Von wegen, Deutschland kann nicht schnell: Gerade erst beschlossen, wächst das Zukunftszentrum Deutsche Einheit nahe dem sächsischen Großschirma inzwischen schon sichtbar aus der Landschaft. |
Es war eine der letzten, aber vermutlich eine der wichtigsten und weitreichendsten Entscheidungen des scheidenden Kabinettes Merkel 8, deren Verwirklichung in diesen Tagen der entspannten Nachwahlaufregung in einer kleinen sächsischen Gemeinde nach dem früheren Demokratiebrennpunkt Chemnitz besichtigt werden kann. Hier entsteht seit einigen Wochen das langersehnte "Zukunftszentrum Deutsche Einheit", eine neue Institution als oberste Bundesbehörde, die in Zukunft nicht nur die Arbeit der Bundesdiskussionszentrale in Suhl ergänzen, sondern als Teil des Bundesgroßansiedlungsplanes für neue Verwaltungsbehörden auch Folgen des Energieausstieges abfedern soll.
Wackelregion bekommt stabile Wand
Dass die Qual der Standortwahl auf Sachsen fiel, mag kaum überraschen. Das prekär demokratisierte Bundesland im Süden des Ostens gilt als Wackelregion mit Problemen bis hin zur Klima- und Impfleugnung. Bürgerbeteiligung wurde zudem ganz großgeschrieben beim Zuschlag für die neue Bundesgemeinsamkeitszentrale, die offiziell als „Zukunftszentrum für
Europäische Transformation und Deutsche Einheit“ (ZZETDE) firmiert, wie der scheidende Ostbeauftragte
Marco Wanderwitz bei der Vorstellung der Pläne klargestellt hatte. Das Zentrum wird sich
künftig mit den Veränderungen in den letzten 30 Jahren und den kommenden 100 bis 150 Jahren in Deutschland befassen,
aber die zugrundeliegende Versöhnungsstrategie sieht auch vor, von hier aus einen „Brückenschlag in die Zukunft“ zu unternehmen, der perspektivisch auf ganz Europa ausgreift, zumindest in den offenen Grenzen der EU.
Für Großschirma, ein früheres Korbflechterdorf, das zu DDR-Zeiten zum Standort mehrerer volkseigener Fabriken zur Herstellung von Waren des täglichen Bedarfes wurde, sprach die gute Erreichbarkeit für internationale Gäste. Zudem haben die Abwanderungswellen der zurückliegenden 30 Jahre Platz für großzügige Neubauten geschaffen. Das Zukunftszentrum für europäische Transformation und Deutsche Einheit konnte so innerorts direkt am Dorfteich errichtet werden, ohne die Lebensqualität womöglicher Nachbarn zu beeinträchtigen. Eine solche Konstellation war ein Wunsch von Brandenburgs ehemaligem Ministerpräsident Matthias Platzeck gewesen, der sich vom Bau des Zukunftszentrums große Fortschritte bei der Erforschung der gesellschaftlichen Umbrüche der vergangenen Jahre verspricht.
Nachhaltig verdorbene Ware
Bisher gingen zumindest Teile der Bundespolitik, aber auch der zuarbeitenden Medien davon aus, dass wenigstens ein Teil der Ostdeutschen so nachhaltig durch die DDR-Diktatur verdorben wurde, dass diese Menschen nicht mehr für eine moderne, in Pandemiezeiten auch mal ohne Grundrechte funktionierende Demokratie zu gewinnen seien. Durch erbliche Gendefekte oder mitochondrische Diffusion seien selbst jüngere Jahrgänge, die keine eigenen Erfahrungen mehr mit dem Leben in der Diktatur gemacht hätten, schon so kontaminiert, dass sie ähnliche Verhaltensweisen wie ihre verlorene Elterngeneration an den Tag legten, hatte der Ostzuständige der Bundesregierung Mitte des Jahres einen Zwischenstand der Einheitsforschung öffentlich gemacht, der mit Entsetzen zur Kenntnis genommen worden war.
Das ZZETDE, ein schon im Rohbau hoch aufragener mahnender Quader in Braun, der einfallendes Licht klimaneutral zu nahezu hundert Prozent auf den Betrachter zurückspiegelt, soll sich dieses Themas annehmen. Platzeck, ehemals einen Moment lang auch SPD-Vorsitzender, verwies auf ein möglicherweise vorhandenes "ostdeutsches Bewusstsein", "das nicht mehr unbedingt auf die DDR-Vergangenheit zurückzuführen sei, sondern auf gemeinsame Erfahrungen zwischen Rostock und Suhl in den letzten 30 Jahren". Erkennbar sei diese spalterische Osthaltung durch einen tiefsitzenden Trotz, der jede Einsicht in die Notwendigkeit der Anpassung zur Erlangung völliger Freiheit verhindere.
Wider den Trotz der Abgehängten
Ein Problem, das weit über den abgehängten und wirtschaftlich noch immer nicht aus eigener Kraft lebensfähigen Osten hinausreicht. Auch in den Südländern der EU, die am Tropf von Transferleistungen des Nordens hängen, fühlen sich Menschen nicht hinreichend anerkannt. Sie beklagen immer wieder, dass ihre nicht konkurrenzfähigen Leistungen nicht anerkannt und sie mit Almosen abgespeist werden. Nur weil große Anstrengung aber nicht automatisch zu denselben wirtschaftlichen Erfolgen führt wie bei wirtschaftlich Erfolgreichen, dürfe sie nicht negiert und ignoriert werden.
Hier soll das Zukunftszentrum mit seinen künftig 1.245 Forschern, Wissenschaftlern, Experten und Forschenden ansetzen. Es gelte, einen Beitrag dazu zu leisten, dass aus diesem Identitätsgefühl ein Gefühl des Stolzes, des Zupackens und des Mutes werde. Minderwertigkeitskomplexe sollen aufgewertet und nach neuen Verfahren veredelt werden, Verlierer werden als wahre Zeitzeugen verehrt und viele Sachsen könnten so in das Erwerbsleben zurückgeführt werden.
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