Mittwoch, 31. März 2021

Quellen-TKÜ: Grüner Schulterschluss gegen den Datenschutz


S
ie starteten als Bürgerrechtspartei, waren gegen die Volkszählung, gegen die Allmacht des Staates, dagegen, dass Geheimdienste und Polizei auf die Daten der Bürger zugreifen können und für ein Datenschutz als Selbstverteidigungsrecht des Menschen gegen eine kapitalistische Spionageindustrie, in deren Mühlen sich individuelle Geheimnisse, Vorlieben und  Schwächen gnadenlos vermarktet werden. Dann aber schnupperten die grünen am Moschus der Macht. Die in den 80er Jahren entstandene Bürgerrechtstradition der Grünen verblasste, die paar Bürgerrechtler aus der DDR, die übernommen worden waren, alterten aus den Führungsgremien und mit dem ungeliebten Namenszusatz "Bündnis 90" verschwand auch die Reserviertheit einem Staatsverständnis gegenüber, das bei SPD, AfD, Linkspartei und Union tiefe Wurzeln geschlagen hat.  

Der Bürger ist für den Staat da

Dort herrscht der Glaube vor, der Bürger sei für den Staat da, denn schließlich erwarte der Bürger, dass der Staat ihm das Leben schön mache. Im Gegenzug für diese politische Dienstleistung müsse er dulden, dass der staatlichen Institutionen über ihn wissen, was es zu wissen gibt. Anständige Menschen hätten schließlich nichts zu verbergen!

Die Grünen hatten diesbezüglich Skrupel, denn in ihren jungen Jahren waren sie es, unter der Lupe der Ämter, Verfassungsschützer, der Polizei und Staatsschützer lagen. Der unendlichen Gier der Staaten nach Daten stand die grüne Partei ebenso skeptisch gegenüber wie der Digitalisierung. Wo immer eine neue Möglichkeit für Behörden aufschien, sich eines neuen Datenbestandes zu bemächtigen oder gar einen ganz neuen Bestand zu erschaffen, nörgelten die Grünen, sie sprachen von Missbrauch und Übergriffigkeit, die eines Tages außer Kontrolle geraten werde. 

Traditionsbruch mit der Geschichte

Der Traditionsbruch mit der grünen Geschichte geschah unmerklich, irgendwann zwischen der Entscheidung, mit Annalena Baerbock und Robert Habeck zwei ausgewiesen staatsgläubige Figuren zu Parteichefs zu machen, und der, diesmal mit allen Mitteln um eine Regierungsbeteiligung zu kämpfen. Im neuen, in den Medien nach kursorischem Durchblättern als weitgehend wegweisend gefeierten Wahlprogramm ist es das neue Staatsgrün, das den Ton diktiert: Eine neue Ära, ein neuer Aufbruch, ein Neuaufbau Deutschland, Gerechtigkeit, Solidarität und Klimaschutz und Dritte Welt und alles für alle, bezahlt von keinem. 

Ein vielbeachteter Durchbruch zur Regierungsfähigkeit, der diesmal nicht an einem Veggieday wird scheitern müssen, weil die ernsten Griffe in die Taschen der Bürgerseienden unter einem dicken Finish aus Wohlfühlparolen verborgen liegen. Nur dort, wo die Profileser aus den Großraumbüros nicht hinkommen, wird dann doch Klartext gesprochen. "Ein starker, demokratischer Rechtsstaat kann gleichzeitig Sicherheit gewährleisten und Freiheit bewahren", wird dort versprochen, ehe die Rede davon ist, dass Grüne für eine "rationale Sicherheits- und Kriminalpolitik" stehe, "die konkrete Gefahren anlassbezogen und zielgerichtet abwehrt, statt die Bevölkerung mit pauschaler Massenüberwachung unter Generalverdacht zu stellen."

Die grüne Datenpolizei

Und wie das geht, wissen sie in der Parteizentrale am Platz vor dem Neuen Tor in Berlin auch. "Statt pauschaler, anlassloser Vorratsdatenspeicherung und genereller Backdoors für Sicherheitsbehörden oder Staatstrojaner für Geheimdienste wollen wir es der Polizei ermöglichen, technische Geräte anhand einer rechtsstaatlich ausgestalteten Quellen-TKÜ zielgerichtet zu infiltrieren."

Ein kleiner Schritt für die Partei, eine große Freude für die Wähler, denn frühere Fälle des Missbrauchs zeigen, dass einmal vorhandene Daten Sicherheitsbehörden stets so lange in Versuchung führen, sie illegal zu nutzen, bis sie generell auch jenseits dessen, was Gesetze einst versprachen, verwendet werden dürfen. Die grüne Republik ab Herbst wird ein Otto-Schily-Land sein, kein Petra-Kelly-Land, sie wird Bürgerrechte nach ihrem Nutzwert für den Staat definieren und Grundrechte gewähren, wo sie nicht bei der Amtsführung stören.

Das Scholz-Versprechen: Der Zehn-Millionen-Mann

Wenn der richtige Mann die richtige Maßnahme ankündigt, bekommt er richtige Schlagzeilen.

Mit einem hanseatisch knappen "habe dafür gesorgt, dass das vorbereitet wird", stimmte der künftige Bundeskanzler Olaf Scholz die Deutschen auf das ein, was später einmal als das große deutsche Impfwunder in den Geschichtsbüchern stehen sollte. Der Kanzlerkandidat der SPD war sichtlich sauer, sauer über das gemächliche Impftempo, über den fehlenden Impfstoff, sauer auf die EU, die Kanzlerin, die Große Koalition, das Virus und den ganzen Rest. Inklusive des Verrats der Amerikaner, die immer noch Trump-Kurs steuern, obwohl der große Böse längst nicht mehr im Amt ist. So dass man nicht einmal mehr jemanden hat, auf den sich alles schieben lässt.

Heiko Scholz nahm die Sache also selbst in die Hand. Deutschland werde seine Impfkapazitäten in den kommenden Monaten massiv ausbauen, versprach der derzeitige Vizekanzler Anfang März. „Wir müssen jede Woche Millionen impfen, im März schon am Ende des Monats“, legte der Finanzminister seinen Plan dar. "Ab Ende des Monats", so twitterte sein Ministerium die Ankündigung stolz weiter, "werden wir pro Woche Millionen Bürger*innen impfen." 

Zehn Millionen die Woche

Nicht einfach nur Millionen sogar, sondern ganz konkret 10 Millionen Impfungen pro Woche werde es geben, so Scholz, der es genau wusste, weil er schließlich selbst "dafür gesorgt“ (Scholz) hatte.  Zehn Millionen Impfungen pro Woche das wären 1,4 Millionen am Tag. Ein atemberaubendes Tempo, das die desaströse Impfkampagne im Pandemie-Paradies des vergangenen Jahres binnen kürzester Zeit in ein wahres deutsches Impfwunder zu verwandeln versprach. Sieg auf den letzten Metern! Doch wieder weltweit Neid auf Deutschland! Wie sie es nur immer machen! Olaf Scholz würden die Herzen zufliegen. Ein Mann, ein Wort.

Der Fahrplan war klar. Bis Mitte April schon würde Deutschland Israel bei den absoluten Zahlen der Impfungen überholen. Bis Ende April wäre die Hälfte der Bevölkerung zumindest einmal geimpft. Bis Mai wäre dann jeder Deutsche drangewesen, sogar ob er will oder nicht, denn eine so rasante Impfaktion wie die von Olaf Scholz braucht dauernden Nachschub an Impfwilligen. Spätestens am 1. Juni hätte der Scholz-Plan schließlich ganz Deutschland immunisiert. Die Wahlen im Herbst wären nur noch Formsache. Wie einst Sturmflut-Schmidt würde Spritzen-Scholz zu einer nationalen Legende werden. Spahn im Staub. Rot-Rot-Grün in Reichweite.

Spritzen-Scholz, der Zehn-Millionen-Mann

Endlich mal ein Kanzlerkandidat, der nicht nur redet und verspricht, sondern "massive Versprechen" (Merkur) liefert, gerade, wenn es mal schwierig wird und die Stimmung sinkt. Wie sein einstiger Mentor Gerhard Schröder  gefällt sich Scholz im Kostüm des Machers, des Anpackers und Wumms-Organisators, auf dessen Wort und Weisung die Wirklichkeit nur wartet. Waren die Wahlplakate, mit denen der Hamburger ins Gefecht ziehen will, noch wegen ihrer raffinierten Unbestimmtheit als besonders ehrlich gelobt worden, wählte Heiko Scholz nun das Wagnis: Konkrete Zusagen. Messbar. Abrechenbar. Politik für alle, die das Vertrauen in die Politik verloren haben. Die deutschen Medien, vom Vertrauensverlust ihrer Nutzer noch ärger gebeutelt als die große Politik, waren hingerissen. Kien Blatt, dass nicht mit Scholz jubelte.

Und da steht er nun, der kommende Kanzler, wortlos zurückgekehrt von seinem Ausflug in die Gesundheitspolitik und seiner freiwilligen Übernahme der Impforganisation. Es ist Ende März, mithin Stichtag für Scholzens Impfversprechen. Doch statt pro Woche zehn Millionen Menschen zu impfen, wie Olaf Scholz das für "Ende des Monats" organisiert hatte, steht die aktuelle Zahl bei 1,4 Millionen pro Woche. Das wäre Olaf Scholzens Tageswert gewesen. Die Tendenz ist überdies leicht fallend: Am 29. März 2021 wurden zum Beispiel nur knapp 262.000 Impfdosen verabreicht. Damit sind nach drei Monaten der größten Impfaktion der deutschen Geschichte 3.961.000 Personen (4,8 Prozent der Gesamt­bevölkerung) vollständig geimpft,  9.209.000 Personen haben mindestens eine Impf­dosis erhalten. 

