Ein echtes Monster, zumindest medial: Donald Trump beherrschte in den vergangenen vier Jahren den Weltmarkt für Furchterregung. |
Der Medienpsychologe- und Medienkonsumforscher Hans Achtelbuscher untersucht seit Jahren, wie sich die Abbildung von Realitätsausschnitten in Funk- und Druckmedien auf die allgemeine Wahrnehmung der Realität auswirkte. Am An-Institut für Angewandte Entropie der Bundeskulturstiftung eigentlich Experte für Phänomene wie das Themensterben in den deutschen Medien, Sprachregelungsmechanismen und dem Einfluss subkutaner Wünsche auf die berichterstattete Realität, weiß Achtelbuscher dadurch auch viel über amerikanische Wahlkämpfe und ihre Widerspiegelung in den Gemeinsinn- und Konsensmedien einer Nation, die, wie er sagt, "jedes Mal erschrickt, wenn unleugbare Fakten einen Realitätseinbruch signalisieren."
Achtelbuscher gilt seit seiner Erfindung der Einheit Emp für einheitliche mediale Empörung als einer der führendsten Kritiker des Themensterbens in deutschen Medien. Als gebürtiger Ostdeutscher, der in Karlsruhe aufwuchs, hat der Spezialist für die Struktur öffentlicher Debatten und die Mustererkennung medialer Echos bereits mehrere Bücher über Nachrichtenregulierung in der "Tagesschau" und die „Kultur des Genug aus ökonomischer und Abonnentensicht“ (Titel) geschrieben.
In einem Gastbeitrag für PPQ.li beleuchtet Hans Achtelbuscher heute die Spätfolgen der Trump-Triumphe, vor allem aber die Schäden, die sein Scheitern im Vermarktungsvermögen der Klickökonomie anrichtet.
Den Hundsköpfigen, Zyklopen, Einfüßigen und Stalin, dem ehemaligen Chef der Sowjetunion, aber auch dem Son of Sam oder Figuren wie dem im thüringischen Exil lebenden westdeutschen Lehrer Björn Höcke ist eines gemeinsam: Sie sind allesamt Monster. Wir müssen nicht lange suchen, um sie zu finden, von der Antike bis in die Neuzeit tauchen sie immer wieder auf, in alten Schriften ist von ihnen zu lesen und in Hollywood-Filmen sind sie sogar zu sehen. Aber klar ist: So furchterregend Monster immer wirken, was sie ja auch sollen und wollen, wirklich Angst hatten die Menschen nie vor ihnen.
Ein Menschmonster mit orangenem Haar
Ein Menschmonster wie Donald Trump hat das zeitweise geändert. Wenigstens die Mehrheit der Medienarbeiter, aber auch die Mehrzahl der Deutschen und auch die der Europäer ließen alle Erfahrungen mit den auch als Abkömmlinge von Fabelrassen bezeichneten Monster fahren und ergaben sich über Jahre der Einbildung, Amerika könnte am bösartigen Treiben dieses einzelnen Mannes zerbrechen. Noch wenige Tage vor der Wahl war die Rede davon, dass die USA scheitern könnten, würde Trump wiedergewählt. Die gesamte Geschichte des Westens, so eine weitverbreitete Befürchtung, könne damit enden.
Dabei ist Trump nie abschließend in eine der wissenschaftlich anerkannten Monsterkategorien eingeordnet worden. Grundsätzlich unterteilen wir in der Mediensystematik Monster in menschenartige Wesen mit bizarr entstellten Gliedern, in Mischungen aus Tier und Mensch und in fantasievolle Meereslebewesen; etwa Fabelwesen zu Lande wie Drachen, Riesenwürmer wie die im Film "Die Raketenwürmer kommen" und in hässliche Trolle mit unklarer Motivlage.
Monster im Alltagsgeschäft
Die Darstellung als Monster im Alltagsgeschäft mutete auch im Fall Trump oft archaisch und angsteinflößend an. In einer illustrierten Titelzeichnung aus der ersten heißen Phase des Kampfes gegen den US-Präsidenten wird der ehemalige Geschäftsmann als menschlicher King Kong-Affe im Anzug dargestellt, in einem anderen Bild ist er im Begriff, als glühender Meteor auf den Erdball niederzufahren und alles menschliche Leben auszulöschen. Immer ist überdeutlich, dass Trump ein Sozialverhalten pflegt, das ausschließlich aus Hass, Hetze und Widerlichkeit besteht. Die illustrierte Figur lebt in einem Staat ohne Anstand und versucht, die gesamte restliche Welt mit seinem blutigen Auswurf zu vergiften.
