Freitag, 22. Oktober 2021

Bundespostenballett: Blasses Leute-Lego in Berlin

Enttäuschung schon vor Vertragsabschluss: Womöglich reicht es für Katrin Göring-Eckhardt nur zu einem kleineren Ministerposten - dabei war die Frau aus Thüringen stets eine entschiedene Befürworterin der Hartz-Reformen und der Agenda 2010.

Enttäuschte Hoffnungen, zerbrochene Träume, verlorene Zuversicht. Kurz vor knapp, das Inhaltliche weitgehend bereits ausgekehrt, droht die Premiere der neuen Dreier-Koalition in Berlin in einem Rollback für Fortschritt, Gendergerechtigkeit und grünen Aufschwung zu enden. Keine Vision, keine Beispielwirkung für die ganze Welt. Dafür viel Kleinklein, Megawattaufrechnungen und Angst vor einer angeblich drohenden "Energiearmut", als die der planmäßige Energieausstieg nun von interessierten kreisen verleumdet wird. Eine Aufbauinitiative für klimaschädliche Gaskraftwerke soll es nun richten, aber ohne europarechtswidrige Zuleitungen, finanziert über sogenannte "Kehredite", ein neues Finanzierungsinstrument aus der grünen Hedgefond-Küche.

Neustart mit alten Problemen

Es ist kompliziert mit dem Start der Neuen in Berlin, gerade weil jedes inhaltliche Zugeständnis mit einer personellen Wohltat vergolten werden muss. Geben und Nehmen im globalen Maßstab, denn jedes Schräubchen, das in Berlin gedreht wird, lässt Ozeane steigen oder nicht, Millionen verhungern oder nicht, Inseln laut beweint in Klimafluten untergehen oder dieselben Inseln als gemeinschaftsfeindliche Steueroasen jedes böse Schicksal verdienen, das sie sich selbst ausgesucht haben.

Schneller denn je dreht sich das Bundespersonalballett um sich selbst. Die scheidende Langzeitmacht drückt ihre Schutzbefohlenen schnell noch in sichere Winterlager. Die Neuen trampeln schon vor der Tür. Es hagelt Enttäuschungen, Tiefschläge und Weichenstellungen, die die ganz andere Republik, von der vor dem Wahltag im September Millionen und Abermillionen Deutsche geträumt hatten, in weite Ferne rücken lässt: So divers sich die streng großkapitalistisch organisierte Fußball-Bundesliga präsentiert, so weißbrot- und kartoffellastig sehen die Runden aus, in denen die Zukunft des "reichsten Landes der Welt" (ZDF) ausgewürfelt wird.

Es mangelt an Farbe

Es mangelt an allem. An Farbe, an Anderssein, an Ostdeutschen, an Benachteiligten und an Alten, es mangelt an Arbeitern, an Jungen, an Ausländern und an Quereinsteigern, an Menschen, die auch privat schwer verschuldet sind, und an offen Drogensüchtigen, die wissen, wie schwer es ist, von einer Droge loszukommen, die jeden Morgen kostenlos frei Haus geliefert wird. 

Die Verhandlungsrunden zum kraftvollen Neuaufbruch erinnern fatal an die alte Bonner Republik mit ihren Männerbünden im Kanzlerbungalow, mit all den Kohls, Genschers, Seiters, Blüms, Schäubles und Rita Süßmuths. Nordrhein-Westfalen wohin das Auge schaut, dazu ein Alibi-Bayer mit langen Haaren und ein paar Halbnorddeutsche. Die Saarländer, über Jahre das Funadament der Merkel-Republik,  fehlen völlig, ebenso die Sachsen. Selbst die Thüringerin, die sich Hoffnungen gemacht hatte, im Tausch gegen Tempolimit und ein paar zusätzliche Kehredite Bundespräsidentin werden zu dürfen, blieb beim Darf-ich-bitten unaufgefordert.

In der Hand Alteingesessener

Das Schicksal der Nation, es liegt fest in der Hand einer alteingesessenen Funktionärsgilde, die nach den bewährten Hinterzimmer-Prinzipien von oben nach unten besetzt, was an lukrativen Posten verfügbar ist. Auf dem protokollarisch zweithöchsten, öffentlich aber unbekanntesten Rang im Land ersetzt eine westdeutsche Mitfünfzigerin mit drei Jahrzehnten Parteierfahrung einen "Strippenzieher" (PPQ, RND) mit 50 Jahren Parteierfahrung, der allerdings auch für viele Behinderte und Benachteiligte dort gesessen hatte, so dass erste Nachrufe der SPD-Presse seine früheren Tätigkeiten als Schwarzgeldkofferträger gar nicht mehr erwähnten. 

Scholz statt Merkel, Bas statt Schäuble, Steinmeier statt Göring-Eckhardt, das passt ins Leute-Lego, aber es passt gesellschaftlich nicht zum Aufbruchsanspruch der Jamaikaner, die am Start in eine neue Ära das beschämende Bild einer gut rasierten, gut frisierten, durchweg studierten, in den Gliederungen der drei Parteien aufgezogenen und im politischen Berlin ansässigen Bruderschaft aus sportlich schlanken, eloquenten, um keine Ausrede verlegenen kalkweißen deutschen Bürgerlichkeit erwecken, die in den Jahrhunderten seit der Varus-Schlacht immer wieder für Angst und Schrecken bei Nachbarn, Freunden und Verbündeten gesorgt hat.

Wo sind die Dicken?

