Jan Sherbakowski (11) schießt sein erstes Tor für den HFC. Aber am Ende reicht das nicht. |
Nach den Wochen der Wahrheit der Abend der Entscheidung. Geht es weiter bergab mit dem Halleschen FC? oder gelingt die Rückkehr in die Erfolgsspur, die der Klub von der Saale eigentlich schon nach dem Last-Minute-Sieg gegen den alten Oberliga-Gegner aus der Landeshauptstadt Ende Januar verlassen hatte? Zwei deftige Niederlagen und der Verlust jeder Perspektive Richtung obere Tabellenhälfte haben die Alarmglocken in Halle schrillen lassen. Auf einmal ist der noch vor acht Wochen unumstrittene Trainer Florian Schnorrenberg mit den ersten virtuellen Trainer-raus-Rufen konfrontiert. Plötzlich werden die Zweifel an einer Mannschaft, die noch im Herbst überraschenderweise jetzt ansehnliche spielte, immer lauter.
Ende vom Anfang
Mit dem MSV Duisburg kommt nun ausgerechnet der Verein, mit dem schon einmal eine Ära den Anfang vom Ende fand. Damals, in der guten alten Zeit des fast schon greifbaren Aufstiegs unter Trainer Torsten Ziegner, gelang gegen den damaligen Spitzenreiter ein spätes Siegtor, das die Aufstiegsträume befeuerte. Und geradewegs in einen Abgrund führte, der erst Ziegner sein Amt kostete und schließlich, nach dem rekordschnell gescheiterten Atalan-Experiment, Florian Schnorrenberg an die Saale brachte.
Der hatte vor dem erneuten Treffen mit dem inzwischen taumelnden Traditionsverein wie immer ein "ganz anderes Auftreten" angekündigt. Und wie immer wird es damit nichts. Auf dem Rasen des Erdgas-Sportparks spielt nur der Gast. Die Hausherren dagegen, auf mehreren Positionen neu besetzt, tragen ihre alten Stiefel: Hinter quer und noch mal quer. Langer Schlag nach vorn, entweder gleich zum Gegner. Oder so, dass Terrence Boyd genau zwei Handlungsoptionen hat. Ball gleich verlieren. Oder ihn behaupten, aber keinen Nebenmann haben, auf den er abgelegt werden kann.Trainer Schnorrenberg nach dem Führungstor.
Bis zur 20.Minute hat der HFC genau eine Offensivaktion. Wäre der Platz nicht überall zertreten und zerfurcht, sondern mit frischem Schnee bedeckt, könnte man in der Duisburger Hälfte die einzelnen Fußabdrücke der Spieler in Rot und Weiß an zwei Händen abzählen.
Immerhin, auch wenn alles kaum besser aussieht als zuletzt beim Debakel gegen 1860, die Anzeigetafel zeigt auch nach 30 Minuten noch ein tröstliches 0:0. Das liegt allerdings weniger daran, dass der HFC die Duisburger nicht zu Angriffen einlädt. Sondern eher daran, dass der Tabellen-15. nicht richtig weiß, wie er an Vucur, dem zurückgekehrten Reddemann, Sternberg und Boeder vorbeikommen soll. Das andere Auftreten, das Schnorrenberg angekündigt hat, bezieht sich so gesehen vor allem auf den Gegner seiner Elf: 1860 drückte und nutzte die Fehler die HFC zu schnellen, zielgerichteten Angriffen. Duisburg dagegen zögert, verdribbelt sich und schafft allenfalls ein paar ungezielte Fernschüsse.
Besser macht es der HFC, als der für Antonios Papadopoulos aus der Innenverteidigung ins zentrale Mittelfeld gerückte Anthony Syhre in der 33. Minute einen - den ersten - öffnenden Pass auf Linksaußen spielt. Der Ball kommt zu Sternberg, der passt nach innen, Boyd lässt durch. Und Jan Sherbakowski, eine Entdeckung der Rückrunde im vergangenen Jahr, hat keine Mühe, den Ball zentral ins Netz zu schießen.
Auf der Siegerstraße
Unverhofft kommt oft, manchmal sogar ganz unverdient. Der HFC ist jetzt auf der Siegerstraße, für einige Momente kommt sogar Freude auf. Boyd hat gleich noch eine Chance, der Rest ist Duisburger Schock und hallesches Hoffen auf die Halbzeitpause. Es wird die erste in diesem Jahr, die die Mannschaft mit einem herausgespielten Tor im Rücken genießen kann.
Auf das Wie kommt es diesmal nicht an. Nur auf die drei Punkte, die den Klub näher an die 46 Punkte bringen würden, die am Ende reichen sollen, die Klasse zu halten. Sherbakowski ist jetzt verletzt draußen, für ihn spielt Michael Eberwein. Aber was heißt schon spielt. Denn Spielen tun nun wieder nur die Schwarzen, der HFC wartet, auf was, weiß man nicht. Bis es passiert: In der 52. Minute, Halles Führung ist noch keine 20 Minuten alt, passt Stoppelkamp ungestört von Stipe "die Wand" Vucur in die Mitte. Bouhaddouz trifft aus zwölf Metern ins rechte Eck. Ein schäbiger Nachbau des Sherbakowski-Treffers aus der ersten Halbzeit.
Das Gute an Corona
Und zugleich das frühe Ende eines Spieles, von dem in Erinnerung bleiben wird, dass Corona auch sein Gutes hat. Niemand hat Eintritt bezahlen müssen, um das zu sehen. Niemand muss im nasskalten Spätwinter frieren, um hier dabei zu sein. Die HFC-Spielidee ist die inzwischen altbekannte. Quer und quer und dann weit. Duisburg hält mit Druck dagegen, der immer verpufft, wenn er gerade hoch genug geworden zu sein scheint, um die Gastgeber in Verlegenheit zu bringen. Im Detail ist das alles nur Kampf und Krampf und pure Angst, zerfahren, mit ganzen Fehlpasskaskaden und Kopfballchaos im Mittelfeld.
Wäre Fußball gerecht, würden beiden Mannschaften vermutlich drei Punkte abgezogen. So aber scheinen beide zufrieden mit dem einen, die Gastgeber aber ein wenig mehr. Mit Derstroff und Guttau bringt Schnorrenberg neuen - oder überhaupt - Offensivdrang, wohl mit dem Hintergedanken, die am Ende stets anfällige Duisburger Abwehr so final doch noch überlisten zu können. Doch bis auf einen schönen Boyd-Beinschussversuch, der am Knie von MSV-Keeper Weinkauf verendet, und ein paar verzogenen Fernschüssen von Guttau passiert dahingehend nichts. Auch als Kamavuaka nach einem Foul an Eberwein in der 81. Minute Gelbrot sieht und der HFC in Überzahl spielen darf, schaffen es die Rotweißen nicht, das Spiel an sich zu reißen und auch nur in die Nähe des Siegtors zu kommen.
Am Ende haben sie sogar noch Glück, denn in der Nachspielzeit drückt der MSV noch mal und er holt eine Ecke raus. Es wird die beste der Schwarzen am ganzen Abend. Volkmer aber köpft den Ball nicht ins linke Eck des HFC-Kastens. Sondern zwanzig Zentimeter drüber.
Aber wenn die letzten zehn Partien der Saison so ausgehen, ist der Klassenerhalt sicher.
Nur bekommt das dann vermutlich schon niemand mehr mit.
Der Last-Minute-Sieg gegen den alten Oberligisten aus der Landeshauptstadt am Januar war ihr bester Spiel.
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