Es wird bei der aktuellen Geschwindigkeit nicht bis Anfang Juni dauern, den Rest zu "piksen" (Bundespresseamt). Sondern rund 840 Tage, als bis zum März 2023.

Dienstag, 30. März 2021

Verfassungsbruch voraus: General Scholz ruft zu den Waffen

Eine EU-Armee würde deutsche Soldaten endlich aus dem Klammergriff des Bundestages befreien.

Lange, wohl zu lange nicht gehört von der berühmten EU-Armee, einem militärischen Gespenst, das in der Regel etwa einmal im Jahr durch Europa reitet, auf seinem Rücken einen mehr oder weniger verzweifelten Altpolitiker, dem praktisch nichts gelingt, weshalb er theoretisch eine Menge Ideen in die Runde wirft, die von seinem Versagen ablenken soll.

Die mythische "EU-Armee" hat schon Figuren wie Jean-Claude Juncker gedient, dem alten Mann mit dem einen schwarzen Schuh, ganze Divisionen Ungedienter waren von ihr begeistert und selbst Martin Schulz, der in die hintersten Bänke des Bundestages durchgereichte frühere "Gottkanzler" (Spiegel) sah in gemeinsamen Regimenter, Batterien und Flugzeugträgereinheiten eine Chance, die EU von der Staatengemeinschaft zum Bundesstaat zu amalgamieren.  

Der Traum vom Umbau zum Bundeststaat

Das besondere deutsche Problem mit deutschen Soldaten unter dem Oberbefehl französischer Marshälle, slowenischer Hauptleuten und spanischer Unteroffiziere ist nun aber leider kein ganz kleines. Seit das Bundesverfassungsgerichts im Sommer 1994 im Rahmen der out-of-area-Debatte urteilte, dass kein deutscher Soldat ohne Zustimmung des Bundestages im Ausland schießen, töten, sprengen, paradieren oder auch nur Sanitätsdienste leisten darf, steht das Parlamentsbeteiligungsgesetz (ParlBG) vor dem Einmarsch der Bundeswehr. Und vor ihrem Ausmarsch in andere Staaten im Verband von gemeinsamen EU-Divisionen.

Olaf Scholz ist Internationalist und er möchte gern Schluss machen mit der Zögerei. Wie sein Kollege Heiko Maas, dem der Bundeswehr im vergangenen Jahr zum Geburtstag gratulierte, indem er einem belgischen Landser die Hand schüttelte, dringt der künftige SPD-Kanzler auf ein Ende der demokratischen Genehmigungsprozesse, mit denen die Legislative hierzulande die letzte Entscheidung über den Einsatz von Streitkräften im Ausland trifft. 

Eine gemeinsame europäische Armee wäre dieser Ketten ledig, ihre parlamentarische Kontrolle könnte vom EU-Parlament übernommen werden, einer Versammlung von Abgeordneten, die nicht nach dem demokratischen Prinzip des one man - one vote, sondern aufgrund degressiver Proportionalität gewählt werden. Wegen dieses Prinzip des Setzens und Losens ist in der "Charta der Grundrechte der Europäischen Union" auch nicht von einer "gleichen", sondern nur von einer "allgemeinen, unmittelbaren, freien und geheimen Wahl" die Rede.

Die Wünsche der EU, für die die ersehnte eigene Armee ein "Mittel gegen den Ansehensverlust" (Juncker) wäre, und die Hoffnungen von Olaf Scholz, auf diesem Weg ein weiteres Stück Grundgesetz in die Tonne treten zu können, treffen sich hier aufs Trefflichste. „Für mich gehört eine gemeinsame Armee zur Idee der europäischen Souveränität,“ hat der frühere Zivildienstleistende jetzt verkündet. Diese europäische Armee müsse dann „genauso stark legitimiert sein wie heute die Bundeswehr als Parlamentsarmee“, die „demokratische Verständigung“ über Finanzierung und Legitimation künftiger europäischer Militäreinsätze müsse also „in europäischen Gremien stattfinden, zu denen sicherlich auch das Europaparlament gehört“. 

Dazu noch gemeinsame Schulden nicht nur für einen kurzen Moment wie jetzt beim vorerst gescheiterten EU-Rettungspaket, sondern dauerhaft. Und die Vereinigten Staaten von Europa, deren Ausrufung bis zum Jahr 2025 von Scholz' Vorgänger Martin Schulz verkündet worden war, werden Realität: Keine Nationen mehr und keine nationalen Parlamente, nicht mal welche, die in Zeiten der Not von der Tribüne zuschauen, was die Exekutive so treibt. Dafür die Gemeinsamkeit vielleicht nicht aller, denn die können sich erfahrungsgemäß eher selten bis nie auf irgendetwas einigen. Sondern losgelöst vom "Zwang der Einstimmigkeit" (Scholz) einfache Mehrheitsentscheidungen, mit denen gegen eine hinderliche Minderheit durchregiert werden kann. 

Zukunftsmusik" nennt es Olaf Scholz, der alle tun wird, um die Partitur durchzuspielen. Die Verfassung steht dabei bestimmt nicht im Wege: Die hatte im Original noch 146 Artikel auf 47 Seiten, die aus 12.216 Wörtern bestanden, die wiederum aus 73.368 Zeichen zusammengesetzt waren. Heute ist der Zuwachs an Demokratie schon im Umfang der geltenden Version ablesbar. Die ist zwar einen Artikel kürzer, doch Dutzende von Änderungen des ursprünglichen Textes haben das ehemals kompakte Papier zu einem Regelwerk aufgebläht, das um fast die Hälfte dicker ist als ehemals.Irgendwo passt da auch eine gemeinsame Armee noch rein. Gemeinsame Schulden. Die Gesundheitsunion.

PPQ.li zum Anerkennungswunder in Südamerika: Zweistimmige Einstimmigkeit: Wie die EU Venezuela mal zu zwei anerkannten Präsidenten gleichzeitig verhalf.

Grafikpropaganda: Im strahlenden Licht eines erfundenen Triumphes

Richtig zusammenmanipuliert, lässt sich mit einer Grafik wie der links abgebildeten von der Unionsfraktion im Bundestag ein propagandistisches Zerrbild der Wirklichkeit als pure Wahrheit zeigen. Was nicht zur frohen Botschaft (rechts) passt, wird einfach weggelassen.

Wer mit Grafiken so perfekt lügen will, wie es das ZDF vermag, der tut gut daran, einige grundsätzliche Regeln beachten, um die, die nicht so genau hinschauen, von seiner Interpretation der Wahrheit zu überzeugen. Die CDU, seit der kurzen und unglücklichen Ära Kramp-Karrenbauer Betreiber einer eigenen Nachrichtenschmiede, hat jetzt gezeigt, wie eine eher unschöne Grundwahrheit feinfühlig so weiterentwickeln lässt, dass die grafisch verabreichten fake news bei einem durchschnittlich verständigen Betrachter als tröstliche Hoffnungsbotschaft ankommt. Alles gar nicht so schlecht, wie es die Medien seit zwei Wochen reden. Im Großen und Ganzen sind vielleicht ein paar tausend Leute mehr gestorben oder sie werden es noch, weil Deutschland beim Impfen nicht vorankommt. Doch das ist ein kleiner Preis, den zahlen muss, wer sich sich von ganz hinten an die Spitze impfen will.

 Unberechtigte Kritik

Dort nämlich steht Deutschland im dritten Monat nach dem beinahe einheitlichen europäischen Impfstart, der der ganzen Welt ein Zeichen dafür gab, dass es nun lohohos geht. Und wie! "Deutschland wird für sein Impfmanagement im Kampf gegen #COVID19 kritisiert. Zurecht? Keinesfalls", hat die Bundestagsfraktion der Union herausgefunden, in eine Grafik gießen lassen und bei Twitter verbreitet. Vier Impfkurven sind da zu sehen, eine steigt recht mählich an, das ist die ganze Welt. Drei aber stürmen die Spitze wie die Corona-Leugner den Bundestag: Im Gleichschritt erklimmen Deutschland, Frankreich und die gesamte EU den Spritzengipfel, ein Trio Totale des Pandemiekampfes, unaufhaltsam und unschlagbar.

Eine Erfolgsgrafik, die Zweifler, Hetzer, Hasser und Menschen, die durch rechte oder russische Propaganda gezwungen werden, das Vertrauen in die Regierung zu verlieren, wirksam stoppt. Dank kluger Zusammenstellung liefert die Grafik aus der Propagandaabteilung der Unionsfraktion ein propagandistisches Zerrbild der Wirklichkeit, das als pure Wahrheit durchgehen könnte. Was nicht zur frohen Botschaft passt, wird weggelassen, der Vergleich wird so gezogen, dass der Letzte gewinnt und die Zeitlupe ein rasendes Tempo zeigt.