Es fehlt bisher deutlich an Signalen der Verhandlungsgruppe um Olaf Scholz, dass das Problem zumindest erkannt worden ist und bei der Besetzung der zahlreichen offenen Stellen berücksichtigt werden wird. Divers und vielfältig kann nicht nur heißen, dass eine Niedersächsin am Kabinettstisch mit einem Wuppertaler zusammensitzt, gegenüber von einem Schleswig-Holsteiner und quer von einem Hamburger. Es muss auch heißen, dass die Übergewichtigen sich wiederfinden, die bekennend Andersliebenden, die Alten und die Kleingewachsenen, die, die mit dem Rechtsstaat so ihre Problemchen hatten, und die, die selbstbewusst sagen, das ist auch gut so.

So wichtig die Inhalte sind, für die Jamaika in den kommenden Jahren stehen will, angefangen vom Energieausstieg über eine stabile Rentenpolitik bis hin zur Verstetigung der gemeinsamen Verschuldung der EU, so sehr sind es auch in der neuen, bunten Republik Deutschland die Kader, die alles entscheiden. Sind sie zu blass, beschädigt das das Bild, das die Beispielnation von sich selbst hat. Sind sie zu homogen, fehlt ihnen die Strahlkraft, für Länder wie Polen, Ungarn, das seit Jahren gegen EU-Grundregeln verstoßende Litauen oder das vom Ausschuss für Recht und Menschenrechte des Europarates wegen der Verfolgung friedlicher Demonstranten angeprangerte Spanien zu überzeugen, dass es auch einen anderen Weg gibt, nämlich den des moralischen Regimes, das von wichtigen und überaus bedeutsamen Symbolhandlungen lebt, das aber immer noch gar nicht so schlecht.

 

6 Kommentare:

  1. Der Wolfsgruß wild gelernt sein. Auch von einem Fußballgott in der Dusche.

    https://www.fussballgold.de/collections/weitere-magazine/products/die-kanzlerin

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  2. Die Marshallinslen gehen unter? Dort wohnen 60000 Leute, das war zu ihren Glanzzeiten etwa Merkels Monatskontingent für illegale Einreisen.

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  3. Ein erfolgreich bunt sediertes Volk kann sich doch keine bessere Vertrötung wünschen als jene Grünschnäbelin, die sich über die gewalttätig bereichernde Veränderung in Schland diabolisch freut, wie sie sagte. Jeder Dummpöbel bekommt die optimal zu ihm passenden Souffleure, damit der Abstieg in die globale Kloake nicht verlangsamt wird. Schlammkriecher lieben nun mal stinkenden Morast.

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  4. Wenn wirklich jedes inhaltliche Zugeständnis mit einem Posten abgegolten werden muss, müsste die FDP doch zukünftig sämtliche Minister, Staatssekretäre und den Bundespräsidenten stellen. Was die nächsten Jahre im Namen einer zumindest nominell liberalen Partei beschlossen werden wird, wird beeindruckend sozialistisch sein. Außer der Erhöhung unserer Abgaben die aber nicht Steuererhöhung genannt werden wird, wird die FDP keine einzige ihrer Forderung dursetzen können. Für die Einführung des Sozialismus mit liberalem Antlitz müsste es doch Posten über Posten für diese Partei regnen.
    Oder andersrum würde ich gerne wissen, was die FDP für jeden Grünen und SPD Minister erhalten hat. Es würde mich schon interessieren, welche liberalen Glanzlichter die FDP in den Koalitionsvertrag hineingedrückt hat.

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  5. @ Jodel: Die NWO in ihrem Lauf, halten weder Lindner noch Höcke auf.
    Vielleicht überleben noch ein paar Tausend von uns als Folkloretruppe(n) für Touristen von dunklerem Teint. Schuhplattler bzw. Schüttel-die-Büx.
    Bis vor so zwei Jahren habe ich mir selber noch Zweckoptimismus verordnet bzw. eingeredet. Und gewähnt, Protestwählen wäre ein klitzekleines bißchen besser als gar nichts.

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  6. @Anonym

    Ich erhoffe mir von Herrn Lindner und seiner Truppe, bzw. Herr Höcke auch nicht die Rettung der Welt. Nur ein kleines bisschen bremsen auf dem Weg nach unten wäre schön gewesen. Man soll sich ja nicht vollständig dem Zynismus hingeben. Ein ganz kleines bisschen Hoffnung glimmt immer, sonst könnte man sich auch gleich den Stick nehmen.
    Eine Stimme für die FDP sollte man meines Erachtens auch nicht als Protestwahl einsortieren.
    Wenn einem schon die Industrie flöten geht, muss man froh sein wenn einem wenigstens der Tourismus bleibt. Da kann man auch von leben. Die Demütigung mit den Schuhplattlern muss man dann halt schlucken. Das tun andere auch. Hier rechne ich dann aber eher mit Besuchern mit eher gelbem Teint, falls man das noch so sagen darf. Es wäre daher nur ratsam zu schauen das man sich jetzt schon eher bei den Hotelbesitzern einreiht und nicht bei den Kellnern. Ich weiß, leichter gesagt als getan.

    Bei der NWO bin ich immer ein bisschen skeptisch. Schaffen die noch die vollständige Einführung oder bricht unser wirtschaftliches Kartenhäuschen unter alle den aufgebürdeten Lasten vorher zusammen. Mit einem Land, bzw. Kontinent, in dem vergleichbare Zustände wie auf den Philippinen herrschen, kann die NWO auch nicht viel anfangen. Wenn es diese Truppe wirklich geben sollte, sägen die aber so was von am eigenen Baum. Wirtschaftlich zerrüttete Länder mit entsprechendem Goldstückanteil sind doch im Schoße Allahs viel besser aufgehoben.

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