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Susanne Hennig-Wellsow zieht sich auf ihr Bundestagsmandat zurück. Gemälde: Kümram, Naturkreide auf Blut, karamellisiert |
Es war ein kurzer Tanz auf dem erlöschenden Vulkan, den Janine Wissler und Susanne Hennig-Wellsow gemeinsam tanzten. Dreizehn Monate nur amtierten die "neue Doppelspitze" der Linkspartei, die den Gipfel bereits am Tag ihrer Wahl erreicht hatte. Janine Wissler tauchte danach umgehend ab, Henning-Wellsow noch schneller. Gregor Gysi, der Altvordere der ehemaligen PDS, war und blieb präsenter. Nie wieder gelang es einer der beiden Parteivorsitzenden, auch nur annähernd so erfolgreich zu agieren wie im Februar 2020, als Wellsow, die aus Mecklenburg nach Thüringerin verzogene Ostdeutsche im Duo, dem neugewählten Ministerpräsidenten des Freistaates auf ihre Weise Respekt erwies.
Neuanfang mit schnellem Ende
Die offensive Verachtung für demokratische Gepflogenheiten und Entscheidungen, Jugendlichkeit, Weiblichkeit und das klare Bekenntnis zum Kommunismus als gesellschaftspolitischem Ziel langten nicht, den versprochenen Neuanfang der Linkspartei einzuleiten. Wie Andrea Nahles nebenan bei der SPD scheiterten auch die beiden Damen mit der unstillbaren Sehnsucht nach einem "wahren Sozialismus", nach "soziale Gerechtigkeit" und staatlich organisierter Chancengleichheit an den Verhältnissen.
Bis zur Bundestagswahl im Herbst 2021 träumten die zerrütteten Reste der Union aus verträumten Westlinken und realsozialistischen sozialisierten früheren FDJlern noch von einer Zukunft als drittes Rad am rot-rot-grünen Regierungswagen. Mit den beiden anderen Linksparteien in eine neue Zeit ziehen, das hätte den Jahrzehnten anhaltenden Niedergang der immer noch nur umbenannten SED trefflich maskiert. Dafür hätten die Genossen sogar ein paar Panzer geschluckt und die eine oder andere Nato-Mission geleitet.
Letzte Phase des Niedergangs
Doch der Wahlabend dokumentierte nicht die Wiederauferstehung, sondern den Beginn der vielleicht letzten Phase des Niedergang einer Partei, die nach 30
Jahren Eindämmung, Isolation und allerlei verdruckster
Versuche, sich ranzuschmeißen an den Klassenfeind, immerhin angekommen war in der Mitte des Parteienstaates. Die Linke, ehemals PDS, ehemals SED, bis heute aber dieselbe
Organisation, regierte mit, wo sie konnte, sie simulierte Opposition, so lange es nicht grundsätzlich wurde, und trieb die gesellschaftliche Spaltung voran, wo immer sie glaubte, Nutzen daraus ziehen zu können.
Ost gegen West, Links gegen Rechts, Arm gegen Reich - je weniger erfolgreich die Strategie war, desto verhementer wurde sie verfolgt. Nach knapp 30 Jahren im Westen war die Linke nur noch in zehn Landesparlamenten vertreten,
davon lagen nur vier in Westdeutschland, davon waren drei kleine,
bedeutungslose Länder wie das Saarland, Bremen und Hamburg. Wissler und Hennig-Wellsow, zwei weniger junge, als vielmehr mittelalte weiße Bildungsbürgerlinke, die noch keinen einzigen Tag in ihres Lebens hauptberuflich außerhalb des Parteibiotops gearbeitet hatten, sollten den Trend drehen, die Altstalinisten, Lafontaine-Linken und Bionadebürgerlichen vereinen.
Langes Elend
Das musste
schiefgehen. Aber musste es so lange dauern? Dreizehn Monate spielte sich das ungleiche Duett, hier die verträumte Romantikerin aus Hessen und einer DKP-Familie, als eisenharte Trotzkistin eine der letzten ihrer Art. Dort die ehemalige Eisschnellläuferin mit dem Lehrerdiplom, Tochter eines Volkspolizisten und einer Standesbeamtin, die mit 26, als sie jüngste Abgeordnete in den Thüringer Landtag einzog und ihre Tätigkeit als wissenschaftliche Mitarbeiterin der Landtagsfraktion beendete, in die große politische Karriere startete.