Das Zaubermittel gegen Zweifel

Wie in der ersten Phase der Pandemie die schrecklichen Bilder aus den USA, Großbritannien, Italien und Spanien dazu dienten, den deutschen Sieg über das Virus prächtig zu illuminieren, verwandelt sich das Weglassen aller erfolgreicheren Impfnationen in ein Zaubermittel, die traurigen eigenen Bemühungen im strahlenden Licht eines Triumphes zu zeigen. Die Wirklichkeit wird dadurch nicht besser, die Geschwindigkeit der schleppenden Impfkampagne, die in Deutschland beim durchschnittlichen Tempo von 245.000 Impfungen am Tag noch 290 Tage brauchen wird, bis wenigstens die Hälfte der Bevölkerung geimpft ist, bekommt so ein positives Gepränge, dass beim Leser das Gefühl erzeugt, er dürfe getrost darauf vertrauen, dass alles auf einem guten Weg ist.

Montag, 29. März 2021

Angela Merkel bei Anne Will: Zu Gast bei Freunden

Die Bundeserklärtage machten Station im Studio bei Anne Will.

Immer wenn das Bein dick wird, das Blut dünn vor lauter Wut und die Menschen da draußen vor dem Kanzleramt im Verdacht stehen, jeden Moment zum Petitionskuli greifen und an ihre Bundeskanzlerin appellieren zu können, ihre vom Ende her gedachte Politik zu ändern, taucht Angela Merkel bei Deutschlands Vorzeige-Talkerin Anne Will auf. Auf dem Höhepunkt des "Zustroms" (Merkel) vor fünf Jahren erklärte sie hier, warum es kein Zurück geben wird, auch später waren Krisen der CDU, der EU und insbesondere Krisen der Kanzlerschaft Merkel stets im Fernsehprogramm ablesbar: Lud sich die "mächtigste Frau der Welt" (Forbes) am Sonntagabend in die journalistisch völlig unabhängig von staatlichen Wünschen agierende Will-Sendung ein, gab es etwas klarzustellen, zu beplaudern und geradezurücken.

Merkel im Nationalmannschaftsdress

Diesmal taucht Merkel im deutschen Nationalmannschaftsdress auf, schwarze Hose, weißes Oberteil, ein Augenzwinkern  Richtung Joachim Löw, dem anderen Urgestein der deutschen Nationalismus, der gerade auf dem anderen Kanal ums Überleben kämpft. Was dort der Rumäne, ein flinker, aber spielerisch limitierter Kicker, ist hier beim ehemaligen Ersten, das nun wieder ARD heißt, weil das Geld nicht mehr reicht, Anne Will, die Frau, die als einzige bundesweit das Vertrauen der Kanzlerin genießt, die richtigen Fragen zu stellen.

Warum das so ist, macht auch diese heute schon historische Sendung wieder klar. Zu Beginn kniet Will buchstäblich vor de Chefin der Corona-Lage, sie bekundet Respekt für Merkel großartiges Entschuldigung aus der vergangenen Woche und ein gerüttelt Maß an Dankbarkeit dafür, dass es nicht zur mysteriösen Osterruhe gekommen ist. Angela Merkel schmunzelt zufrieden, nach zwei, drei Minuten schon beruhigt, denn die Lage ist sichtlich im Griff.

Helge Brauns Offenbarungseid

Leistete sich ihr Kanzleramtsminister Helge Braun mit seinem leichtfertigen Auftritt bei Wills aufgebrachter Kollegin Sandra Maischberger kürzlich noch einen fatalen fauxpas, als er in gewundenen Worten immer wieder bekundete, man wisse einfach nicht, was man tue, wirkt Merkel bei Will wie daheim, ganz ruhig, abgeklärt, mit einer Agenda, die über eine Stunde immer genau die richtigen Reize setzt, wenn Anne Will die vereinbarten Stichworte vorliest. 

Armin Laschet, immerhin Nachfolger von Merkels Nachfolgerin als CDU-Parteichefin, wird als Vertrauensbrecher ausgeschmiert, der die gemeinsam getroffenen Corona-Vereinbarungen bricht. "Aber er ist nicht der einzige." Eine Umfrage, die Merkels harter Lockdown-Politik eine Zustimmung von 36 Prozent zubilligt, wird als "große Mehrheit" eingeführt und dann gegen die laschen Ministerpräsidenten instrumentalisiert. Schließlich die Drohung: Wenn nicht endlich alle tun, was die scheidende Kanzlerin für richtig und angebracht hält, werde sie das Infektionsschutzgesetz, heute schon Hebel, um Grundrechte pausieren zu lassen, weiter anschärfen und den Flickenteppich des Förderalismus damit scharf absaugen. 

Wissen ist Macht

Anne Will, spürbar geehrt vom Umstand, erneut zur besten Sendezeit bei Angela Merkel zu Gast sein zu dürfen,  lauscht andächtig. "Ich brauche lange und die Entscheidungen fallen spät", "Es geht nicht um Korrigieren, sondern um Weiterentwickeln", "ich freue mich in den kommenden Monaten auf eine Auseinandersetzung über die richtige Politik. Die braucht unser Land in dieser Zeit" und "Wir werden sie unter Demokraten führen und im Ton von Demokraten, so jedenfalls mein Vorsatz", sagt Angela Merkel diesmal zwar wider Erwarten nicht. Dafür aber "Ich werde nicht tatenlos zusehen, wie die Infektionszahlen ansteigen", "Es wird dazu kommen, dass wir das Richtige tun, und dafür stehe ich ein" und "Ich weiß jetzt nur, dass wir in einer schwierigen Situation sind."

Wer geglaubt hatte, Merkel empfange die teilweise aggressiv lauschende Will, um den Bürgerinnen und Bürgern mitzuteilen, wie sie nach ihrer Bitte um Entschuldigung weiterzuregieren gedenkt, sieht sich von der gewieften Machtpolitikerin schnell getäuscht. Merkel ist hier im weiträumigen Studio, ohne Maske, aber mit den drei vorgeschriebenen Anstandstischchen aus dem ARD-Fundus, um den Ministerpräsidenten den Kurs anzusagen. "Die Länder müssen handeln", sagt sie und meint damit, dass sie ja schon die Verantwortung für die schiefgegangene Osterruhe übernommen habe. Für alles andere, die ignorierte Notbremse, die exzessiven Lockerungsübungen, die ansteigenden Infektionszahlen, seien nun andere in Haftung. Laschet muss nun kuschen oder rebellieren. Eine andere Wahl lässt im Merkel nicht.

Kantersieg über den Journalismus

Drüben auf dem Privatkanal führt Deutschland 1:0 gegen die Rumänen, hier im Gemeinsinnfunk steuert Angela Merkel auf einen weiteren Kantersieg über den Journalismus zu. Anne Will will es sich spürbar nicht verderben mit der Kanzlerin, die sie heute schon das fünfte Mal bei sich begrüßen kann. Das ist Weltrekord und Grund genug, ehrfürchtig zuzuhören, wenn Merkel klarstellt "Testen und Öffnen wird alleine das Problem nicht lösen." und "mehrere Bundesländer haben eine sehr weite Interpretation der Beschlüsse, und das erfüllt mich nicht mit Freude".

Freude aber sollte jeder bei seiner Arbeit haben dürfen! Was empfindet sie, die Kanzlerin, in diesen Tagen? Was fühlt sie, spürt sie noch Vertrauen? Die Geschäftsführerin der Will Media GmbH will es wirklich wissen. Spät erst rutscht ihr die Frage heraus, ob die Briten angesichts der anämischen Impfkampagne der EU inzwischen nicht vielleicht sogar ganz froh seien, nicht mehr Mitglied der Gemeinschaft zu sein. 

Angela Merkel geht auf diese eine gemeine Provokation des Abends natürlich nicht ein. Sie spricht nun von Amerika, davon, dass niemand geimpft sei, ehe nicht alle Menschen auf allen Kontinenten geimpft seien. Hier ist er wieder, ihr Klassiker "Erfolge erzielen - das geht wirklich nur gemeinsam", der  "in überaus schwierigen, man kann auch sagen, unsicheren Zeiten"  umso mehr gilt als für Merkel feststeht "ich werde doch vor diesem Problem nicht davonlaufen", denn "ich bin schon auch Teil der Lösung" (Merkel 2016).

Gestopptes EU-Wiederaufbauprogramm: Deutscher Dampfer im Geburtskanal

Niemals!, das hat die CDU versprochen.

Zum Schluss hatte Christian Lindner von der FDP ein Einsehen. "Persönlich werde ich dem Wiederaufbaufonds zustimmen", verkündete der Chef der FDP, die bisher immer gegen gemeinsame EU-Schulden gewesen war. Lindner als Umfaller, immer hin aber "aus ganz anderen Gründen" als Finanzminister Olaf Scholz, für den die deutsche Bürgschaft für die von der EU herausgegebenen europäischen Schuldscheine der Einstieg in die letzte Phase der Umsetzung des sagenumwobenen Hades-Planes" von 1991 ist.  

Aufrecht stehend ins letzte Gefecht

Lindner stimmte nur zu, um "politisch in der Zukunft zu verändern" und er entpuppte sich damit als echter Widerständler: Sollte dereinst der richtige Moment kommen, der Augenblick, in dem die Uhren auf Null gestellt und das Rennen ganz neu gestartet wird, steht die FDP bereit, vom Boden wieder auf die Füße zu fallen und aufrecht stehend das letzte Gefecht zu führen um märchenhafte Abmachungen wie die Maastricht-Kriterien, die Verwandlung der Wertegemeinschaft EU in einem Zentralstaat und das Billionenrettungspaket gegen Corona, das mit den ersten Auszahlungen starten wird, wenn das Ende der Pandemie und die Rückkehr zum normalen Wirtschaftsleben die Wachstumsraten selbst in der traditionell anämisch dahinwirtschaftenden EU ohnehin nach oben jazzen wird. 

