Das waren es noch 70 Prozent, drei Monate später ist die Quote der Ungeimpften auf 33 Prozent gestiegen. |
Wer mit Zahlen lügen will, und gerade in Leitungsverantwortung ist das immer wieder unschön, aber notwendig, der hat einige grundsätzliche Regeln zu beachten, um nicht das Vertrauen der Menschen aufs Spiel zu setzen, das "das Wichtigste ist, was man als Politiker hat" (Angela Merkel). In der demokratischen Staatsführungswissenschaft haben sich über die Jahrzehnte vielerlei Strategien herausgebildet, um aus der Not, nicht die Wahrheit sagen zu könne, eine Tugend zu machen: Einerseits ist es möglich, Zahlen ohne jeden Bezug zu präsentieren. Statt Werte aufwendig in einen Kontext zu stellen und sie damit einzuordnen, bevorzugen es Kenner, sie einfach mit dem Zusatz "weniger als" oder "mehr als" zu versehen. Dadurch gelingt es, beim Volk draußen im Lande das gute Gefühl zu erzeugen, dass alles auf dem richtigen Weg sei.
Für das gute Gefühl
Probleme noch nicht gelöst, aber bald. Wir schaffen das und so weiter. Möglich ist es aber auch, mit Hilfe vermeintlich kleiner semantischer Tricks und großer Mediensolidarität aus einer offenkundig epochalen Pleite einen gewaltigen Sieg zu machen. Das gelang EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen Ende August nahezu lehrbuchhaft: Nach einem "etwas holprigen Start" (Tagesschau), bei den in ganz Europa zehntausende Menschen starben, weil die EU nicht schnell genug genug Impfstoff bestellt hatte, habe die Union im Kampf gegen die Corona-Pandemie nun ein wichtiges Ziel erreicht, hieß es.
70 Prozent der Erwachsenen in der Staatengemeinschaft der Europäischen Union sind mittlerweile vollständig gegen das Coronavirus geimpft", sagte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen stolz. "Das sind mehr als 250 Millionen Menschen, die immunisiert sind", erklärte die Chefin der Exekutive der EU.
Der Applaus war ihr sicher
Von der Leyen lobte seinerzeit eine "große Leistung" und ließ sich auch nicht von leiser Kritik in kleinen Internetjournalen beirren, dass ihre Zahlen alle frei erfunden und ihre Behauptungen dadurch vollkommen falsch seien. Stattdessen behauptete die frühere Verteidigungsministerin ihre unhaltbare Position: Im Durchschnitt der Mitgliedsländer seien "70 Prozent geimpft", beim Impftempo liege die EU damit sogar vor den USA und Großbritannien.
Der Applaus war ihr sicher, er brandete frenetisch durch Europas Gemeinsinnmedien, die Bundesregierung klatschte mit und auch die angeschlossenen privaten Anstalten wollten bei der "nationalen Kraftanstrengung" (Merkel) für gute Stimmung nicht beiseitestehen. Europa bewies einmal mehr seine überragende Nützlichkeit, nach Stotterstart und Skandalverhandlungen, nach einer opferreichen Verzögerung und langwierigen doppelten Zulassungsverfahren schließlich doch noch der übliche Triumph. was kann es Schöneres geben. Selbst wenn es zur Erreichung der triumphalen zahlen nötig war, das Impfversprechen im Nachhinein von "70 Prozent der Europäer:innen" auf "70 Prozent der Erwachsenen einzukürzen.
Leyen Lügen gestraft
Es hätte also alles gut werden können. Niemand hätte sich jemals mehr die Daten angeschaut, die Ursula von der Leyen Lügen strafen. Hätte nicht die EU-Kommissionspräsidentin selbst jetzt im Übereifer alles selbst zerstört, was ihre Chefetage in Brüssel den Bürgerinnen und Bürgern der Wertegemeinschaft in den zurückliegenden Monaten an wundervollen Wolkenkuckucksheimen aufgebaut hatte. Bei der Frage der Einführung einer "verpflichtenden Impfung in der EU" (von der Leyen) aber setzten Verstand, taktisches Geschick, Erinnerungsvermögen und mathematische Grundfertigkeiten bei der Planerin des "Green Deal" für einen langen Augenblick aus: Wegen der Omikron-Variante "und der Tatsache, dass ein Drittel der EU-Bürger bisher nicht gegen das Coronavirus geimpft" sei, müsse die Impfpflicht kommen, betonte die 63-Jährige.
70 Prozent der EU-Bürger sind also nach Angaben von Ursula von der Leyen geimpft. 33 Prozent aber sind es - ebenfalls nach Angaben von Ursula von der Leyen - nicht. Und das, obwohl seit dem Zeitpunkt, als 70 Prozent geimpft waren, drei Monate einer weiterhin erfolgreichen Impfkampagne vergangen sind. Der 31. August, Tag der Verkündigung der vollständigen Impfung von "70 Prozent der EU-Bürger" (Tagesschau), markierte einen "Meilenstein der EU-Impfkampagne" (Ursula von der Leyen), denn die "Immunisierung von rund 70 Prozent der EU-Bevölkerung" (Deutsche Welle) beweise, wie hervorragend die Unionsstrategie war, "gemeinsam vorzugehen und sich an die Spitze des weltweiten Kampfes gegen COVID-19" zu stellen.
Der 1. Dezember aber wirkt ernüchternd: Obwohl seit der Siegesmeldung beharrlich weitergeimpft wurde, 122 Tage lang in allen 27 verbliebenen Mitgliedsländern, liegt die Impfquote heute niedriger als damals: Offiziell liegt die EU bei knapp über 67 Prozent. Hinter Großbritannien mit 68.
Nach Angaben von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sind mittlerweile 70 Prozent der Erwachsenen vollständig geimpft. "Das sind mehr als 250 Millionen Menschen, die immunisiert sind", erklärte die Chefin der Exekutive der EU.
AntwortenLöschenDann sind das gleich drei Lügen, denn die wurden zwar geimpft, aber die Impfung wird nie vollständig sein und hat bisher niemanden immunisiert.
Die Impfung, egal welche Boosterstufe, vermittelt vor allem den Glauben, dass eine schwere Coviderkrankung ein undefinierbares Maß weniger schwer verlaufen wird.
Wie jemand, der trotz St. Christopher am Innenspiegel nach einem Verkehrsunfall eine Woche im Koma liegt und sagt, ohne St. Christopher wären es zwei Wochen gewesen.
Ich hoffe doch nicht, daß die Prozentchen, die im Dezember an der Augustquote fehlten, mittlerweile wegen der Impffolgen oder Impfdurchbrüche aus der Berechnungsbasis ausgeschieden sind!
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AntwortenLöschenAufregung über die neue Variante Vergesst Omikron!
Ein Kommentar von Julia Merlot
Die neue Variante des Coronavirus weckt Unsicherheiten und Ängste. Mit Omikron könnte noch was auf uns zukommen. Bis dahin bleibt Delta aber das zentrale Problem – und da ist klar, was zu tun ist.
01.12.2021, 09.47 Uhr << (Der Speiübel, auch Relotius genannt)
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Wat wisste da noch saren ...