Montag, 15. November 2021

Inzidenzhandel: Rettung durch Corona-Zertifikate?

Modellrechnungen zeigen: In den vergangenen Monaten sind die ersten Covid-Zertifikate deutlich im Preis gestiegen.

Anfangs klang es nach einer liberalen Schnapsidee, ein neuen Spekulationsobjekt für die Superreichen, das Arme, soziale Schwächere und Vielfahrer bestraft. Doch inzwischen jubeln Klimaschützer,  Stahlkonzerne und Kraftwerksbetreiber denken um und die ersten Effekte zeigen sich im Temperaturverlauf. Seit das Klimagift CO2 weltweit in Form spezieller Zertifikate gehandelt wird, kann auch der kleine Mann auf der Straße mitverdienen an der Klimarettung - an der Börse eines der  entsprechenden Papiere kaufen und dem Anstieg der Preise bei Strom, Gas und Benzin dann einfach in froher Erwartung zuschauen, weil jeder Preissprung sich im eigenen Depot positiv bemerkbar macht.

Geschäfte mit Schmutz

Ein Erfolgsmodell, denn Großverschmutzer müssen durch den Kauf von zusätzlichen Zertifikaten das Recht erwerben, zusätzliche Klimaverbrechen begehen zu dürfen. Die Alternative dazu sind Investitionen etwa von Stahlhütten, Raffinerien und Kohlekraftwerken in Sonne, Wind und Biomais, die allerdings mehr Zeit brauchen. Beim Klimagipfel im schottischen Glasgow wurde eben locker vereinbart, den CO2-Zertifikatehandel eines Tages weltweit auszurollen. Einzelheiten müssen noch besprochen werden, weil es gilt, einen für alle tragbaren Kompromiss zu finden.

Im Inland aber prescht die Politik vor. In Berlin denken die Spitzen der kommenden Klimakoalition angesichts der prekären Lage einiger Bundesländer bei den Corona-Inzidenzen über eine Ausweitung des Rechtehandels auf Covid-19 nach, um einen bundesweiten Ausgleich zwischen ostdeutschen Superspreaderländern und den im Norden liegenden Niedrigansteckungsgebieten herzustellen. Die Grundidee ist ebenso simpel und einleuchtend wie beim CO2: Wer unter hohen Inzidenzen leidet, muss dafür bezahlen, indem er sogenannte Senken von weniger betroffenen Bundesländern kauft.

Neuer Inzidenzhandel

So könnte das schwer belastete Bayern mit seiner Inzidenz von nahezu 500 einen Teil seiner Corona-Last mit Hilfe von Schleswig-Hostein mitteln: Über den Kauf eines Zertifikates verschöbe die Landesregierung in München einen gewissen Inzidenzwert nach Norden, die Landesregierung in Kiel  würde dafür einen Teil ihrer Niedriginzidenz zum Börsentagespreis abgeben und die entsprechende Zahlung vereinnahmen.

Hier wirkt dasselbe "Verursacherprinzip" (Tagesschau) wie im Emissionshandel. Corona-Zertifikate schaffen einen Anreiz, weniger unter Covid-19 zu leiden. Länder, die es schaffen, kein oder wenig Covid-Infizierte ausweisen zu müssen, können freie Spitzen auf dem Inzidenzmarkt anbieten und die Einnahmen dazu verwenden, sich mit Blick auf das Virus "winterfest" (Olaf Scholz) zu machen. Später sollen auch Landkreise, Städte und Gemeinden miteinander Covid-Zertifikate handeln können, über einen ETF, auf den auch Future, Optionsscheine und Sprint-Zertifikate ausgegeben werden, wären Privatanleger mit im Boot. Ob auch der neue Staatsfonds zur Sicherung der Rente zur Absicherung in diesen speziellen Bereich wird investieren dürfen, ist in der Jamaika-Runde offenbar noch umstritten.

Weltweit Vorreiter werden

Ebenso steht eine europäische Lösung noch in den Sternen, für die sich vor allem die früheren hotspot Spanien, Portugal, Italien stark machen. In Brüssel werden zwei konkurrierende Grundmodelle diskutiert: Covid-Zertifikatehandel und Covid-Steuer. Beide haben Vor- und Nachteile. Brüssel will nach dem gelungenen Impfangebot an alle Bürgerinnen und Bürger mit ambitionierten Corona-Schutzvorgaben nachziehen und am liebsten einmal mehr weltweit zum Vorreiter werden. Doch ausgerechnet die reichen Staaten im Norden bremsen angesichts der Aussicht, in Zeiten knapper Kassen auch noch Covid-Rechte zukaufen zu müssen.

Und das zu höheren Preisen, denn das Angebot an Covid-Rechten verknappt sich der Marktlogik zufolge mit steigenden Inzidenzen. Schon jetzt sorgt die Aussicht auf Knappheit für einen Preisauftrieb: Vor dem Hintergrund der sich abzeichnenden Maßnahmeverschärfungen, die als Alarmsignal gesehen werde, strömten seit Wochen bereits mehr und mehr Investoren in den Markt, beschreibt ein Händler im Frankfurter Parkett. Gleichzeitig gebe es zunehmend weniger Verkäufer, weil die selbstgehaltenen Covid-Rechte absehbar bald auch dort gebraucht würden, wo sie bisher als hybride Anleihe über  Stillhaltergeschäft an Investoren verliehen worden seien.

