Samstag, 12. Dezember 2020

HFC: Zehn gegen zwölf

Gelb für Reddemann - insgesamt blieb Heft aber weit unter seinem normalen Karten-Schnitt.

Eigentlich sind ja auch in der dieser zweiten Corona-Saison der 3. Liga keine Fans im Stadion zugelassen. Aber einer hat es irgendwie doch geschafft, zum Ost-Klassiker zwischen dem Halleschen FC und Dynamo Dresden in den Erdgas-Sportpark von Halle zu gelangen. Florian Heft aus Neuenkirchen trägt ein neutral wirkendes Hellblau, wird aber an diesem kalten, unfreundlichen Spätherbstnachmittag keine Zweifel daran zulassen, dass er weniger als unparteiischer Schiedsrichter denn als entschiedener Entscheider an die Saale gereist ist. Ohne Heft, in seinen bisherigen vier Saisoneinsätzen in der 2. und 3. Liga als emsiger Verteiler von sagenhaften 31 Gelben Karten bekannt geworden, wäre dieses Spiel jedenfalls mit hoher Wahrscheinlichkeit anders ausgegangen.

Dominant ohne Boyd

Denn von der ersten Minute, die gleich den ersten HFC-Abschluss bringt, sind es die in Rot und Weiß gekleideten Spieler von Halles Trainer Florian Schnorrenberg, die das Spielgeschehen bestimmen. Obwohl ohne Sturmführer und Rekordknipser Terrence Boyd angetreten, weil der Amerikaner sich bei der 2:4-Auswärtspleite am Oberschenkel verletzt hat, drängen die Gastgeber den Tabellenführer konsequent in die eigene Hälfte. 

Halle macht das Spiel, Dresdens Trainer  Markus Kauczinski ratlose Miene zum überraschenden Geschehen. Ohne die beiden früheren Hallenser Sebastian Mai und Marco Hartmann wirken die Gelben nicht wie ein Favorit, sondern wie Besucher, die froh wären, dürften sie mit einem Punkt nach Hause fahren. Dreimal hat der HFC die Führung auf dem Fuß, dann klingelt es wirklich: Julian Derstroff setzt sich auf der linken Seite durch, seinen ersten Schuss kann ein Abwehrspieler noch blocken, den zweiten Versuch aber muss der gebürtige Mannheimer Kevin Broll im SGD-Tor passieren lassen.

Verdiente Führung

Es steht 1:0 für die Hausherren, vollkommen verdient und leistungsgerecht, denn von Dynamo kommt wenig bis nichts. Und was bis in die hallesche Hälfte gelangt, räumen Stipe Vucur und Sören Reddemann recht unangestrengt ab. Heft hilft in der 22. Minute zum ersten Mal: Als Dynamos Daferner Vucur fast an der halleschen Strafraumgrenze radikal abräumt, lässt der Mann aus Westfalen die Gelbe Karte stecken. Ein Zeichen, gerade mit Blick auf die annähernd acht Karten, die der 30-Jährige für gewöhnlich pro Spiel verteilt.

Dynamo weiß jetzt, wird dürfen heute fast alles. Falsche Einwürfe der Gelben sind kein Problem, abgefälschte Bälle führen zu Abstößen, nicht zu Ecken für die Hallenser. Der HFC ahnt wohl, dass es schwer wird, den Vorsprung gegen zwölf Mann über die Zeit zu bringen, bleibt aber am Drücker - zumindest bis zur ersten notizwürdigen Offensivaktion der Dresdner, die in der 26. Minute zum Ausgleich führt. Flanke von links, die HFC-Abwehr bekommt den Ball nicht weg, Lindenhahn ist im Zurücklaufen zu langsam und Yannick Stark überwindet Sven Müller mit einem satten Schuss. Unerwartet, unverhofft und unverdient.