Einmal mehr musste dann das Bundesverfassungsgericht ran. Nur Stunden nach dem Bundestagsbeschluss, die Geldschleusen zu öffnen, zogen die höchsten Richter der Republik die Notbremse. Das große Wumms-Projekt der EU, nach aktuellen Zahlen größer gar als das des US-Präsidenten Joe Biden, liegt ein Jahr nach der Verkündigung durch Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen weiterhin auf Eis. So mühsam die Gemeinschaft eine Voreinigkeit hatte herstellen können, indem die widerstrebenden Oststaaten Polen und Ungarn mit sehr viel Zustimmungsprämie zu den am schlimmsten betroffenen Corona-Gebieten in der EU erklärt wurden, so wenig praktische Wirkung  konnte das historische Paket aus 1.074 Milliarden Euro für den nächsten siebenjährigen EU-Haushaltsrahmen und 750 Milliarden Euro für ein Konjunktur- und Investitionsprogramm gegen die Folgen der Pandemiekrise bisher erzielen.

Parole WeiterwEUrschteln 

Wie auch. Zwar ermöglicht es der eine Teil der EU, wenigstens weiterzuwurschteln, mit mehr Geld sogar, obwohl mit den Briten mehr als zehn Prozent der EU-Bürger nicht mehr dabei sind. Doch der andere Teil des "Wiederaufbauprogramm" genannten Planes von Ursula von der Leyen steckt auch neun Monate nach der Befruchtung weiter im Gebärkanal. Die Husarenritt der EU in eine Art Länderfinanzausgleich, der aus der europäischen Stabilitätsunion, die die Gründerväter vorgesehen hatten, eine Schuldenunion machen sollte, die ebenso einmalig sein würde wie es bisher noch jede dringliche Rettungsaktion war, ehe sie zur dauerhaften Institution wurde, verzögert sich weiter. Und es ist Deutschland, das wie ein trauriger Dampfer im Suezkanal der ehrgeizigen EU-Aufbaupläne steckt. Ein Zukunftshindernis ersten Ranges für das Vorhaben, die Seuche zu nutzen, um Europa durch die Hintertür eine gemeinsame Haushaltsführung zu verpassen, unfähig, sich selbst zu befreien, aber auch nicht von anderen zu retten.

Was der Durchbruch zu einer HEUshaltskasse für alle hatten werden sollen, droht zu enden wie die große europäische Flüchtlingslösung, wie die Einigung auf eine EUnheitszeit, wie das Spitzenkandidatenprinzip und die gemeinsame Impfkampagne. Vorerst haben die Richter in Karlsruhe den monetären Jahrhundertschritt raus aus den Fesseln der Maastricht-Verträge und rein in ein Land, in dem Milch und Honig von Nord nach Süd fließen, nur bis zu einer Entscheidung in der Sache gestoppt. Dass die Transferunion durch die Seuchenstation am Ende doch kommen kann, dafür muss nun ein Verfassungsgericht Sorge tragen,dessen Richter durchweg eins auszeichnet: Nach 16 Jahren mit Merkel-Regierungen sitzt dort kein Verantwortungsträger mehr, auf den sich nicht alle Parteien der aktuellen großen Koalition auf CDU, CSU, SPD, Grünen und FDP geeinigt haben. 

Es könnte also doch noch etwas werden mit der Beseitigung der Geldblockade durch den Dampfer Deutschland. Nach der durchschnittlichen Verfahrensdauer bis zu Entscheidungen des BVerfG wäre schon im Frühjahr 2022, spätestens aber im Frühjahr 2023 mit einem Urteil zu rechnen. Drei Jahre nach von der Leyens Ankündigung einer blitzschnellen Aufbauhilfe würden dann die ersten Fantastrilliarden fließen.


 

Sonntag, 28. März 2021

Pandemie-Poesie: Lächelt fort die deutschen Sorgen

In Zimmern ohne Aussicht auf Besserung sitzt Deutschland und wartet gebannt auf das befreiende Go aus dem Corona-Kabinett.  Seit das begann, was nach den Vorgaben der Bundesworthülsenfabrik (BWHF) in Berlin mittlerweile amtlich als "Corona-Krise" bezeichnet werden darf, hat das bürgerschaftlich engagierte Kleinkunstportal PPQ sich für die verständlichen Interessen Kunst- und Kulturschaffender aller Altersgruppen, Hautfarben und Herkünfte stark gemacht. 

Eigens eingerichtet wurde ein virtueller Marktplatz für krisenhafte Gedichte, die sich mit den vielen Spielarten der Möglichkeiten der Pandemie-Poesie beschäftigen. Der Unort im Nirgendwo als Zuflucht vor der Unvorstellbaren, der Reim als Rückweg in eine Welt, in der Grundrechte existieren, die kein informeller Virologenrat und keine Landesministerkonferenz so einfach vom Tisch fegen können.

In der heutigen Neuvorstellung "Nachgedanken/Machtgedanken" befasst sich ein Nachwuchspoet, der seinen Namen selbst Keinrich Keine angibt, in nachlässig kopierten Reimen mit den Implikationen einer nationalen Lage von demokratiegefährdenden Ausmaßen, in der ein Gemeinwesen sich nach Erlösung durch die Spritze sehnt, die ihm sein Vater Staat aber nicht gewähren kann, weil er größere Zusammenhänge im Blick behalten muss.  

Aus der Gesundheitskrise wurde eine Vertrauenskrise, aus der Vertrauenskrise ein Erzittern der Macht. Eine Situation, die sich in den kahlen Zeilen des seltsam bekannten Gedichtes von Keinrich Keine trefflich geschildert findet.


Nachtgedanken/Machtgedanken

Denk ich an Deutschland Tag und Nacht,

Fühl' ich mich um die Macht gebracht,

Es ist auch nicht mehr auszuschließen

dass noch im Sommer Tränen fließen.

Die Jahre kommen, das Amt vergeht!

Sie wird nie mehr zurückgedreht,

Sechzehn Jahr' sind hingegangen;

Es wächst mein Sehnen und Verlangen.

Mein Sehnen und Verlangen wächst.

der Ruhestand, er lockt zunächst.

Ich seh' mich nur noch als die alte,

Die alte Frau, die Gott erhalte! 

Die alte Frau war doch so lieb,

Und die Verordnung, die ich schrieb,

Seh ich, wie meine Hand nun zittert,

Wie tief mein Mutterherz erschüttert.

Das Vaterland liegt mir im Sinn!

Sechzehn Jahre flossen hin,

Sechzehn Jahre sind verflossen,

Seit ich die Amtstür aufgeschlossen.

Und Deutschland hat dennoch Bestand,

Es bleibt ein kerngesundes Land!

In dem man gerne leben muss

Es ist noch lange auch nicht Schluss

Nach Deutschland lechzt' ich nicht so sehr,

Wenn ich nicht die Mutter aller wär;

Dies Vaterland wird nie verderben,

Nur diese die alte Frau kann sterben

Wenn ein Erbe ist gefunden,

und dauert es auch viele Stunden

So viele sanken grad' ins Grab, 

Die ich nicht kannte – wenn ich sie zähle,

So will verbluten meine Seele.

Und zählen muss ich - mit der Zahl

Schwillt immer höher meine Qual, 

Mir ist, als wälzten sich die Leichen

Auf meine Brust – Gottlob! sie weichen!

Gottlob! durch meine Fenster bricht

Französisch heitres Tageslicht;

Es kommt ein Tag, schön wie der Morgen,

Und lächelt fort die deutschen Sorgen.

CDU-Wahlkampagne: Für ein Deutschland, in dem wir gerne regieren

Bisher ist bei der Corona-Bekämpfung nicht viel schiefgelaufen - warum also nicht mit dem Deutschland-dreamteam weitermachen.
Sie kennen das! Sie kennen auch sie, diese Partei, die das alles so gut gemanaged hat bis hierher und zuletzt sogar die Kraft hatte, einen "Fehler" (Merkel) so zuzugeben, dass ihr die Herzen mehr noch als zuvor zuflogen. Noch hat die Union nicht entschieden, wer sie als nächster Kanzler in den Herbstwahlkampf führen muss, doch vorab hat die Partei jetzt immerhin schon mal die ersten Motive der geplanten Wahlplakate vorgestellt. Zusätzliche Schwerpunkte soll später der - erneut ist es bei der Union ein Mann - Kandidat einbringen, die Basis aber stehe, hieß es in der Parteizentrale im Helmut-Kohl-Haus in Berlin.

Feuerwerk der Heilsversprechen

Dort war man in Panik geraten, als sich zuletzt zu den unschönen Nachrichten über bestochene und eigennützige Abgeordnete auch noch die flash news gesellte, dass die SPD ihre Wahlkampagne bereits komplett fertig hat. Rund um Kanzlerkandidat Olaf Scholz - erneut ist es auch bei der SPD ein Mann - plant die deutsche Sozialdemokratie ein Feuerwerk der Heilsversprechen rund um die zentrale Botschaft "Lorem Ipsum", ein Platzhalter, in den Wählerinnen und Wähler, aber auch alle anderen Wählenden ihre eigenen Wünsche, Träume und Vorstellungen eintragen können.

Dem innovativen Konzept der SPD begegnet die CDU nun mit dem roll out einer eigenen Kampagne, die alles andere sein will als originell. Wie die scheidende Bundeskanzlerin 2017 mit dem simplen Satz siegt "Sie kennen mich", soll auch die Wahlwerbung 2021 die Menschen dort abholen, wo sie inzwischen seit fast sechs Monaten im Wellenbrecher-Lockdown sitzen. "Für ein Deutschland, in dem wir gerne regieren" ist der zentrale Werbespruch der Union für den Herbst. 

