Freitag, 1. Januar 2021

Doku Deutschland: Willkommen zur Silvesterparty!

 

Millionen Deutsche erlebten in der letzten Nacht die verrückteste Silvesterparty ihres Lebens.

Wir hatten die Scheinwerfer ausgeschaltet und fuhren im Leerlauf den letzten Hügel hinunter. Der Wagen machte fast kein Geräusch, als ich ihn auf einen schmalen Pfad lenkte, der in ein kleines Wäldchen führte. das Klimalaub raschelte leise unter den auf Alufelgen laufenden SUV-Rädern, das Radio hatten wir schon vor Stunden abgeschaltet, nervös geworden wegen der Dauerwarnungen: Fahren Sie nirgendwohin. Gehen Sie nicht aus dem Haus. Verdunkeln! Fernsehen! Prost Neujahr.

Wir hatten uns anders entschlossen, schon vor Wochen. Ein Kollege von mir, dessen Frau eine Kollegin meiner Frau ist, ganz zufällig, besitzt ein abgelegenes Landhaus draußen vor der Stadt. Nicht einmal Hase und Igel kommen hierher, um sich Gute Nacht zu sagen. Der Weg wäre zu mühevoll. Als es losging mit den Corona-Beschränkungen, sagte mein Kollege, wir wollen ihn hier mal Hans nennen, dass ihn das alles gar nicht störe. Er könne immer noch mit den Hunden raus und schnelles Internet sei auch da. Bei Euch in der Stadt, sagte er, würde er sich unwohl fühlen. "So viele Infizierte da."

Unsere Hemmschwelle ist vielleicht eine andere, aber zu Weihnachten saßen wir doch allein mit Zoom vor den Bildern unserer Kinder. Winkewinke mit den Enkeln, Geschenke waren per Post rausgegangen. Aber es war doch nicht wie sonst, keine Heimeligkeit, wie sie sein muss, wenn schon kein Schnee liegt. Wir freuten uns auf den Jahreswechsel, jeder  denkt ja, nur wegen der neuen Zahl im Kalender fängt alles neu an. Und dann verboten sie auch das.

Es muss dieser eine kleine Moment gewesen sein, als wir in den Untergrund gingen. Meine Frau und ich, wir schauten wortlos an. Ein Augenblick stillen Einverständnisses. Das machen wir nicht mit, sagten wir wie aus einem Mund. 

Dazu muss ich erklären, dass wir nichts leugnen, keine Gefahr in Abrede stellen und verstehen, dass auch unsere Regierung sich zwar alle Mühe gibt, aber gar nicht richtig wissen kann, was sie tun soll, außer natürlich, nach außen den Eindruck zu vermitteln, dass sie es weiß. Wir beide sind ganz normale Leute, wir würden uns auch impfen lassen, kommen aber, nach allem was wir wissen, erst lange nach  den Schimpansen im Zoo dran.

Und Silvester stand diese Einladung unserer beiden Landflucht-Kollegen. Ein Grüppchen nur würde kommen, hatte mein Kollege gesagt. Sie werden Wiener machen die Kollegin meiner Frau. Dass die kleine Party zu einem verbotenen Akt des Widerstandes werden könnte, ahnten beide nicht. Aber als ich ihnen sagte, dass wir trotz der neuen Eindämmungsmaßnahmen gern kommen würden, sagten sie nur: Warum denn nicht?

Deshalb sind wir nun in Schleichfahrt durchs Land gekrochen, jeden Moment gewärtig, in eine Polizeikontrolle zu geraten und von Beamten hochnotpeinlich nach dem Woher und Wohin befragt zu werden. "Jeder Bürger genießt Freizügigkeit im Bundesgebiet", hatte ich den Schergen des Seuchenregimes eigentlich entgegenschleudern wollen. Doch die Stimme der Vernunft, also meine Frau, überzeugte mich, es bei einem "wir fahren spazieren, dass ist ja wohl noch erlaubt" zu belassen.

Ich brauchte den provozierenden Satz nicht sagen, denn wir entkamen allen Kontrollen. Einen Moment lang blieben wir noch im Fahrzeug sitzen, um nach draußen zu horchen. Schritte? Stimmen? Nichts. Vorsichtig und langsam stiegen wir aus. Ich klappe den Kofferraum auf und holte die alten Tarnplanen heraus, die ich aus einem früheren Hobby als Angler noch im Keller gehabt hatte. Gemeinsam mit meiner Frau breitete ich die breiten, graugrünen Stoffbahnen über unserem schwarzen SUV aus.

Noch ein paar Zweige obendrüber, etwas Laub und ein wenig Erde. In der hereinbrechenden Dämmerung konnte man unser Auto schon aus fünf, sechs Metern allenfalls noch erahnen. Wir schlüpften dann aus unseren Schuhen, um den Trittschall unserer Schritte zu dämpfen. Zwei Nachtsichtgeräte hatte ich noch kurzfristig bei einem großen Internethändler geordert, sie waren pünktlich gekommen, und so sahen wir nun, während uns hoffentlich niemand sah. 