Lehrfilm für einen Handelfmeter

Doch nur vier Minuten später liegt die erneute HFC- Führung in der Luft, drei Meter links vor Brolls Kasten. Eberwein, der Boyd-Ersatz, wird tief im Dynamo-Strafraum angespielt. Von seinem Fuß springt der Ball an den im 45-Grad-Winkel weit ausgefahrenen Arm von Ehlers. Wenn ein Lehrfilm für einen Handelfmeter nach den aktuellen Regeln gedreht werden müsste - hier wäre er.

Hier ist aber auch Florian Heft, der nicht einmal mit den Achseln zuckt. Ganz im Gegenteil zu einer deckungsgleichen Situation nur Momente später im selben Strafraum auf der anderen Seite. Diesmal ist es Nietfeld, dem der Ball vom eigenen Fuß ungewollt an den Arm fliegt. Das gibt nun verzögerungsfrei Freistoß für Dynamo Dresden. Und Sören Reddemann, der sich über die Ungleichbehandlung bei zwei identischen Sachverhalten beschwert, bekommt dafür die Gelbe Karte.

Es ist kein einseitiges Spiel mehr wie in den ersten 20 Minuten. Aber es wird nun ohne Zweifel in der großen Tradition eines Peter Gagelmann einseitig geleitet. HFC-Kapitän Jonas Nietfeld beschwert sich. Heft teilt ihm mit, dass gleich wird, wenn er das nicht unterlässt. Lukas Dehl, der ein Foul begeht wie Daferner  eine halbe Halbzeit zuvor, bekommt Gelb. Und als die Leihgabe von Union Berlin, an seinem 19. Geburtstag mal wieder in der Startelf aufgeboten, in der 44. Minute glaubt, einen schnellen Einwurf für Dynamo verhindern zu müssen, wertet Heft das als Ballwegschlagen.

Zu zehnt gegen zwölf

Gelb-Rot, Halle nur noch zu zehnt und für einen Moment so konfus, dass es zu einer Wiederholung der beiden Dressel-Tore kommt, die Anfang November das 1:6-Auswärtsdebakel bei 1860 München  einleiteten: Diesmal köpft nicht Stipe Vucur eine Flanke halblinks ans Strafraumeck, sondern Lukas Boeder. Das Ergebnis aber ist dasselbe: Robin Becker visiert genau und knallt das Kunstleder ins Netz.

Spielverlauf auf den Kopf gestellt, das Heft des Handelns verloren. Mit neun Feldspielern müht sich der HFC in der zweiten Halbzeit, hinten dicht zu bleiben und vorn auf einen Glückstreffer zu hoffen. Doch Nietfeld und Papadopoulos haben mit Fernschüssen kein Glück, der eingewechselte Julian Guttau ebenso wenig.

Dynamo spielt seinen Stiefel runter, den Gastgebern fällt nichts Zwingendes gegen die Überzahl ein. In der vierten Minute der Nachspielzeit wird der geschenkte Sieg dann sogar noch so deutlich, als wäre der Dynamo-Express in Halle nicht erst von einem überforderten Schiedsrichter auf die richtige Weiche gesetzt worden: Einen schlimmen Fehlpass aus der HFC-Abwehr schnappt sich Weichert, der freistehend kein Problem hat, an Müller vorbei ins lange Eck zu schießen.

4 Kommentare:

  1. Hase, Du bleibst hier ...Dezember 12, 2020

    Wenn man kein Glück hat, kommt auch noch der Schiri dazu. Mein Verein spielt Morgen. Bleibt der Wunsch, dass sich die Summe aller Fehlentscheidungen irgendwie ausgleichen.

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  2. Das zweite Handspiel war von Nietfeld ( nicht Eberwein), und zwar im gleichen Strafraum.
    Der Schütze des 1:3 heißt Weihrauch.

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  3. Das mit dem Schiri kann man so sehen. Aber entscheidend sind ja immer die Tore, die man aus seinen Chancen nicht macht. Und dabei war der HFC sehr gut, Dynamo hingegen sehr schlecht.

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  4. Сергей Герасимец:

    "Ставить такие пенальти - полный абсурд".

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