Wiedererkennung für Wählende

Die Parteizentrale verspricht sich dadurch einen Wiedererkennungseffekt, der dazu führen soll, dass Wählende aus Dankbarkeit für die gezeigten Leistungen, aber auch aus Mitleid mit den zuletzt schwer kritisierten Führungspersonen der Union ihr Kreuzchen bei der "Merkelliste" machen. Diesen Begriff - auch als "Liste Merkel" - will die Partei im Wahlkampf nutzen, um, wie es heißt, "in Erinnerung zu rufen, wer uns so gut durch die Krise gebracht hat". Geplant sind auch Plakate mit Sinnsprüchen der Rekordkanzlerin, etwa "Deutschland - Im Großen und und Ganzen nichts schiefgelaufen" und "Deutschland - Dann ist das nicht mehr mein Land".

Merkel als Zugpferd, wer aber auf dem Kutschbock? Der neue Parteivorsitzende Armin Laschet, nicht nur Merkel-Nachfolger mit dem ersten Zugriffsrecht auf die Kanzlerschaft, sondern zugleich der kluge Kopf hinter der strikt personalisierten Kampagne, will noch im April entscheiden, ob er antritt, oder zuerst versucht, die Krise in Nordrhein-Westfalen in den Griff zu bekommen. Das Bundesland steht mit fast 600.000 Infektionen und fast 14.000 Todesfällen an der Spitze der deutschen Betroffenheitshitparade. NRW liegt in allen Kennzahlen nicht nur vor Bayern, sondern ist insgesamt auch härter getroffen als die corona-verheerten Gebiete in Ostdeutschland.

Auswahl an Merkel-Motiven

Laschets Trumpf ist seine unbestrittene Landesväterlichkeit, die leicht schlurfig daherkommt und an den unvergessenen Wolfgang Böhmer erinnert, die Strickjakce unter den Ministerpräsidenten in einer Zeit, als der Verlust des deutschen Ostens noch als drohende Gefahr und nicht als Akt der Marscherleichterung galt. Als Merkel 2.0 vereint Laschet die Anscheinstugenden eines Bibliothekars und das Charisma eines Basset in einer Person. Er ist damit der Gegenentwurf zum fränkischen Polterer Markus Söder, dem womöglich Geduld, Gelassenheit und Selbstbewusstsein fehlen, wie zuletzt der Grüne Winfried Kretschmann mit einer Auswahl an Merkel-Plakatmotiven in die Schlacht zu ziehen.

Eine Vorentscheidung in der Kanzlerfrage, aber beileibe noch nicht das letzte Wort. Für Laschet spricht seine Beliebtheit im Ausland, für Söder, dass er mit Alphatieren wie  Évariste Ndayishimiye, dem Staatschef von Burundi, oder Boungnang Vorachith, dem Präsidenten von Laos, über Augenhöhe agieren könnte. Schon nach Ostern, aber noch vor dem "Ende des Sommers" (Merkel) will die CDU abschließend entscheiden, mit welchem der beiden Anwärter sie in den Wahlkampf zieht.

Samstag, 27. März 2021

Europäische Zeitverschiebung: Vorbild für das Impfversagen

So viel EU, so viele Uhren, so viel verschiedene Zeit: Auch im sechsten Anlauf ist die von der EU geplante Einführung einer EU-Einheitszeit gescheitert - ein Vorbild für das Impfversagen.

S
elbstverständlich hat es dann nicht mal zu dieser kleinen, kosmetischen Korrektur gelangt. Groß angekündigt und mit Heilsversprechen durchzogen, fast schon durchgesetzt, dann verzögert, verschoben und schließlich nach altem europäischen Brauch nie mehr erwähnt: Die Abschaffung der Zeitumstellung, vom damaligen EU-Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker als Beweis für die Handlungsfähigkeit des multinationalen Gebildes EU mit seinen 27 Mitgliedern und 289 mitregierenden Parteien gedacht, bewies genau das Gegenteil.  

Die Kraft der Wertegemeinschaft

Nicht mal dazu reichte die Kraft der Wertegemeinschaft, die mehr unterschiedliche Interessen hat als gemeinsame Ziele. Selten wurde dieses Grundproblem der EU greifbarer als bei der halbjährlich stattfindenden Umstellung der Uhrzeiger auf Sommer- oder aber Winterzeit. Beteiligt an der Umfrage zur Abschaffung hatten sich eigentlich nur die Deutschen, als beste Europäer weltweit dahingehend auch in der Pflicht. So wenig repräsentativ das Ergebnis war, so recht kam es der gerade wieder an den Rand aller Geschehnisse geschobenen Kontinentsregierung in Brüssel. Ab spätestens 2021, so verkündigte die Europäischen Union flugs und ohne überlange Diskussionen, werde der ganze Quatsch beendet. 

Ein Dekret, erlassen in einer Sache, die die EU weder etwas angeht noch dass es akuten Regulierungsbedarf aufwies. Die Regierungen staunten. Die Bürger ebenso. Die Medien applaudierten zwar angesichts der überraschenden Tatkraft der anämischen EU-Institutionen, die normalerweise wenigstens ein Jahr brauche, um nicht nur aus einem Boot auf einem See zu fallen, sondern dabei auch das Wasser zu treffen. Anschließend ging der Versuch einer populistischen Anbiederung an die Mehrheit einer fragwürdigen Online-Umfrage dann jedoch wieder böse in die Hose. Die Älteren erinnerten sich an die andere berühmte europäische Lösung, damals von der Kanzlerin angekündigt: Binnen 14 Tagen wurde damals keine Einigung in der Flüchtlingsfrage erzielt. Seitdem sind weitere 10 x 14 Tage vergangen und die Lage ist dieselbe.

Die Vereinheitlichung der Stunde

Waren per Klick noch angebliche 84 Prozent für ein Ende des Wechsels zwischen Sommer- und Winterzeit, interessierten sich in Wirklichkeit 97 Prozent überhaupt nicht für die neue Kernaufgabe der EU, die Zeit zu vereinheitlichen. Jean-Claude Juncker, kurz vor Auslaufen seiner Amtszeit verzweifelt auf der Suche nach dem einen einzigen Ding, das später mit seiner Zeit an der Spitze der EU verbunden werden könnte, verkündete 2018 trotzdem voller Stolz: „Die Zeitumstellung gehört abgeschafft“. Das EU-Parlament, nicht dazu berufen, aber auch mal froh, gehört zu werden, stimmte im März 2019 dafür, die Zeitumstellung 2021 abzuschaffen. Dann übernahmen die 27 Mitgliedstaaten, die sich nun nur noch auf einen gemeinsamen Stundenschlag hätten einigen müssen.

Von heute aus gesehen mutet das Folgende an wie eine Schablone für das europäische Impfversagen, über das mittlerweile sogar Revolutionäre in den Regierungsparteien lauthals klagen und schimpfen. Dauerhaft Sommer- oder Winterzeit oder gar keine oder weiter verschiedene, aber einheitlich? Schwer, jemandem in Portugal begreiflich zu machen, dass seine Sonne künftig schon um 16 Uhr untergehen muss, damit sie im Sommer in Vilnius und oben in Finnland nicht gar so lange scheint. 

Ausgerechnet dass bisschen praktische Durchführung der europäischen Zeitverschiebung macht die Sache schwierig. Wer hätte das auch ahnen können? Jemand, der mit zwei unterschiedlichen Schuhen am Fuß aus dem Haus geht? Niemand, der den nun drei Jahre andauernden Versuch der EU, eine symbolische Entscheidung über eine gemeinsame Zeit zu fällen, zugeschaut hat, konnte vom Debakel der Impfkampagne überrascht sein. So läuft das hier eben. Immer.

Die Bürger stören doch nur

Hauptberufliche Europäer wie die von der früheren SPD-Chefin Andrea Nahles nach Brüssel weggelobte Katarina Barley (SPD) richtig sauer. Für Barley ist die Sommerzeit nichts, was mit irgendeiner Lebenswirklichkeit zu tun hat, sondern "ein Beispiel dafür, wie häufig Gesetzesvorhaben im Rat der Mitgliedstaaten versanden". Gut gemeint. Toll gedacht. Hervorragend gemacht. Und stören die Bürger wieder mit ihren Vorstellungen davon, dass auch die ganz große Politik ihnen das Leben leichter machen und nicht zusätzlich stören soll.

Wer bitte soll unter solchen Bedingungen einen ganzen Kontinent regieren? Wenn das eine Land gegen Inseln aus Sommer- und Winterzeit ist, das andere aber Widerstand leistet, wenn es aufgefordert wird, mal von den Folgen für das nationalistische Inlandsleben abzusehen und im Dienst Europas einfach mal mitzumachen? Nur die gläubigsten Gefolgsleute glauben noch daran, weil Glaube stets stärker ist als Fakten. Selbst Deutschland, die führendste Nation beim Thema Zeitverschiebung, hatte seine historische Ratspräsidentschaft im vergangenen Jahr nicht genutzt, um die EUnheitszeit für alle voranzutreiben - etwa durch eine dauerhafte Sommerzeit. Auch Portugal, dessen aktuelle Ratspräsidentschaft von deutschen Medien als sogenanntes non event behandelt wird, treibt das von der Junckerschen Schnapsidee zum Mammutprojekt gewachsene Vorhaben nicht voran.

So bleibt nur Zeit, die nie vergeht, aber immer wieder neu gestellte EUhren. 

