Samstag, 25. September 2021

Doreen Schröder: Ich bin ostdeutsch und blond, das sind meine Identitäten

Doreen Schröder trägt selbstbewusst Mädchenrose und Lippgloss: Man kann sich selbst nicht entkommen, sagt das ostdeutsche Model.

Sie ist ostdeutsch, sie ist blond, sie sächselt ganz süß und hat darauf verzichtet, Abitur zu schreiben. Doreen Schröder stammt aus einer alten erzgebirgischen Räuchermannmanufakturfamilie, Mutter und Vater arbeiteten ihr Leben lang in einer kleinen Räuchermannl-Genossenschaft, ehe sie dann Umschulung, Vorrente und schließlich Altersrente genießen durften. Für Schröder, 1,76 Meter, ebenmäßiges Gesicht und ein bisschen schon Traumfigur, kam eine solche Karriere nie infrage. Die heute 22-Jährige wollte ihr ganzes Leben lang stets Model werden -"seit ich die erste Staffel von Heidi Klums Supermodelsuche gesehen habe", gesteht sie.  

Der Weg ganz nach oben in einer Haifischbranche war kein einfacher, Doreen Schröder musste sich anstrengen, manchmal auch kämpfen, gegen innere Widerstände, vor allem aber gegen die Vorurteile eines globalisierten Geschäfts, in dem bestimmte Stereotype immer noch fest sitzen. "Blond gleich dumm und dumm fickt gut", fasst Schröder ungute Erfahrungen zusammen, die sie in den vergangenen acht Jahren im Modelbusiness machen musste. Dazu komme ihre Herkunft, das Sächseln, das sich auf ihr grobes Englisch übertragen hat. Doch Doreen Schröder hat nie aufgegeben, ganz im Gegenteil: Ihre Makel sind heute ihr Aushängeschild, die Traummaße, die fehlenden Schönheitsfehler, das tiefsitzende Ossige, jene Mischung aus Sturheit, Selbstschaden und Stolz auf die eigene Rückständigkeit.

PPQ.li-Kolumnistin Svenja Prantl hat mit dem erfolgreichsten Fotomodel Sachsens über Vorurteile als Waffe zur Selbstverteidigung, Weißheit, Blondheit und Ostdeutschheit gesprochen - ein Dreiklang aus Terroreigenschaften, die schon manche Karriere beendet haben - nicht aber die von Schröder, die bei Instagram inzwischen 673.000 sogenannte Follower zählt.

PPQ.li: Du trägst Shirts auf denen groß “Ost Weiß Blond Hübsch” steht. Bezeichnungen, die viele Menschen als Beleidigung verwenden und andere wiederum aus diesem Grund überhaupt nicht. Was bedeuten diese Begriffe für dich?

Doreen Schröder: Es sind meine Identitäten. Ich bin ostdeutsch und naturblond, tut mir leid. Ich bin weiß und nach gängigen Idealen hübsch. Das sind alles Adjektive genauso wie groß oder schwarzhaarig. Das ist also per se erstmal nichts Negatives, sondern einfach eine Beschreibung. Und ich finde, dass sie meinem Körper und mich am besten beschreiben. Allerdings wird das Wort "ostdeutsch" von der Mehrheitsgesellschaft negativ konnotiert, ebenso "weiß" und "blond". Aber das nehme ich nicht hin, ich lasse mich daran nicht fesseln. Ich und andere East-Acceptance-Aktivist:innen holen uns die Begriffe jetzt einfach zurück.

PPQ.li: Modebegriffe wie "Zweite Generation Ost" oder "Ex-DDR-Kinder" siehst du auf der Gegenseite überaus kritisch, warum? 

