Montag, 16. November 2020

Lockdown light: Wir Wellenbrecher

Erste Erfolge des Lockdown sind noch nicht zu sehen, aber bald wird es so weit sein.

Kurz, aber knackig, dabei aber auf jeden Fall nur light, das war der Plan. Ein harter November mit notwendigen Einschränkungen für alle, zumindest wenn sie eine Kneipe führen, ein Sportstudio besitzen oder seit März keine Disko mehr betreiben. Dann aber wäre das Weihnachtsfest gerettet und mit ihm auch das Abendland. Ein "Wellenbrecher-Lockdown" (Karl Lauterbach) mit offenen Schulen und Friseuren, dafür aber mit einer nahezu unüberschaubaren Regelung von allerlei anderen Schließungen und Ausnahmen von Schließungen und Ausnahmen von Ausnahmen, das war das Ziel der neuerlichen "nationalen Kraftanstrengung".

Vier Wochen waren ausgerufen, die Hälfte ist rum. Zeit, Bilanz zu ziehen über den Erfolg eines Opfergangs zurück ins Frühjahr, der den Anstieg der Neuinfektionen bremsen und damit das Fundament legen sollte für eine Rückkehr in die "neue Normalität" des Corona-Sommers zu den Feiertagen.

Weihnachten wird Ostern

Die Zahlen (oben) zeigen durchaus ein kalendarisches Muster. Jeweils sonntags und montags hat Deutschland die Infektionen im Griff: Den Gesundheitsämtern gelingt es an beiden Tagen relativ stabil, die Zahl der Corona-Neuinfektionen auf einem niedrigen Niveau zu halten. Besorgniserregend aber ist der Trend an den übrigen Wochentagen. 

Hier ist noch kein Lockdown-Effekt erkennbar, ganz im Gegenteil. Am vergangenen Freitag wurde trotz veränderter Teststrategie ein neuer Höchststand erreicht. In 24 Stunden meldeten die örtlichen Behörden 23.542 neue Corona-Fälle ans Robert Koch-Institut. Der Stundenwert steigt damit auf knapp unter 980 - nach 896 am Freitag der Vorwoche und 807 am Freitag der letzten Woche vor dem Lockdown.

Maskenpflicht im Freien und Kneipenschließungen, Veranstaltungsverbote, Sportverbote und eines härteres Vorgehen gegen Verstöße, die Untersagung aller Großhochzeiten, aber auch aller kleinen Familientreffen - alles, was sich das Corona-Kabinett in Berlin ausgedacht hat, um die zweite Welle zu brechen, zeigt in den Zahlen keinerlei Effekt. Eher im Gegenteil: Obwohl die Zahl der Kontakte innerhalb der Bevölkerung seit der Verschärfung der Corona-Maßnahmen abgenommen haben muss, ist die Zahl der Infektionen auf einen Höchststand gestiegen. 

Die Leugner sind schuld

Liegt es an den Corona-Demos? Reichen die verhängten "Freiheitseinschränkungen" (Christian Lindner) vielleicht einfach noch nicht aus? Müssen die "Eingriffe in unser aller Grundrechte" (Lindner) vertieft und auf der Grundlage eines neuen Infektionsschutzgesetzes ausgeweitet werden? Hülfe die neue Idee des Wirtschaftsministers, Schulunterricht in die leeren Kneipen zu verlegen, um dort endlich die Quelle all der rätselhaften Infektionen finden zu können?

Die Kanzlerin, die auch an diesem Wochenende wieder routinemäßig über ihren Youtube-Kanal mit dem Volk Kontakt aufgenommen hat, um über die angeschlossenen Medienhäuser die Gebote der Stunde zu verkünden, glaubt inzwischen an einen harten KriegsCoronawinter. Hintern zusammenkneifen, damit die Schulen geöffnet bleiben, die nach amtlichen Vorgaben infektionsresistent sind. Kopf hoch, denn so lange der Fußball rollt, ist im Jammertal der nahenden Firmenpleiten immerhin für prächtige Unterhaltung gesorgt. 

Im Glücksgefühl des Sieges

Wäre im Sommer, als Deutschland Corona besiegt hatte, Zeit gewesen, in die Länder zu schauen, die  wie China, Taiwan und Neuseeland durch rabiate Einreisebeschränkungen wirklich einen Weg gefunden zu haben scheinen, die Pandemie auszubremsen, hätte auffallen könne, dass die Forderung der EU-Kommission, die Binnengrenzen schnellstmöglich wieder zu öffnen, womöglich nicht am besten durchdachte Maßnahme gegen den Kontrollverlust über Infektionsherde und hot spots sein würde.