Aufruf zur Revolution: Brinkhaus und der 200-Jahre-Staubsauger

Ein Ruf wie Donnerhall: Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus will eine Revolution für Deutschland.

Revolution! Das Morgen schon im Heute! Kein Bett und kein Thron für den Arsch zufried'ner Leute! Norbert Röttgen, der beim Anlauf auf den CDU-Vorsitz so tragisch gescheiterte Atlantiker, möchte von vorn anfangen. "Wieder ganz offen und ehrlich die Wahrheit sagen", sagt er. Aber die waren Umstürzler, die wahren Rebellen, die echten Neuanfänger sind schon viel weiter, viel radikaler und grundsätzlicher in ihrer Opposition zur herrschenden Regierungspolitik. Ralph Brinkhaus etwa, gegen die Wünsche der noch amtierenden Kanzlerin zum Chef der CDU/CSU-Bundestagsfraktion aufgestiegen, will einen Neustart für Deutschland, für das politische System, die Demokratie, die Gesetzlichkeiten.  

Radikale Absage an Große Lähmungskommission

Auf diesem Staatswesen liegt der Staub von 200 Jahren", hat der Mann aus Wiedenbrück in Nordrhein-Westfalen im Bundestag ausgerufen, "diesen Staub müssen wir beseitigen!" Ein Alarmruf, ein Ruf zu den Waffen. Brinkhaus, vor knapp drei Jahren Auslöser einer ersten Kanzlerinnendämmerung, als er Volker Kauder stürzte, der länger als ein Jahrzehnt als Kettenhund der Kanzlerin gediente hatte, schneidet bei der Abrechnung mit dem System bis auf dessen Knochen hinunter.

Wir brauchen in diesem Land nicht nur eine Reform, sondern wahrscheinlich sogar eine Revolution", rief Brinkhaus, der die Krise nutzen will, den erwähnten "Staub von 200 Jahren" wegzublasen. Die Hoffnung und das unbedingte Versprechen des 52-Jährigen an Bürgerinnen und Bürger, Längerhierlebende und Nochnichtsolangeanwesende: Wäre die CDU endlich an der Bundesregierung beteiligt und hätte sie in den Ländern etwas mitzubestimmen, wenigstens in manchen, werde Deutschland fit gemacht für die Zukunft, die erste digitalisierte Demokratie mit eingebauter diverser Nachhaltigkeit und täglicher Testpflicht.

Hoffnung für die Toten

Ralph Brinkhaus, der im laufenden Einbruch der Umfragewerte für die Union, in den unentschiedenen Führungsfragen, dem aus allen Spitzenrennen ausgeschiedenen Gesundheitsminister und der wie gelähmt auftretenden Kanzlerin die Chance wittert, selbst als Kandidat für das höchste Amt infrage zu kommen, will die Revolution allerdings mit Bahnsteigkarte. Für die laufende Pandemie sei sie noch nichts, da könne man leider "nicht auf eine Revolution warten", analysierte er im Deutschen Bundestag. "Da müssen wir handeln."

Er sei als Politiker angetreten, an die zu denken, die schwach sind, "die Einzelhändler und überlasteten Intensivpfleger", die Leute, die zu Hause blieben, die Menschen, die mit Langzeitfolgen erkrankt seien, und die Menschen, die "einen elenden Tod gestorben" seien. "Es ist unsere Verantwortung, etwas für diese Menschen zu tun", sagte Brinkhaus, und er machte den Toten Hoffnung: "Natürlich hilft Testen, natürlich hilft Impfen."

Im dunkelblauen Macher-Anzug

Später aber soll es dann an den Umsturz gehen, einen Neuanfang Deutschland als straffer, agiler Staat voller Dynamik, ein Land, das mental einen dunkelblauen Macher-Anzug trägt wie Ralph Brinkhaus, das Ausdauer hat und zupacken kann, sich nicht von komplizierten Regelwerken lähmen und von EU-Richtlinien gängeln lässt. Ein bestechender Plan, bei dessen Umsetzung kein Stein auf dem anderen bleiben wird. Schon hat Carsten Linnemann, einer der revolutionierenden Brinkhaus-Stellvertreter,  für den Fall einer Regierungsbeteiligung der Union eine Begrenzung der Amtszeit von Kanzler*innen ins Spiel gebracht. 

Das im politischen Berlin als "Reichsnachrichtendienst" verspottete SPD-nahe Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) nahm die Idee begeistert auf, schließlich regierte die deutsche Sozialdemokratie nur in 18 der letzten 22 Jahre im Bund mit - tiefgreifende Reformen, wie sie der SPD traditionell vorschweben, waren so nicht möglich bzw. mussten nach irrtümlicher Einführung später jeweils mit Mühe zurückgeholt werden.

Per Ruckrede zur Revolution

Das soll, das wird bald alles besser werden. Die Umfragen geben eine Übernahme der Regierungsverantwortung durch die beiden großen revolutionären Parteien CDU/CSU und SPD im Augenblick noch nicht ganz her. Doch Umfragergebnisse, in denen sich die Stimmanteile der ehemaligen großen Koalition auf nur noch 43 Prozent addieren - 10,4 Prozent weniger als bei der letzten Bundestagwahl 2017 - berücksichtigen die Ruckrede mit Brinkhaus' Aufruf zur Revolution ebenso wenig wie die bereits erteilte Zustimmung der Kanzlerin, die in ihrer Bundestagsrede klar signalisiert hat, dass sie mit ihrer Geduld mit den Regierenden in Bund und Ländern, aber auch mit der Wirtschaft und den Bürger*innen am Ende sei. 

Bund, Länder und Kommunen, so schloss sich die frühere CDU-Vorsitzende den Forderungen nach  einer dynamischeren Politik an, müssten "schauen, wo sie beim Impfen und Testen besser werden könnten", sagte die CDU-Politikerin ultimativ. Und sie mahnte, dass der Trend zum "Ausruhen auf dem, was wir haben" nicht reichen werde, um die Pandemie besiegen. Geschweige denn, um den riesigen Sauger zu bauen, mit dem der beherrschende Block der Reformer und Revolutionäre in Union und SPD all den kaiserlichen und hitlerschen Staub aus dem Land blasen werden, der Deutschland derzeit noch hindert, die rigorose Reformrepublik mit brennenden Beihilferichtinienbarrikaden und digitalen Bahnsteigkartenapps für Smartphones für die Revolutionsteilnahme zu werden.

Freitag, 26. März 2021

Corona-Sommermärchen: Im Impfstoffkrieg mit der Welt

Künstlerische Aufarbeitung der EU-Impfstoffmisere durch einen unbekannten Grafitti-Artisten: EU-Chef Jean-Claude Juncker* empfängt vom Vorstandschef von AstraZeneca auf diesem Wandbild in Jülich eine zusätzliche Impfstofflieferung.

Wir müssen jetzt die Daumenschrauben anziehen", droht Manfred Weber, der als "Spitzenkandidat" der europäischen Konservativen gescheiterte EU-Politiker, der in den vergangenen Monaten von der Bildfläche verschwunden gewesen war. Auf einmal ist er wieder da, bärtig wie sein früherer Widersacher Martin Schulz, hagerer, mit einer schmalen Brille in der "größten Krise seit dem Zweiten Weltkrieg" (Weber). "Der Staat muss jetzt durchgreifen", sagt Weber, der Großbritannien und die USA vom Impfstoffnachschub abschneiden will, um das "Sommerversprechen" der EU an die alten Europäer einhalten will. "Jedem ein Impfangebot machen". Das werde nur klappen, wenn jetzt mal jeder an sich selbst denke, sagt Manfred Weber.  

Wenn jeder an sich selbst denkt

Die Hoffnung, dass der Ehren-Europäer Joe Biden, auf dessen gebrechlichen Schultern so viele deutsche Hoffnungen ruhten, anders als sein anti-europäischer Vorgänger bereit sein könnte, Amerikaner zu opfern, um Europäer zu retten, hat getäuscht. Die Amerikaner geben nichts, sie denken nur an sich. Ebenso wie die Briten. Wer jetzt noch impfen will, muss das nachmachen, vaccination ist im Englischen, der lingua franca der EU, in der immerhin fast sechs Millionen der 440 Millionen EUropäer englische Muttersprachler sind, nicht ohne Grund ein Wort, das auf -nation endet.  

Vergessen die eindringlichen Warnungen des Bundespräsidenten vor dem Gespenst des "Impfnationalismus", einem Bruder im Geiste von Abschottung, imperialem Egoismus und populistischem Wirgegendie. Die Süddeutsche Zeitung spricht sich entschiedenst für einen Europe-first-Kurs aus, das teilstaatliche Nachrichtenprotal t-online sekundiert: Der Impfstoffmangel solle mit schärferen Kontrollen und nachträglicher Umverteilung ausgeglichen werden. 

Wie Israel am 3. Januar

Mit 13 Geimpften auf 100 Bürger ist Deutschland Ende März dort angelangt, wo Israel am 3. Januar war. Anfang März noch hatte die Ministerpräsidentenkonferenz eine Verdopplung der Zahl der Zahl der Impfungen auf 350.000 bis 400.000 bis Monatsende versprochen. Sechs Tage vor dem Termin steht der Wert bei 285.000 am Tag, obwohl einzelne Ärzte sich mehr mühen, wie sie können sollen.

