Andere Staaten impfen, was da ist, Deutschland hingegen bildet mit großer Umsicht Impfstoffvorräte für den Fall einer Pandemie. |
Nach nur zwei Monaten ist in Deutschland schon jeder 33. Bürger mindestens einmal geimpft, zudem hat das Kernland des gemeinschaftlichen Europas die meisten Impfzentren weltweit und die größten Impfstoffvorräte für den Falle einer Pandemie zurückgelegt - dennoch aber macht sich unter den dauerunzufriedenen Bürgerinnen und Bürgern Unmut breit.
Statt die arbeitsfreie Zeit zu genießen und sich auf nahende Auszahlung der Novemberhilfen zu freuen, gehen immer mehr Menschen Lockerungspredigern und Impfbeschleunigungpropagandisten auf den Leim: Angeblich könne ein noch schnelleres Impftempo Öffnungen begünstigen und zugleich Risiken durch die Ausbreitung der mörderischen Mutanten aus dem Ausland reduzieren.
Neue Prioritäten vor den Landtagswahlen
Nur die inzwischen "Impfstrategie" genannte Versagenstaktik muss dazu noch ein wenig "verbessert werden", wie die "Welt" anregt. Denn das Impftempo beeinflusst maßgeblich die Lockerungsorgiendebatte - mehr "pieksen" (Bundespresseamt) heißt mehr öffnen können, selbst wenn dort, wo schon gepiekst wurde, weiterhin alles geschlossen bleiben muss, weil es an Erkenntnissen fehlt, ob das Pieksen etwas nützt.
Erst wenn alle auf der ganzen Welt geimpft sind, kann man auch in Deutschland wirklich sicher sein. Bis dahin aber muss der 78. Bund-Länder-Gipfel an der Strategieschraube drehen und "das Thema noch einmal ganz neu denken" (Welt). Wie wäre es zum Beispiel damit, jetzt endlich nicht nur Krankenschwesterinnen, Ärzt*innen, Pflegende und Katastrophenstäblerinnen, Lehrerinnen, Lehrer und sonstige Lehrende in der Impfreihenfolge vorzuziehen? Sondern auch Polizisten, Strafvollzugsbedienstete, Supermarktkassierende, Verwandte von Pflegebedürftigen und Alten, Schulhausmeister, Mitarbeiter von Straßenbauunternehmen, Elektrotechnikbetrieben und systemrelevanten Verwaltungen sowie alle anderen Branchen und Gewerbe? Könnte hier nicht ein boost den lahmenden deutschen Impfbetrieb voranbringen?
Der Ethikrat muss entscheiden
Noch steht die Entscheidung des Deutschen Ethikrates der Priorisierung der meisten Bürgerinnen und Bürger durch eine Einordnung in die Impfgruppe 1 der am dringendsten zu impfenden Personen entgegen. In monatelangen Beratungen hatten sich die Chefethiker der Republik, die sich normalerweise "mit den großen Fragen des Lebens" (Ethikrat) beschäftigen, dazu durchgerungen, beim Impfen auf eine vierstufige Triage zu setzen und einem Impfstoffnationalismus, der einfach drauflosimpft, eine Absage erteilt. Heute immunisierte kaum ein anderes Land bedächtiger als Deutschland, dafür aber hat die Nation ohne Impfstoffnationalismus die besten moralischen Grundlagen für ihre weltweit beneidete Impfkampagne - und sie verfügt über die größten Vakzinvorräte der Erde, die im Fall einer plötzlich ausbrechenden Pandemie genutzt werden könnten.
Lohnt es sich, von diesem großen Plan abzuweichen? Für eine kurzfristige Stimmungsaufhellung? Oder soll alles beim von Ethikern aus sieben Religionen ausgehandelten Impfkompromis blieben, nach dem infolge des millimetergenau austarierten Ethik-Schlüssels Polizei- und Ordnungskräfte sowie Flüchtlinge und Obdachlose erst in die Schutzgruppe 2 fallen, die beim derzeitigen Impftempo etwa im Frühherbst an die Reihe käme Und Übergewichtige, Mitglieder von Verfassungsorganen, Personen in relevanter Position in Unternehmen der kritischen Infrastruktur, Verkäuferinnen, Verkäufer und Verwaltungspersonal im Lebensmitteleinzelhandel und Rheumatiker sogar erst in Gruppe 3, die nach derzeitigen Ablaufplänen erst im übernächsten lockdown vor Weihnachten 2021 an der Reihe wäre.
