Als er eingeführt wurde, kostete eine Kilowattstunde Strom 14 Cent, die jährliche Gasrechnung 350 Euro und 23 Cent, ein Glas Bier in der Kneipe 1,80 Euro. Seitdem sind 20 Jahren vergangen, der Euro ist volljährig geworden und wie jedes großgewachsene Kind, das noch nicht selbst verdient und zu Hause wohnt, ein teurer Spaß. Obwohl die Deutschen den ersten Preisschock direkt nach der Einführung der von Eurovorteilsleugnern "Teuro" genannten Einheitswährung schnell verdauten, weil die europäischen Institutionen mit glaubwürdigen Faktenchecks nachwiesen, dass alles nur so ein Gefühl war, liebten die Deutschen den Euro nie so sehr wie ihre gute alte D-Mark. In anderen EU-Staaten gab es vergleichbare Leidenschaften für die eigene Währung ohnehin nie - zu oft hatte die schon ihren Wert verloren oder den Namen gewechselt.
Weg mit dem Abendland
Die Europäische Zentralbank (EZB) will nun aber einen zweiten Anlauf starten, um die Europäer mit dem zu versöhnen, was heute immerhin noch zwei starke Drittel der Kaufkraft von 2001 besitzt. Dazu sollen die Banknoten einen neuen "Look" (EZB) bekommen - und diesmal dürfen die EU-Bürger*/:Innen sogar mitentscheiden, wie ihr neues Geld aussehen soll. Fakt ist: Nach dem Redesign wird verschwunden sein, was heute etwa in Deutschland noch durchweg auf abendlandfixierte Motive wie die Klassik, die Romanik, die Gotik, die Renaissance, Barock und Rokoko und die Eisen- und Glasarchitektur des 19. Jahrhunderts anspielt.
Diese Gestaltung der Banknoten mit ausschließlich weißen, altertümlichen und längst überwundenen Traditionen kommt auf den Prüfstand, wie EZB-Präsidentin Christine Lagarde ankündigte. Mehr Diversität, mehr Nachhaltigkeit, weniger unangebrachter Stolz auf durch die Ausbeutung anderer Kontinente errungener Leitungen und mehr Respekt für andere Lebensweisen weisen den Weg zum neuen Euro. Die Umgestaltung betreffe aber nur das Design und nicht etwa den Wert, so die EZB bei der Vorstellung ihres mehrstufigen Konzepts zum Euro 2.0.
Fokusgruppen auf Alternativensuche
Der wird in einem langen Prozess geboren werden, an dessen Anfang umfangreiche Expertenkonsultationen stehen. Die sollen sicherstellen, dass den EU-Bürgerinnen und -Bürgern nicht falsche Alternativen zur Mitsprache vorgelegt werden. Haben die sogenannten Fokusgruppen gesprochen, tagen anschließend Themenberatungsgruppen, in denen jeweils ein Experte aus jedem der 27 EU-Länder sitzt. Vertreten sind auch die Staaten, die sich noch nicht für den Euro entschieden haben.
Ist eine Entscheidung über die künftige Gestaltung gefallen, wird auch die öffentliche Meinungin bewährter Weise abgefragt. Stehen die Motive fest, im Gespräch sind unter anderem verschiedene Tiermotive, Wasserfälle und Gesteinsarten aus aller Welt, können in einem Design-Wettbewerb Kreative ihre Vorschläge für den "finalen Look" (EZB) einreichen. Die finale Entscheidung trifft dann der EZB-Rat, der besonderen Wert darauf legen wird, Banknoten anzubieten, "mit denen sich die Bürgerinnen und Bürger in Europa identifizieren können und die sie mit Stolz verwenden", wie EZB-Direktor Fabio Panetta das Ziel des Redesigns umrissen hat.
Vielleicht gehen kalligrafische, gereimte Sinnsprüche wie
AntwortenLöschen'Sie schulden dieses Geld
der Dritten Welt'
oder auch Abbildungen aller Geschlechter.