Gar keine Rede ist mehr vom Optimismus der Tage, in denen die Bundesregierung noch darauf hoffte, dass es bald einen Impfstoff geben werde, der dann auch schlagartig für alle reiche. Damals, im heißen Klima-Juli 2020, erwartete das politische Berlin "keine Engpässe", wie Forschungsministerin Anja Karliczek versicherte. "Wir sind dabei, die Produktionskapazitäten in Deutschland zu erhöhen", verriet die CDU-Politikerin damals. Wenn ein Impfstoff gefunden worden sei, wird jeder Deutsche, der es will, auch geimpft werden können. Das müssen wir schaffen, und das werden wir schaffen." 

Wer zu spät kommt, der beschuldigt die anderen

Experten warnten seinerzeit, dass viele Staaten "schon jetzt Kapazitäten sichern", etwa die USA und China. Die EU setzte darauf, dass sich die Realität der internationalen Konkurrenz am Ende wie immer den eigenen Wünschen werde beugen müssen. Nun, wo das offenkundig nicht der Fall ist, müssen es administrative Maßnahmen richten: Die ganze Wertegemeinschaft schwenkt auf Italiens nationalistischem Sonderweg, erst recht, nachdem die EU-Impfstofffahnder pünktlich kurz vor der Entscheidung über ein Exportverbot 29 Millionen Dosen des Impfstoffs von AstraZeneca in einem Lager fanden.

Hergestellt worden war die Charge in Belgien, nach Italien gelangt war sie zur Konfektionierung. Für eine Nutzung in der EU ist der Impfstoff nicht  zugelassen, weil die belgische Produktionsstätte von der Europäischen Medizinzulassungsbehörde EMA noch keine Genehmigung hat. Wohl aber eine der britischen Behörden.

Das will und wird sich die EU nun nicht mehr länger bieten lassen. Im Impfstoffkrieg mit der Welt werden dickere Saiten aufgezogen. Bisher konnten Mitgliedstaaten und die Kommission Ausfuhren nur untersagen, wenn Hersteller damit ihre Lieferverpflichtungen in der EU gefährden würden. Nun werden Lieferungen ins Ausland untersagt, wenn Bestimmungsland selbst Ausfuhren beschränkt.  

Nicht geregelt wurde dabei, was mit Beständen geschieht, die für ausländische Abnehmer bestimmt sind, die EU aber wegen eines verhängten Exportverbotes nicht verlassen dürfen. Vor der Endkonsequenz, die betreffenden Chargen zu beschlagnahmen und zur "Verimpfung" (Jens Spahn) im EU-Raum bereitzustellen, schreckten Kommission und Mitgliedsstaaten offenbar zurück.

 

*Dem talentierten jungen Künstler war offenbar entgangen, dass Juncker bereits ausgeschieden ist

Pandemie-Poesie: Ein Clown namens Deutschland

Wer sagt es ihr?

Bedröppelt steht er da, ein alter weißer Mann im Pokemon-Jäckchen einer älteren Dame, die Züge gekerbt von Sorgen, die Schultern fallen seitlich ab, die Mundwinkel zeigen fußwärts bis zum Boden. Nichts an ihr wirkt aufmunternd, alles schreit nur noch Krise und Untergang. Die rote Nase wirkt wie ein Blutfleck, die Brauen sind überschminkt, der Mund wie zum Hilfeschrei geöffnet. Wieder ist alles schiefgegangen. Wieder weiß niemand Rat.  

Das Krankenhaus am Rande der Stadt

Wäre die Welt wirklich das Dorf, das sie bis vor einigen Monaten gewesen zu sein schien, wäre  Deutschland dieser bedauernswerte Trottel in dem Haus am Ortsrand, ohne Netzanbindung und gefragte Qualifikationen, ohne Zukunft, aber voller Illusionen. Alleingelassen von den Nachbarn auf eigenen Wunsch, brabbelt er wie eine Erlösungsmaschine unablässig Dünnes. Wie wichtig und bedeutsam der Hamster, das Wetter, eine gendergerechte Sprache, Fördermittel statt Fördertürme und ja, auch, die Elektrifizierung der ganzen Welt, beginnend in Hessen, sein muss, damit die Menschheit eine Perspektive hat. Russland mit Sanktionen erziehen. China auf die Finger hauen. Träumen von der eigenen Cloud. Und neuen Gewehren für die Bundeswehr, eines Tages, ja, doch.

Irgendwann wollte niemand mehr ihn predigen hören von seinen vielen Ideen und Vorhaben, vom Genderstern und dem Energieausstieg, dem Maashallplan und der Erziehung der restlichen Population der Erde zu teutschen Werten und den Vorgaben der Uno-Menschenrechtserklärung. All das verschwand in Windeseile, als die ersten Menschen im Dorf husteten, niesten und das Schutzgut Mensch alle Aufmerksamkeit absaugte wie der riesige Rüssel einer kosmosgroßen Mücke. Monothematisch ging es nun weiter, auf einmal musste die Wirklichkeit regiert werden. Eine Aufgabe, die nie geübt worden war.

Ein neuer Aufbruch für Europa

Alle die, die immer geglaubt hatten, der Kerl vom Dorfrand tue nur so naiv, sei aber in Wirklichkeit federführend verstrickt in die Organisation einer Weltverschwörung zum Zwecke der Verbreitung einer Pandemie, die mit Hilfe von Impfstoffen gegen ihren Erreger alle Menschen ausrotten und nur eine Handvoll Mitglieder von CDU, CSU und SPD übriglassen sollte, fielen vom Glauben ab. Dass jemand, der sich die eigenen Schuhe nicht binden kann, in der Lage sein soll, sein gesamtes Servicepersonal um die Ecke zu bringen, schien dem normalen, also beschränkten Menschenverstand doch zu fantastisch.

Denn schaut ihn doch an. Jedes Mal, wenn der Clown vom Ortsrand aus seinem Glas- und Betonbunker ins grelle Licht der Öffentlichkeit taumelte, spulte er zwar das Übliche ab. Es ging wie immer um einen "neuen Aufbruch für Europa", um Menschen als Gegenstand notwendiger Bemutterung und überhaupt um die unerlässliche "Vertiefung", "Veränderung" und "Vielfalt" hier und da und dort sowieso. Begriffe, die anstelle des Lieblingswortes des späten Erich Honecker verwendet werden, der im späten, kalten Winter seiner Alleinherrschaft über die Arbeiter-, Bauern- und Angestelltenheere der sozialistischen DDR gern den baldigen Übergang zur Verwendung von "Hightech" in Aussicht stellte. 

Der letzte Hutträger

Honecker, ein Männlein von zartem Wuchs, das als letzter deutscher Staatsmanndarsteller noch wagemutig Hut trug, sprach den Begriff konsequent als Heitesch aus statt korrekt von Heiteck zu sprechen. Seine Begleiter, Berater, Minister und Genossen wagten es nicht, ihn auf seinen Fehler hinzuweisen. Nicht aus Angst vor Lagerhaft und Verbannung vom Hofe, der zu jener Zeit schon in einer Phase der Zivilisierung angelangt war, in der kaum noch Köpfe mehr rollten. Sondern eher, weil sie meinten, wenn er es so ausspreche, der doch die ganze halbe Nation so weise in eine unabwendbar fantastisch gerechte Zukunft zu führen im Begriff war, dann habe das bestimmt einen sehr guten Grund.

Erich Honecker starb im Glauben, "Hightech" werde wie "Heitesch" ausgesprochen. Angela Merkel, die Frau mit der Vorliebe für verrückt geschnittene Jacken, die nichts für ihre Trägerin tun, lebt. Aber ihr sagt es auch keiner. Nachfolger Armin Laschet hat zuletzt erkennen lassen, dass er plant, seine Vorgängerin nicht aus dem Wolkenkuckucksheim auszusiedeln. Er wolle nun nicht mehr nur auf die Inzidenzen schauen, sondern auch auf die Folgen, die Impfreihenfolge flexibler gestalten, rund um die Uhr impfen, Testmöglichkeiten massiv erweitern und die digitale Nachverfolgung stärken, hat er der Öffentlichkeit nach einigen Stunden angestrengtem Grübeln mitgeteilt. Niemand hatte ihn gefragt, aber „das sind die Antworten, die wir jetzt brauchen", hat er gesagt.

Auch uninteressant: Von Wuhan in den Wahnsinn - Die verrückte Reise der deutschen Medien ins Krisengebiet

Donnerstag, 25. März 2021

Test-Task-Force: Traumduo im Testbetrieb

Nicht einmal vier Wochen brauchten Andreas Scheuer (l.) und Jens Spahn, um Deutschland akuten Testkit-Mangel zu beheben. Nun fehlt nur noch eine Milliarden Tests.

Die besten Männer vor an die vorderste Front, dorthin, wo die entscheidenden Kämpfe der entscheidenden Schlachten ausgefochten werden, so schallte der Ruf Anfang März durch die Lande. Andreas Scheuer und Jens Spahn übernahmen die Aufgabe, zwei Kämpen, denen kein Metier fremd ist. Spahn hatte schon die Pandemievorbereitung langfristig so angelegt, dass sofort mit Beginn der Seuche begonnen werden konnte, eine langfristige Pandemievorbereitung anzuüberlegen. Scheuer hingegen ist bekannt wie ein bunter Hund, weil es es war, der als erster den Versuch unternahm, Deutschlands "Autobahn" (Eva Herman) vor der kostenlosen Abfahrerei durch fremde Völker zu schützen. 

