Der HFC braucht neue Energie. Aber woher nehmen? |
Es gibt keinen Druck. Es gibt keine Angst. Es gibt keinen Grund dafür, immer wieder hintenrum zu spielen, immer wieder Angriffe abzubrechen, den Mitspieler in Verlegenheit zu bringen und am Ende darauf zu setzen, dass der Torwart als letzter Mann mit einem weiten, weiten Schlag nach vorn Glück hat, und den Ball zum eigenen Mann bringt.
Und doch ist all das, genau all das, ein Jahr nach dem Ende der Ära Ziegner
beim HFC immer wieder zu sehen. Immer wieder und fast ausschließlich. So
glücklich die Amtsperiode von Trainer Florian Schnorrenberg beim HFC begann - am
Ende der verheerenden Wochen unter Ziegner-Nachfolger Atalan hatte es damals
auch kaum noch schlimmer werden können -, so wenig hat sich seitdem
bewegt.
Mit Ach und Krach der Klassenerhalt
Vor allem seit dem Beginn der Rückrunden in Schnorrenbergs erster
kompletter Saison ist unübersehbar, dass kaum etwas besser geworden, seit der HFC
unter Ziegner den vielleicht atemberaubendsten Absturz eines Tabellenführers
hinlegte, den es jemals gab in erster, zweiter oder dritter Liga. Von 100 auf
Null fuhr der Fahrstuhl damals in nur drei Monaten, am vorletzten Spieltag
gelang mit Ach und Krach der Klassenerhalt und das Beste daran war noch, dass es
in der ersten Corona-Saison geschah, die alle froh sein ließ, dass überhaupt
noch irgendwer am Leben war.
In der zweiten Spielzeit der neuen Normalität aber sieht es nur auf den ersten Blick besser aus. Der HFC, vor einem Jahr zum selben Zeitpunkt mit neun
Siegen, sechs Remis und 12 Niederlagen bei 33 Punkten und einem Torverhältnis
von 43 zu 43 auf Tabellenplatz 16, steht in dieser Saison auf einem im ersten
Moment komfortabel wirkenden Tabellenplatz 10, neun Punkte vom ersten
Abstiegsrang entfernt, acht mehr als noch 2019/2020.
Glückliche Ergebnisse der Konkurrenz
Allerdings ist das eine Position, die der Schnorrenbergs Mannschaft
weniger eigenen überzeugenden Leistungen verdankt als den glücklichen
Ergebnissen der Konkurrenz. Mit neun Siegen, acht Remis und neun Niederlagen bei
einem Torverhältnis von 32:41 und 35 Punkten ist das Team - bei einem Spiel
weniger, weil die Begegnung gegen verschoben wurde - gerade mal zwei Punkte
besser als in der vergangenen Spielzeit. Die Tordifferenz von minus neun ist,
verglichen mit der ausgeglichenen letztes Jahr, sogar deutlich schlechter.
Nur die Stimmung, sie wirkt sehr viel gelassener, ja, luftig leicht sogar
angesichts eines einzigen Sieges aus den letzten sechs Spielen, in denen
gerade mal sieben eigene Treffer gelangen. Trotz der Corona-Stille, trotz der leeren Ränge, trotz des immer noch nicht verarbeiteten Vorjahrestraumas. In der gesamten Rückrunde, die mit dem
Sieg gegen Magdeburg so vielversprechend begonnen hatte, waren nur acht - noch
einmal drei weniger als die elf, die gegen dieselben Gegner in der Hinrunde
gelangen, als - das Remis gegen Duisburg nicht mitgezählt - zum selben Zeitpunkt
vier Siege und drei Niederlagen den HFC auf Platz acht befördert hatten, nur
drei Punkte hinter der Tabellenspitze.
Tabellenspitze nur noch im Fernrohr
Mittlerweile ist der Abstand um 16 Punkte gewachsen, der zum Tabellenende
aber nur von neun auf 12. Der HFC stagniert, nicht nur bei den Ergebnissen. Wo andere Teams sich gefangen und gefunden haben, stagniert der HFC. Was
Schnorrenbergs Mannschaft seit Wochen auf dem Platz zeigt, ist Anti-Fußball:
Hintenrum und dann lang, ohne offensives Mittelfeld und in Ermangelung eines
spielerischen Konzeptes unansehnlich selbst für Zuschauer, die sich den Weg ins
Stadion sowieso sparen müssen.
Ein Jammer, der das Fanherz vor schwere Prüfungen stellt. Groß ist die
Freude, wenn gegen den Tabellenvorletzten dank zweier Standards ein Sieg
gelingt, denn die Ansprüche in Halle sind im Moment so wie das Wetter. Noch
größer aber die Enttäuschung, wenn dann nicht einmal gegen den seit Wochen
erfolglosen Tabellenletzten irgendeine Art von Kraupelsieg zustandekommt.
Sondern eine 0:3-Niederlage, die in anderen Zeiten als krachend bezeichnet
worden wäre und zweifellos zu einer Trainerdiskussion geführt hatte.
Wo sind sie geblieben
Wollen sie nicht? Oder können sie nicht? Wohin ist der warum auch
immer aussortierte Selim Gündüz verschwunden? Wo ist Shcherbakovski? Was ist mit Guttau passiert? Und weshalb wird
wie bei der krachenden Pleite in Unterhaching bei eigenem Rückstand der beste Stürmer - ja, der einzige Stürmer -
ausgewechselt? Für einen Mittelfeldspieler, der in seinen 14 Ligaspielen für den
HFC ganze dreimal getroffen hat, während der mehr als doppelt so treffsichere
Mann dem letzten Akt eines nicht einmal spannenden Dramas von der Bank zuschaut?
Seltsam leblos und unbeteiligt ließen die Männer auf dem Platz das Unglück über sich ergehen, ebenso unbeteiligt und unüberrascht wirkte der Trainer, der mit solchen Niederlagen inzwischen Erfahrung hat und in der Regel immer dieselben Floskeln sprudelt. Nächstes Mal wird's wieder besser. Sowas können wir uns nicht leisten. 100 Prozent. Gefahr erkannt, Gefahr gebannt!
Gewohnheitstier auf der Suche nach dem Jäger
Von wegen. Wie ein Gewohnheitstier auf der Suche nach dem Jäger schleicht der HFC seit Wochen auf den Platz. Immer führen erst die anderen, an guten Tagen gelingt vielleicht noch der Ausgleich, an einem sehr guten gelang sogar ein Sieg dank zweier Glücksecken. Am Glück liegt es sowieso nicht, denn einer der fünf aus dem Spiel erzielten Treffer des Jahrgangs 2021 brachte drei Punkte, zwei je einen und nur das Schummeltor von Meppen blieb punktmäßig unprämiert.
Aber Entwicklung? Fortschritt? Vorgeschmack auf bessere Zeiten? Mit Zuschauern irgendwann mal wieder? Wer so spielt wie der Schnorrenberg-HFC dieses Corona-Winters, wird Mühe haben, Freikarten loszuwerden.
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