Mittwoch, 20. April 2022

Der Irrweg der Entspannung: Z wie Zeitenwende

Olaf Scholz gilt als letzter Genosse der großen Schröder-Jahre mit ihrer selbstbewusst ausgestellten Kumpanei zwischen SPD und Putins Russland. Gemälde: Kümram, Naturkreide gestrichen, karamellisiert

Es war, so viel ist mittlerweile bekannt, wohl kein Zufall, dass Bundeskanzler Olaf Scholz bei seiner bejubelten ersten Kriegsrede im Bundestag das Wort "Zeitenwende" in den Mittelpunkt stellte. Ein Wort mit Z, einen nur wenig gebräuchlichen Buchstaben, den der russische Diktator Wladimir Putin seinen Angriffstruppen  beim Überfall auf die Ukraine als geheimes Zeichen verordnet hatte. "Z" als Zeichen für das russische Wort "za", den Beginn der Parole "Za Pobedu!", zu Deutsch  "Für den Sieg!", die allerdings im Russischen, das kein Z kennt, als "за победу" mit S geschrieben wird.

Für den Sieg im Bundestag

Dazu nun Scholz' "Zeitenwende", ein Begriff, der den Erzählungen aus dem politischen Berlin zufolge wie stets bei der Bundesworthülsenfabrik (BWHF) bestellt und von dort auch geliefert wurde. Ein Zufall? Oder das Werk russischer Einflussagenten, die die deutschen Debatten manipulieren wollen?

Sechs Wochen nach dem Tag der Wahrheit klären sich die Fronten. Es ist die SPD, die Recherchen des Magazins "Der Spiegel" zufolge bereits seit Jahren, womöglich seit Jahrzehnten als fünfte Kolonne Moskaus agiert. Mutmaßlich angefangen von Willy Brandts ersten Schritten nach Osten, die in einer Kumpanei mit den damaligen Machthabern in Moskau gipfelten. Im August 1970 hatte Brandt, wie jetzt bekannt wurde, bei einem Besuch in der russischen Hauptstadt darauf verzichtet, die Frage der Menschenrechte anzusprechen und sich darauf beschränkt, im Katharinensaal, einem der drei Festsäle des Kreml, die mit russischen Waffen, Blut und Tod neu gezogenen europäischen Nachkriegsgrenzen anzuerkennen.

In der alten Bonner Bundesrepublik wurde das Einknicken vor einem absolutistischen System als "Entspannung" gefeiert. Der Plan, mit dem Bau der so genannten "Druschba"-Pipeline sowjetisches Öl nach Westeuropa zu transportieren, um Deutschland unabhängiger vom Importen aus den islamischen Despotien am Golf zu machen, wurde im ersten Anlauf noch von den Amerikanern torpediert, die die Stornierung der bereits unterzeichneten Verträge erzwangen. Später aber arrangierten sich alle mit einem ausgeklügelten System der vernetzten Kungelei: Die Russen lieferten in die DDR. Die DDR lieferte in die Bundesrepublik. Alle waren glücklich. Nach der zweiten Ölkrise sprach niemand mehr vom Blutöl aus dem neuen Zarenreich.

Blutöl aus dem Zarenreich

Doch den Sozialdemokraten, auch das ist jetzt erst bekannt geworden, war diese Abhängigkeit noch nicht genug. Ab 1968 beriet man einen Anschluss Bayerns an das sowjetische Gasnetz - ein Affront gegen den EU- und Nato-Partner Niederlande, dem vorgeworfen wurde, ein Erdgas-Liefermonopol für Deutschland zu besitzen. Man wolle sich davon unabhängiger machen, argumentierte die deutsche Sozialdemokratie, an deren Seite mit Italien und Frankreich zwei EU-Staaten standen, deren kommunistische Parteien hartnäckig für Moskau lobbyierten. 

Als "Energie-Kooperation" verbrämt, warf sich Europa begeistert in die Armee des sowjetischen Russlands: Es war das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel", das die deutsche Öffentlichkeit über die raffinierten Erdgas-Röhren-Pläne informierte. Ein kompliziertes Dreiecksgeschäft mit einem Tausch von sowjetischem Erdgas gegen deutsche Stahlrohre, die Russland bezahlen werden, indem es für einen Zeitraum von 20 Jahren jährlich bis zu drei Milliarden Kubikmeter Erdgas im Gesamtwert von 2,5 Milliarden D-Mark nach Deutschland liefere.

Augen zu, Gashahn auf

Putins spätere "Puppen" (Der Spiegel) hatten allen Grund zum Jubel. Deutsche Stahlkonzerne wie der spätere Telefonkonzern Mannesmann und der Schwerewaffenhersteller Thyssen lieferten 1,2 Millionen Tonnen Großröhren für die Abhängigkeitsleitung mit einem Durchmesser von 1,42 Meter. Ein aus 17 Banken bestehendes Konsortium finanzierte das Millionengeschäft über einen mit aus heutiger Sicht sagenhaften sechs Prozent verzinsten Kredit vor, für den die Bundesregierung bürgte. Nach Fertigstellung der Pipeline würde Russland mit Gas zahlen - und Deutschland mit seiner energetischen Unabhängigkeit.