Schröder: Ex-DDR-Kinder impliziert ja schon, dass diese Leute von etwas sind, das es nicht gab. Sie sind also von der Herkunft her nicht im Normbereich, denn sie haben keine Heimat, weil die weggefallen ist. Aber was soll denn dieser Normbereich sein? Hat Angela Merkel ihre Heimat verloren, weil sie Hamburg verlassen musste? Diese Begriffe beschreiben doch nur Ideale, die die Mediengesellschaft geschaffen hat, um ihre Wurzeln zu gießen. Im Deutschen verwende ich als Selbstbezeichnung für mich ostdeutsch, weil das nun mal ein unveränderliches Personenstandsmerkmal ist. Wenn ich über andere Personen mit demselben Schicksal rede, nehme ich den Begriff mehrdeutsch. Die sind ja ab einem gewissen Alter ostdeutsch, aber auch westdeutsch, also mehr deutsch als nur Westdeutsche. Allerdings kann ich nicht für andere sprechen. Man fragt am besten immer – sollte es die Situation wirklich erfordern – nach der Bezeichnung oder Identitätsbeschreibung einer Person und verwendet diese, so lange sie schlüssig klingt. Wobei ich eben die Ansicht vertrete, dass Identitäten zu einem Teil das sind, was sich nicht ändern lässt. Ich zum Beispiel kann mich als pummelige Schwarzhaarige mit XXL-Oberschenkeln denken. Aber ich kann im Laden nicht danach einkaufen.

PPQ.li: Du lebst in deinen Vorfestlegungen?

Schröder: Nicht, dass ich das so möchte. Mein Modelberuf besteht ja zu einem Gutteil aus Verwandlung. Mein Traum ist, dass wir irgendwann dahin kommen, dass man beispielsweise nicht mehr sagen muss "Ich bin ostdeutsches Model", sonder einfach "Ich bin Model" – ohne verwunderte Blicke zu bekommen, weil alle sich fragen, ob man vielleicht aus Ostdeutschland kommt. Oder, dass man nicht mehr in einer speziellen Kategorie Kleidung kaufen muss, damit die an einem passt. Aber so weit ist die Gesellschaft noch nicht. Wer kein Abi hat, schlecht Englisch spricht und gern Cola trinkt, wird in vielen Lebensbereichen einfach ausgegrenzt.

PPQ.li: Du erfährst eine Dreifachdiskriminierung aufgrund deiner Herkunft, deines Aussehens und deiner Bildungsgeschichte. Aber deine sexuelle Orientierung schadet dir nicht, oder? Und wenn doch: Wie hälst du das mental aus, dieses Gewitter an Vorurteilen?

Schröder: Ich habe schon ganz früh gemerkt, dass ich genauso wie die anderen Kinder in der Schule war. Ich habe am liebsten mit Mädchen gespielt, aber irgendwann kam das Interesse an Jungen. Zur selben selben Zeit lebten wir das alle, würde ich sagen. Es gab Experimente, aber oberflächlich, oft unter Alkoholeinfluss. Wenn ich mich morgens für die Schule anzog, dann so, dass Jungen und Mädchen etwas zum Schauen hatten. Meine Klassenkamerad:innen und ich, wir waren von vielem unbeleckt, wir dachten nicht Kategorien wie systemische Benachteiligung durch fehlende Minderheitsmerkmale. Ich wusste schnell, dass es nicht gut ist, schlank, sportlich und beliebt zu sein. Aber was hätte ich machen können? Auch über meine Sexualität war ich mir sehr früh klar, nichts Exotisches, nichts Spannendes. Dass anderes möglich gewesen wäre, wusste ich nicht. Ohne Internet waren Menschen, die nicht so waren wie ich, einfach noch überhaupt nicht jeden Tag überall sichtbar. Im Zuge dessen, habe ich jahrelang mit schweren Depressionen gekämpft, weil ich mich als langweilig und gewöhnlich empfand. Ich habe sehr lange gebraucht, um mich selbst anzuerkennen. 

PPQ.li: Das Schlagwort Body Positivity wird seit einiger Zeit sehr inflationär benutzt und oftmals falsch. Was verbirgt sich wirklich dahinter?

Schröder: In meinem Fall geht es darum, für sich selbst einen positiven Bezug zum eigenen Körper zu entwickeln, den man ja hassen lernt in dem Moment, in dem einem klar wird, dass er für andere eine ständige Beleidigung ist. man träumt von der eigenen Einzigartigkeit, von einer rätselhaften Ausstrahlung, androgyn und herkunftslos global. Und dann geht man in seiner unendlichen Gewöhnlichkeit herum, zeigt seine Blondheit, seine Schlankheit, seine sogenannten Traummaße. Man ist sexuell für das andere Geschlecht verfügbar,wie es sich bei uns im Erzgebirge immer noch gehört. Man Spaß am Sex und seine Freude daran, vom Mittelstürmer der Schulauswahl flachgelegt zu werden. Das ist trübe, das ist beleidigend für andere. Das macht einen fertig, wenn man ein junges Mädchen ist, das gar nicht weiß, was es flaschmacht. ich habe lange gebraucht bis zur Selbstakzeptanz, also bis ich ein positives Gefühl für mich selbst verspüren konnte. Body Positivity heißt nicht – und das wird sehr oft missverstanden – dass ich meinen Körper schön finden muss. Es heißt, dass ich mich damit abfinde, dass er eben ist, wie er ist.