Spekulanten am Ruder

Nur teilweise seien Spekulanten ein zusätzlicher Preistreiber, heißt es unter Experten, die schätzen, dass aktuell gut sechs Prozent der im Umlauf befindlichen Zertifikate spekulativ gehaltene Positionen sind. Allein die organische Nachfrage spreche jedoch für einer Verdoppelung des Preises für INZ IND wie der entsprechende Index genannt wird. Auf 100 Euro je Ansteckungspunkt haben Analysten das Kursziel bis Ende des Jahr festgeschrieben. Besonders positiv gestimmte Beaobahcter prophezeien gar, dass die Zertifikate im Herbst und Winter 110 Euro kosten werden.

Länder, Landkreise und Gemeinden, die mit dem Zukauf warten und zögerlich agieren, könnten so am Ende der vierten Welle vor einem finanzielle Trümmerhaufen stehen, denn eine solche Preisexplosion würde vor allem finanzschwache Körperschaften im Osten vor echte Problem stellen. Auch wenn ein hoher InzInd-Preis den marktgetriebenen Kampf gegen Corona befeuert und erfolgreiches Maßnahmemanagement belohnt, verteuert sich durch Verpflichtung, für zusätzliche Fälle zusätzliche Zertifikate kaufen zu müssen, letztliche der Corona-Kampf für alle. 

Handelssysteme zum Lastenausgleich

Vor allem schwer betroffene Gebiete im Erzgebirge, in Rottal-Inn und im Oberallgäu fordern bereits einen Zuschuss des Bundes, etwa aus einer Erhöhung des CO2-Preises für Wärme und Verkehr, der Zusatzbelastungen abfedern soll. Eine weitere rasante Verteuern brächte aber auch die EU-Kommission in ein Dilemma. Brüssel befürwortet automatische Handelssysteme zum Lastenausgleich und will sie künftig sogar als umfangreiche Abwehrwaffe gegen chinesische Warenlieferungen nutzen. Wenn Staaten, Länder oder Landkreise ihre Inzidenzen aber nicht mehr wie vorgeschrieben mit den notwendigen Zertifikaten unterlegen können, müsste die EU dann in den Handel eingreifen und Spekulationen am Markt eindämmen.

7 Kommentare:

  1. Hase, Du bleibst hier....November 15, 2021

    Sehr sehr schöne und kreative Schreibe. Über den Rotz aus Berlin kann man nur noch lachen. Ungeimpfte sollen sich impfen lassen, um sich und die Gesellschaft zu schützen, 2x Geimpfte sollen sich boostern lassen,um besser geschützt zu sein.
    Ein Impfabo für eine bedingt zugelassene Jauche ohne Langzeitstudien. Und das funktioniert, unglaublich.

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  2. Sind Söderländer anwesend? Ich verkaufe meine Nichtinfiziertheit meistbietend. Kann auch ein Zertifikat ausdrucken wenn's sein muss keine Ahnung.

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  3. >Impfabo für eine bedingt zugelassene Jauche ohne Langzeitstudien

    Und wie neulich irgendwo verdeutlicht wurde, für ein Produkt, dessen Hersteller keinerlei Gewährleistung oder Haftung unterliegt.

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  4. Wen wundert in diesem Land, in diesem Volk überhaupt noch was?

    Unabhängig vom Gequake pubertierender Hüpfgirls, die eine entwicklungsverzögerte Wohlstandsgöre zu ihrer Heiligen Jungfrau von Orleans verklärt haben, bewegt sich das ständige Hü und Hott der Coronaregierung auf ähnlich infantilem Niveau. Und weil man den Mehrheitstrotteln so leicht Angst um ihr jämmerliches Nutzviehdasein eintrichtern kann, streiten die fast darum, wer die erste, zweite und nun schon dritte Segensspritze verpasst bekommt.

    Diese moderne Weihwasserplörre mit Sondergenehmigung, die jeden Produzenten von Regress freispricht, schützt weder sie, noch die längst wie im mittelalterlichen Hexenverfolgungswahn verteufelten Ungeimpften zwar kaum, aber Hauptsache, endlich wieder besoffen im Partygewimmel rumtoben können.

    Das Feiern in Horden scheint für viele der einzige Lebenszweck zu sein. Und sowas hat Wahlrecht und bejubelt dann wahrscheinlich, dass Millionen illegale Einwanderer vom Steuerzahler erarbeitete "kostenlose" Medizinluxusversorgung bekommen, Ungeimpfte aber stigmatisiert und davon ausgeschlossen werden sollen. Das Piefketum suhlt sich mal wieder in seinem perversen Gottkomplex, jeden nach Gut- bzw. Schlechtdünken leben oder sterben lassen zu dürfen, nein, zum Schutze seiner abstrusen Volksgesundheit sogar zu müssen.

    Freunde der gepflegten Konversation, wir leben mal wieder in interessanten Zeiten, in denen die übelsten Triebe des Menschen die Herrschaft übernehmen. Ein Teil des Pöbels träumt sicher schon wieder von Folterkellern und Scheiterhaufen, um die satanische Neuzeitpest namens Corona mitsamt den Ketzern zu verbrennen.

    Mal sehen, wie viele "Impfdurchbrüche" also Impfversagen die Zukunft bringen wird.

    Aber auch das wird man Sündenböcken anlasten.

    Menschen waren so, sind so, bleiben so, denn Vernunft ist rar gesät in den Kronen der Schöpfung

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  5. mittelalterlichen Hexenverfolgungswahn ...

    Der Löwenanteil der Hexenverfolgungen spielte sich in der sogenannten frühen Neuzeit ab.

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  6. @ Anonym 3

    Na, wieder ein Haar in der Suppe gefunden?

    Für die Opfer wird das sicher keine große Rolle gespielt haben.

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  7. Na, wieder ein Haar in der Suppe gefunden?
    Für die Opfer wird das sicher keine große Rolle gespielt haben.


    Das war es mir wert.

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