Freitag, 4. Juni 2021

Wahlkampf Sachsen-Anhalt: In den letzten Zügen

Methode Trump: Wenn die Fakten nicht passen, mach dir selbst welche.

Wiedereinmal geht es um alles, um das Land, die Zukunft, das Eingemachte. Sachsen-Anhalt, das "oft übersehene" (Robert Habeck) Bundesland mit der roten Laterne, der tiefsitzenden Feindschaft zur solidarischen Finanzierung des Gemeinsinnfunks und der aktuelle Aufgabe, als Temperaturfühler für den Bundestagswahlkampf zu dienen, steht vor der Entscheidung. Kenia, Simbabwe oder gar Deutschland? Wozu wird es noch mal reichen, wohin fährt der Zug ins Nirgendwo?  

Im Erschöpfungszustand

In einem Wahlkampf, in dem mehr Bänder durchgeschnitten, neue Wasserstoff-Produktionslinien eingeweiht und die Planung von noch viel mehr neuen Wasserstoff-Produktionslinien angekündigt wurde an jemals zuvor in irgendeinem Land der Welt, haben sich die Beteiligten gegenseitig in einen Erschöpfungszustand gepredigt. Der Elefant war wieder im Raum, genau genommen waren es diesmal sogar zwei oder drei. Aber weitgehend ist es doch gelungen, um ihn herumzukommen. Man sprach über dies und das. Man war für Heimat und "unsere Menschen". Man kündigte an, "Geld in die Hand" zu nehmen (SPD) das man nicht hat. Man wollte "hochfahren" (FDP) und "die Richtigen zahlen lassen" (Linke), das "Klima retten" (Grüne) und den "Wessis das Kommando nehmen" (Linke). 

Die Bienen und Blumen und Kinder vom letzten Mal waren fort, aber konkret wurde es nur einmal, als Reiner Haseloff, der Mann, der den Weiterbestand der Demokratie im Lande garantieren muss, für einen Moment die Nerven verlor angesichts der anstehenden Titanenaufgabe. Und ein anderes Mal, als die grüne Landeschefin Cornelia Lüddemann ankündigte, eine um 20 Jahre verspätete Autobahn nur soweit weiterbauen lassen zu wollen, wie "heute schon Baurecht vorliegt".

Nun wird alles besser

Das hat schon kaum jemand noch gehört, denn seit die Biergärten knapp vor dem Urnengang wieder öffnen durften, ist viel Unwillen verraucht. Die Sonne scheint, der Urlaub lockt. Es ist viel erreicht. Und nun wird es nur noch besser werden. Wer macht sich da noch die Mühe, alle Versprechungen zusammenzurechnen? Vom Elterngehalt bis zum Grundeinkommen, von den Investitionen in Nachhaltigkeit bis zu denen in den Nahverkehr, die bis heute nur halb elektrifizierte Bahn, die neuen Arbeitsplätze in der Ökologie, die gewaltigen Fabriken für Solar und Wind?

Geld ist da, überall. Die SPD, in einer früheren Inkarnation ein Schmetterling aus schwarzen Nullen, hat sich zurückverwandelt in die Raupe Nimmersatt, die Geld in die Hand nimmt, wenn sie Geldausgeben meint. In der CDU, die die Landesregierung seit 19 Jahren führt, hat sie den besten Partner dafür: Seit die schwarz-rote Koalition 2006 beschloss, die Landesfinanzen zu konsolidieren, stieg der Schuldenstand von ehemals neun Milliarden Euro auf nunmehr 22 Milliarden. Mit allen seinen Anstrengungen zu Verringerung der Verschuldung hat es das Land geschafft, seine Schulden mehr als zu verdoppeln. Statt das Haushaltsvolumen von 2006, damals 10,1 Milliarden Euro, um die geplanten 20 Prozent zu senken, stieg es um 16 Prozent auf 11,8 Milliarden.  

48.000 Euro Schulden pro Kopf

Inzwischen hat Sachsen-Anhalt in nur 30 Jahren so viele Schulden gemacht wie Rheinland-Pfalz in 72. Die Corona-Schulden sind dabei noch nicht mitgerechnet, addiert werden müssen zudem etwa 26.000 Euro Anteil an den Schulden des Bundes pro Kopf. Die Gesamtsumme beträgt also 48.000 Euro pro Kopf der Bevölkerung. Mit der Aussicht, dass angesichts der Alterspyramide des Landes am Ende deutlich mehr bei allen herauskommt Bis 2030 wird die Bevölkerungszahl um elf Prozent auf unter zwei Millionen sinken. Bis 2040 werden weitere 200.000 Bürgerinnen und Bürger fehlen. 2050 dann wird sich die Einwohnerzahl im Vergleich zu 1990 halbiert haben.