Diese vor allem in Deutschland anerkannte Darstellung einer weltbekannten Gestalt hat kaum noch etwas menschliches, abgesehen von der trügerischen Gestalt, die an Stephen Kings Clown "Pennywise" erinnert. Es existieren Zeichnungen, auf denen Trump, grotesk gebeugt, den Niedergang des gesamten Menschengeschlechts verkörpert. Andere zeigten ihn als gewalttätigen Klanmann und als infantilen Raketenreiter, verbündet mit Kim Jong Un, einer anderen aktuellen Monsterfigur.
Ursprungsform aus der Antike
Solche Geschöpfe hat es natürlich nie wirklich gegeben. Sie entstanden in ihrer rohen Ursprungsform schon in der Antike in den Köpfen der Menschen, denen Unerklärliches und Fremdes begegnete, das sie so erschreckte, dass sie es den Daheimgebliebenen extensiv ausgeschmückt weitererzählten oder es zur inneren Bewältigung gar niederschrieben wie Homer.
Das Wort Monster leitet sich aus dem Lateinischen für monstrare (deutsch: zeigen) ab, das Wort "Trump" spricht sich im Latein "tuba" aus. Die mittelalterliche Bedeutung von monstrosus lässt sich am ehesten mit wunderlich übersetzen, "Tuba" hingegen kennen wir alle aus der Orchestermusik: Die tiefe, erschreckend dumpfe Trompete im XXL-Format lässt uns glauben, die Monster stehen vor der Tür, wir müssten uns retten und fliehen.
Damit erfüllen Monster eine wichtige Funktion nicht nur im göttlichen Heilsplan, sondern auch im Versuch, Medienleistungen in der Klickökonomie zu vermarkten. Weil die Ansicht verbreitet ist, man müsse Menschen mit Warnung vor Monstern penetrieren, bis die Konsequenz zögen, die eigenen Sünden als Urschuld für deren Entstehung anzunehmen, funktioniert das Monster nicht nur im Falle Trump wie eine Dauersirene. Schon der Heilige Augustinus von Hippo vermutete rund 400 n. Chr. als einer der Ersten hinter den Monstrositäten, von denen erzählt wurde, Teile von Gottes Schöpfung, deren höherer Sinn sich nur dadurch erschließe, dass sie nun mal da seien und also mit ihrer Gegenwart inmitten der Gesellschaft auch einen Zweck erfüllen müssten.
Monströse Funktion als Furchteinflößer
Ein populäres Kartenspiel, das wir in der Medienpsychologie gern verwenden, zeigt die Monster denn auch reduziert auf ihre monströse Funktion als Furchterreger. Doch Anhaltspunkte dafür, dass die Menschen jemals wirkliche Angst vor Monstern empfanden, konnten wir nicht einmal im Mittelalter finden. Heute ist das nicht anders - wirklich akzeptieren würde niemand, dass ein Monster in Menschengestalt den Globus in den Abgrund ziehen wird.
Aber der Mensch braucht Monster, auch heute noch, um sich selbst als normal zu definieren. Ein Beispiel aus dem Mittelalter zeigt das deutlich: Die oft verbreitete These, dass Wissenschaftler und gebildete Schichten im Mittelalter glaubten, der Planet Erde sei eine Scheibe, ist eine Legende. Die zweidimensionale Darstellung war aber eben die einfachste, so dass aus der damaligen Zeit eben nur zweidimensionale Darstellungen überliefert sind. Zugleich aber wurde allerdings durchaus die Ansicht vertreten, dass irgendwo in abgelegenen, unerforschten Gebieten Monster leben könnten.
Die Anziehungskraft von Kinderbüchern
Selbstverständlich lebten sie aber in jedem Fall weit weg und waren den Menschen fremd in Sprache, Sozialverhalten und Bräuchen, so dass eine konkrete Gefahr eben nicht gegeben war. Dazu kommt der unstillbare Reiz der Neugier auf das Absonderliche, auf physische und psychische Abweichungen und seltsamen Verhaltensweisen, der sich gleichfalls bis heute erhalten hat. Genau das macht die Anziehungskraft von Kinderbüchern und unzähligen Hollywood-Filmen aus. Die Vorstellung von Monstern in der Neuzeit hat sich so zwar verändert, doch mit der Figur des "Trump", einer großen und bedrohlichen Gestalt, erstand aus pädagogischen Gründen ein moderner Wiedergänger der klassischen Monsterfiguren aus der Geschichte.
"In einem Gastbeitrag für PPQ.li beleuchtet Hans Achtelbuscher heute..."
AntwortenLöschenDer LINK in dem Text geht zu einem text des Bundespräsidenten ?!?
"Amerika hat sich entschieden. Darin liegt Deutschlands Chance."
AntwortenLöschenAbsolute Spitzenlyrik. Das ärgert mich maßlos, daß ich diese Aussage nicht erfunden habe.
Ein echter Steinmeier. Da würde mich echt interessieren, was diese staatsmännische Weisheit in güldenen Lettern auf Sepps Persia Dünndruck in 20 Jahren auf einer Auktion bringt.
natürlich. wo denn sonst hin
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