Ausgestiegen werden muss überall - und dafür stehen nun fast 40 Euro pro Kopf zur Verfügung. |
Glatte 38,88 Euro pro Kopf jedes EU-Bürgers fasst der Fonds für einen "gerechten Übergang" zu einer grünen und nachhaltigen Wirtschaft, den das EU-Parlament in der vergangenen Woche mit überwältigender Mehrheit beschlossen. Der Fördertopf soll Politik und Unternehmen in den kommenden Jahren dabei helfen, die Ziele aus dem sogenannten "Green Deal" zu erreichen und bei der dazu nötigen Transformation von Industrie, Verkehr und gesellschaftlichem Leben soziale Härten abzufedern.
Doppelte Wirksamkeit
Nach den Bestimmungen des Klimapaktes, den EU-Chefin Ursula von der Leyen im vergangenen Jahr verkündet hatte, muss die EU in den kommenden 29 Jahren klimaneutral werden. In der Gesamtbilanz sollen die Mitgliedsstaaten dann nur noch so viel Treibhausgase ausstoßen, wie sie durch Aufforstung oder CO2-Speicherung auszugleichen vermögen. Der jetzt von den Abgeordneten mit 615 zu 35 Stimmen bei 46 Enthaltungen angenommene Umsetzungsplan umfasst 7,5 Milliarden Euro aus dem bis 2027 reichenden Haushaltsplan der Gemeinschaft und weitere zehn Milliarden aus dem Corona-Schnellhilfekonjunkturprogramm Next Generation EU, das damit gleich doppelt wirksam wird.
Einerseits wird das Geld zur Abfederung der Seuchenschäden ausgegeben. Gleichzeitig dient es dem Aufbau neuer, umweltfreundlicher Industrien, der Dämmung von Fassaden, dem Aufbau einer italienischen Wasserstoff-Autoindurie, dem Bau von Straßen für Elektrofahrzeuge und der Förderung von deren Anschaffung etwa in Italien.
Förderung für Fußgängerzonen
Mit beinahe 40 Euro pro EU-Bürgerin können nun Projekte finanziert werden, die auf wirtschaftliche Diversifizierung beziehungsweise Wandel oder das Schaffen von Arbeitsplätzen ausgerichtet sind. Förderfähig sind auch Vorhaben, die zum Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft ohne Müll beitragen. Der neue Klimafonds unterstützt einerseits Arbeitnehmer bei der Jobsuche, bei Weiterbildung und Umschulung etwa zu Fahrradmonteuren, Rollerverleihern und Fußgängerzonenpflegern. Andererseits aber auch kleine Unternehmen, jungem, frische Startups, Gründerzentren, staatliche Hochschulen und Einrichtungen aus der Bundesansiedlungoffensive Ost bei der Suche nach Forschungs- und Verwaltungsbedarf bei höherer Energieeffizienz und nachhaltiger Mobilität.
Die Mitgliedstaaten müssen zur Fördersumme selbst 15 bis 50 Prozent beitragen, so dass Regionen, in denen die Schwerindustrie neu aufgebaut und Belegschaften der fossilen Brennstoffindustrie neuen Stellen zugewiesen werden müssen, mit bis zu 60 Euro pro Kopf der Bevölkerung rechnen können. Die Grünen-Fraktion im EU-Parlament hätte Presseberichten zufolge gern viel mehr Geld in den Topf für die Gerechte Energiewende (GE) gesteckt. Am Ende aber musste sie sich damit begnügen, das Fördermitttel nicht für Stilllegung oder Bau von Kernkraftwerken genutzt werden können.
Im Rahmen des neuen EU-Mechanismus für einen gerechten Übergang (EUMGÜ) müssen die Mitgliedsstaaten nun eigene Pläne für einen gerechten Übergang aufstellen und in den europäischen Mehrebenendialog einspeisen. angeben, welche Gebiete die Energiewende am härtesten trifft. Dorthin sollen die Mittel hauptsächlich fließen. Diese Pläne sind Voraussetzung für die Freigabe der Mittel aus dem Mechanismus für einen gerechten Übergang.
Wer nicht mitmacht, bekommt nur die Hälfte
Ein besonderer Fokus liegt auf Inselgebieten und Regionen in äußerster Randlage. Doch welche Summen die EU-Länder aus dem Fonds erhalten, hängt davon ab, ob sie sich einzeln dazu verpflichten, bis 2050 klimaneutral zu werden. Solange sie sich dieses Ziel nicht setzen, haben sie nur Anspruch auf die Hälfte der ihnen zugedachten Mittel - das wären etwa für die widerstrebenden Polen nur knappe 30 Euro.
Deutschland war hier bereits vorbildhaft vorgeprescht und hatte seinen Energieausstieg auf mit einem in Rekordzeit verabschiedeten Klimaschutzgesetz in einem ersten Schritt auf 2045 vorgezogen. Österreich strebt derzeit 2040 als Ziel an, spätestens im Nachgang der Bundestagswahl im Herbst rechnen Beobachter allerdings auch hierzulande mit der Verkündigung neuer, ehrgeizigerer Ziele für die Bundesrepublik.
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