Doch im Glücksgefühl der besten Corona-Strategie aller Zeiten, aller Staaten und aller Regierungsformen spielte Nachdenken nur eine Nebenrolle. Statt die Herde der Schutzbefohlenen und die Zahl der unkalkulierbaren Kontakte überschaubar zu halten, wiederholte sich mit der Rückkehr zum großen Reisen, was im Frühjahr bereits bei den Masken eingeübt worden war. 

Die Verwandlung der Maske

Wie die erst als unnütz und schädlich verrufen wurden, ehe sie sich mit dem ersten Maskenfoto der Kanzlerin in die zentrale Pandemiebekämpfungswaffe verwandelten, wurde der Sommerurlaub im Kosovo vom konstitutiven Grundrecht, das auszuüben jedem Infizierten zustand, ohne dass der Staat gedachte, überhaupt nur hinzuschauen, wer da warum wohin reiste und womit zurückkehrte,  zum Gefährdungsmoment, das sich nicht über die Schengen-Grenzen hinweg, sondern am wirksamsten an der Grenze zwischen Mecklenburg und Schleswig-Holstein einfangen ließ.

Dass eine Welle gebrochen werden kann, während immer weiter Wasser in die Wanne läuft, war kühl kalkulierte Spekulation darauf, dass eine schlechte Nachricht verpackt in eine gute bei Medien und Wählern besser ankommt als eine schlechte, die bei genauerem Hinsehen noch schlechter wird. Die Weihnachtensparolen des Corona-Kabinetts waren von Anfang an Mohrrüben für Wundergläubige statt  Ausdruck einer Corona-Strategie - und sie werden es bleiben, wenn die legislativen Führer der Seuchenbekämpfung heute mit den funkelnagelneuen Steinen der Weisen vor die Kameras treten. 

Durchhalten wird verkündet werden, durchhalten und den Mut nicht verlieren. Dass eine ins Freie ausgeweitete Maskenpflicht augenscheinlich so wenig nützt wie ein Kontaktverbot zwischen Familien, kann nur bedeuten, dass die Maskenpflicht für die deutschen Wohnzimmer kommen muss. Ein Kontaktverbot zwischen Familienmitgliedern, vielleicht motivierend begleitet von einer Fußballbundesliga mit maskierten Spielern. Die Friseure könnten noch geschlossen werden, die nicht lebensnotwendigen Läden und das Essverbot rund um Imbisse ließe sich problemlos auf 250 Meter ausweiten. Zudem muss ein umfassendes Demoverbot für Corona-Leugner zwingend ein Zeichen setzen, das die Schuldfrage endgültig beantwortet.

Irgendetwas muss man ja tun. Denn dass man irgendwann nichts mehr machen kann, wenn man monatelang immer wieder etwas falsch gemacht hat, kann man schließlich nicht zugeben.


4 Kommentare:

  1. https://www.n-tv.de/panorama/Elon-Musk-hat-positives-Corona-Ergebnis-article22169357.html

    Musks vier Schnelltest, Ergebnis 2:2 unentschieden.

    Wahlweise kann man als Schnelltest auch würfeln oder die Diagnose aus den Eingeweiden eines Huhnes lesen.

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  2. @anonym

    Jein. Erstens erst dann, wenn das von Merkel höchtsselbst in der Telefonkonferenz der Ministerpräsidenten als Qualitätskontrolle vorgeschlagen wird, die Test zu prüfen. Zweitens, das ist weitaus schlimmer, wenn das als Qualitätsmerkmal angenommene Prüfverfahren bei wenigstens zweieinhalbtausend Tests in diversen Laboren durchgeführt wurde. Kommt ein ähnliches Ergebnis zustande, dann ist Würfeln, Kuhfladanalytik und artverwandthe Methodik weitaus billiger als dieser Ganze Bohei, der derzeit stattfindet.

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  3. so lange der ball rollt, ist alles gut

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  4. Hase, Du bleibst hier ...November 16, 2020

    Corona ist nur oberhalb von 1,6m übertragbar. Deshalb sind die Kindergärten noch geöffnet. Ergo wird für Erwachsene der Entengang angeordnet und das Leben geht ohne weitere Einschränkungen weiter wie bisher.

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