchen sein.

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  2. Ohne Internet-Messenger und EMail sind die Kinderp0rn0grafiker aber dann am Ende und besiegt.
    Gab's nicht schon einen Fall, wo jemand sein (eigenes) Kind am Nacktbadestrand geknipst hat und dann wegen KP eine Anklage bekam, weil die Bilder in der Cloud gescannt werden?

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  3. OT aber eben erst gefunden über Zeller. Nur für hartgesottene Freunde von richtig gutem Rattenjournalismus:
    https://www.t-online.de/unterhaltung/tv/id_92118882/peter-hahne-auf-abwegen-vom-zdf-moderator-zum-corona-schwurbler.html

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  4. peter-hahne-auf-abwegen --- Bei den Göttern, ich gebe zu, diesem Hallelujah-Schlumpf noch nie besonders hold gewesen zu sein, abér - was dieser Kloakensender dazu absondert, da kriegt man Phantasien zwischen Marquis de Sade und Auguste de Villiers de L'Isle-Adam. Rattenjournalismus paßt zwar, aber noch zu gelinde.

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