Der Schuldenstand pro Kopf wäre dann, selbst ohne zusätzliches Geld, das in die Hand genommen wird, und ohne die kleinste Zinserhöhung, doppelt so hoch wie heute. Aber das ist  nichts, wovon irgendjemand im Wahlkampf spricht. Stattdessen gab es sinnfreie Parolen wie "Naturschutz: Bewahrt das Wertvolle" (Grüne), "Und jetzt die Zukunft" (SPD), "Unser Ministerpräsident" (CDU), "Endlich eine Perspektive" (FDP) und "Nazis stoppen" (Die Linke). Die SPD hat auf alle ihre Plakaten eine treffliche Zusammenfassung dieser Strategie gedruckt: Sind die Tatsachen nicht auf deiner Seite, dann musst du "Fakten schaffen für unser Land".


12 Kommentare:

  1. Gottseidank geht es dem rechten Popanz dank neu geschaffener Fakten endlich an den Kragen.
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    https://www.welt.de/politik/deutschland/article231577045/Wahl-Sachsen-Anhalt-CDU-in-neuer-Umfrage-deutlich-vor-AfD.html

    CDU in neuer Umfrage in Sachsen-Anhalt deutlich vor AfD
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    Man kann das Prefaktische ja am Montag mit den dann geschaffenen Fakten vergleichen.

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  2. herrlich, oder? bei einer fehlertoleranz von 2,5 bis 3,5 musst du für dieses ergebnis schon lange sparen

    das schöne daran ist, dass nun in jedem fall eins der institute meilenweit danebengelegen haben wird

    oder alle

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  3. Die grüne Parole ist vielleicht die ehrlichste, kann man mit 'bewahrt die Energieumlage' übersetzen.

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  4. https://pbs.twimg.com/media/DfL5Q5LXcAErw0o?format=jpg&name=900x900

    Mal sehen, sprach der Blinde.

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  5. Dat geit, Kinnings. Unterlegen und anklicken.
    Davon abgesehen, daß der feuchte Schritt von übergeschwapptem Bier aus einer geöffneten Dose beim Mitfahren im Auto herrühren soll: Ein Fernsehteam, möglicherweise aus dem Außengelände, hat diesem Musterexemplar der einzig wirklich fortschrittlichen und revolutionären Klasse 50 DM (ooch, soo viel Geld!) dafür gegeben, in die Kamera zu weisen, wie hoch Heilkräuter wachsen können.
    Zuweilen wünscht man sich doch mittelalterliche Strafen wie Stäupung und Prangerstehen zurück.
    Es wäre aber auch zu bedenken: Für geschätzte 4/5 der mündigen Bürger - weltweit - war damit auch sofort alles klar.

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  6. Der Star des groben Scans aus dem längst vergessenen Witzblatt Kowalski dürfte inzwischen in Rente oder nah dran sein, so er noch unter uns weilt. Das Bild soll wohl 30 Jahre später immer noch irgendwas beweisen. Schwamm drüber.

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  7. 2006 starb Ewert mit Anfang 50 in derselben Wohnung, die er schon zum Zeitpunkt der Ausschreitungen bewohnt hatte.
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    Ich gelüste schon nach einem Rohrstock, um diesem Flegel der Wikipedia beizubringen, was gutes Deutsch ist.

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  8. Das Bild soll wohl 30 Jahre später immer noch irgendwas beweisen ...

    Nicht so ganz, nicht so ganz (Walter Huston in "Schatz der Sierra Madre" 1948*) - ein (((Feind))) brachte es gerade eben wieder, und in Friedrichshain findet es sich hier und da an Laternen ( Ah! Ça ira ... ) mit dem Kommentar: Das ist Deutschland. Es ist gar nicht so unaktuell. So, wie das Ableben des Silvio Meier auch.

    *Böse Banditen sehr überrascht, daß Soldaten im Zug und warten auf Banditen. Ganz wenige Passagiere nur tot.

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  9. https://de.wikipedia.org/w/index.php?diff=166570012&oldid=123166340&title=Harald_Ewert

    Zum Zeitpunkt seines Todes lebte er in derselben Wohnung, die er schon zum Zeitpunkt der Ausschreitungen bewohnte.
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    Oha, die Zwischenwelt gibt es also doch.

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  10. Interessanter Exkurs.

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  11. Die fehlenden Bürgerinnen und Bürger werden sich leicht ausgleichen lassen. Der Orient und Afrika bietet genug Interessenten. Allein durch den Import von zwei Millionen neuen Schuldenträgern wird sich die pro-Kopf-Belastung auf die Hälfte reduzieren lassen. Wir schaffen das.

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  12. die spd wird morgen eingeschläfert

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