Großartige Durchgriffsrechte

Beide waren gescheitert, aber nicht an der Aufgabe, sondern an den Umständen. Die EU. Die Koalition. Die vielen anderen Aufgaben. Anfang März kam noch eine dazu, eine riesige, an der das gesamte Land bis dahin gescheitert war: Scheuer und Spahn, südlich von Wiesbaden sagen sie Spahn und Scheuer, bilden seitdem die Taskforce Testlogistik (TFTL), ein Sondereinsatzkommando mit Durchgriffsrechten bis zum Talsperrenmanagement, der Bundesbefugnis, Geschwindigkeitsbegrenzungen bis zur Lichtgeschwindigkeit aufheben zu dürfen und tieferen Taschen als Israels Impfstoffeinkäufer.

Von den üblichen Zauderern und Zweiflern als "Test-Taskforce der Problemminister" (RND) verlacht, ging die deutsche Antwort auf Kaliforniens vor einem Jahr gestartete Test-Initiative mit Verspätung ins Rennen, aber nicht ohne schnelle Anfangserfolge. Der Rauch des Streit auf dem 19. Corona-Gipfel war noch nicht ganz verweht, da bestimmte  das neue Traumduo der Testrepublik die Schlagzeilen. Mit  den beiden Alleskönnern würden sich nun endlich kompetente Spitzenkräfte um die Verteilung der Corona-Schnelltests kümmern und "die größtmögliche Verfügbarkeit für die Bedarfe der öffentlichen Hand sicherstellen“, wie es im historischen Beschluss des Corona-Gipfels vom 3. März hieß.

48 Stunden in den Schlagzeilen

Seitdem ist viel passiert. Die TFTL verschwand nach 48 Stunden aus den Schlagzeilen, die dritte Welle rollte an und wurde ausgerollt, Mallorca machte auf und wieder zu, die Lockerungshoffnungen kamen und gingen und hinter den Kulissen setzte die Test-Duo Spahn&Scheuer alle Räder in Bewegung, um Testkits zu bestellen. Stolz verkündete das Gesundheitsministerium inzwischen, die Taskforce Testlogistik habe "den Ländern abrufbare Kontingente von mehr als 130 Millionen Selbsttests für März und April" vermittelt - ein Etappensieg offenbar im Krieg gegen das Virus.

Was sollte sie auch noch mehr tun?  130 Millionen Testkits klingt nach einer ganzen Menge, genug jedenfalls, "dass sich alle Länder ausreichend versorgen und danach die Tests selbstständig bestellen können" wie es in einer Pressemitteilung aus Spahns Ressort hieß, die in den Medien ignoriert wurde. Hier nachzurechnen, hätte vieles kaputtmachen können: Laut dem Beschluss von Bund und Ländern soll jeder Mensch in Deutschland mindestens einen kostenlosen Schnelltest pro Woche durchführen lassen können. Dazu wären pro Monat 320 Millionen Tests notwendig, plus etwa 250 Millionen zusätzlicher Tests, denn die mindestens 16 Millionen Erziehungs- und Lehrkräfte sowie Kinder und Jugendliche sollen sogar zweimal die Woche getestet werden.

570 Millionen x zwei macht 1,14 Milliarden minus 130 Millionen, da bleibt nur ein noch nicht gelieferter Rest von einer runden Milliarde, um "so bald wie möglich Beschäftigte in Schulen und Kitas sowie Schülerinnen und Schüler zwei Mal pro Woche" zu testen. Eine Menge, die im politischen Berlin als Sieg gefeiert wird: Mittlerweile wurde verkündet, dass die Taskforce Testlogistik erst wieder "bei Bedarf wieder zusammentreten" werde.

Kommando zurück: April, April!

Ein letzter Dienst an der Partei: Angela Merkel bittet um Verzeihung.

Sie hätten alle mitgemacht. Oder würden, wenn es doch noch zum Befehl käme, es so zu machen, wie es ursprünglich beschlossen war. Sechs Stunden Candy Crush für Bodo Ramelow, ein Riesensprung in der Corona-Berichterstattung für den Rest der Ratlosrepublik: Es war die 20. Sitzung des virtuellen Corona-Kabinettes, so werden es später Historiker niederschreiben, die den Konkurs der Pandemie-Strategie einer politischen Klasse offenbarte, der längst eingetreten war, aufgrund der medialen und machttechnischen Umstände aber über Monate hinweg geheim gehalten hatte werden können.  

Die magische Ostersitzung

Erst diese magische Ostersitzung mit ihren wegweisenden Beschlüssen, die den Wellenbrecher-Lockdownlight zur Rettung von Weihnachten als zeitlich auf 120 Osterstunden zusammengepresst als finale Waffe zum endgültigen Abbremsen der dritten Welle ausgegeben hatten, ließ die Hutschnüre landauf, landab platzen wie Eier, die der Hase aus dem Erich-Ollenhauer-Haus wirft. Gründonnerstag als Feiertag, aber nicht ganz, die Supermärkte nun doch mal zu, die Schulen dafür weiter auf und die Bundeswehr bleibt auch in Afghanistan, das als eines von wenigen Ländern weltweit noch langsamer impft als Deutschland. Selbst der "Spiegel" war nun so verwirrt, dass er auf die Straße ging und grollte, wie Sascha Lobo, einer der Ritter vom Merkelorden, zuvor schon gegrollt hatte.

Es trat nun ein Phänomen zutage, das mit Exponentialität coronagerecht beschrieben ist. In Zeiten, in denen Politiker ab einer gewissen Fallhöhe nur noch die tägliche Medienschau aus ihrem Vorzimmer  haben, um sich selbst glauben zu machen, dass sie wissen, was im Lande vorgeht, wirkt der Wetterwechsel in Mediendeutschland wie ein Flammenrückstoß im wichtigsten Rückkanal. Dort, wo noch jeder Schrapel über den grünen Klee gelobt wurde, der in den letzten vier, sieben und zehn Monaten voller Pleiten, Pech und Pannen beschlossen worden war, gilt seit einigen Tagen alles als falsch. Wieder machen alle mit, so laut der Jubel vorher war, so entschieden hallt nun das Kreuzigetsie. Und parallel dazu stürzt die größte Regierungspartei in den Umfragen schneller ab als die Grünen damals nach ihrer Veggie-Day-Idee.

Panik auf der Berliner Titanic

Panik auf der Berliner Titanic, die Ministerpräsidentenrunde stürzt übereinander wie die Tänzer beim Abschlussball an der Hochschule für angewandtes Versagen. Morgens berichtet Ramelow von seiner Schlaflosennacht vor dem leeren Computerbildschirm. Dunja Hayali, unverdächtig jeder Versuchung, kritisch nachzufragen, wenn ihr ein Amtsträger gegenübersteht, ist fassungslos. Zu viel Wahrheit. Zu viel Realität. Drei Stunden später macht die Kanzlerin im Stil einer Monarchin alles rückgängig, was das Corona-Kabinett gemeinsam beschlossen hat. Kommando zurück! April, April!

Es ist nicht der erste demokratische Beschluss, den Angela Merkel per ordre de mufti kassiert, aber selbst für ihre Verhältnisse ist diese Abwicklung spektakulär.  Alle Maßnahmen, die nicht erst beim letzten Treffen verabschiedet werden, aber nie eingehalten worden waren, bleiben in Kraft. Die magische Osterruhe aber sei zu kompliziert, so kurzfristig nicht umzusetzen und aus heutiger Sicht auch nicht ganz so wichtig wie aus der von gestern. Es sei ihr Fehler, ihrer ganz allein, sagt Angela Merkel noch - ein letzter Dienst an der Partei, die der Regierungskurs ins Schlingern gebracht hat schlimmer als 2015, als die Flüchtlingsströme jeden Abend durch die "Tagesschau" marschierten.

Ich fall' um und du bleibst stehen

Um Verzeihung wolle sie die Menschen im Land bitten, um die Art "Verzeihung", die die Söhne Mannheims mit der Zeile "Ich fall' um und du bleibst stehen" umschrieben haben. Die Unions-Ministerpräsidenten sind dankbar, zumindest taktisch und auf der Bühne. Die beiden Kanzlerkandidatenkandidaten sehen weiterhin Vorteile darin, mit Merkel auf den Moment zu hoffen, in dem das Impfen in Gang kommt, das Wetter besser wird, die Zahlen sinken und die Stimmung sich aufhellt. Markus Söder sagte gar, er habe "Respekt vor der Erklärung"; eine ausgesuchte Frechheit, denn von Respekt vor Merkel, Respekt vor den Corona-Entscheidungen oder Respekt vor dem  übermenschlichen Ringen der ehemaligen Parteichefin um eine Art Kurs, einen Plan oder wenigstens ein Richtung des Corona-Kampfes war ausdrücklich nicht die Rede. 

Söders Konkurrent Armin Laschet setzte noch einen drauf und signalisierte, dass die eben noch "mächtigste Frau der Welt" (Forbes, 21. Januar 2021) nunmehr nur noch eine Regierungschefin auf Abruf ist. Merkels Idee habe "gut geklungen", sei aber "nicht gut durchdacht" gewesen. Deutschland brauche jetzt "einen neuen Regierungsstil", denn „wir können so nicht weitermachen.“ 

Klar ist nun: Im ersten Moment, in dem die Union zum Schluss kommt, dass der Schmerz, mit Merkel weiterzuwurschteln, schwerer zu ertragen ist als die Hoffnung auf Heilung irgendwann Ende des Sommers, wenn Deutschland dem einzigen wirklich vorhandenen Plan zufolge gebräunt, gutgelaunt und durchgeimpft aus dem Urlaub zur Urne schreitet, wird die Ära Merkel enden.