PPQ.li: Vieles habe ich genauso erlebt, den Neid, die Zurücksetzung. Aber wie stehst du als Ostfrau und Blond-Positivity-Aktivistin zu Selbstakzeptanz versus Selbstliebe? 

Schröder: Selbstakzeptanz bedeutet für mich zu verstehen, dass es beispielsweise gut ist ostdeutsch, schlank und heterosexuell zu sein, egal, was mir die Medien beibringen wollen. Ich sage: Ich habe es mit Frauen versucht, ich habe es mit Steaks und Kuchen versucht und ich war beim Friseur und habe färben lassen. es hat nicht funktioniert. Frauen im Bett machen keinen Spaß, Essen schlägt bei mir nicht an und mit schwarzen Haaren sehe ich durch meine makellose helle Haut noch blonder aus als sowieso schon. Also bin ich ich und das ist vollkommen in Ordnung. Und es ist deshalb auch in Ordnung, wenn es Tage gibt, an denen ich mich mit einer oder beiden Identitäten struggle. Ich will nicht immer ostig sein, bin es aber. Ich schiele manchmal auf Jobs, die Molly-Model an Land ziehen. Aber es ist ganz wichtig zu verstehen, dass diese schlechten Gefühle und Gedanken, die man sich selbst gegenüber hat, nicht von einem selbst kommen, sondern von außen. Mit dem Begriff Selbstliebe muss ich sagen, bin ich vorsichtig. Sich selbst lieben zu müssen, baut zu viel Druck auf. Das Schicksal wirft einen ja in Umstände und Eigenschaften, die einem aufgebürdet sind. Das muss man akzeptieren, aber muss man es leben? Nein. Es reicht, wenn man sicher ist, dass man okay ist, obwohl man ein Leben lang beigebracht bekommen hat, dass man nicht richtig ist, so wie man ist.

PPQ.li: Was hat dir zu mehr Selbstakzeptanz verholfen?

Schröder: Ich muss sagen, dass die sozialen Medien mir extrem geholfen haben. Ich habe dort andere Ostdeutsche und andere blonde Frauen mit Filmstar-Figuren gesehen, die damals schon an dem Punkt waren, an dem ich noch nicht war. Sie waren hübsch, haben aber trotzdem Bikinis getragen und sich selbst gefeiert – einfach ihr Leben genossen. Das war für mich total krass und empowernd. Ich habe damals auch andere Instagrammer:innen und TikToker*I;..)/Innen angeschrieben, um mir auf die Sprünge helfen zu lassen. Wie werde ich so? So selbstbewusst auf meine Nachteile? Ich habe mir dann einen Bikini gekauft - mit Rücksicht auf die anderen am Strand hatte ich bis dahin immer Badeanzug getragen. Heute weiß ich: Natürlich bekomme ich ständig die Blicke! Natürlich schauen die Männer lüstern und die Frauen neidisch. Und beide zusammen hassen mich. Aber auch wenn ich das spüre, weiß ich doch: Wir sind eine Community. Irgendwo anders auf der  Welt liegt gerade auch ein Model in ganz, ganz knappem String am Strand und sonnt sich. Das ist eine kollektive Verbundenheit, die macht mich stark. 


3 Kommentare:

  1. Wirklich ein schweres Los, bitte tapfer bleiben.

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  2. Was an dem Teil am meisten stört, ist die dicke fette Herpesblase an der Unterlippe steuerbord. Außerdem zu schmallippig für gescheites fellatieren. Go Southeast, guy!

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  3. Bernd diskriminiert pummelige Hauptschulchantallen .

    systematisch

    immer wieder .

    "du wirst nicht versetzt"

    "warum?"

    "weil deine Eltern keine Akademiker sind - außerdem ham die falsch gewählt "

    "oh"

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