Langsam schlichen wir durchs Unterholz, 600 Meter waren es auf der Straße zum Vierseiten-Hof unseres Kollegen, quer durch den Wald aber würde wir mindestens zwei Kilometer zu gehen haben. Doch was muss, das muss, und uns war eingeschärft worden, dass uns niemand sehen dürfe, weil nicht sicher sei, wer uns verpfeifen könnte. Kämen wir aber durch den Wald, stießen wir direkt an die kleine Schafweide hinter Hans' Grundstück. Dort kann euch niemand entdecken, hatte unser Gastgeber gesagt.

Der Boden kühl, kalt fast, als wäre es noch einmal Winter. Mit den Schuhen in der Hand lief es sich mühsam, zumal wir gebückt gehen mussten. Ich hatte uns beiden nachtdunkle Jacken und Hosen verordnet, dazu dunkle Handschuhe und Skimasken. Nur keine hellen Reflexe erzeugen, die uns verraten könnten.

Es dauerte eine Dreiviertelstunde, bis ich das Gebäude vor uns auftauchen sah, das ich als Hans' Zuhause kannte. Einen letzten spannenden Augenblick gab es noch, als meine Frau beim Versuch, einen kleinen Graben springend zu überwinden, am jenseitigen Ufer abrutschte und mit beiden Füßen im eisigen Wasser landete. Nur gut, dass du deine Schuhe in der Hand hast, flüsterte ich ihr verstohlen zu. Dann krochen wir unter dem Zaun durch, flizten fast lautlos über den backsteingepflasterten Hof unseres Gastgebers. Und ich gab das vereinbarte Klopfzeichen: Viermal lang, dreimal kurz, sechsmal lang, zwei kurz, ein lang.

Hans öffnete die Tür. Er lächelte froh und sagte: Willkommen zur Silvesterparty!

4 Kommentare:

  1. Hänschen KleinJanuar 01, 2021


    Tja, verwegene Draufgänger sind sie, diese urbanen Feierjunkies. Latschen für ihre Droge, die ihnen einige Stunden berauschten Waldmeister-Frohsinn mit Internetanschluss verspricht, nächtens heldenhaft in Socken viele hundert Meter durch einen ihnen fremden Winterwald voller Gestrüpp, um keine verräterischen Geräusche zu machen, als würden auf weiter Flur hinter jedem Busch Lauscher lauern, um sie wegen unerlaubten Freilaufs zu denunzieren.

    Wenn dieses Janzweitdraußen-Landhaus mit der Proportion eines kompletten Viereckhofes so abgeschieden liegt wie beschrieben, sind diese Maßnahmen nur albern, zumal eine dortige Silvesterparty sicher auch nicht licht- und lautlos ablaufen wird.

    Wozu also diese Anreise-Pantomime? Effekthascherei?

    Aber wen interessieren schon solche Widersprüche, wenn es um kurzweilige Erfolgsstories von vorwitzigen Städtern geht, die der bösen Staatsmacht mit dem fern des Zieles anglerklug getarnten City-SUV ein Schnippchen schlagen wollen. Eine im Dunkeln angebrachte Camouflage durch Zweige, die da zu allem Überfluss praktischerweise passend rumliegen, leuchten am nächsten Morgen leider oft wie ein Leuchtturm.

    Wer das oben beschriebene unterbelichtete querfeldein tänzeln schon mal in Natura versucht hat, wird schnell kapiert haben, dass das nicht nur eher mehr Krach macht, sondern dazu auch noch Schmerzen in den ungeschützten Zivilisationsfüßen einbringt, die bei jedem blinden Schritt zielsicher auf etwas spitzes Hartes treten.

    Immer wieder ulkig, wenn gebildete Putzbetonhöhlenbewohner sich dümmliche Waldabenteuer ausdenken.

    Und wofür das ganze Kindertheater?

    Für ein paar Stunden besoffenen Trallala-Herdentrieb in der anarchischen Pampa macht man sich zum Affen, ohne jedoch dessen Dschungelfähigkeiten zu besitzen. Dekadente Selbstbefriedigung um jeden Preis, denn termingerecht am 31.12. jedes Jahres hat der spontan ungehorsame Silvester-Rewohluzzer gegen jede Vernunft orgiastisch zu feiern.

    Das sind wahrlich gute Gründe des angeblich intelligentesten Lebewesens auf diesem Planeten.

    Ein paar Böller-Schwachmaten haben es auch dieses Mal bis zur Selbstverstümmelung gebracht. Glückwunsch. In 2021 ist dadurch weniger Körpergewicht mitzuschleppen, und wer braucht im betreuten Leben schon zwei Hände? Ein Knallfrosch-Experte sprengte sich sogar die komplette Hohlbirne weg. Somit kein allzu großer Verlust für die Menschheit.

    Willkommen im Neuen Deutschland.

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  2. Hase, Du bleibst hier ...Januar 02, 2021

    Wen stört's, wenn sich die Sau an einer großen Eiche scheuert ?

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  3. In 2021

    May God punish England.

    Admiral Tirpitz

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  4. Forgätt Tirpitz.
    (((Ernst Lissauer))) sähd itt.

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