Beide Frauen entstammen derselben neuen deutschen
Nomenklatur wie Kevin Kühnert, Aydan Özoguz, Juliane Seifert und Florian
Pronold und Sawsan Chebli, sie gleichen den Manuela Schwesig, Lars
Klingbeil und Carsten Schneider der anderen Parteien wie ein Ei:
Nachwuchskader aus der Asiette der Parteibrutanstalt, schon vor dem
Abitur in die Partei eingetreten, während des Studiums in einem Abgeordnetenbüro beschult und anschließend selbst leitende
Parteiarbeiterinnen.
Fünfklang als Echo des wahren Sozialismus
Kollektivieren, Vergemeinschaften, Verbieten, Erziehen und Strafen, der Fünfklang des letzten wahren Sozialismus auf deutschem Boden, er erklang als Echo, wo immer das "Team Solidarität" auftrat. Weg mit diesem System! Weg mit
der Marktwirtschaft, dem Renditestreben Einzelner, der Verpflichtung,
die Grundfesten des Staates zu verteidigen. Her mit dem
Equal Pay Day, der
allumfassenden staatlichen Daseinsfürsorge und einer Bundesmietpreisbremse. Der Verfassungsschutz wird abgeschafft, aber die
Revolution erst später ausgerufen. Denen war das zu spät, die anderen hatten Angst um ihr Häuschen, um ihren Mittelklassewagen und um den kleinen Malerbetrieb.
An wen sich das
politische Angebot der Linkspartei überhaupt noch richtete, war schon seit Jahren nicht mehr klar, doch unter Wissler und Wellsow wurde es noch unklarer. Die Parteispitze konnte sich darauf einigen, dass Sahra Wagenknecht falsch lag, wenn sie Abweichler, Zweifler und Querköpfe auf die Barrikaden rief. Man selbst konzentrierte sich bei der Suche nach neuen Mehrheiten lieber auf das alte, angestammte Milieu: Wer die SPD zu westlich und immer noch zu marktwirtschaftlich fand, wem die Grünen zu atlantisch und vor lauter Lastenrad-Romantik zu wenig klassenkämpferisch waren, der zeigte es den superreichen Kuponschneidern mit einem Kreuz im
sechsten Kreis der Wahlzettelhölle.
Millionen standen hinter ihnen
2,3 Millionen Menschen ließen sich zuletzt immer noch nicht abschrecken. Nicht von Hennig-Wellsows Unkenntnis der
Binsen ihres Berufes. Nicht von ihrer anhaltenden W
estskepsis. Nicht von Wisslers Fokussierung auf den ewigen Kampf gegen rechts und ihrem immer wieder stolz vorgeführten Glauben an die
Allmacht des Staates und die Macht von
Knute und Kandare. Doch die "Mühen radikal-pragmatischer Politik", sie mahlten langsam, aber unerbittlich: Mit Ach und Krach gelang noch einmal der Sprung in den Bundestag, die ersehnte "Perspektive linker Politik" (Taz) aber sah nur noch ein langsames Sterben vor.
Für noch eine Partei, die die Arbeiter und Bauern ein ums andere Mal in den Hintern tritt, war der Markt einfach zu eng.
AntwortenLöschenDie schlechte Nachricht: Nach seinem umfassenden Widerruf ist der Unterhaltungswert von X. Naidoo wieder wie früher Null.
AntwortenLöschenauf allen achtsam Buntkanälen in Dauerschleife : die Befindlichkeit der 4,8% Partei.
AntwortenLöschenganz viel weini in der Stimme - der (((deutschlandfunk))).
ob wir bald von Le Pen dominiert werden ?
Bernd hätte dazu fast eine Meinung
Eine der wenigen Sachen ich bei der SED in der DDR ganz gut fand, war das sie die organisierte Religion kleingehalten hat. Als die Linkspartei dann 2015 anfing den Moslems in den Hintern zu kriechen waren sie nicht mehr akzeptabel und wählbar. Das war sicher der Einfluss der Salonlinken aus dem Westen. Dann noch gendern und der ganze woke Mist, das braucht kein Mensch.
AntwortenLöschenWa es nicht F.J.Strauß, der sinngemäß sagte, jede Partei hätte Wähler, die durch keine noch so große Beklopptheit der Parteiführung zu vergraulen wäre?
AntwortenLöschenDie SED hatte schon bei der ersten Bimbestagswahl nach der sogenannten Wende bei mir verkackt, als sie Zuzugs- und Bleiberecht "für alle" (damals etwa fünfeinhalb Milliarden) versprach, außerdem Vollbeschäftigung mit üppigen Löhnen, große schöne wohlfeile Wohnungen, brummende Wirtschaft, riesige Naturschutzgebiete u.v.m.