Die RAF-Terroristin Gudrun Ensslin, rechts oben: Eine wahrhaft große Frau der Weltgeschichte in den Augen des Bundespräsidenten. |
Sie ist eine der großen deutschen Regisseurinnen, er einer der großen Präsidentendarsteller der deutschen Geschichte, der sich, eben erst erneut ins Amt bestimmt von einer sehr, sehr großen Krisenkoalition, in diesen Tagen in ungewohnter Rolle bewähren muss. Walter Steinmeier eilt von einem Schlachtfeld zum anderen, er lauscht geistlichen Friedenskonzerten und besucht unsere Soldaten an der Front, er war im Senegal und in Litauen und sprach mit dem Luxemburger Premierminister über die nun anstehenden Aufgaben.
Malen mit tristen Farben
Eine der seinen war der Geburtstagsglückwunsch an Margarethe von Trotta, eine Frau, die das Leben in der alten Bonner Bundesrepublik in ihren Filmen immer wieder trefflich in tristen Farben gemalt hatte. Die Medien logen wie gedruckt in jenem Land von "Ernte 2", Perwoll, Dash und Bubblegum, die deutsche Teilung zerstört Schicksale, man sitzt in der Psychiatrie und erlebt "Dunkle Tage", die "Balance des Glück" ist hinüber, man kämpft vergeblich gegen Sexismus, noch nicht aber gegen das Klima, man lebt in einer "abhandenen Welt" (Trotta) und hasst, was man hatte, weil es einem doch immer fehlt.
Wie von Trotta kommt auch Walter Steinmeier aus dieser Welt der 70er Jahre, einer bleiernen Zeit, in der die deutsche Linke noch gegen staatliche Überwachung, Aufrüstung, Zensur und den Kapitalismus ganz allgemein auf die Straße ging. es wurde gestreikt, es wurde demonstriert, es wurde entführt und es wurde gemordet in diesen Tagen, die nachgewachsenen Generationen heute als die gute alte Zeit der Sozialpartnerschaft gelten.
Letzte Generation mit Gewehr
Gudrun Ensslin etwa, eine Pfarrerstochter aus bestem Hause, weitgereist und studiert, gründete seinerzeit die Rote Armee Fraktion mit, eine Art letzter Generation mit Gewehr, die allerdings den größten Teil ihres terroristischen Kampfes aus dem Gefängnis heraus führen musste, nachdem sie beim Shoppen in einer Hamburger Boutique festgenommen worden war. Fünf Jahre später stirbt Ensslin im Gefängnis in Stammheim. 20 Menschen hat die RAF bis dahin ermordet, die meisten, um ihre Führer*innen aus der Haft freizupressen.
In seinen Geburtstagswünschen an Margarethe von Trotta kommt Walter Steinmeier allerdings zu einer anderen Bewertung. Von Trotta habe mit der Ihnen eigenen Handschrift neue Sichtweisen" ermöglicht auf "große Frauen der Weltgeschichte, die sich den Brüchen und Zumutungen ihrer jeweiligen Zeit mit großer Intelligenz, persönlicher Stärke und einem ausgeprägten Willen zur Veränderung der gesellschaftlichen als auch politischen Verhältnisse stellen". Als erstes Beispiel nennt der Bundespräsident dann Gudrun Ensslin, der von Trotta ein "unvergessliches filmisches Porträts gewidmet" habe."
Die Mörderin als große Frau
Die Mörderin als "große Frau", in einer Reihe mit der ermordeten Rosa Luxemburg, Hildegard von Bingen und Hannah Arendt? Die Terroristin als Heldin, die auf "ewig in unserem cineastischen Gedächtnis" verbleibt?" Die kruden Thesen des Präsidenten, die durchaus als bellizistischer Ruf zu den Waffen in kriegerischen Zeiten hätten verstanden werden können, ein Weckruf quasi zum Aufwachen in jener "neuen Welt", die Annalena Baerbock anstelle der "neuen Normalität" des Olaf Scholz ausgemacht hat.
Eine mutige Neudeutung der Geschichte durch einen Mann, der in der bleiernen Zeit selbst auf der richtigen Seite der Barrikade stand, mit seinem Vorstoß zur Heroisierung einer Mitgründerin der RAF aber womöglich noch zu früh kam. Nur kurze Zeit hielt sich das Lob der Terroristin auf der offiziellen Internetseite des Bundespräsidialamtes, dann verschwand es rückstandsfrei und ohne Erklärung. Margarethe von Trotta hat nun nie Geburtstagsglückwünsche vom Bundespräsidenten erhalten und Gudrun Ensslin ist doch wieder keine große Frau der Weltgeschichte, die sich mit "großer Intelligenz,
persönlicher Stärke und einem ausgeprägten Willen zur Veränderung der
gesellschaftlichen als auch politischen Verhältnisse" gestellt hat.
Witzige Fußnote vom Präsi, aber nicht so witzig wie sein Kranz auf Arafats Grab und sein Händedruck mit dem Nichtpräsidenten Abbas.
AntwortenLöschenNun war die buckl... Galizierin auch und vor allem in ihren Kreisen, wie soll man sagen, recht unpoulär.
AntwortenLöschenDie Machwerke der blaublütigen Degeneratin v.Trotta fand ich auch damals, als ich noch ein kleiner Rotbarsch war (etwa 85%ig) - bleiern langweilig. Noch öder als das Zeuch von Günni Reisch.
@anonym2
AntwortenLöschenDas hätte ich gestern wissen müssen, denn es hätte mich anderthalb DIN-A4-Seiten Text gespart. So habe ich es sehr ausschweifend in schwulstige Rede gepackt, was auch in 2 Sätzen zu erledigen gewesen wäre.
Die Ensslin heißt jetzt Rosenstraße.
AntwortenLöschen"»Mit Ihren Biografien widerständiger Frauen in Filmen wie ›Hannah Arendt‹ oder ›Rosenstraße‹"
Der Speichel
>> Zuvor hatte er mit der Nennung von Gudrun Ensslin in einer Reihe mit Rosa Luxemburg und Hannah Arendt für Irritationen gesorgt.
Schreibt der Speichel. Ich weiß jetzt nicht, wen er irritiert hat. Das war doch Bekenntnis genug um eindeutig zu sein. Null Irritation, sondern bis zur Kenntlichkeit präsidialer Politik dargestellt. Jeder weiß, woran er mit Steinmeier ist.
das imponierende daran ist, dass das dort niemand gemerkt hat. die die geistige höhe von tieffliegern, wirklich
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