Zwei Himmelhunde auf dem Weg ins Kanzleramt: Markus Söder und Armin Laschet wollen Kanzlerkandidat werden. |
Da reckt sich ein Hammer, kräftig in die Brust geworfen. Und dort steht der kleine Tänzer, ein Schieber ohne Schwung von Haus aus, der die Lackschuhe kaum hebt. Beide wollen gern würden, wissen aber noch nicht, ob man sie dürfen lässt. Mit allen Tricks des professionellen Zeitspiels haben die Führerinnen und Führer der Republik in den vergangenen Wochen versucht, vom Gesamtversagen aller Ebenen in der Corona-Politik abzulenken: Es gab die Gespensterdebatte um nicht vorhandene Tests, eine Öffnungsdiskussionsorgien vor den Landtagswahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz, die imaginäre Osterruhe, den "Brücken-Lockdown" und den Bundes-Lockdown mit allgemeinen Ausgangssperren.
Bundeserleichterungswahlkampf
Immer half das neue Thema nur über eine halbe Woche, immer blieben alle Ankündigungen und Pläne ohne Umsetzung. Die als lockendes Licht der Rückkehr zur Normalität ans Ende des dunklen Corona-Tunnels gehängte Öffnungslampe verlosch. Die Task Forced Test-Logistik fischte ihre Schlagzeilen ab und stellte anschließend sofort die Arbeit ein. Selbst das letzte Versprechen der Bundeskanzlerin, nicht "noch einmal 14 Tage tatenlos zuschauen" (Merkel) zu wollen, wie die Lage außer Kontrolle gerät, löste sich in verständnisvollem Schweigen auf. Don't ask. Don't tell.
Zu wenig und zu weich, um über die restlichen Monate bis zur Vollimpfung des Volkskörpers den Eindruck zu erzeugen, die da oben kümmern sich. Die Impfkampagne, über Monate noch schrecklicher schiefgegangen als zuvor die Maskenbestellung, gilt im politischen Berlin als letzte Rettung vor dem Untergang. Der Blick nach Großbritannien, das Impfstoffe einen Monat vor der EU zuließ und nun - etwa zwei, drei oder vier Monate vor der EU - wieder zu öffnen beginnt, empört, macht neidisch und gibt Hoffnung zugleich. Hält die Brücke die Große Koalition, bis es hierzulande soweit ist, wird der Rest zum Spaziergang: Weniger Corona, bessere Laune und ab Ende August eine Welle der Dankbarkeit denen gegenüber, die das alles möglich gemacht haben. Egal, ob der Hammer oder der Tanz geholfen hat.
Ein paar Prozent mehr als die Grünen
Ende September schließlich der Wahlsieg für die Union, der kein Triumph werden wird, aber angesichts der Umstände auch keiner werden muss. Einziges Ziel von CDU und CSU ist es, ein paar Prozent mehr einzufahren als die Grünen, die letzte andere halbe Volkspartei. Derzeitigen Umfragen zufolge wird das kein Problem: Um die 27 Prozent der Wählerinnen und Wähler geben augenblicklich an, dem Chaoskommando der Union im Herbst trotz oder wegen oder unabhängig von den gezeigten Leistungen ihre Stimme geben zu wollen. Einen Schnaps drauf, zwei, drei Stimmungsprozente nur, die die Rückkehr zur Normalität, eine Sommerurlauberlaubnis und das Ende der Kneipenschließungen zweifellos bringen würden, und schon ist der Kanzlerkandidat der Union ganz sicher Kanzler.
Nie zuvor war es leichter, den Job zu erobern, das wissen Markus Söder und Armin Laschet ganz genau. Es kommt nicht auf den Kandidaten an, nicht auf das Parteiprogramm, die Koalitionsverhandlungen werden weder spannend noch schwierig. Der größte Teil der Arbeit für den künftigen Kanzler wird getan sein, wenn ihn die CDU - und nur die entscheidet - auf den Schild gehoben hat. Söder, der mit seiner Corona-Politik stets den kompromisslosen Hammer gab, eine Führerfigur, nach der sich viele Deutsche sehnen, mag größere Chancen auf ein besseres Wahlergebnis haben. Doch was die zwei, drei, vier Prozent, die er bei Wahlvolk mehr abfischt gegen den historischen Verlust der Kanzlerschaft an die kleine Schwesterpartei, den die CDU zum ersten Mal erleiden würde?
Einfach nur durchhalten
Unbedeutend, weil auch Armin Laschets Kandidatur einen Wahlsieg der Union nicht können verhindern wird. Der verglichen mit Söder, dem fränkischen Stier, stets ein wenig schwiemelig, unentschlossen und taktierend wirkende Aachener muss nur durchhalten, sich irgendwie weiter Richtung Wahltag winden, um nach einem großen Bundeserleichterungswahlkampf mit 28 oder 29 Prozent der abgegebenen Stimmen Chef einer schwarz-grünen GroKo zu werden, die mit zusammen mehr als der Hälfte der Sitze im Bundestag vier Jahre lang regieren können wird, als gäbe es überhaupt keine Opposition mehr. Also ähnlich unangestrengt wie Angela Merkel es seit Jahren tut, nur ohne Pandemie und Notstand.
Dass Laschet diesen Freistoß ohne Mauer, drei Meter vor dem leeren Tor, liegenlassen wird, steht nicht zu befürchten.
Durch die Frage ob jetzt Stan oder Ollie für die CDU den Vortänzer machen wird, können schon wieder gut zwei Wochen Versagen der Regierung bei den Corona-Maßnahmen übertüncht werden. Nebenbei kann auch noch der Föderalismus ein wenig mehr geschliffen werden und alle Corona-Kompetenzen endlich im Kanzleramt gebündelt werden, ohne das es jemand groß mitkriegt. Ein Schelm wer böses dabei denken würde. So geht Politik heute.
AntwortenLöschenAls ob des darauf ankommen würde, wer der neue Kanzler unter der Fuchtel der grünen Eminenzen werden wird. Aber endlich gibt es mal eine Schlagzeile ohne Corona und Otto Normalmichel vergisst oder verdrängt alle anderen schwelenden Probleme.
Und wenn sich die beiden Gernegroß nicht einigen können, zieht sich Mutti am Schluss selbst als lachende Dritte aus dem Hut und verkündet, um den Streit beizulegen, würde sie die Bürde noch ein allerletztes Mal auf sich nehmen. Wer würde ihr diese kleine Bitte denn versagen wollen?