Geringes Risiko, mehr Geduld
Ganz ohne Priorität folgen danach noch die 27 Millionen, die auf Beschluss der Bundesethiker "ein geringeres Risiko haben, einen schweren Verlauf einer Covid-19-Erkrankung zu erleiden" (Bundesregierung) und denen deshalb ein "Impfangebot" erst gemacht werden kann, wenn alle anderen durch sind. Nach Angaben der Kanzlerin nach dem Sommer, nach Berechnungen von Online-Tools zwischen März und Juli 2022.
Nun dauert das aber offenbar allen alles viel zu lange und vor allem mit Blick auf die anstehenden Wahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz tut ein symbolischer Tritt aufs Gaspedal not, der nach einem Vorschlag aus der Bundesworthülsenfabrik (BWHF) als "neues Impfstoff-Konzept" oder auch kurz NIK eine beschleunigte Impfung aller zuerst ermöglichen soll. Im Gespräch sind Sonderregeln für hot spots, die unter besonders hohen R-Werten, Inzidenzen und Übersterblichkeiten leiden. Vorgezogen werden Personengruppen, auf die es ganz besonders ankommt, um den lockdown weiter durchzuhalten. Friseure nach vorn, Baumarktfarbberater, Gärtner und Fernsehmoderatoren, dazu Schüler, Schülerinnen und sonstige derzeit Beschulte, Senioren selbstverständlich, Rathaus- und Landkreisangestellte, tiermedizinisches Personal und fahrende Händler.
Fünf Prozent erstgeimpft, 75 Prozent im Kühlschrank
Im äußersten Fall scheinen Teile der Union, das haben die jüngsten Aussagen des bayrischen Ministerpräsidenten Markus Söder und seines sächsischen Kollegen Michael Kretschmer erkennen lassen, entschlossen, gegen den Rat der Bundesethiker selbst mit den für den Fall des Ausbruchs einer Pandemie gebildeten Impfstoffvorräten von Astrazeneca zu impfen.
Statt wie bisher geplant medienwirksam ausschließlich die funkelnagelneue Impfzentren-Infrastruktur zu nutzen, erwägt das Corona-Kabinett sogar ein "frühes Einbinden der Hausärzte" (DPA) und eine längere zeitliche Streckung zwischen Erst- und Zweitimpfungen, um mehr Menschen mit einem zumindest symbolischen Schutz zu versehen. Möglicherweise droht sogar ein ganz besonderer Tabubruch: In der "größten Krise seit dem Zweiten Weltkrieg" (Merkel) wäre es möglich, dass Anweisung ergeht, auch an Wochenende und hier sogar an Sonntagen zu impfen. Allerdings ist die Reaktion der Kirchen auf diesen Tabubruch noch offen.
Die große Furcht vor der Bundestagswahl
Doch die Zeit drängt. Die USA werden ihr Impfprogramm nach neuen Angaben bereits Ende Mai beendet haben, in Deutschland werden dann etwa 15 Prozent der Gutundgernhierlebenden immunisiert sein. Das würde bedeuten, dass es auch über den Sommer hinweg beim Baumarkttourismus bleibt - eine Einschränkung, die sich bei der Bundestagswahl im Herbst ungut auswirken könnte. Deshalb setzen CDU, SPD, FDP, Linke und Grüne nun auf veränderte Impfvorschläge, die vorsehen, auch Astrazeneca-Impfstoffe "so schnell wie möglich" zu verwenden - bisher hat Deutschland 3,2 Millionen Dosen dieses Vakzins bekommen, aber nur 455.000 Dosen an ausgewählte ethische Gruppen abgegeben.
Wir haben aber ethisch den größten Vorsprung vor den anderen. Diesen Ethik-Wächterrat macht uns so schnell keiner nach.
AntwortenLöschenGrundethisch ist auch, wie bisher abzuwarten, nichts zu tun und zu schauen, was passiert.
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https://www.bild.de/politik/2021/politik/corona-schnelltest-keine-schnelltests-vor-april-verfuegbar-75609884.bild.html
AUCH DAS NOCH
KEINE Schnelltests vor April
… weil der Bund keine bestellt hat!
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Läuft wie geschmiert, der Laden.
" das haben die jüngsten Aussagen des bayrischen Ministerpräsidenten Markus Söder und seines sächsischen Kollegen Michael Kretschmer erkennen lassen
AntwortenLöschenDer Argo Nerd hat zu K. noch was ausgegraben.
+++ Kretschmer: "Es wird keine Impfpflicht geben" +++
Was wir auch glauben, wenn Kretschmer das sagt. Das ist einer, auf den man sich verlassen kann.
Doch da ... Kretschmer schließt Impfpflicht nicht völlig aus
Das ganze in bewegten Bildern