Das aber ahnte damals niemand, nicht einmal beim "Spiegel", nicht einmal bei den Grünen, die noch nicht gegründet waren und auch noch keine Pläne schmiedeten, 30 bis 40 Erdgas-Kraftwerke neu zu bauen, um russisches Gas als Brücke in eine braunkohle-, atom- und ölfreie nachhaltige Zukunft zu nutzen. Das Gerücht, dass die gesamte SPD mutmaßlich von Moskau aus unterhalten wurde, kursierte in der Parteipresse allenfalls unter der Hand, als "Russland-Versteher" verharmlost bekamen die Propagandisten einer laschen Haltung mit Umarmungs- und Unterwerfungsfantasien zuverlässig und überall ihre Plattform geboten.

Kommando späte Reue

Das Umdenken in den deutschen Medien erfolgte er, als den Anhängern des Spinnennetzes in die Sowjetunion ihre Beschwichtigungspolitik mit dem Angriff auf die Ukraine um die Ohren flog. Martin Schulz und Gerhard Schröder, Heiko Maas, der selige Helmut Kohl, Egon Bahr, Willy Brandt, Manuela Schwesig, Angela Merkel, Ursula von der Leyen, Michael Kretschmer, Peter Altmaier, Walter Steinmeier, Sigmar Gabriel und Joschka Fischer: Wie unter einem grellen Blitzlicht zeigt sich die politische Elite des Landes als eine einzige "Moskau-Connection" (FAZ), die das "Unheil trotz aller Signale nicht hatte kommen sehen wollen" (Focus). 

Ein ganzes Milieu aus Politiker, Diplomaten, Medienarbeitern, Wissenschaftlern, Buchautoren und Expert*:/innen führte die Bevölkerung hinter die sibirische Birke. Die Schuld des letzten Krieges werde am besten durch gelenkige Fügsamkeit abgetragen, Wandel durch Annäherung, Akzeptanz des Anderes und seiner so anderen Vorstellung von Menschenrechten, Glücksversprechen und dem Absterben des Nationalstaates. Sie konnten mit einander, alle bewunderten das Comeback des Großreiches, auch wenn es allen ein wenig gruselte dabei.

Verfechter einer harten Linie mit mehr Aufrüstung, mehr Energieimporten aus den befreundeten USA und einer Stärkung der nationalen Rüstungsindustrie durch vermehrte Exporte in Kriegs-und Krisengebiete mussten sich als kalte Krieger beschimpfen lassen. Als Donald Trump Deutschland ein Ultimatum stellte, seine Verpflichtungen der Nato gegenüber einzuhalten, musste sich der US-Präsident verhöhnen lassen. Selbstbewusst und auf offener Bühne diskutierten Moskaus Frauen und Männer in Berlin, wie sich die Forderungen aus den USA formal am besten einhalten lassen würden, ohne sie wirklich einzuhalten. 

Niemand wollte es wissen

Niemandem fiel das auf. Niemand hatte etwas dagegen. Vom Willy-Brandt-Haus bis zum Kanzleramt, vom Spiegel-Hochhaus bis zur Süddeutschen Zeitung, vom Grünen-Vorstand bis ins Herz der Merkel-Union wollten alle glauben, dass die Welt so ist, wie sie in der eigenen Vorstellung war. Und nicht so, wie sie zu sein schien. Selbst Scholzens "Zeitenwende" entpuppte sich zum Unwillen nahezu aller angeschlossenen Abspielstationen als Versuch, die alten Zeiten unter einer neuen Überschrift fortzusetzen: Kein sofortiges komplettes Energieimportembargo. Keine "Schwerenwaffen" (Baerbock) für die Verteidiger des Wertewestens an der Ostfront. Maß und Mitte und Wankelmut statt Generalmobilmachung.

Die Enttäuschung dort, wo der Verstand noch bei jeder Aussicht auf Schlachtenlärm sofort in die Trompete fliegt, ist mit Händen zu greifen. Deutschland müsste nun und es sollte wieder, es kann nur und darf sich nicht drücken. Zu den Gewehren! Dass der Feind im eigenen Land nun erbarmungslos verfolgt wird, ist ein guter Anfang, denn nur, wenn die Heimatfront steht, kann an offensive Bewegungen gedacht werden. Wer, wenn nicht das Land, das zwei Weltkriege ausgelöst und überstanden hat, weiß, wie eine neue Ostpolitik aussehen könnte, die sich an neuen und doch sehr alten Realitäten orientiert. 

Der Russe, er ist nicht integrierbar, er ist nicht einmal Europäer, auch wenn er so aussieht, und er selbst weiß das auch genau.  Alles, was jetzt unternommen werden muss, muss sich wieder gegen Russland richten, und der Westen darf nicht wieder "zu dumm und zu blind" sein, "um dies zu begreifen", wie ein früherer deutscher Kanzler den Völkerbundkommissar Carl Burckhardt im August 1939 mahnte.

3 Kommentare:

  1. Presse & TV haben Atom- und Kohleausstieg anhaltend, lautstark bis erpresserisch gefordert. Sie bzw. das Kapital, das sie steuert, haben jeden publizistisch hingerichtet, der Einwände vorbrachte.

    Prima inter Abschaum Sabine Henkel c/o ARD im August:
    Kohlefreund Laschet betrachtet Industrie und Klima stets getrennt und Wirtschaftsfan Merz meint, durch Klimaschutz würde das Land deindustrialisiert. Das ist schon sehr weit rechtsaußen...

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  2. zur rechten zeit an der kanone drehen ist grundvoraussetzung für publizistische entscheidungen

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  3. Diese kriegsgeilen Idioten können doch in die Ukraine zu sterben fahren wenn sie es so gern möchten. Das wird aber nicht passieren, so weit geht die Tapferkeit dann doch nicht.

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