Dienstag, 6. Oktober 2020

Zum Golde drängt: Von der EZB und den Beutelschneidern

"Reines 999er Gold" - und zwar im Wert von zehn Cent.

Sie spielen zusammen, ohne einander zu kennen, sie spielen über Bande, sich die Bälle zu und mit dem Vertrauen, das Menschen immer noch ins sie setzen, trotz allem, was man wissen könnte, wäre man nicht vor lauter Alltag oft zu müde, mal darüber nachzudenken. Als EZB-Präsidentin Christine Lagarde jetzt ankündigte, dass ihr Haus die Einführung eines digitalen Euro prüfe, kam das in den entsprechenden staatlichen Verlautbarungsmedien rüber wie die Erfindung nassen Wassers.  

Der Euro. Digital! Mensch, Junge, was für ein Ding. Gab es den Euro doch bisher tatsächlich nur als Schein oder Münze. Dass die Zentralbank  mit ihrem eigenen Bitcoin verhindern will, dass sich Euro-Nutzer vor der auf dem Anlagemark längst galoppierenden Geldentwertung in Alternativsparformen flüchten, indem sie ihr Geldschöpfungsmonopol auf die Blockchain erweitern, steht nicht einmal im Kleingedruckten

Aber in Zeitungsanzeigen und Postwurfsendungen ist nicht zu übersehen, wie dramatisch und tief der Vertrauensbruch mittlerweile klafft, den die Politik des billigen Geldes und der abgeschafften Zinsen bei Bürgerinnen und Bürgern entstehen lassen hat. Während Leitmedien fasziniert protokollieren, wie Strafverfolgungsbehörden eine geradezu explodierende Cyberkriminalität imaginieren, die nun schon "mehr als 100.000 Fälle im Jahr" zähle, wie der SPD-nahe RND nahezu wortgleich mit allen anderen Abspielstationen orgelt, ziehen die echten Betrüger selbstbewusst und ungetarnt durch Land und suchen offline nach verängstigten früheren Sparbuchsparern, denen sich ein Streichholz als Eichenstamm verkaufen lässt.

Derzeit liegt der Anteil der sogenannten "Cyberkriminalität" in Deutschland bei unter zwei Prozent aller Straftaten. Zahlen, die es einem Wunder gleichkommen lassen würden, wenn tatsächlich "rund jeder Vierte in Deutschland bereits Opfer von kriminellen Aktivitäten im Internet" geworden wäre - denn nach dieser Formel hochgerechnet müsste dann auch jeder 33. Deutsche bereits Opfer eines Tötungsverbrechens geworden sein. Doch erstaunlicher noch als der Umstand, wie vielstimmig Cyberkriminalität immer wieder besungen wird, ist das Phänomen, wie wenig Aufmerksamkeit Verbrechen zugemessen wird, die vor aller Augen und mit großem Selbstbewusstsein begangen werden.

Zum Beispiel von einem "Max Hoffmann", der für die Primus AG aus dem süddeutschen Konstanz für den Verkauf angeblich "riesiger Goldbarren" wirbt. 18,2 mal 13 Millimeter messe der "Barren", den Käufer für nur 39,99 Euro bei Primus erwerben können - ein Stück "Geldanlage" aus "reinem 999er Gold" mit "Top Wertsteigerungspotenzial". Dass der "Barren" ganze 0,056 Gramm wiegt und damit einen Materialwert von allenfalls knapp unter drei Euro verkörpert, kann sich ausrechnen, wer die winzig kleine Fußnote "1/500 oz" entziffern, deuten und umrechnen kann.

Ein Enkeltrick, allerdings viel professioneller verpackt und seit Jahren schon betrieben. Was Christine Lagarde gesät hat, geht hier auf. Die Angst, das in einem langen, arbeitsreichen Leben Ersparte zu verlieren, weil das Geld sichtlich doch immer weniger wert wird, treibt Seniorinnen und Senioren in die Arme betrügerischer Blattgoldhändler, die sich über 300 und mehr Prozent Gewinn freuen, wenn sie wieder ein Blattgoldplättchen an eine arglose Oma in Senftenberg oder einen greisen Kleinsparer in Lennstadt losgeschlagen haben. Strafverfolgung oder auch nur Berichterstattung haben die Initiatoren der legalen Nepperei nicht zu fürchten:

4 Kommentare:

  1. Schlimm schon, aber nicht ganz so schlimm: 1 Unze Gold kostet ca. 1600 Euro, geteilt durch 500 ergibt einen Materialwert von ca. 3 Euro.

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  2. Manchmal kann man Fefe noch zitieren, wenn es um Digitalzeug geht:

    Fefe 15. Sept Mich beschäftigt ja seit einiger Zeit die Frage, wieso eigentlich so viele Leute Blockchain machen (oder das zumindest vorgeben), wenn das doch (für mich offensichtlich) alles heiße Luft gemixt mit Bullshit ist. Haben die das alle nicht verstanden?

    Wikipedia:
    Seit Jahren wird öffentliche Kritik von Experten laut, die die Sicherheit und Nutzbarkeit von Blockchain in Frage stellen. Kritisiert werden am häufigsten die geringe Effizienz der langen Datenketten und der hohe Energieverbrauch bei dem für das Erzeugen eines neuen gültigen Blocks häufig eingesetzten Verfahren Proof-of-Work.

    https://www.ingenieur.de/technik/forschung/bitcoin-produktion-verbraucht-fast-so-viel-strom-wie-irland/

    Ich kann mir aber vorstellen, dass Legarde und Leyen für das Projekt ein paar Milliarden in die Konten alter Freunde versenken, ehe sie es fallenlassen.

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  3. Solange es Gestalten gibt, die beim Anruf der "Polizei", man möge Bargeld und güldene Geschmeide in einen Beutel packen und dort und dort deponieren, zu Hause wäre es in Gefahr, also gleich so tun - es ist so herunterziehend. Och, echtes Gold ...
    Siehe auch Hans Sachs, Der fahrend' Schüler im Paradeis.

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